Abschläge vom Gebäudenormalherstellungswert eines Einfamilienhauses in den neuen Bundesländern; kein Abschlag bei eigenen Schutzmaßnahmen des Eigentümers
Leitsatz
Sowohl die Tz. 3.2.2.3 der gleichlautenden Erlasse der neuen Bundesländer und Berlins betreffend "Bewertung von Einfamilienhäusern im Beitrittsgebiet ab dem " v. (BStBl 1991 I S. 968) als auch die Neufassung dieser Textziffer in den gleichlautenden Erlassen v. (BStBl 1994 I S. 499) lassen durch die Einfügung des Worts "insbesondere" erkennen, dass die Aufzählung der konkret benannten Gründe für Abschläge vom Gebäudenormalherstellungswert nicht abschließend ist. Somit kann auch das Bestehen einer Überschwemmungsgefahr zu einer Wertminderung des Gebäudes führen, sofern die sonstigen Voraussetzungen für einen derartigen Abschlag erfüllt sind. Gefahrenlagen, denen der Grundstückseigentümer bereits durch eigene Schutzmaßnahmen für das Gebäude vorgebeugt hat, rechtfertigen keinen Abschlag vom Gebäudewert.
Gesetze: BewG § 82, BewG § 88, BewG § 129
Instanzenzug:
Gründe
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erwarb 1994 eine Teilfläche der Flur . in der Gemarkung A und nach dem Bewertungsstichtag, nämlich 1998, den Rest. Auf der zunächst erworbenen Teilfläche errichtete er noch im selben Jahr ein Wohngebäude. Daraufhin erließ der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) am einen Nachfeststellungsbescheid auf den , in dem er die Grundstücksart Einfamilienhaus und den Einheitswert im Sachwertverfahren auf 16 900 DM feststellte.
Mit dem dagegen eingelegten Einspruch verlangte der Kläger eine Ermäßigung des Einheitswerts um 30 v.H. Zur Begründung führte er aus, das Grundstück sei hochwassergefährdet. Außerdem habe das Haus aufgrund der Vorgaben der Gemeinde längsseitig zur Straße hin errichtet werden müssen; dadurch sei der hintere Teil seines Grundstücks nur zu Fuß zu erreichen. Bezüglich der Hochwassergefährdung berief er sich auf einen Bebauungsplan, der bis an seine Grundstücksgrenze reicht und folgende Aussage enthält:
"Der Standort befindet sich in einem Abstand zur Mittelwasserlinie des B von ca. 500 m auf einer Geländehöhe von +1,0 bis +1,5 m HN. Damit ist nach dem Bemessungshochwasserstand von +1,55 m HN für den Rückstaubereich des B Hochwasserfreiheit nicht voll gewährleistet. Hochwasserschutzanlagen sind in diesem Bereich nicht vorhanden und zur Zeit auch nicht vorgesehen, so dass bei Ausdehnung von Innenbereichen in hochwassergefährdete Bereiche eigener Hochwasserschutz zu betreiben ist (Erhöhung des Geländes bzw. der Fußböden der Erdgeschosse).”
Nachdem das FA von einer Ferienwohnung im Haus des Klägers erfahren hatte, änderte es mit Einspruchsentscheidung vom die Grundstücksart in Mietwohngrundstück und erhöhte den Einheitswert auf 19 600 DM. Eine Ermäßigung dieses Einheitswerts aus den vom Kläger angeführten Gründen lehnte es ab.
Auf die dagegen erhobene Klage, mit der der Kläger u.a. auf der Ermäßigung bestand, stellte das Finanzgericht (FG) den ursprünglichen Einheitswertbescheid wieder her, wies aber die Klage im Übrigen ab. Die geltend gemachte Ermäßigung sei zu Recht verweigert worden. Die gleichlautenden Erlasse betreffend die Bewertung von Einfamilienhäusern im Beitrittsgebiet ab , hier „Abschlagsregelung” vom (BStBl I 1994, 499), sähen eine Ermäßigung wegen Hochwassergefahren nicht vor. Ergänzend führte das FG aus, zwar dürfte auch das Grundstück des Klägers im hochwassergefährdeten Bereich liegen; der Kläger habe sein Grundstück aber hochwassersicher erhöht.
Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht der Kläger grundsätzliche Bedeutung der Sache wegen der Rechtsfrage geltend, ob bei einem im Sachwertverfahren bewerteten Einfamilienhaus nur solche Gründe zu einer Ermäßigung des Einheitswerts führen können, die in den o.a. gleichlautenden Erlassen angegeben sind, oder auch die Gründe, die in § 37 der Durchführungsverordnung zum Reichsbewertungsgesetz oder in den §§ 82 und 88 des Bewertungsgesetzes (BewG) genannt sind, und ob die jeweiligen Regelungen überhaupt abschließend sind. Ebenfalls von grundsätzlicher Bedeutung soll die Rechtsfrage sein, ob ein bereits vom Eigentümer geschaffener Hochwasserschutz eine Ermäßigung wegen Überschwemmungsgefahr ausschließt, obwohl dem Eigentümer dadurch Kosten entstanden seien. Darüber hinaus rügt der Kläger mangelnde Sachaufklärung. Bei ordnungsgemäßer Sachaufklärung hätte das FG nicht zu der Ansicht gelangen können, etwaige Lagenachteile seines Grundstücks würden durch andere Wertfaktoren ausgeglichen.
Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.
II. Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Die vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen sind nicht von grundsätzlicher Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Sie sind nicht klärungsbedürftig, weil die Rechtslage eindeutig ist (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl. 2006, § 115 Rz 28).
a) Sowohl die Tz. 3.2.2.3 der gleichlautenden Erlasse der neuen Bundesländer und Berlins betreffend „Bewertung von Einfamilienhäusern im Beitrittsgebiet ab dem ” vom (BStBl I 1991, 968) als auch die Neufassung dieser Textziffer in den oben bereits erwähnten gleichlautenden Erlassen vom (BStBl I 1994, 499) lassen durch die Einfügung des Wortes „insbesondere” erkennen, dass die Aufzählung der konkret benannten Gründe für Abschläge vom Gebäudenormalherstellungswert nicht abschließend ist. Somit kann auch das Bestehen einer Überschwemmungsgefahr zu einer Wertminderung des Gebäudes führen, sofern die sonstigen Voraussetzungen für einen derartigen Abschlag erfüllt sind (vgl. Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG, § 88 Rz 12).
b) Ebenso eindeutig ist, dass Gefahrenlagen, denen der Grundstückseigentümer bereits durch eigene Schutzmaßnahmen für das Gebäude vorgebeugt hat, keinen Abschlag vom Gebäudewert rechtfertigen können. Gegenstand der Bewertung ist das Grundstück in dem tatsächlichen Zustand, in dem es sich am Bewertungsstichtag befindet (§ 21 Abs. 2 BewG). Dazu gehören auch vorhandene Hochwasserschutzmaßnahmen.
2. Die Rüge mangelnder Sachaufklärung gemäß § 76 Abs. 1 FGO ist nicht hinreichend i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO begründet. Soweit der Kläger mit der Aufklärungsrüge nicht ohnehin lediglich eine fehlerhafte Rechtsanwendung durch das FG geltend macht —dazu gehört etwa die Frage, ob das streitbefangene Grundstück in einem Bereich nach § 35 des Baugesetzbuches (BauGB) oder nach § 34 BauGB liegt—, fehlt es an einer substantiierten Darlegung, ob und welche Beweisanträge übergangen sein sollen und ggf. weshalb sich dem FG auch ohne entsprechenden Antrag eine weitere Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen (vgl. dazu , BFH/NV 1995, 238, unter 2.).
Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 928 Nr. 6
NWB-Eilnachricht Nr. 32/2008 S. 5
AAAAC-75922