Darlegung einer Divergenz (hier: Schuldvorwurf bei Einschaltung eines Steuerberaters)
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, AO § 169 Abs. 2 Satz 3
Instanzenzug:
Gründe
I. Der Senat hält es für geboten, das Verfahren wegen Nichtzulassung der Revision betreffend die Einkommensteuer 1996 von dem übrigen Beschwerdeverfahren (Einkommensteuer 1992 bis 1995) abzutrennen (§ 73 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 121 der Finanzgerichtsordnung —FGO— analog). Die Trennung ist wegen des (möglichen) unterschiedlichen Verfahrensausgangs mit unterschiedlicher Kostenfolge sachdienlich (vgl. , BFH/NV 1997, 694, m.w.N.).
Dieses Verfahren wird unter dem Az. IX B 180/07 fortgeführt.
II. Die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision betreffend die Einkommensteuer 1992 bis 1995 ist unbegründet. Denn die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
1. Eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO) ist nicht erforderlich; denn die gerügte Divergenz zum , BFHE 108, 286, BStBl II 1973, 273) liegt nicht vor. Eine Divergenz kann nur vorliegen, wenn das Finanzgericht (FG) bei einem gleichen, vergleichbaren oder gleichgelagerten Sachverhalt in ein und derselben Rechtsfrage eine von einer Entscheidung des BFH oder des Bundesverfassungsgerichts oder eines FG abweichende Rechtsauffassung vertreten hat (z.B. , BFH/NV 2006, 768).
Hieran fehlt es im Streitfall. Denn das FG hat sich —entgegen der Ansicht der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin)— zur Frage des Schuldvorwurfs mit der Problematik der Einschaltung eines Steuerberaters befasst und hat nach Maßgabe der Umstände des Streitfalls die Exkulpationsmöglichkeit nach § 169 Abs. 2 Satz 3 der Abgabenordnung (vgl. dazu , BFHE 200, 495, BStBl II 2003, 385, unter II. 2., m.w.N.) für nicht gegeben erachtet (s. FG-Urteil S. 20 f., unter ee).
2. a) Des Weiteren rügt die Klägerin als Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, das FG habe seine Überzeugung nicht aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnen. Ein solcher Verstoß liegt vor, z.B. wenn das Gericht bei seiner Entscheidung von einem Sachverhalt ausgeht, welcher dem schriftlichen oder protokollierten Vorbringen der Beteiligten widerspricht, oder wenn das Gericht eine nach den Akten klar feststehende Tatsache unberücksichtigt gelassen hat; Entsprechendes gilt, wenn die Entscheidung des FG auf einer Zeugenaussage beruht, die mit den protokollierten Bekundungen dieses Zeugen nicht im Einklang steht (vgl. , BFH/NV 2007, 1698, m.w.N.). Denn nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO hat das FG seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens, also den gesamten konkretisierten Prozessstoff zugrunde zu legen; insbesondere ist der Inhalt der vorgelegten Akten und das Vorbringen der Prozessbeteiligten vollständig und einwandfrei zu berücksichtigen (vgl. , BFH/NV 2005, 1354, m.w.N.). Eine entsprechende Rüge hat von der insoweit maßgebenden materiell-rechtlichen Auffassung des FG auszugehen (z.B. , BFH/NV 2005, 1065).
Ein solcher Verfahrensmangel ist indes nicht gegeben. Denn das FG hat weder eine „unrichtige und unvollständige Verwertung der Zeugenaussage” vorgenommen noch unstreitige Tatsachen nicht berücksichtigt. So konnte das FG aufgrund der Zeugenaussage („die meisten Gespräche”, „zu den Jahresgesprächen”, „die Anlagestrategiegespräche”) angesichts einer solchen Differenzierung (nach Gesprächen) zu dem (zumindest möglichen) Ergebnis gelangen, dass „sehr zahlreiche Bankbesuche” und nicht nur „Jahresgespräche” stattgefunden hatten. Auch durfte das FG die Zeugenaussage („der Kunde muss…eine Bestandsübersicht führen”) im Kontext des folgenden Satzes („die Daten der entsprechenden An- und Verkaufspreise” seien den von der Bank „übersandten An- und Verkaufsbestätigungen” zu entnehmen) anders als die Klägerin dahingehend interpretieren, dass angesichts der „überwiegend innerhalb von zwei bis vier Monaten abgewickelten” Wertpapiergeschäfte „die nicht eingehaltene Spekulationsfrist ohne weitere Berechnung auf einen Blick erkennbar” sei. Zudem ist das FG auf die Problematik der Einschaltung eines Steuerberaters eingegangen. Hinsichtlich der jährlichen Abrechnungen über die Vermögensverwaltung wird aus dem Vorbringen der Klägerin nicht hinreichend klar, was den Empfänger an einer Berechnung von Spekulationsfristen anhand der zeitnah übersandten An- und Verkaufsbestätigungen hätte hindern sollen. Im Übrigen wäre in einem Revisionsverfahren eine solche zwar nicht zwingende, aber mögliche Würdigung durch das FG nicht zu beanstanden.
b) Insbesondere wird mit Einwänden gegen die naturgemäß durch die jeweiligen Gesamtumstände des Einzelfalles bestimmte konkrete Tatsachen- und Beweiswürdigung (einschließlich der eines Zeugenbeweises) durch das FG kein Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO dargelegt. Denn die Würdigung von Tatsachen und Beweisen ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH dem materiellen Recht zuzuordnen; insoweit liegt allenfalls ein Rechtsanwendungsfehler vor, der aber eine Zulassung der Revision grundsätzlich nicht rechtfertigt (ständige Rechtsprechung, z.B. , BFH/NV 2006, 1116, m.w.N.).
3. Soweit schließlich die Klägerin —auch in Bezug auf die Beweiswürdigung des FG— einen Verstoß gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze geltend macht, rügt sie —sein Vorliegen vorausgesetzt— keinen Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, sondern materiell-rechtliche Fehler, die für sich genommen die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen (vgl. BFH-Beschlüsse vom X B 144/01, BFH/NV 2002, 1336, und in BFH/NV 2006, 1116, m.w.N.).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 26 Nr. 1
LAAAC-62529