Leitsatz
[1] a) Die regulierte entgeltliche Übertragung von Anlieferungs-Referenzmengen gemäß §§ 8 bis 11 der Verordnung zur Durchführung der EG-Milchabgabenregelung vom (MilchAbgV 2000) ist ein von öffentlich-rechtlichen Sonderregelungen geprägtes Verfahren; das gilt auch dann, wenn die Funktion der gemäß § 8 Abs. 2 MilchAbgV 2000 einzurichtenden Verkaufsstelle von Privaten ausgeübt wird (im Anschluss an BFHE 213, 436).
b) Ein etwaiger Anspruch des Übernehmers von Anlieferungs-Referenzmengen gegen die Verkaufsstelle auf Ausstellung einer Rechnung mit Umsatzsteuerausweis gemäß § 14 UStG ist im Verwaltungsrechtsweg (§ 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO) geltend zu machen.
Gesetze: MilchAbgV 2000 § 8; UStG § 14; VwGO § 40
Instanzenzug: LG Stuttgart, 18 O 603/06 vom OLG Stuttgart, 1 W 24/07 vom
Gründe
I.
Die Kläger sind Milcherzeuger. Sie erwarben von der Beklagten in den Jahren 2001 bis 2003 Anlieferungs-Referenzmengen ("Milchquoten") im Rahmen der regulierten entgeltlichen Übertragung von Anlieferungs-Referenzmengen gemäß §§ 8 bis 11 der Verordnung zur Durchführung der EG-Milchabgabenregelung vom (BGBl I S. 27; ursprünglicher Titel: Zusatzabgabenverordnung; m. W. v. geändert in: Milchabgabenverordnung; im Folgenden: MilchAbgV 2000). Die Beklagte, ein in der Rechtsform einer GmbH betriebenes Tochterunternehmen des Landesbauernverbandes Baden-Württemberg e.V., führt in Baden-Württemberg die Tätigkeit der gemäß § 8 Abs. 2 MilchAbgV 2000 von den Ländern einzurichtenden "Verkaufsstelle" aus.
Mit der Klage verlangen die Kläger von der Beklagten die Ausstellung von Rechnungen über den Erwerb der Milchquoten, welche die in den Rechnungsbeträgen nach Auffassung der Kläger enthaltene Umsatzsteuer gemäß § 14 Abs. 4 Nr. 8 UStG ausweisen sollen. Die Beklagte rügt die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten. Das Landgericht hat vorab durch Beschluss gemäß § 17a Abs. 3 GVG den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für zulässig erklärt. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beklagten hat keinen Erfolg gehabt. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Beklagte weiterhin die Verweisung des Rechtsstreits an das Verwaltungsgericht.
II.
Das statthafte (§ 17a Abs. 4 Satz 4 GVG, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten sei eröffnet. Dies ergebe sich aus der auf den Streitfall entsprechend anzuwendenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu den sogenannten "sic-non"-Fällen. In der Arbeitsgerichtsbarkeit sei anerkannt, dass der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten schon dann zu bejahen sei, wenn ein prozessualer Anspruch geltend gemacht werde, der sich ausschließlich auf eine arbeitsvertragliche Anspruchsgrundlage stütze. In diesen Fällen hänge die Zulässigkeit und die Begründetheit der Klage von der Arbeitnehmereigenschaft der einen Partei ab. Die Arbeitnehmereigenschaft stelle eine doppelrelevante Tatsache dar, die sowohl für die Zulässigkeit als auch für die Begründetheit der Klage maßgeblich sei. Für die Zulässigkeit der Klage genüge insoweit die bloße Behauptung der Arbeitnehmereigenschaft.
Die vorliegende Konstellation sei damit vergleichbar. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestehe der Klagegegenstand bei der Inanspruchnahme eines Unternehmers auf Ausstellung einer die Umsatzsteuer ausweisenden Rechnung gemäß § 14 UStG in einem behaupteten zivilrechtlichen Anspruch, für dessen Durchsetzung der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben sei. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei daher der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten schon aufgrund der zivilrechtlichen Natur des geltend gemachten Anspruchs gegeben. Dem stehe nicht entgegen, dass der Anspruch auf Ausstellung einer Rechnung im Sinne des § 14 UStG eine steuerpflichtige Leistung eines Unternehmers voraussetze und zwischen den Parteien gerade darüber Streit bestehe. Darauf komme es für die Rechtswegfrage nicht an, weil es sich um eine doppelrelevante Tatsache handele, über deren tatsächliches Bestehen erst im Rahmen der Begründetheit der Klage zu befinden sei.
2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts handelt es sich nicht um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit (§ 13 GVG), sondern um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art, für die der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gegeben ist (§ 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Ob eine Streitigkeit öffentlich- oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet sich, wenn - wie im Streitfall - eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Maßgeblich ist nach der Rechtsprechung des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes die wahre Natur des Anspruchs, wie er sich nach dem Sachvortrag des Klägers darstellt, und nicht, ob der Kläger sich auf eine zivilrechtliche oder auf eine öffentlich-rechtliche Anspruchsgrundlage beruft (BGHZ 108, 284, 286 m.w.N.; GmS-OGB 2/73, NJW 1974, 2087). Deshalb ist entscheidend darauf abzustellen, ob der zur Klagebegründung vorgetragene Sachverhalt für die aus ihm hergeleitete Rechtsfolge von Rechtssätzen des Zivilrechts oder des öffentlichen Rechts geprägt wird (BGHZ 103, 255, 257 m.w.N.).
Die dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse zwischen den Klägern und der Beklagten werden, wie die Rechtsbeschwerde zu Recht geltend macht, von Rechtssätzen des öffentlichen Rechts geprägt. Der öffentlich-rechtliche Charakter dieser Rechtsverhältnisse erstreckt sich auch auf eventuelle Ansprüche auf Ausstellung einer Rechnung mit Umsatzsteuerausweis gemäß § 14 Abs. 4 Nr. 8 UStG, welche die Kläger aus ihrer Rechtsbeziehung zur Beklagten herleiten und mit der Klage geltend machen.
a) Für die Beurteilung ist auf die Milchabgabenverordnung vom (aaO) abzustellen. Diese Verordnung ist zwar gemäß § 57 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung der EG-Milchabgabenregelung (Milchabgabenverordnung) vom (BGBl. I S. 295; im Folgenden: MilchAbgV 2007) am außer Kraft getreten, findet aber auf den vorliegenden Rechtstreit noch Anwendung, weil die zugrunde liegenden Übertragungen von Anlieferungs-Referenzmengen bereits in den Jahren 2001 bis 2003 stattgefunden haben. Dies ergibt sich aus § 56 Abs. 1 MilchAbgV 2007 und - nach Aufhebung der Milchabgabenverordnung 2007 durch § 57 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung der EG-Milchquotenregelung (Milchquotenverordnung) vom (BGBl. I S. 359; im Folgenden: MilchQuotV) - aus § 56 Abs. 1 MilchQuotV.
b) Der Erwerb der Anlieferungs-Referenzmengen durch die Kläger fand im Wege der regulierten entgeltlichen Übertragung gemäß §§ 8 bis 11 MilchAbgV 2000 statt. Die Beklagte übte dabei die Funktion der gemäß § 8 Abs. 2 MilchAbgV 2000 von den Ländern einzurichtenden "Verkaufsstelle" aus. Dieser Vorgang ist öffentlich-rechtlicher Natur, obwohl die Bezeichnung "Verkaufsstelle" den Anschein erweckt, der Übertragung lägen bürgerlich-rechtliche Kaufverträge (§§ 433 ff. BGB) zugrunde. Aus der Rechtsnatur der Anlieferungs-Referenzmenge, dem das öffentliche Interesse verfolgenden Regelungszweck der §§ 8 bis 11 MilchAbgV 2000 und der hoheitlichen Ausgestaltung des Übertragungsverfahrens durch diese Vorschriften ergibt sich aber, dass es sich um einen von öffentlich-rechtlichen Sonderregelungen geprägten Vorgang handelt (BFHE 213, 436, 444), nämlich um ein hoheitliches Zuteilungsverfahren in Bezug auf öffentlich-rechtliche Abgabevergünstigungen (vgl. Busse, AUR 2006, 229, 235). Dass die Funktion der Verkaufsstelle - wie im vorliegenden Fall - von einer juristischen Person des Privatrechts ausgeübt wird, steht der Beurteilung, dass die Verkaufsstelle im Rahmen der öffentlichen Gewalt tätig wird, nicht entgegen (vgl. BFHE, aaO). Ob die Neuzuordnung der Anlieferungs-Referenzmengen durch öffentlich-rechtliche Verträge oder durch Verwaltungsakte bewirkt wird (vgl. dazu Busse, aaO, S. 232 ff.), bedarf für die Prüfung der Rechtswegzuständigkeit keiner Entscheidung.
aa) Referenzmengen stellen öffentlich-rechtliche Abgabevergünstigungen dar. Sie gewähren dem Milcherzeuger das Recht, Milch im Rahmen der ihm zugeteilten Menge abgabenfrei anzuliefern (BGHZ 114, 277, 280 f.; BVerwGE 92, 322, 326). Das in §§ 8 bis 11 MilchAbgV 2000 geregelte Übertragungsverfahren dient der Neuzuordnung der Inhaberschaft an dieser öffentlich-rechtlichen Befugnis.
bb) Die mit Inkrafttreten der Milchabgabenverordnung 2000 zum erfolgte Einführung der regulierten entgeltlichen Übertragung von Anlieferungs-Referenzmengen dient dem im öffentlichen Interesse liegenden Ziel einer Kostendämpfung auf dem Milchquotenmarkt, um die Wettbewerbsfähigkeit der Milcherzeuger zu stärken und deren Einkommen zu stabilisieren.
Durch die Verordnung (EG) Nr. 1256/1999 des Rates vom zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor (ABl. EG Nr. L 160 S. 73) wurde - im Wege der Änderung von Art. 8 und der Einführung von Art. 8a der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 - die rechtliche Grundlage für die Neuordnung der Übertragung von Referenzmengen geschaffen. Dazu heißt es in dem der Verordnung (EG) Nr. 1256/1999 vorangestellten sechsten Erwägungsgrund, die Erfahrung mit der Zusatzabgaberegelung habe gezeigt, dass die Übertragung durch Rechtsgeschäfte wie Verpachtungen, die nicht unbedingt zu einer dauerhaften Zuteilung der Referenzmengen an den Empfänger führten, einen zusätzlichen Kostenfaktor für die Milcherzeugung darstellen könnten. Deshalb sollten die Mitgliedstaaten unter anderem das Recht haben, für die Übertragung von Referenzmengen andere Möglichkeiten als individuelle Transaktionen zwischen Erzeugern vorzusehen (aaO, S. 74).
Nach der amtlichen Begründung zur Milchabgabenverordnung 2000 soll durch diese Verordnung der mit der Milchquotenregelung verfolgte Zweck, zu einer Stabilisierung der Milcherzeugereinkommen beizutragen, wieder in den Mittelpunkt gerückt werden. Ziel sei es dabei unter anderem, die Wettbewerbsfähigkeit der (aktiven) Milcherzeuger durch eine Kostenentlastung zu stärken. Dazu werde das Übertragungssystem für Milchquoten neu gestaltet. Vom an sei kein flächengebundener Verkauf und keine flächengebundene Verpachtung von Milchquoten mehr zulässig, sondern nur noch ein flächenungebundener Verkauf, der im Interesse einer nachhaltigen Kostensenkung nur noch über so genannte Verkaufsstellen möglich sei. Die Einführung dieser Verkaufsstellen führe zu einer größeren Transparenz auf dem Quotenmarkt, breche Preisspitzen und könne, da der Verkauf mit zusätzlichen kostendämpfenden Elementen versehen sei, zu einer Reduzierung der Quotenpreise führen (BR-Drs. 577/99, S. 24 f.).
cc) Die Ausgestaltung des Verfahrens durch die §§ 8 bis 11 MilchAbgV 2000 belegt den öffentlich-rechtlichen Charakter der regulierten entgeltlichen Übertragung von Anlieferungs-Referenzmengen. Nach §§ 8 bis 11 MilchAbgV erfolgt diese Übertragung im Wege der Zuteilung von Milchquoten zu einem festgelegten Preis durch eine als Verkaufsstelle tätige Behörde und nicht aufgrund eines freihändigen Verkaufs von Milcherzeuger zu Milcherzeuger.
§ 8 Abs. 1 Satz 1 MilchAbgV 2000 bestimmt, dass die Übertragung von Anlieferungs-Referenzmengen - abgesehen von bestimmten Ausnahmefällen (insbesondere Erbfolge, Ausübung des Übernahmerechts gemäß § 12 Abs. 3 MilchAbgV 2000 nach Beendigung eines Pachtvertrages und Übergang eines gesamten Betriebes als selbständige Produktionseinheit) - nur durch Verkaufsstellen nach Maßgabe der § 8 Abs. 3, §§ 9 bis 11 MilchAbgV 2000 erfolgen kann. Anlieferungs-Referenzmengen können gemäß § 8 Abs. 3 MilchAbgV 2000 nur innerhalb der festgelegten Übertragungsbereiche übertragen werden. Für jeden Übertragungsbereich ist nur eine der gemäß § 8 Abs. 2 MilchAbgV einzurichtenden Verkaufstellen zuständig. Milcherzeuger, die Anlieferungs-Referenzmengen veräußern oder erwerben wollen, sind also - soweit nicht einer der genannten Ausnahmefälle vorliegt - gehalten, am Verfahren der regulierten entgeltlichen Übertragung teilzunehmen und sich zu diesem Zweck an die zuständige Verkaufsstelle zu wenden, die für ihre Tätigkeit kostendeckende Gebühren erhebt (§ 8 Abs. 2 Satz 6 MilchAbgV 2000). Insoweit kann im übertragenen Sinn von einem "Benutzungszwang" gesprochen werden (vgl. Busse, aaO, S. 236). Den Verkaufsstellen ist dabei durch § 8 MilchAbgV 2000 eine Monopolstellung zugewiesen (vgl. auch Landesanstalt für Landwirtschaft/Götz, Tz. 44 - 46).
Die Anbieter und Nachfrager von Anlieferungs-Referenzmengen haben ihre Angebote zu den gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 MilchAbgV 2000 festgelegten Übertragungsterminen (1. April, 1. Juli und 30. Oktober eines jeden Kalenderjahres) bei der Verkaufsstelle einzureichen; an diese Erklärungen sind sie gebunden. Die Angebote und Nachfragegebote müssen unter anderem den Preis pro Kilogramm Anlieferungs-Referenzmenge enthalten, den der Anbieter mindestens erzielen will bzw. den der Nachfrager höchstens zu zahlen bereit ist (§ 9 MilchAbgV 2000). Aus den Angeboten ermittelt die Verkaufsstelle gemäß § 10 MilchAbgV 2000 den Gleichgewichtspreis. Anlieferungs-Referenzmengen von Anbietern, deren geforderter Angebotspreis niedriger oder gleich dem Gleichgewichtspreis ist, werden zum Gleichgewichtspreis an Nachfrager, deren gebotener Nachfragepreis höher oder gleich dem Gleichgewichtspreis ist, übertragen. Die nicht zu berücksichtigenden Anbieter und Nachfrager scheiden aus dem Verfahren aus. Übersteigen die zum Gleichgewichtspreis nachgefragten Mengen die angebotenen Mengen (Nachfrageüberhang), erfolgt ein Ausgleich über die den Verkaufsstellen aus der Landesreserve zugewiesenen Anlieferungs-Referenzmengen, die - kostenlos - an die Nachfrager übertragen werden. Reichen diese Mengen nicht vollständig aus, wird der Nachfrageüberhang durch Kürzung ausgeglichen.
Gemäß § 11 MilchAbgV 2000 teilt die Verkaufsstelle den zum Zuge gekommenen Nachfragern den Gleichgewichtspreis, die Höhe der an sie zu übertragenden Referenzmenge sowie den zu zahlenden Betrag mit. Die Nachfrager überweisen anschließend den zu zahlenden Betrag an die Verkaufsstelle. Sodann teilt die Verkaufsstelle dem Nachfrager, der zuständigen Landesstelle und dem für den Nachfrager zuständigen Käufer (Molkerei) mit, in welcher Höhe Anlieferungs-Referenzmengen auf den Nachfrager übertragen werden. Aufgrund dieser Mitteilung berechnet der zuständige Käufer die Anlieferungs-Referenzmenge des Nachfragers neu und teilt das Ergebnis dem Nachfrager und dem zuständigen Hauptzollamt mit (ein entsprechendes Neuberechnungsverfahren aufgrund einer Mitteilung der Verkaufsstelle findet - zuvor - auch hinsichtlich des Anbieters statt). Zuletzt überweist die Verkaufsstelle nach Eingang sämtlicher Beträge von allen Nachfragern die errechneten Verkaufspreise an die Anbieter. Die Mitteilungen der Verkaufsstelle haben abgabenrechtliche Wirkungen (vgl. Niels, Agrarrecht 2001, 4, 7). Sie führen zu einer Neuberechnung der Anlieferungs-Referenzmenge und bilden damit die Voraussetzungen für die Schaffung oder Änderung eines Abgabenbefreiungstatbestandes.
Die Verkaufsstelle bestimmt durch diese öffentlich-rechtlich geprägten Maßnahmen den Umfang und den Preis der zu den festgelegten Terminen stattfindenden Übertragungen von Anlieferungs-Referenzmengen. Sie handelt dabei nach genau festgelegten Regeln, die den öffentlichen Interessen der Markttransparenz und einer Kostendämpfung auf dem Quotenmarkt dienen.
Der öffentlich-rechtliche Charakter des Zuteilungsverfahrens nach der Milchabgabenverordnung 2000 fügt sich auch ein in die öffentlich-rechtliche Ausgestaltung des Übertragungsverfahrens nach der Vorgänger- und den Nachfolgeregelungen zur Milchabgabenverordnung 2000. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur früheren Milch-Garantiemengen-Verordnung handelte es sich bei der Bescheinigung der zuständigen Landwirtschaftskammer über einen Referenzmengenübergang um einen feststellenden Verwaltungsakt (BVerwG, RdL 1997, 278, 279). Auch die nachfolgende Milchabgabenverordnung 2007 behandelt die Übertragung von Referenzmengen durch die zuständige Stelle als öffentlich-rechtlichen Vorgang. Die Milchabgabenverordnung 2007 hat die Regelungen der §§ 8 bis 11 MilchAbgV 2000 im Wesentlichen unverändert übernommen (§§ 11 bis 20 MilchAbgV 2007) und dabei die Bezeichnung "Verkaufsstelle" durch den Begriff "Übertragungsstelle" ersetzt. Mit dieser sprachlichen Änderung soll nach der amtlichen Begründung "insbesondere vor dem Hintergrund der derzeitigen gerichtlichen Verfahren um die Umsatzsteuerpflichtigkeit des Übertragungsstellenverfahrens die hoheitliche Funktion des Verfahrens deutlicher herausgestellt" werden (BR-Drs. 935/06, S. 50). Die am in Kraft getretene Milchquotenverordnung hat an der Rechtsnatur des Übertragungsverfahrens wiederum nichts geändert; sie hat die Vorschriften der Milchabgabenverordnung 2007 zum Übertragungsstellenverfahren nahezu unverändert übernommen (BR-Drs. 936/07, S. 45, 48).
dd) Dem öffentlich-rechtlichen Charakter des Übertragungsstellenverfahrens steht auch nicht entgegen, dass die Funktion der Verkaufsstelle im vorliegenden Fall von der Beklagten, einer juristischen Person des Privatrechts, ausgeübt wird (BFHE, aaO). Die Beklagte hat - als juristische Person des Privatrechts - kraft öffentlich-rechtlicher Aufgabenzuweisung im öffentlichen Interesse und aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften gehandelt. § 8 Abs. 2 Satz 3 MilchAbgV 2000 bestimmt, dass Private nach pflichtgemäßem Ermessen als Träger einer Verkaufsstelle zugelassen werden können, wenn sie oder ihre Träger repräsentative landwirtschaftliche Berufsverbände oder Organisationen sind und gegen ihre Zuverlässigkeit und Eignung keine Bedenken bestehen. Von dieser Möglichkeit hat das Land Baden-Württemberg durch Vereinbarung vom mit dem Landesbauernverband in Baden-Württemberg e.V. (dessen Tochterunternehmen die Beklagte ist) sowie dem Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverband e.V. Gebrauch gemacht (Bekanntmachung des Regierungspräsidiums Tübingen vom - Az.: 34-4/8361.27). Diese Vereinbarung berechtigt die Verbände, die Tätigkeit der Verkaufsstelle durch die Beklagte ausführen zu lassen.
An der Beurteilung, dass die privatrechtlich organisierte Verkaufsstelle im Rahmen der öffentlichen Gewalt tätig wird, ändert sich dadurch nichts. Bei dem auf § 8 Abs. 2 Satz 3 MilchAbgV 2000 gestützten Rechtsakt handelt es sich um eine Beleihung, durch die dem privatrechtlichen Träger die Erfüllung der Staatsaufgaben nach §§ 8 ff. MilchAbgV 2000 im eigenen Namen übertragen wird (BFHE aaO; Niels, aaO; Düsing/Kauch, Die Zusatzabgabe im Milchsektor (2001), S. 199). In Rechtsprechung und Schrifttum ist anerkannt, dass sich der Staat bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben auch privater Personen bedienen und ihnen dazu hoheitliche Befugnisse sowohl obrigkeitlicher wie auch schlicht hoheitlicher Art zur Wahrnehmung in eigenem Namen übertragen kann. Geschieht dies, so ist das Rechtsverhältnis zwischen dem mit hoheitlichen Befugnissen Beliehenen und dem Dritten, dem gegenüber diese Befugnisse wahrgenommen werden, öffentlich-rechtlicher Natur. Beliehene sind als Verwaltungsbehörden im Sinne des Verwaltungsprozessrechts anzusehen. Streitigkeiten zwischen dem Beliehenen und Dritten gehören vor die Verwaltungsgerichte, soweit es um den öffentlich-rechtlichen Tätigkeitsbereich des Beliehenen geht (BVerwGE 17, 41, 43; BVerwG, NVwZ-RR 1991, 330).
c) Da die Rechtsverhältnisse zwischen der Beklagten und den Klägern hinsichtlich der Übertragung von Anlieferungs-Referenzmengen, wie dargelegt, insgesamt öffentlich-rechtlicher Natur sind, gilt das auch für eine etwaige - als Nebenpflicht aus diesem Rechtsverhältnis erwachsende - Verpflichtung der Beklagten, den Klägern Rechnungen auszustellen, welche die Umsatzsteuer ausweisen (§ 14 UStG). In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass sich auch aus öffentlich-rechtlichen Sonderverbindungen Nebenpflichten ergeben können (vgl. BVerwG, NJW 1995, 2303, 2304).
Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der es sich bei dem Anspruch auf Ausstellung einer die Umsatzsteuer ausweisenden Rechnung um einen zivilrechtlichen Anspruch handelt, der vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen ist (Senatsurteil vom - VIII ZR 186/73, WM 1975, 77, unter I 1; , WM 1980, 872, unter 1; BGHZ 103, 284, 286 f.; vgl. auch BFHE 135, 118, 122 ff.), steht dem nicht entgegen. Diese Rechtsprechung bezieht sich auf ein bürgerlich-rechtliches Vertragsverhältnis, an dem es im Streitfall fehlt.
Zwar wird vereinzelt die Auffassung vertreten, der Anspruch auf Ausstellung einer die Umsatzsteuer ausweisenden Rechnung sei auch dann zivilrechtlicher Natur, wenn es an einer (zivilrechtlichen) vertraglichen Grundlage fehle (Heeseler, BB 2006, 1137, 1138; Rau/Dürrwächter/Stadie, UStG [Stand: Oktober 2007], § 14 Rdnr. 140 f., 303 u. a. für öffentlich-rechtliche Kostenschuldverhältnisse). Es besteht aber keine Notwendigkeit, auf diesem Wege einen - ausschließlich auf die Ausstellung einer Rechnung im Sinne des § 14 UStG bezogenen - zivilrechtlichen "Annex" zu einem sonst öffentlich-rechtlich geprägten Rechtsverhältnis zu schaffen. Vielmehr ist nach der vorstehend zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesfinanzhofs für die Charakterisierung des Anspruchs auf Ausstellung der Rechnung auf die Qualität des Rechtsverhältnisses abzustellen, in dem der Leistungsaustausch zwischen den Parteien seine Grundlage findet. Aus diesem zutreffenden Ansatz, dem auch das Schrifttum und die Verwaltungspraxis folgen (Bunjes/Geist/Zeuner, UStG, 8. Aufl., § 14 Rdnr. 68; Hartmann/Metzenmacher/Scharpenberg, UStG [Stand: November 2004], § 14 Rdnr. 154, 165; jeweils m.w.N.; so auch Weiss, BB 1980, 1433, 1437, der sich de lege ferenda für eine Zuständigkeit der Finanzgerichte ausspricht; vgl. auch § 183 Abs. 5 Umsatzsteuer-Richtlinien), lässt sich aber nicht ableiten, dass der Anspruch auf Ausstellung einer die Umsatzsteuer ausweisenden Rechnung stets als zivilrechtlich zu qualifizieren wäre.
Es ist kein Grund ersichtlich, warum in Fällen, in denen der steuerbare Leistungsaustausch auf öffentlich-rechtlicher Grundlage beruht, nicht auch der Anspruch auf Erteilung einer Rechnung im Sinne des § 14 UStG als öffentlich-rechtlicher Anspruch qualifiziert werden sollte. Insbesondere ist es nicht etwa ausgeschlossen, dass der Anspruch auf Erteilung einer die Umsatzsteuer ausweisenden Rechnung in einem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis wurzelt. Ein steuerbarer Leistungsaustausch zwischen Unternehmern, der gemäß § 14 UStG Voraussetzung für den Anspruch auf Erteilung einer aufgeschlüsselten Rechnung ist, setzt nicht zwingend ein bürgerlich-rechtliches Austauschverhältnis voraus. Die Begriffe "Unternehmer" (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 UStG) und "Leistung" (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 UStG) haben eine spezifisch umsatzsteuerrechtliche Bedeutung (Bunjes/Geist/Heidner, aaO, § 2 Rdnr. 5, § 3 Rdnr. 3, 85) und sagen über den - zivilrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen - Charakter einer zum Unternehmer bestehenden Leistungsbeziehung nichts aus. So fällt beispielsweise für die Gebührenforderungen der Bezirksschornsteinfegermeister (vgl. BFHE 181, 508, 510) und der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure (vgl. Hessischer VGH, HessVGRspr 1992, 33, 34 f.), auch soweit sie hoheitlich - als beliehene Unternehmer - tätig geworden sind, Umsatzsteuer an. Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG entfällt die Steuerbarkeit eines Umsatzes nicht, wenn dieser auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wurde oder als ausgeführt gilt. Demnach stellen beispielsweise auch die Einschränkung eines Brennereirechts zugunsten der Monopolverwaltung oder die Zwangsschließung eines Betriebes aufgrund behördlicher Anordnung gegen Zahlung einer Entschädigung einen steuerbaren Umsatz dar (Rau/Dürrwächter/Husmann, aaO, § 1 Rdnr. 569 m.w.N.).
Ob die Beklagte tatsächlich Unternehmer im steuerrechtlichen Sinn ist, so dass für die Übertragung der Anlieferungs-Referenzmengen an die Kläger Umsatzsteuer anfällt, und ob den Klägern demzufolge aus ihrem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis zur Beklagten gemäß §§ 8 ff. MilchAbgV 2000 ein Anspruch auf Erteilung einer die Umsatzsteuer ausweisenden Rechnung zusteht, der im Wege einer öffentlich-rechtlichen Leistungsklage geltend zu machen wäre, ist hier nicht zu prüfen. Im vorliegenden Rechtsbeschwerdeverfahren geht es nur um die Bestimmung des Rechtswegs für die gerichtliche Durchsetzung des geltend gemachten Anspruchs auf Erteilung einer § 14 UStG entsprechenden Rechnung.
d) Das Beschwerdegericht hat daher zu Unrecht angenommen, der Anspruch auf Erteilung einer gemäß § 14 UStG die Umsatzsteuer ausweisenden Rechnung sei zwingend zivilrechtlicher Natur. Der Streitfall ist deshalb nicht - wie das Beschwerdegericht gemeint hat - mit den so genannten "sic-non"-Fällen vergleichbar, in denen das Bundesarbeitsgericht für die Annahme des Rechtsweges zu den Arbeitsgerichten die Rechtsbehauptung des Klägers vom Bestehen eines Arbeitsverhältnisses ausreichen lässt (BAGE 83, 40, 49 ff. m.w.N.; 85, 46, 54; 106, 273, 275; st. Rspr.). Die Voraussetzungen für die Annahme einer den "sic-non"-Fällen vergleichbaren Konstellation liegen nicht vor. Zwar berufen sich die Kläger auf eine zivilrechtliche Anspruchsgrundlage (§ 433 BGB) für die Übertragung der Anlieferungs-Referenzmengen durch die Beklagte. Der Anspruch auf Ausstellung einer die Umsatzsteuer ausweisenden Rechnung kann aber im vorliegenden Fall gerade nicht auf eine bürgerlich-rechtliche Anspruchsgrundlage gestützt werden. Vielmehr kommt hierfür - wie ausgeführt - nur eine öffentlich-rechtliche Anspruchsgrundlage in Verbindung mit § 14 UStG in Betracht.
3. Nach alledem kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben; sie ist aufzuheben (§ 577 Abs. 4 ZPO). Der Senat hat in der Sache selbst zu entscheiden, weil die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 577 Abs. 5 ZPO). Da es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art handelt, ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig zu erklären und der Rechtsstreit an das zuständige Verwaltungsgericht Stuttgart zu verweisen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 320 Nr. 4
HFR 2008 S. 1083 Nr. 10
UR 2008 S. 786 Nr. 20
LAAAC-81373
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: ja; BGHR: ja