Leitsatz
1. Die Negativliste in Nr. 9 der Anlage 3 BhV schließt nur Hilfsmittel und Gegenstände von der Beihilfefähigkeit aus, deren Anschaffungskosten der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechen sind, nicht aber Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle und Körperersatzstücke.
2. Ist ein Hilfsmittel oder ein Gerät zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle mit einem Gegenstand aus der Positivliste der Nr. 1 der Anlage 3 BhV vergleichbar, ist es beihilfefähig. Nennt die Positivliste einen Gegenstand mit einer konkreten Krankheit, ist die Krankheit des Beamten mit dieser nach der Schwere und dem Einsatzzweck des Gegenstandes zu vergleichen. Fahrradergometer sind auch als medizinische Geräte nicht beihilfefähig.
3. Ist ein Gegenstand weder in der Positivliste noch in der Negativliste genannt und mit den dort genannten Gegenständen auch nicht vergleichbar, so hat die oberste Dienstbehörde im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern über die Beihilfefähigkeit ohne Bindung an die als "Hilfsmittelverzeichnis" bezeichnete Arbeitshilfe der Beihilfefestsetzungsstellen nach Ermessen zu entscheiden.
Gesetze: GG Art. 103 Abs. 1; BhV i.d.F. vom § 6 Abs. 1 Nr. 4; BhV i.d.F. vom § 6 Abs. 4 Nr. 1 Anlage 3 Nr. 1; BhV i.d.F. vom § 6 Abs. 4 Nr. 1 Anlage 3 Nr. 2; BhV i.d.F. vom § 6 Abs. 4 Nr. 1 Anlage 3 Nr. 9; BhV i.d.F. vom § 6 Abs. 4 Nr. 1 Anlage 3 Nr. 10; VwGO § 108 Abs. 1 Satz 2; VwGO § 108 Abs. 2; VwGO § 125 Abs. 1 Satz 1; VwGO § 130b Satz 2; VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 1; VwGO § 132 Abs. 3; VwGO § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2
Instanzenzug: VG Schleswig, VG 16 A 139/03 vom OVG Schleswig, OVG 3 LB 22/05 vom Fachpresse: ja BVerwGE: nein
Gründe
I
Der Kläger ist als Berufssoldat im Ruhestand beihilfeberechtigt. Er ist herz- und lungenkrank. Auf ärztlichen Rat absolvierte er täglich auf seinem häuslichen Heimtrainer ein 20- bis 30-minütiges Ergometertraining unter bestimmter Sauerstoffzufuhr. Nachdem ein Cor pulmonale diagnostiziert worden war, musste das Training auf ein herzfrequenz- und oxymetergesteuertes Programm umgestellt werden. Dafür verordnete ihm der behandelnde Internist und Lungenarzt im April 2002 ein medizinisches Ergometer ergänzt um ein Oxymeter. Diese Therapie wurde zunächst in der Praxis des Hausarztes durchgeführt, wofür nach den Angaben des Klägers im Monat Behandlungskosten von rund 1 000 € entstanden.
Im Dezember 2002 kaufte der Kläger ein "Ergo-cycle 150" für 840 € sowie ein Pulsoxymeter für 870 €. Seinen Beihilfeantrag lehnte die Beklagte ab.
Klage und Berufung blieben erfolglos, im Wesentlichen aus folgenden Gründen: Die Beihilfevorschriften genügten zwar nicht den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehaltes, seien jedoch für eine Übergangszeit weiterhin anzuwenden. Danach seien die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen nicht beihilfefähig. Sie beträfen Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle, deren Beihilfefähigkeit sich nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 BhV i.V.m. mit der Anlage 3 richte.
Bei dem "Ergo-cycle 150" könne offenbleiben, ob es ein Fahrradergometer im Sinne der Nr. 1 der Anlage 3 BhV sei, da Ergometer überhaupt nur dann beihilfefähig seien, wenn nach einem Herzinfarkt die Notwendigkeit einer exakten Leistungskontrolle bestehe, woran es hier fehle. Für die in Nr. 10 der Anlage 3 BhV vorgesehene Entscheidung der obersten Dienstbehörde im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern - BMI - sei angesichts der ausdrücklichen Erwähnung von Ergometern in Nr. 1 der Anlage 3 BhV kein Raum.
Das Pulsoxymeter sei zwar nicht in der Negativliste der Nr. 9 der Anlage 3 BhV, wohl aber im sog. Verzeichnis für Hilfsmittel erwähnt. Die Beihilfefähigkeit sei dort beschränkt auf die Anwendung bei Kindern mit einem erhöhten Risiko zu plötzlichem Atemstillstand. Deshalb sei auch hier kein Raum mehr für eine gesonderte Einzelfallentscheidung.
Angesichts dieser ausdrücklichen Regelungen sei für eine analoge Anwendung der Vorschriften kein Raum. Da die Beihilfevorschriften abschließend die Fürsorgepflicht in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen konkretisierten, ergebe sich ein Beihilfeanspruch auch nicht aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Da die entsprechende Behandlung im Praxis- oder Klinikbereich beihilfefähig sei, wie sie der Kläger bereits bis zum Erwerb der beiden Geräte in der Praxis seines Hausarztes erhalten habe, werde die Fürsorgepflicht auch nicht in ihrem Wesenskern verletzt.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung materiellen Rechts und beantragt,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom und das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom und zu verpflichten, ihm Beihilfe zu den Aufwendungen für das Ergometer und das Pulsoxymeter zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass eine Beihilfegewährung für die beiden Geräte nach dem eindeutigen Wortlaut der Beihilfevorschriften ausscheide.
Der Vertreter des Bundesinteresses teilt die Auffassung des Berufungsgerichts.
II
Die Revision, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 i.V.m. § 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO) ist zulässig und mit der Folge der Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO begründet.
1. Die Revision ist zulässig. Das Bundesverwaltungsgericht ist gemäß § 132 Abs. 3 VwGO an die Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht gebunden, obwohl der vom Berufungsgericht als klärungsbedürftig angesehenen Rechtsansicht des Klägers, Beihilfevorschriften seien auch analog anzuwenden, keine grundsätzlich Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zukommt. Die Frage ist in Nr. 10 Satz 1 der Anlage 3 der Beihilfevorschriften eindeutig geregelt und für die dort nicht erfassten Fälle bereits nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, auf die auch das Verwaltungsgericht - wenn auch ohne nähere Zitate - Bezug nimmt, beantwortet.
2. Ob der Kläger einen Anspruch auf Beihilfe für die von ihm angeschafften Geräte hat, bestimmt sich auf der Grundlage der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften des Bundes für Beihilfen in Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfällen (Beihilfevorschriften - BhV -) in der im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen geltenden Fassung vom . Zwar genügen die Beihilfevorschriften nicht den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehalts, jedoch gelten sie zumindest für einen Übergangszeitraum weiter, um dem Gesetzgeber die Möglichkeit einzuräumen, die erforderlichen Regelungen zu treffen. Damit ist gewährleistet, dass die Leistungen im Krankheitsfall nach einem einheitlichen Handlungsprogramm erbracht werden ( BVerwG 2 C 50.02 - BVerwGE 121, 103 und vom - BVerwG 2 C 30.03 - Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 16). In dieser Übergangszeit sind sie, obwohl es sich um bloße Verwaltungsvorschriften handelt, wie Gesetze auszulegen (stRspr, vgl. BVerwG 2 C 48.84 - BVerwGE 72, 119 <121 f.> m.w.N., vom - BVerwG 2 C 11.96 - Buchholz 270 § 18 BhV Nr. 3, vom - BVerwG 2 C 29.98 - Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 12 und vom - BVerwG 2 C 35.04 - Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 17), während die Hinweise und sonstigen Erlasse zu den Beihilfevorschriften entsprechend ihrem tatsächlichen Charakter als untergesetzliche Vorschriften sich im Rahmen des normativen Programms halten müssen und nur norminterpretierend die (Beihilfe-)Vorschriften konkretisieren und Zweifelsfälle im Sinne einer einfachen und gleichartigen Handhabung klären oder die Ausübung etwa vorhandener Ermessens- oder Beurteilungsspielräume lenken können; sie können aber nicht selbständig neue Leistungsausschlüsse schaffen (vgl. BVerwG 2 C 15.94 - Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 15 und vom - BVerwG 2 C 26.02 - BVerwGE 119, 168 <170 f.>).
Die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle und Körperersatzstücke richtet sich nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 BhV. Diese Vorschrift verweist zu Voraussetzungen und Umfang der Beihilfefähigkeit auf Anlage 3. Diese enthält unter der Nr. 1 eine sog. Positivliste, in der Gegenstände aufgezählt werden, bei denen die Beihilfefähigkeit im Grundsatz gegeben ist. In der sog. Negativliste unter der Nr. 9 der Anlage 3 BhV finden sich Gegenstände, die nicht beihilfefähig sind.
a) Bei den vom Kläger gekauften Geräten ("Ergo-cycle 150" und Pulsoxymeter) handelt es sich nach den Feststellungen der Vorinstanzen um Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle. Bereits aus diesem Grund kann die Beihilfefähigkeit der Anschaffungskosten nicht nach der sog. Negativliste gemäß Nr. 9 der Anlage 3 BhV ausgeschlossen sein, denn diese Liste erfasst nach ihrem Eingangssatz nur "Hilfsmittel" (vgl. auch § 6 Abs. 4 Nr. 3 BhV), zu denen sie auch Gegenstände zählt, deren Anschaffungskosten den allgemeinen Lebenshaltungskosten unterfallen, wie etwa den Heimtrainer oder den Pulsfrequenzmesser, nicht aber "Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle". Demgegenüber erfasst die Positivliste in Nr. 1 der Anlage 3 BhV - neben Körperersatzstücken - "Hilfsmittel" und "Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle". In der Positivliste der Nr. 1 der Anlage 3 BhV sind Pulsoxymeter gar nicht aufgeführt, Ergometer nur mit dem Zusatz "nach Herzinfarkt bei Notwendigkeit einer exakten Leistungskontrolle, jedoch nicht Fahrradergometer".
b) Weder die Nr. 1 noch die Nr. 9 der Anlage 3 BhV enthalten eine abschließende Aufzählung aller erstattungsfähigen bzw. nichterstattungsfähigen Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle und Körperersatzstücke. Dies folgt zum einen aus dem Wort "insbesondere" in Nr. 9 der Anlage 3 BhV, zum anderen aus Nr. 10 Satz 1 der Anlage 3 BhV. Nach dieser Vorschrift entscheidet über die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und zur Selbstkontrolle, die weder in dieser Anlage aufgeführt noch mit den aufgeführten Gegenständen vergleichbar sind, die oberste Dienstbehörde im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern. Das heißt, es ist zunächst zu prüfen, ob die angeschafften Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle in der Anlage 3 BhV genannt oder mit den dort aufgeführten vergleichbar sind. Maßstab des Vergleichs sind die Schwere der Erkrankung und der Einsatzzweck des Gegenstandes.
An diese Maßstäbe hat das Berufungsurteil nicht angeknüpft. Es lässt nicht einmal erkennen, welche Rechtssätze für das Berufungsgericht überhaupt leitend gewesen sind und welche Feststellungen es im Hinblick darauf als entscheidungserheblich angesehen hat. Damit genügt es nicht den Begründungsanforderungen gemäß § 108 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Danach sind in dem Urteil die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind; die Entscheidungsgründe müssen also eine tatsächliche und rechtliche Würdigung des Streitstoffes enthalten ( BVerwG 9 C 158.94 - BVerwGE 96, 200 <209> und vom - BVerwG 8 C 37.01 - Buchholz 428 § 1 Abs. 3 VermG Nr. 35 S. 110; Beschlüsse vom - BVerwG 1 B 118.01 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 18 und vom - BVerwG 2 B 5.05 - Buchholz 235.1 § 66 BDG Nr. 1). Will das Berufungsgericht den Erwägungen der Vorinstanz vollständig oder in bestimmten Punkten folgen, so kann es zwar seiner Begründungspflicht dadurch nachkommen, dass es die Berufung gemäß § 130b Satz 2 VwGO aus den genau zu bezeichnenden Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung zurückweist (Beschlüsse vom - BVerwG 1 B 29.92 - Buchholz 310 § 130b VwGO Nr. 2, vom - BVerwG 2 B 103.97 - juris und vom - BVerwG 2 B 5.05 - a.a.O.). Die Erfüllung der Begründungspflicht gemäß § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO durch Bezugnahme gemäß § 130b Satz 2 VwGO kommt aber dann nicht in Betracht, wenn ein Beteiligter die entscheidungserhebliche tatsächliche oder rechtliche Würdigung des erstinstanzlichen Gerichts substanziiert in Frage stellt. Dann fordert das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO, dass das Berufungsgericht darauf inhaltlich eingeht (Beschlüsse vom - BVerwG 7 CB 21.79 - NJW 1980, 953 <954>, vom - BVerwG 7 B 238.80 - Buchholz 312 EntlG Nr. 17 und vom a.a.O.; - BFHE 169, 1 <3> und vom - IV R 30/97 - NVwZ-RR 1999, 151 <152>).
Im Übrigen ist der Sache nach zu bemerken:
Das vom Kläger angeschaffte "Ergo-cycle 150" ist zu vergleichen mit dem in der Positivliste aufgeführten "Ergometer nach Herzinfarkt bei Notwendigkeit einer exakten Leistungskontrolle, jedoch nicht Fahrradergometer". Die Vorschrift hebt hervor, dass Anwendungen für Ergometer nicht schon bei ärztlicher Verschreibung, sondern nur bei besonders schwerer Erkrankung - wie beim Herzinfarkt - und außerdem nur dann beihilfefähig sind, wenn die Erkrankung eine exakte Leistungskontrolle bei der Anwendung des Geräts notwendig macht. Ob diese Voraussetzungen auf das schwere Lungenleiden des Klägers zutreffen, hat das Berufungsgericht auf der Grundlage seiner Rechtsansicht, die Aufzählung im Positivkatalog der Anlage 3 BhV sei abschließend, weder geprüft noch festgestellt.
Medizinische Ergometer sind jedoch nur dann beihilfefähig, wenn sie weder als Heimtrainer (Anlage 3 Nr. 9 BhV) noch als Fahrradergometer (Anlage 3 Nr. 1 BhV) ausgestaltet sind. Der generelle Ausschluss selbst medizinischer Fahrradergometer folgt einer der Lebenswirklichkeit entsprechenden Einordnung des Vorschriftengebers, dass diese Geräte zu den Gegenständen der allgemeinen Lebenshaltung zu zählen sind. Diese Einordnung ist nicht zu beanstanden, zumal sich der Beamte hieran bei der Anschaffung eines Ergometers orientieren kann. Da das Beihilfensystem als solches nicht verfassungsrechtlich verankert ist, muss die Beihilfe nicht jegliche krankheitsbedingten Aufwendungen erfassen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom - 2 BvF 3/88 - BVerfGE 83, 89 <100 f.>, vom - 2 BvR 2442/94 - NVwZ 2002, 463 f. = DVBl 2002 114 ff. = DÖD 2002, 25 f. = DÖV 2002, 182 ff. und vom - 2 BvR 1053/98 - BVerfGE 106, 225, vgl. auch BVerwG 2 C 49.07 - juris m.w.N.). Die angegriffenen Entscheidungen enthalten keine Tatsachenfeststellungen dazu, sondern lassen ausdrücklich offen, ob es sich bei dem angeschafften "Ergo-cycle 150" um ein Fahrradergometer handelt und - sollte es kein Fahrradergometer sein - ob es den Anforderungen an ein medizinisches Ergometer gerecht wird. Diese Tatsachenfeststellungen wird das Berufungsgericht nachzuholen haben.
Kommt das Berufungsgericht nach den aufgezeigten Maßstäben zu dem Ergebnis, dass es sich nicht um ein Fahrradergometer handelt und eine Vergleichbarkeit der Erkrankung des Klägers mit einem Herzinfarkt und der medizinischen Notwendigkeit hinsichtlich einer exakten Leistungskontrolle gegeben ist, liegt zwar die nach Nr. 1 der Anlage 3 BhV notwendige ärztliche Verordnung vor, es fehlen jedoch noch Tatsachenfeststellungen zu den nach Nr. 2 der Anlage 3 BhV für eine Beihilfefähigkeit notwendigen weiteren Voraussetzungen. Ob die ersparten Behandlungskosten höher sind als die Anschaffungskosten (Nr. 2 Alt. 1 der Anlage 3 BhV), lässt sich dem Tatbestand des verwaltungsgerichtlichen Urteils, auf den das Berufungsgericht Bezug nimmt, nicht entnehmen, da es insoweit nur die "Angaben des Klägers" wiedergibt. Dazu, ob die Anschaffung aus besonderen Gründen dringend geboten ist (Nr. 2 Alt. 2 der Anlage 3 BhV), sind die Ausführungen im verwaltungsgerichtlichen Urteil widersprüchlich. Auf das in diesem Zusammenhang zu würdigende weitere Berufungsvorbringen ist das Berufungsgericht nicht eingegangen.
c) Das Pulsoxymeter ist weder in der Positivliste der Nr. 1 noch in der Negativliste der Nr. 9 der Anlage 3 BhV erwähnt noch mit den dort erwähnten Gegenständen vergleichbar, so dass nach Nr. 10 Satz 1 der Anlage 3 BhV grundsätzlich eine Entscheidung der obersten Dienstbehörde im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern herbeizuführen wäre. Nach Satz 2 dieser Vorschrift kann das Bundesministerium des Innern sein Einvernehmen bei einzelnen Hilfsmitteln oder bei Gruppen von Hilfsmitteln allgemein erteilen, weshalb hier die Hinweise des Bundesministeriums des Innern im Sinne eines vorweggenommenen Einverständnisses von Bedeutung sind. In diesen heißt es unter Nr. 2, dass das Einvernehmen für Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle allgemein als erteilt gilt, wenn die Aufwendungen nicht mehr als 600 € betragen. Die Kosten des Pulsoxymeters gehen jedoch über diesen Betrag hinaus.
Damit hätte in diesem Einzelfall von der Beihilfestelle eine Entscheidung der obersten Dienstbehörde im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern eingeholt werden müssen. Dies haben die Vorinstanzen rechtsfehlerhaft unter Verweis auf ein sog. "Hilfsmittelverzeichnis" und den dazugehörigen Einführungserlass der Beklagten verneint. Ein Hilfsmittelverzeichnis im beihilferechtlichen Sinne ist die sog. Positivliste der unter der Nr. 1 in der Anlage 3 BhV aufgeführten Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle sowie Körperersatzstücke, nicht dagegen eine Arbeitshilfe, die eine Bund-Länder-Kommission als Orientierungs- und interne Entscheidungshilfe für die Beihilfefestsetzungsstellen erstellt hat. Bei dieser nicht bindenden Arbeitsunterlage handelt es sich weder um eine vorweggenommene Entscheidung der obersten Dienstbehörde noch um eine solche über das zu erteilende Einvernehmen von Seiten des Bundesministeriums des Innern.
Die Beihilfevorschriften eröffnen hinsichtlich derjenigen Geräte, die weder in der Positivliste noch in der Negativliste enthalten sind, noch mit diesen vergleichbar sind, der obersten Dienstbehörde und dem Bundesministerium des Innern einen Ermessensspielraum, dessen Rahmen sich aus § 5 Abs. 1 Satz 1 und des § 6 Abs. 1 Nr. 4 sowie Abs. 4 Nr. 2 BhV ergibt. Bei einem Pulsoxymeter geht es ersichtlich nur darum, ob sein Einsatz überhaupt medizinisch notwendig ist, ob die Nutzung in der Arztpraxis ausreichend wäre oder zu Hause erfolgen sollte oder aus dringenden medizinischen Gründen sogar muss, wobei hier auch die Frage der Kostenersparnis (vgl. Nr. 2 Alt. 1 der Anlage 3 BhV) sowie die Frage der Praxisöffnungszeiten am Wochenende in die Ermessenserwägungen einzustellen sind. Grundsätzlich wäre daher die Beklagte wegen Ermessensausfalls zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verurteilen (§ 114 Satz 1 i.V.m. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Da jedoch der Kläger sogar lebensnotwendig auf den Einsatz des Pulsoxymeters zu Hause angewiesen sein könnte, weil er die medizinisch notwendige Behandlung in einer Arztpraxis aufgrund seines geschwächten Körperzustandes und wegen der Praxisöffnungszeiten am Wochenende gar nicht in der medizinisch erforderlichen Regelmäßigkeit erreichen kann - wie dies nach den widersprüchlichen Feststellungen im verwaltungsgerichtlichen Urteil und dem hierzu neuen Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren der Fall sein könnte - könnte sogar eine Ermessensreduzierung vorliegen und nur eine einzige Entscheidung möglich sein (vgl. § 114 Satz 1 i.V.m. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Deshalb wird das Berufungsgericht diesem Tatsachenvortrag nachzugehen haben.
Die Sache war wegen der nachzuholenden Tatsachenfeststellungen zur Verhandlung und erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Beschluss vom
Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß § 47 Abs. 1 i.V.m. § 52 Abs. 3 GKG auf 1 197 € festgesetzt.
Fundstelle(n):
IAAAC-87187