BFH Beschluss v. - III S 42/07 (PKH)

Prozesskostenhilfe für eine Nichtzulassungsbeschwerde

Gesetze: FGO § 142, FGO § 115 Abs. 2

Instanzenzug:

Gründe

I. Im Verfahren vor dem Finanzgericht (FG) war streitig, ob Aufwendungen des Klägers und Antragstellers (Kläger) für Prozesskosten und Tilgung von Darlehen bei den Einkommensteuer-Veranlagungen für die Jahre 2000, 2001 und 2003 als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sind. Während des Klageverfahrens erließ der Beklagte (das Finanzamt —FA—) berichtigte Bescheide, in denen die vom Kläger geltend gemachten Beträge in Höhe seines Nettoeinkommens abzüglich des pfändungsfreien Betrags als außergewöhnliche Belastung abgesetzt wurden. Mit Verfügung vom erklärte das Zentralfinanzamt die Aufrechnung gegen die entsprechenden Steuererstattungsansprüche mit Ansprüchen der Landesjustizkasse . und des Landesamts für Finanzen in gleicher Höhe. Der Kläger beantragte, die sich ergebenden Steuererstattungen entsprechend seiner Abtretungsanzeige durch Überweisung auf das angegebene Konto seiner Gläubiger auszuzahlen.

Das FG wies die Klage als unzulässig ab. Es führte im Wesentlichen aus: Soweit der Kläger einen Erstattungsanspruch geltend mache, könne dahinstehen, ob der Klage bereits das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Die Klage sei bereits deshalb unzulässig, weil sie aufgrund der Organisationsstruktur der . Finanzämter nicht gegen das beklagte FA als Veranlagungsfinanzamt, sondern gegen das Zentralfinanzamt zu richten gewesen wäre. Hinsichtlich der Einkommensteuerfestsetzungen fehle der Klage das Rechtsschutzbedürfnis, da für die Streitjahre 2000 und 2001 die als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Aufwendungen antragsgemäß berücksichtigt worden seien und für 2003 die Steuer auf Null DM festgesetzt worden sei. Im Übrigen wäre ein Antrag auf Erstattung der verrechneten Beträge unbegründet, da die Abtretungserklärung des Klägers nur sein Nettoeinkommen, nicht Steuererstattungen betreffe. Das beklagte FA bzw. das Zentralfinanzamt hätten sich auch nicht widersprüchlich verhalten. Denn bei der Angabe eines Erstattungskontos in der Einkommensteuererklärung handele es sich lediglich um eine Zahlungsanweisung. Dieser Anweisung sei das FA in den Vorjahren nachgekommen. Abweichend von dieser Sachlage habe jedoch für die Streitjahre zwischen dem Erlass der Erstbescheide und den Änderungsbescheiden ein Vollstreckungsersuchen vorgelegen. Bei dem erstmaligen Auftreten eines Sachverhalts liege kein widersprüchliches Verhalten vor. Dem Kläger stehe auch kein Schadensersatzanspruch wegen Amtshaftung zu, der ohnehin nur vor den ordentlichen Gerichten verfolgt werden könne.

Der Kläger begehrt für eine noch einzulegende Nichtzulassungsbeschwerde gegen das FG-Urteil die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) und Beiordnung eines Rechtsanwalts. Er führt unter Beifügung einer Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sinngemäß im Wesentlichen aus:

Im Tenor des angefochtenen Urteils fehle der Hinweis, dass die Revision nicht zugelassen worden sei. Das FG habe für das Klageverfahren PKH bewilligt, sich im Urteil jedoch über diese Entscheidung hinweggesetzt. Der Vorsitzende des Senats des FG habe ihm, dem Kläger, überraschend erst in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt, dass die Klage hinsichtlich der Auszahlung gegen das Zentralfinanzamt zu richten sei. Das FG hätte das Verfahren aussetzen müssen, um ihm, dem Kläger, Gelegenheit zu geben, die Klage gegen den richtigen Beklagten „auszuweiten”. Das FG hätte ihn im Wege der Folgenbeseitigung so stellen müssen, wie er 2003/2004 gestanden hätte. Dann wäre die Steuererstattung auf das Konto der Abtretungsempfänger (Familiengläubiger) geleistet und nicht mit Gegenansprüchen verrechnet worden. Die Vorenthaltung der Steuererstattung sei diskriminierend und beruhe ausschließlich auf seiner, des Klägers, Eigenschaft als Ausländer. Durch die Organisationsstruktur der . Finanzbehörden werde der Rechtsschutz eingeschränkt, da er genötigt sei, eine erneute Klage gegen das Zentralfinanzamt zu erheben.

Im Übrigen habe er, der Kläger, von dem Schriftsatz des FA vom erst in der mündlichen Verhandlung am erfahren. Wären ihm die Bedenken gegen seine Abtretungserklärung früher mitgeteilt worden, hätte er eine weiter gehende Abtretungserklärung vorgelegt. Das FG gehe auch zu Unrecht davon aus, das FA habe seinem Klageantrag in vollem Umfang entsprochen.

II. Der Antrag ist unbegründet.

1. Die Gewährung von PKH setzt nach § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 Satz 1 der Zivilprozessordnung unter anderem voraus, dass die beabsichtigte Rechtverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Eine Beschwerde gegen ein Urteil des FG kann nur dann Erfolg haben, wenn ein Grund für die Zulassung der Revision i.S. des § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 FGO vorliegt. Wird PKH für eine Nichtzulassungsbeschwerde beantragt, muss daher eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung erforderlich ist (Nr. 2) oder das FG-Urteil auf einem Verfahrensmangel beruht (Nr. 3).

2. Bei der in dem vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ergeben sich weder aus dem Vorbringen des Klägers noch aus den Akten Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Revisionszulassungsgrundes i.S. von § 115 Abs. 2 FGO.

a) Es ist nicht ersichtlich, dass das FG-Urteil auf Verfahrensmängeln beruht.

Dass das FG-Urteil keinen ausdrücklichen Hinweis darauf enthält, dass die Revision nicht zugelassen wurde, ist unerheblich. Lediglich die Entscheidung über die Zulassung, nicht auch die über die Nichtzulassung der Revision muss ausdrücklich erfolgen. Enthält das FG keinen Ausspruch über die Zulassung der Revision, ist sie daher nicht zugelassen (, BFH/NV 2008, 606).

Kein Verfahrensmangel liegt auch darin, dass das FG für das Klageverfahren PKH bewilligt hat und die Klage gleichwohl erfolglos geblieben ist. Denn die Entscheidung im Verfahren der Bewilligung von PKH wird aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage getroffen ( (PKH), BFH/NV 2008, 591). Das FG ist an eine in diesem Verfahren vertretene Auffassung im nachfolgenden Klageverfahren nicht gebunden.

Auch eine Aussetzung des Verfahrens war nicht geboten. Da das FG hinsichtlich der Auszahlung das Zentralfinanzamt als den richtigen Beklagten ansah, ging es insoweit zutreffend von der Unzulässigkeit der Klage aus. Der Kläger konnte durch eine „Ausweitung” seines Klagebegehrens eine gegen das Zentralfinanzamt gerichtete Klage nicht in das anhängige Klageverfahren einbeziehen. Deshalb ist der Kläger auch mit dem Hinweis in der mündlichen Verhandlung auf die Unzulässigkeit dieses Begehrens nicht in rechtswidriger Weise überrascht worden. Denn er hätte diesem Klagebegehren weder durch eine Antragsänderung noch durch weiteres Vorbringen zur Zulässigkeit verhelfen können.

Der Kläger meint auch zu Unrecht, das FG hätte ihm die Erstattung über das angegebene Konto seiner Gläubiger zukommen lassen müssen. Denn das FG hatte, da es die Klage insoweit als unzulässig ansah, über dieses Begehren keine Sachentscheidung zu treffen. Deshalb ist auch der Hinweis des Klägers, er hätte, wenn er von dem Schriftsatz des FA vom früher Kenntnis erlangt hätte, eine weiter gehende Abtretungserklärung vorgelegt, nicht begründet. Im Übrigen begegnet die Auffassung des FG, dass die vorgelegte Abtretungserklärung des Klägers vom Steuererstattungen nicht umfasst, keinen Bedenken.

Entgegen dem Vorbringen des Klägers hat das FA seinem Klageantrag, soweit er vom FG für zulässig erachtet wurde, in vollem Umfang stattgegeben. Der Kläger hatte beantragt, die geltend gemachten Aufwendungen in Höhe seines Nettoeinkommens abzüglich des pfändungsfreien Betrags als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Aus der Berechnung des FG ergibt sich, dass die vom FA anerkannten Beträge der vom Kläger eingereichten Aufstellung entsprechen und das Nettoeinkommen abzüglich des pfändungsfreien Betrags abdecken.

b) Gründe dafür, dass der Streitfall eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung für die Allgemeinheit hat und deshalb die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen ist, sind nicht ersichtlich. Zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung der Rechtseinheit ist eine Entscheidung des BFH ebenfalls nicht erforderlich. Mangels jeglicher Anhaltspunkte in dem angefochtenen Urteil und in den vorliegenden Akten sowie in dem gesamten Verfahren entbehrt auch der vom Kläger erhobene Vorwurf, er werde durch die Entscheidung des FG als Ausländer diskriminiert, jedweder Grundlage.

2. Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen. Gerichtsgebühren entstehen nicht (§ 142 FGO, § 1 Nr. 3 des Gerichtskostengesetzes in Verbindung mit dem Kostenverzeichnis).

Fundstelle(n):
WAAAC-81420