Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: StGB § 227; StGB § 231; StPO § 349 Abs. 2; StPO § 354 Abs. 2 Satz 1 2. Alt.; StPO § 395 Abs. 2 Satz 1
Instanzenzug: LG Hannover, vom
Gründe
Das Landgericht hatte nach einer ersten Hauptverhandlung gegen den Angeklagten M. wegen Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung auf eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren und gegen den Angeklagten B. wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung auf eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten erkannt. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklägerin hatte der Senat dieses Urteil, soweit es die beiden Angeklagten betraf, mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen (). Dieses hat nunmehr den Angeklagten M. wegen "gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Körperverletzung mit Todesfolge" zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten und den Angeklagten B. wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr verurteilt.
Mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten M. eingelegten Revision rügt die Staatsanwaltschaft die Verletzung materiellen Rechts; sie beanstandet namentlich, dass sich das Landgericht nicht hinreichend mit einem in Betracht kommenden bedingten Tötungsvorsatz dieses Angeklagten auseinandergesetzt habe. Die Nebenklägerin macht mit ihrer hinsichtlich beider Angeklagter eingelegten Revision die Verletzung formellen und sachlichen Rechts geltend; sie erstrebt bezüglich der Tat zum Nachteil des C. die Verurteilung des Angeklagten M. wegen Totschlags und des Angeklagten B. "wegen Beihilfe zur Körperverletzung mit Todesfolge..., hilfsweise wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung". Der Angeklagte - M. wendet sich gegen seine Verurteilung mit der allgemeinen Sachrüge. Die Revision der Staatsanwaltschaft hat in vollem Umfang, diejenige der Nebenklägerin teilweise Erfolg. Das Rechtsmittel des Angeklagten M. ist unbegründet.
1. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklägerin, soweit sie den Angeklagten M. betreffen
a) Der Senat hatte das erste gegen den Angeklagten M. in dieser Sache ergangene Urteil auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklägerin aufgehoben, weil es zur subjektiven Tatseite rechtlicher Prüfung nicht standhielt. Im Hinblick auf die Tat zum Nachteil des Zeugen Be. hatte der Senat insoweit ausgeführt (Urt. vom - 3 StR 296/06 - S. 5):
"Der Angeklagte versetzte dem Zeugen Be. zwei Messerstiche in den Rücken, die unter und neben dem rechten Schulterblatt in den Körper eindrangen; durch den mehr zur Körpermitte hin geführten Stich wurde der Brustkorb eröffnet, die Verletzung musste zur Vermeidung tödlicher Folgen unverzüglich operativ versorgt werden. Die Stiche waren somit nach Stoßrichtung und -intensität erkennbar lebensgefährlich. Es drängte sich daher auf, dass sie der Angeklagte mit zumindest bedingtem Tötungsvorsatz geführt haben könnte. Dies musste das Landgericht zwingend erörtern; denn seine sonstigen Feststellungen belegen auch nicht, dass der Angeklagte durch das Verlassen des Tatorts von einem eventuellen Tötungsversuch strafbefreiend zurückgetreten wäre. All dies bedarf daher neuer Prüfung."
Obwohl das Landgericht aufgrund der neuen Hauptverhandlung keine Feststellungen getroffen hat, die zu der Tat gegen den Zeugen Be. maßgeblich von denjenigen des ersten Urteils abweichen, hat es sich trotz der zitierten tragenden Aufhebungsgründe der Revisionsentscheidung unverständlicherweise wiederum nicht näher mit der Frage auseinandergesetzt, ob der Angeklagte eventuell mit bedingtem Tötungsvorsatz auf den Zeugen Be. einstach. Auf welche Überlegungen das Landgericht seine Überzeugung stützt, der Angeklagte habe diese Stiche lediglich mit Verletzungs- und nicht mit (gegebenenfalls bedingtem) Tötungsvorsatz geführt, lässt sich der angefochtenen Entscheidung mit keinem Wort entnehmen. Der Schuldspruch wegen gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil des Zeugen Be. hat daher wiederum keinen Bestand.
Schon deswegen kann auch die tateinheitliche Verurteilung wegen Körperverletzung mit Todesfolge zum Nachteil des C. keinen Bestand haben (Kuckein in KK-StPO 5. Aufl. § 353 Rdn. 12 m. w. N.).
Im Übrigen könnte es ein gewichtiges Beweisanzeichen für einen (bedingten) Tötungsvorsatz des Angeklagten bei den - tödlichen - Stichen gegen C. darstellen, wenn sich ergeben sollte, dass der Angeklagte schon bei dem vorangegangenen Messereinsatz gegen Be. mit entsprechendem Vorsatz gehandelt haben sollte. Nach alledem erweist sich insoweit auch die Revision der Nebenklägerin als begründet. Es kann daher dahinstehen, ob der Schuldspruch wegen Körperverletzung mit Todesfolge (Tat zum Nachteil C. ) schon für sich rechtlicher Prüfung nicht standgehalten hätte.
b) Einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten hat die revisionsrechtliche Prüfung des Urteils aufgrund der Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklägerin nicht ergeben (§ 301 StPO).
c) In der neuen Hauptverhandlung wird gegebenenfalls auch eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Beteiligung an einer Schlägerei zu prüfen sein. Infolge seines speziellen Rechtsguts (vgl. BGHSt 33, 100, 104) kann § 231 StGB grundsätzlich mit Tötungs- und Körperverletzungsdelikten in Tateinheit stehen (Fischer, StGB 55. Aufl. § 231 Rdn. 11).
2. Die Revision der Nebenklägerin, soweit sie den Angeklagten B. betrifft
a) Die Revision der Nebenklägerin ist zulässig, da sie die Verurteilung des Angeklagten B. wegen Beihilfe zu dem Nebenklagedelikt des § 227 StGB erstrebt (§ 395 Abs. 2 Satz 1, § 400 Abs. 1 StPO; s. Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl. § 395 Rdn. 7). Das Rechtsmittel bleibt jedoch ohne Erfolg. Die Verfahrensrügen sind unbegründet; insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen in der Zuschrift des Generalbundesanwalts vom .
Auch die Sachrüge greift nicht durch. Soweit das Landgericht dem Angeklagten B. die vom Mitangeklagten M. geführten Messerstiche als "Exzess" nicht zugerechnet hat, hat es erkennbar nicht nur zum Ausdruck bringen wollen, dass sich der Beihilfevorsatz nicht auf die Unterstützung eines (bedingt) vorsätzlichen Tötungsdelikts richtete, sondern auch, dass dem Angeklagten B. hinsichtlich des Todes des C. kein Fahrlässigkeitsvorwurf gemacht werden kann (vgl. Fischer aaO § 227 Rdn. 10). Dies ist auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen, insbesondere des Umstandes, dass der Angeklagte nur für einen kurzen Augenblick aktiv in das Geschehen eingriff und sich daraus sofort wieder zurückzog, im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden.
Dass sich das Landgericht rechtsfehlerhaft nicht mit der Frage befasst hat, ob das Verhalten des Angeklagten auch als tateinheitliche Beteiligung an einer Schlägerei (§ 231 StGB) zu würdigen ist, verhilft dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg. Denn auf die Revision der Nebenklägerin ist das angefochtene Urteil nur auf die rechtsfehlerfreie Anwendung der zur Nebenklage berechtigenden Strafvorschriften zu prüfen, nicht dagegen darauf, ob es der Tatrichter fälschlich unterlassen hat, in den Schuldspruch ein tateinheitlich in Betracht kommendes, nicht zur Nebenklage berechtigendes Delikt aufzunehmen (BGHSt 43, 15). Dementsprechend kann die Nichtverurteilung des Angeklagten wegen Beteiligung an einer Schlägerei auch nicht zur Aufhebung des Strafausspruchs wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung führen (noch offen gelassen in BGH bei Becker NStZ-RR 2003, 102 Nr. 23; vgl. Meyer-Goßner aaO § 400 Rdn. 7).
b) Die auf die Revision der Nebenklägerin veranlasste revisionsrechtliche Prüfung des angefochtenen Urteils hat auch keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten B. ergeben (§ 301 StPO).
c) Der Nebenklägerin waren die dem Angeklagten in der Revisionsinstanz entstandenen notwendigen Auslagen nicht aufzuerlegen, da dieser seine Revision gegen das landgerichtliche Urteil zurückgenommen hat (vgl. BGHR StPO § 473 Abs. 1 Satz 3 Auslagenerstattung 1; vgl. auch Meyer-Goßner aaO § 473 Rdn. 11).
3. Die Revision des Angeklagten M. ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, da die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf die allgemeine Sachrüge keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufgedeckt hat.
4. Der Senat hat gemäß § 354 Abs. 2 Satz 1 2. Alt. StPO das Verfahren gegen den Angeklagten M. an das Landgericht Hildesheim zurückverwiesen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
UAAAC-95163
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