BFH Beschluss v. - XI B 134/06

Vorliegen einer Mitunternehmerschaft; Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung, der Divergenz und von Verfahrensmängeln

Gesetze: EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2, FGO § 115 Abs. 2

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Die Revision ist nicht nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen. Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache kommt nur in Betracht, wenn die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. , BFH/NV 2007, 2125).

a) Die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) aufgeworfene Rechtsfrage, ob bei der Gewinnverteilung zwischen fremden Dritten der Beitrag jedes Gesellschafters zum Unternehmenserfolg auch auf einer Ad-hoc-Basis berücksichtigt werden könne oder ob sich die Gesellschafter zwingend an eine vereinbarte mathematische Formel halten müssten, ist im Streitfall nicht entscheidungserheblich und daher nicht klärungsfähig.

Das Finanzgericht (FG) ist auf der Grundlage seiner tatsächlichen Feststellungen im Rahmen einer Gesamtwürdigung des Sachverhalts davon ausgegangen, dass in den Streitjahren 1993 bis 1999 eine steuerlich anzuerkennende Mitunternehmerschaft der Kläger nicht vorgelegen habe. Der Kläger zu 2. sei nicht am Erfolg bzw. Misserfolg des Ingenieurbüros beteiligt gewesen und habe damit kein Mitunternehmerrisiko getragen. Ein Grund hierfür war u.a., dass die Kläger nicht zur Überzeugung des FG nachweisen konnten, dass die Zahlungen an den Kläger zu 2. sich an den Gewinnen des Ingenieurbüros bemaßen und nicht nur eine bloße Vergütung seiner Tätigkeit für das Ingenieurbüro darstellten. Mangels eines schriftlichen Gesellschaftsvertrags hat das FG insoweit darauf abgestellt, dass die Kläger nicht nachvollziehbar erklären konnten, wie die an den Kläger zu 2. geleisteten Beträge ermittelt wurden. Aufgrund der vom FG teilweise als widersprüchlich gewerteten Darstellung der Kläger konnte es nicht feststellen, ob überhaupt eine Gewinnbeteiligung des Klägers zu 2. vereinbart war (Tz. II.2.a der Entscheidungsgründe).

War jedoch wegen des Fehlens tatsächlicher Nachweise eine Beteiligung des Klägers zu 2. an den Gewinnen des Ingenieurbüros schon dem Grunde nach nicht feststellbar, ist nicht entscheidungserheblich, ob bei der Gewinnverteilung die Beiträge jedes Gesellschafters auf einer Ad-hoc-Basis berücksichtigt werden können oder ob der Gewinn zwingend nach einer vereinbarten mathematischen Formel zu verteilen ist. Die Tatsachen- und Beweiswürdigung obliegt dem FG. Selbst eine fehlerhafte Würdigung der tatsächlichen Umstände und des Vorbringens der Beteiligten könnte grundsätzlich eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO nicht rechtfertigen (vgl. , BFH/NV 2002, 1476).

b) Nicht klärungsfähig sind im Streitfall auch die im Zusammenhang mit einer Verlustbeteiligung aufgeworfenen Rechtsfragen, (1.) ob die Verlustverteilung zwischen fremden Dritten einer nachträglichen Angemessenheitsprüfung unterzogen werden könne und (2.) ob eine Rückstellungsbildung für ein weit zurückliegendes Geschäftsjahr zwingend dazu führen müsse, dass der atypisch still Beteiligte, der seine Gewinne immer entnommen habe, sofort eine Einlage leiste, um die nicht zahlungswirksame Rückstellungsbildung abzudecken. Denn das FG hat bei der Beurteilung der Frage, ob der Kläger zu 2. persönlich finanziellen Risiken ausgesetzt war, weder auf eine Angemessenheit der Verlustverteilung abgestellt noch eine Einlage zum Ausgleich von Verlusten für erforderlich gehalten. Nach Auffassung des FG war vielmehr eine Verlustbeteiligung des Klägers zu 2. aus tatsächlichen Gründen nicht feststellbar. Die Einlassungen der Kläger im Klageverfahren —insbesondere dass es eine Vereinbarung über eine Verlustbeteiligung nicht gegeben habe— und das tatsächliche Verhalten der Kläger im Besteuerungsverfahren —vor allem die fehlende Beteiligung des Klägers zu 2. an dem 1998 entstandenen Verlust— sprächen gegen eine Verlustbeteiligung des Klägers zu 2.

c) Die Rechtsfrage, ob eine Beteiligung am Mitunternehmerrisiko zwingend auch eine von Anfang an bestehende Beteiligung am Kapital voraussetze, ist nicht klärungsbedürftig.

Denn sie ist nach den Rechtsprechungsgrundsätzen eindeutig zu verneinen. Mitunternehmerrisiko wird im Regelfall durch Beteiligung am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven des Anlagevermögens einschließlich eines Geschäftswerts vermittelt (vgl. , BFHE 213, 358, BStBl II 2006, 595).

Die in diesem Zusammenhang weiter aufgeworfene Rechtsfrage, ob eine Kapitalbeteiligung nicht auch durch das Anwachsen von stillen Reserven entstehen könne, hat deshalb ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung.

d) Die Zulassung der Revision ist nicht im Hinblick auf die Rechtsfrage gerechtfertigt, ob die Abgeltung stiller Reserven bei Beendigung der Gesellschaft durch die Einräumung einer Beteiligung an der Nachfolgegesellschaft unbeachtlich sei.

Im Grunde wenden sich die Kläger insoweit nur gegen die ihrer Auffassung nach fehlerhafte materiell-rechtliche Würdigung durch das FG. Denn das FG hat es abgelehnt, aus der dem Kläger zu 2. im Jahr 2003 eingeräumten Beteiligung an der Nachfolgegesellschaft Rückschlüsse auf eine Beteiligung an den stillen Reserven des Ingenieurbüros bereits in den Streitjahren 1993 bis 1999 zu ziehen. Dies ist nicht zu beanstanden.

e) Aus demselben Grund kann die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO auch nicht wegen der Rechtsfrage erfolgen, ob bei einem Unternehmen, bei dem nur geringe stille Reserven entstünden, aus der nominell geringen Kapitalbeteiligung von 0,2 %, die aus dem Anwachsen von stillen Reserven entstanden sei, geschlossen werden könne, dass keine Beteiligung an den stillen Reserven vorliege.

f) Die Rechtsfragen, die nach Auffassung der Kläger im Hinblick auf die Mitunternehmerinitiative von grundsätzlicher Bedeutung sein sollen, sind im Streitfall mangels Entscheidungserheblichkeit nicht klärungsfähig.

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung setzt eine Mitunternehmerschaft voraus, dass die Beteiligten auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrags Mitunternehmerrisiko tragen und Mitunternehmerinitiative entfalten können. Beide Merkmale müssen vorliegen (vgl. BFH-Urteile in BFHE 213, 358, BStBl II 2006, 595; vom VIII R 5/04, BFH/NV 2007, 906). Da das FG ein Mitunternehmerrisiko des Klägers zu 2. nicht feststellen konnte und insoweit begründete Verfahrensrügen nicht erhoben wurden (siehe unten unter Tz. 3), sind Rechtsfragen zur Mitunternehmerinitiative für die Entscheidung über die Zulassung der Revision nicht von Bedeutung. Ist das angegriffene Urteil des FG nebeneinander (kumulativ) auf mehrere Rechtsgründe gestützt, von denen jeder für sich das Urteil trägt, so ist eine Rechtsfrage, die sich nur im Hinblick auf eine dieser Erwägungen stellt, nicht entscheidungserheblich, es sei denn, dass auch im Hinblick auf die anderen Rechtsgründe die Zulassung der Revision gerechtfertigt wäre (vgl. , BFH/NV 2007, 720). Aus diesem Grund kann dahinstehen, ob die Beschwerdebegründung ausreichende Ausführungen dazu enthält, warum sich die Rechtsfragen nicht aufgrund der umfangreichen Rechtsprechung zu den Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft beantworten lassen, und ob zu den aufgeworfenen Rechtsfragen überhaupt eine generalisierende Aussage möglich wäre.

2. Die Revision war nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung zuzulassen.

a) Die von den Klägern behauptete Divergenz der angegriffenen Entscheidung zu dem (BFHE 185, 190, BStBl II 1998, 480) liegt nicht vor.

Denn in der genannten Entscheidung stellt der BFH maßgeblich darauf ab, dass das Vorliegen der Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft „nur anhand aller äußerlich erkennbaren Umstände des Einzelfalls unter angemessener Berücksichtigung der allgemeinen Lebenserfahrung beantwortet werden” kann, wobei die Feststellung dieser Umstände dem FG als Tatsacheninstanz obliegt. Da der dem Streitfall zugrunde liegende Sachverhalt aber ein anderer war als der Fall, über den der BFH in dem genannten Urteil entschieden hat, ist schon aus diesem Grund keine Divergenz gegeben.

b) Gründe für die Zulassung der Revision wegen Rechtsfortbildung sind nicht in der gebotenen Weise (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) dargetan.

3. Die geltend gemachten Verfahrensmängel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO liegen nicht vor.

a) Die Kläger rügen, das FG habe kein Sachverständigengutachten zur Ermittlung des Umfangs der im Zeitraum von 1980 bis 2003 entstandenen stillen Reserven eingeholt und damit gegen seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 76 Abs. 1 FGO) verstoßen. Insoweit fehlt es bereits an einer näheren Erläuterung, aus welchen Gründen sich dem FG die Ermittlung des Umfangs der stillen Reserven auch ohne entsprechenden Beweisantrag der fachkundig vertretenen Kläger aufdrängen musste, obwohl das FG —wie die Kläger zutreffend ausführen— in der Entscheidung davon ausgegangen ist, dass der Kläger zu 2. nicht an den stillen Reserven des Unternehmens beteiligt gewesen ist.

b) Die Rüge, das FG habe nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO berücksichtigt, greift nicht.

aa) Im Tatbestand des FG-Urteils ist das klägerische Vorbringen zu einer Einlage des Klägers zu 2. in Form seines Know-how im IT-Bereich bei Gründung der Innengesellschaft aufgenommen. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass das FG diesen Vortrag bei seiner Entscheidungsfindung berücksichtigt hat, auch wenn hierzu eine besondere Würdigung in den Entscheidungsgründen fehlt (vgl. , BFH/NV 2007, 1890, m.w.N.).

bb) Der Einwand der Kläger, das FG habe seiner Entscheidung nicht den von ihm im Hinblick auf die stillen Reserven festgestellten Sachverhalt zugrunde gelegt, geht fehl. Denn den Entscheidungsgründen (Tz. II.2.c) ist mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass das FG zur Bejahung einer Mitunternehmerschaft eine Beteiligung des Klägers zu 2. an den stillen Reserven in den Streitjahren für maßgeblich gehalten hat. Aus der Tatsache, dass der Kläger zu 2. am Kapital der im Jahr 2003 gegründeten Nachfolgegesellschaft mit 0,2 % beteiligt war, hat es jedoch keine Rückschlüsse auf eine Beteiligung in den Streitjahren 1993 bis 1999 gezogen. Diese Würdigung war möglich.

cc) Auf einem Verfahrensmangel wegen Nichtberücksichtigung von Tatsachen, die zur Annahme einer Mitunternehmerinitiative führen könnten, kann das Urteil des FG nicht beruhen. Denn allein eine Mitunternehmerinitiative des Klägers zu 2. konnte nach der materiell-rechtlichen Auffassung des FG im Streitfall das völlige Fehlen seines Mitunternehmerrisikos nicht ersetzen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 382 Nr. 3
KÖSDI 2008 S. 15932 Nr. 3
BAAAC-70385