Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung bei Rechtsfragen im Zusammenhang mit der verschuldensabhängigen Vertreterhaftung
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, EStG § 36a, EStG § 36 Abs. 2, AO § 69
Instanzenzug:
Gründe
I. Streitig ist die Inhaftungnahme eines Gesellschafter-Geschäftsführers wegen rückständiger Steuern und steuerlicher Nebenleistungen einer von ihm geführten GmbH.
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, über deren Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden war. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) nahm den Kläger wegen rückständiger Steuern und Nebenleistungen der GmbH (betreffend 1994, 1996 und 1997) in Haftung. Das Finanzgericht (FG) Münster hat die gegen den Haftungsbescheid erhobene Klage durch Urteil vom 8 K 602/03 K abgewiesen.
Der Kläger macht eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geltend und beantragt, die Revision gegen das angefochtene Urteil zuzulassen.
Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
II. Die Beschwerde ist unzulässig und war daher zu verwerfen. Der Kläger hat den von ihm angeführten Revisionszulassungsgrund (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) nicht in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechenden Weise dargelegt.
1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), wenn eine Frage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Für die erforderliche Darlegung (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) genügt die bloße Behauptung, die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung, nicht. Vielmehr muss die Beschwerde konkret auf die Rechtsfrage, ihre Klärungsbedürftigkeit und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingehen (ständige Rechtsprechung, z.B. , BFH/NV 2005, 337). Insbesondere sind Ausführungen erforderlich, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die Rechtsfrage umstritten ist (BFH-Beschlüsse vom II B 117/03, BFH/NV 2004, 1625; in BFH/NV 2005, 337; vom X B 121/03, BFH/NV 2005, 350, jeweils m.w.N.).
2. Diesen Darlegungserfordernissen ist der Kläger nicht nachgekommen.
a) Der Senat hat im Urteil vom I R 2/04 (GmbH-Rundschau 2006, 48) die Grundsätze der Rechtsanwendung zur verschuldensabhängigen Vertreterhaftung nochmals zusammengefasst. Dabei wurde auch herausgestellt, dass nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung die gesetzlichen Vertreter einer Gesellschaft gegebenenfalls verpflichtet sind, bereits vor Fälligkeit der Steuerforderung Vorsorge für deren spätere Tilgung im Zeitpunkt der Fälligkeit zu treffen (vgl. , BFHE 205, 335, BStBl II 2004, 967, m.w.N.). Das FG hat auf dieser Grundlage den Sachverhalt dahin gewürdigt, dass angesichts der Höhe der durch das Gesellschaftsverhältnis veranlassten Mittelverwendungen Anlass bestanden hätte, für die Begleichung einer bei der GmbH entstehenden Steuerlast Sorge zu tragen bzw. dass es als grob fahrlässige Pflichtverletzung angesehen werden müsse, dies unterlassen zu haben. Allein der Vortrag des Klägers, das Risiko einer entstehenden Steuerlast (wegen der Verbuchung der Vorgänge auf einem Verrechnungskonto) anders eingeschätzt zu haben, berührt diesen Maßstab nicht, wenn dem Kläger —wie vom FG praktiziert— vorgehalten werden kann, fachlichen Rat nicht eingeholt zu haben. Die Klärung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung ist daher in dieser Hinsicht im Streitfall nicht zu erwarten.
b) Der Kläger hat mit dem Hinweis auf eine „technische Stundung und Verrechnung gemäß § 222 AO in Verbindung mit Treu und Glauben” eine konkrete Rechtsfrage mit Blick auf den streitigen Haftungsanspruch nicht formuliert. Er geht allerdings davon aus, dass das FG insoweit unzutreffend entschieden habe, dass dem Haftungsanspruch ein Körperschaftsteuer-Anrechnungsguthaben entgegengehalten werden könne. Dabei setzt sich der Kläger aber weder mit den Grundlagen eines Haftungsanspruchs (als Einstehenmüssen für eine fremde Schuld) im Unterschied zum eigenen Steuerschuldverhältnis noch mit der die Entstehung eines persönlichen Anrechnungsanspruchs hindernden Regelung des § 36a des Einkommensteuergesetzes 1997 auseinander.
Fundstelle(n):
VAAAC-60521