Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung und einer ordnungsgemäßen Aufklärungsrüge; Angriffe gegen die Tatsachenwürdigung und Beweiswürdigung kein Verfahrensmangel; Verstoß gegen die geschäftsplanmäßige Zuständigkeit als verzichtbarer Verfahrensmangel
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2, FGO § 76, GVG § 21e, FGO § 4, FGO § 96
Instanzenzug:
Gründe
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war in den Streitjahren (1997 bis 1999) als Arbeitnehmer nichtselbständig und nach seiner Auffassung zudem auch selbständig i.S. des § 18 des Einkommensteuergesetzes und als Unternehmer i.S. des § 2 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1993/1999 (UStG) tätig. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) folgte dieser Ansicht im Einspruchsverfahren nicht und ließ die vom Kläger geltend gemachten Verluste aus selbständiger Arbeit wegen Fehlens der erforderlichen Gewinnerzielungsabsicht nicht zum Abzug zu. Das FA setzte die Umsatzsteuer für 1997 auf 0 DM herab. Für 1998 und 1999 setzte es die vom Kläger in Rechnungen offen ausgewiesene Umsatzsteuer fest und lehnte den Abzug der geltend gemachten Vorsteuerbeträge ab.
Die dagegen erhobenen Klagen begründete der Kläger mit gleichzeitig beim Finanzgericht (FG) eingegangenen Schriftsätzen. In der mündlichen Verhandlung vor dem FG war er persönlich mit seinem Prozessbevollmächtigten, einem Steuerberater, anwesend.
Das FG wies die Klagen als unbegründet ab. Zur Begründung seines in Sachen Umsatzsteuer ergangenen Urteils führte das FG ausgehend von den Urteilen des (BFHE 165, 116, BStBl II 1991, 776) und vom V R 66/85 (BFHE 167, 221) aus, der Kläger habe in den Streitjahren die im Einzelnen dargelegten Voraussetzungen für die Eigenschaft als Unternehmer i.S. des § 2 Abs. 1 UStG nicht erfüllt. Bei der Beurteilung des Gesamtbilds der Verhältnisse sprächen zwar bestimmte Merkmale für eine nachhaltige Tätigkeit. Die dagegen sprechenden, im Einzelnen bezeichneten Gesichtspunkte überwögen jedoch. Die in Rechnungen offen ausgewiesene Umsatzsteuer schulde der Kläger nach § 14 Abs. 3 UStG in der seinerzeit geltenden Fassung.
Der Kläger stützt seine Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision gegen das die Umsatzsteuer betreffende Urteil des FG auf Verfahrensmängel, grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie die Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Über die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das in Sachen Einkommensteuer ergangene Urteil des FG hat der BFH noch nicht entschieden (Az. VIII B 123/07).
II. Die Beschwerde ist unbegründet. Soweit ihre Begründung den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entsprechen sollte, rechtfertigen die geltend gemachten Gründe nicht die Zulassung der Revision.
1. Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO)
a) Der Kläger rügt, für die Entscheidung über die Klage wegen Umsatzsteuer sei nicht der erkennende Senat des FG, sondern dessen 6. Senat zuständig gewesen. Seine Ausführungen dazu genügen nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Nach dieser Vorschrift müssen in der Beschwerdebegründung die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden.
Der Kläger hat zum einen nicht begründet, warum er das Recht, einen Verstoß gegen den Geschäftsverteilungsplan des FG zu rügen, nicht gemäß § 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung (ZPO) dadurch verloren habe, dass er ausweislich der Sitzungsniederschrift in der mündlichen Verhandlung vor dem FG trotz sachkundiger Vertretung durch einen Steuerberater keine Einwendungen gegen die geschäftsplanmäßige Zuständigkeit des erkennenden Senats erhoben hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt ein verzichtbarer Mangel i.S. des § 295 ZPO vor, wenn über eine Klage durch eine andere als die nach der Gerichtsorganisation zuständige Kammer entschieden wird, weil diese sich —selbst wenn irrigerweise— für zuständig hält (Urteil vom III ZR 213/62, BGHZ 40, 148; ebenso Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 295 Rz 3; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 66. Aufl., § 295 Rz 30).
Der Kläger hat sich darüber hinaus nicht, wie erforderlich (, BFH/NV 1997, 37, m.w.N.), mit den Einzelheiten der Geschäftsverteilung des FG konkret auseinandergesetzt. Er weist zwar im Ausgangspunkt zutreffend darauf hin, dass der 6. Senat des FG u.a. hinsichtlich der Umsatzsteuer für den ganzen Gerichtsbezirk zuständig ist, soweit nicht der 7. Senat zuständig ist. Er hat sich aber nicht mit den in Abschn. A. III. 7. des Geschäftsverteilungsplans getroffenen Regelungen über die Senatszuständigkeit bei zusammenhängenden Sachen befasst und ist auch nicht auf Abschn. A. III. 11. Abs. 2 des Geschäftsverteilungsplans eingegangen, wonach es für die Bestimmung des zuständigen Senats auf die das Klageziel bestimmende erstmalige Willensäußerung des Klägers in der Klageschrift oder in der ersten materiellen Klagebegründung ankommt und später eintretende Änderungen die einmal begründete Zuständigkeit unberührt lassen. Der Kläger hätte sich dazu äußern können, da er gemäß § 4 FGO i.V.m. § 21e Abs. 9 des Gerichtsverfassungsgesetzes in den Geschäftsverteilungsplan beim FG hätte Einsicht nehmen können.
b) Der Kläger hat die von ihm erhobene Aufklärungsrüge ebenfalls nicht hinreichend begründet (zu den Anforderungen an eine solche Rüge vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom V B 129/05, BFH/NV 2007, 1551, und vom VII B 46/07, BFH/NV 2008, 125, je m.w.N.). Er macht weder geltend, dass das FG einen von ihm gestellten Beweisantrag übergangen habe, noch legt er substantiiert dar, warum das FG aufgrund dessen insoweit maßgebender materiell-rechtlicher Auffassung den Sachverhalt nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO von Amts wegen hätte weiter aufklären müssen. Der Kläger benennt nicht die Beweismittel, die vom FG hätten herangezogen werden sollen, und führt nicht aus, warum diese dem FG trotz Fehlens eines entsprechenden Beweisantrags hätten bekannt sein sollen. Der Beschwerdebegründung lässt sich auch nicht entnehmen, welche Tatsachen eine Beweisaufnahme voraussichtlich im Einzelnen ergeben hätte, und inwiefern diese Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des FG zu einer für den Kläger günstigeren Entscheidung hätten führen können.
Mit den Einwendungen gegen die Beweiswürdigung des FG macht der Kläger keinen Verfahrensmangel geltend. Die Grundsätze der Tatsachen- und Beweiswürdigung sind revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen und deshalb der Prüfung des BFH im Rahmen einer Verfahrensrüge entzogen (BFH-Beschlüsse vom VII B 106/06, BFH/NV 2007, 1157; vom VII B 345/06, BFH/NV 2008, 23; vom IX B 54/07, BFH/NV 2008, 30; vom IX B 79/07, BFH/NV 2008, 22, und vom IX B 199/06, BFH/NV 2008, 26).
2. Grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Rechtsfortbildung
Die Beschwerdebegründung entspricht auch insoweit nicht den gesetzlichen Anforderungen.
a) Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder der Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) verlangt substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich klärbar ist und deren Beurteilung zweifelhaft oder umstritten ist (BFH-Beschlüsse vom V B 66/06, BFH/NV 2007, 2067, und vom VIII B 20/07, BFH/NV 2008, 25). Macht der Beschwerdeführer lediglich geltend, das FG habe im Einzelfall die nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung maßgebenden Grundsätze fehlerhaft angewandt, wird nur die materielle Unrichtigkeit des erstinstanzlichen Urteils gerügt (, BFH/NV 2007, 890).
b) Der Kläger hat keine hinreichend bestimmte Rechtsfrage herausgestellt, die im konkreten Streitfall voraussichtlich klärbar und deren Beurteilung zweifelhaft oder umstritten ist. Er wendet sich vielmehr gegen die materiell-rechtliche Beurteilung des Sachverhalts, die das FG auf der Grundlage der Rechtsprechung des BFH zum umsatzsteuerrechtlichen Unternehmerbegriff i.S. des § 2 Abs. 1 UStG vorgenommen hat. Entgegen der Darstellung in der Beschwerdebegründung hat das FG das Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht im einkommensteuerrechtlichen Sinn nicht als für die Beurteilung des umsatzsteuerrechtlichen Unternehmerbegriffs maßgebend angesehen, sondern eine eigenständige umsatzsteuerrechtliche Würdigung des Sachverhalts vorgenommen.
3. Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO)
Soweit der Kläger diesen Zulassungsgrund den gesetzlichen Anforderungen entsprechend dargelegt hat, liegt er jedenfalls nicht vor.
a) Eine zur Zulassung der Revision führende Divergenz setzt voraus, dass das FG seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit den tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung nicht übereinstimmt (, BFH/NV 2007, 1690). Es muss sich dabei um eine Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen handeln (BFH-Beschlüsse vom VIII B 160/05, BFH/NV 2006, 1477, und vom VIII B 15/07, BFH/NV 2008, 61).
Das FG hat seinem Urteil keinen solchen von den tragenden Rechtsausführungen in den vom Kläger angeführten, angeblichen Divergenzentscheidungen (BFH-Urteile in BFHE 167, 221, und vom V R 49/05, BFHE 213, 249, BStBl II 2006, 729; Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom C-396/98, Schloßstraße, Slg. 2000, I-4279) abweichenden abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt. Es ist bei seiner Entscheidung vielmehr von der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BFH-Urteile in BFHE 165, 116, BStBl II 1991, 776, und in BFHE 167, 221) ausgegangen und hat auf deren Grundlage die Nachhaltigkeit der Tätigkeit des Klägers i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG verneint. Es hatte dabei zu berücksichtigen, dass es bei der Prüfung der Nachhaltigkeit nicht auf die bloße Erklärung der Absicht ankommt, unternehmerisch tätig zu werden. Vielmehr muss die Absicht durch objektive Anhaltspunkte belegt werden (, BFHE 194, 498, BStBl II 2003, 426; vom V R 38/00, BFHE 195, 437, BStBl II 2003, 434, und in BFHE 213, 249, BStBl II 2006, 729, m.w.N.; , BFH/NV 2002, 1351). Sollten dem FG bei der Würdigung der Sach- und Rechtslage —wie der Kläger meinte— insoweit Fehler unterlaufen sein, ist dies kein Grund für die Zulassung der Revision wegen Divergenz (BFH-Beschlüsse vom I B 117/06, BFH/NV 2007, 1619; vom X B 131/06, BFH/NV 2007, 2100, und vom V B 36/06, BFH/NV 2008, 254).
b) Der Kläger bringt nicht substantiiert vor, dass ein zur Zulassung der Revision führender sog. qualifizierter Rechtsanwendungsfehler vorliege, dass nämlich die Entscheidung des FG willkürlich oder zumindest greifbar gesetzwidrig und deshalb geeignet sei, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsprechung zu beschädigen (vgl. BFH-Beschlüsse vom IV B 85/02, BFHE 203, 404, BStBl II 2004, 25; vom VII B 344/03, BFHE 206, 226, BStBl II 2004, 896; vom IV B 111/05, BFH/NV 2007, 1146, und in BFH/NV 2007, 2067).
Fundstelle(n):
UAAAC-78850