UStR 182c. (Zu § 13d UStG)

Zu § 13d UStG

182c. Haftung bei Änderung der Bemessungsgrundlage [1]

(1)  1§ 13d UStG begründet eine Haftung in den Fällen, in denen sich bei einer steuerpflichtigen Lieferung von beweglichen Gegenständen auf Grund eines Mietvertrags oder mietähnlichen Vertrags die Bemessungsgrundlage geändert hat oder das vereinbarte Entgelt uneinbringlich geworden oder die steuerpflichtige Lieferung rückgängig gemacht worden ist. 2Dabei entsteht gegen den Leistungsempfänger ein Vorsteuerrückforderungsanspruch aus der Berichtigung des ursprünglichen Vorsteuerabzugs (vgl. § 17 UStG). 3Der leistende Unternehmer kann hierfür in Haftung genommen werden. 4Führt der Leistungsempfänger den Rückforderungsbetrag aus der Berichtigung des ursprünglichen Vorsteuerabzugs nicht an das Finanzamt ab oder kann die Rückforderung nicht mit Vorsteueransprüchen des Leistungsempfängers verrechnet werden, wird der leistende Unternehmer für die beim Leistungsempfänger entstandene Steuer (Berichtigungsbetrag) in Haftung genommen.

Tatbestandsmerkmale

(2)  1Umsätze, die eine Haftung im Sinne des § 13d UStG auslösen können, sind steuerpflichtige Lieferungen beweglicher Gegenstände an andere Unternehmer auf Grund von Mietverträgen oder auf Grund mietähnlicher Verträge. 2Hierbei handelt es sich insbesondere um Lieferungen von beweglichen Gegenständen des Anlagevermögens (z.B. Baukräne, ortsfest oder auf Schienen, Gerüste, Lastkraftwagen, Kipper, Sattelschlepper, Personenkraftfahrzeuge). 3Grundsätzlich kommen als Gegenstand der Lieferung alle beweglichen Gegenstände in Betracht. 4Die Gegenstände müssen nicht notwendigerweise nur branchentypisch verwendet werden können. 5Voraussetzung ist jedoch, dass die steuerpflichtigen Umsätze als Lieferungen anzusehen sind, obwohl ihnen kein Kaufvertrag zugrunde gelegen hat.

(3) Bei Mietverträgen im Sinne des § 535 BGB mit Recht zum Kauf liegen Lieferungen vor, wenn der Vertrag den Übergang des zivilrechtlichen Eigentums an dem Gegenstand spätestens mit der letzten vereinbarten fälligen Zahlung vorsieht (vgl. Abschnitt 25 Abs.  5 Satz 1 Nr. 1 ).

(4)  1Werden Gegenstände im Leasing-Verfahren überlassen, ist die Übergabe des Leasing-Gegenstands durch den Leasing-Geber an den Leasing-Nehmer unter den in Abschnitt 25 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 genannten Voraussetzungen eine Lieferung. 2Auch diese Lieferungen fallen unter § 13d UStG.

(5) Schuldet der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b Abs. 2 UStG, ist § 13d UStG nicht anwendbar.

(6)  1Die eine Haftung begründenden Lieferungen müssen von einem Unternehmer (§ 2 UStG) an einen anderen Unternehmer erbracht worden sein. 2Die Haftung setzt voraus, dass der leistende Unternehmer für die steuerpflichtige Lieferung eine Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis erteilt, die den Leistungsempfänger zum Vorsteuerabzug berechtigt.

(7)  1Die Änderung der Bemessungsgrundlage im Rahmen des § 13d UStG kann insbesondere auftreten, wenn das vereinbarte Entgelt uneinbringlich geworden (vgl. § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG) oder die steuerpflichtige Lieferung rückgängig gemacht worden ist (vgl. § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG). 2Die Haftung setzt voraus, dass der Unternehmer, der den Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag und der Unternehmer, an den der Umsatz ausgeführt worden ist, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerbetrag nach § 17 UStG zu berichtigen hat.

(8) Der leistende Unternehmer haftet für die Steuer aus der Berichtigung des Vorsteuerabzugs des Leistungsempfängers.

(9)  1§ 13d UStG setzt voraus, dass der Leistungsempfänger die Steuer im Zeitpunkt der Fälligkeit nicht oder nicht vollständig entrichtet hat. 2In dieser Umsatzsteuer muss die Vorsteuerrückforderung aus der Änderung der Bemessungsgrundlage des Umsatzes im Sinne des § 13d UStG ganz oder teilweise berücksichtigt sein (zweifache Begrenzung).

(10)  1War die zu berichtigende Vorsteuer in der Steuer für den maßgeblichen Voranmeldungszeitraum nicht enthalten, kommt eine Haftung nicht in Betracht. 2Ist die zu berichtigende Vorsteuer erstmals in der zu entrichtenden Steuer für das entsprechende Kalenderjahr enthalten, greift die Haftung ein, wenn der Leistungsempfänger den Unterschiedsbetrag im Sinne des § 18 Abs. 4 UStG bei Fälligkeit nicht oder nicht vollständig entrichtet hat.

(11)  1Hat der Leistungsempfänger die Vorauszahlung für den maßgeblichen Voranmeldungszeitraum, in der die Berichtigung des Vorsteuerabzugs enthalten ist, vollständig entrichtet, haftet der leistende Unternehmer nicht. 2Dies gilt auch dann, wenn sich für das entsprechende Kalenderjahr eine zu entrichtende Steuer im Sinne des § 18 Abs. 3 UStG zugunsten des Finanzamts ergibt und der Leistungsempfänger den Unterschiedsbetrag nach § 18 Abs. 4 UStG bei Fälligkeit nicht oder nicht vollständig entrichtet hat.

(12)  1Die Haftung greift dem Grunde nach, wenn die Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstags entrichtet wird. 2Die Fälligkeit richtet sich nach § 220 Abs. 1 AO i.V.m. § 18 Abs. 1 und 4 UStG. 3Die Anwendung von § 13d UStG kommt nicht in Betracht, wenn die Steuer innerhalb der Zahlungs-Schonfrist nach § 240 Abs. 3 AO entrichtet wird. 4Ein bis zum Ablauf der Zahlungs-Schonfrist entrichteter Betrag ist bei der Berechnung des Haftungsbetrags zu berücksichtigen. 5Soweit die Steuer nach diesem Zeitpunkt entrichtet wird, fallen die Voraussetzungen für den Erlass eines Haftungsbescheids (vgl. Absatz 23) ab diesem Zeitpunkt weg.

(13) Ist die Berichtigung der Vorsteuer beim Leistungsempfänger streitig und wurde in Bezug darauf bei der Steuerfestsetzung Aussetzung der Vollziehung gewährt, ist insoweit keine Fälligkeit gegeben (§ 13d Abs. 1 Satz 2 UStG).

(14)  1Für die Begründung der Haftung reicht es aus, dass die zu berichtigende Vorsteuer bei der Steuer berücksichtigt wurde. 2Eine weitere Zuordnung des Berichtigungsbetrags ist nicht erforderlich. 3Deshalb kann die Haftung nicht dadurch ausgeschlossen werden, dass der Leistungsempfänger Zahlungen an das Finanzamt speziell der zu berichtigenden Vorsteuer zuordnet.

(15)  1Wird über das Vermögen des Leistungsempfängers das Insolvenzverfahren eröffnet, können Steuerbeträge nicht mehr festgesetzt werden, das Steuerfestsetzungsverfahren wird unterbrochen. 2Ist der Betrag der Vorsteuerrückforderung, für die die Haftung in Betracht kommt, durch den Insolvenzverwalter bzw. den Insolvenzschuldner für Zeiträume vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens angemeldet worden, gilt die Umsatzsteuer nach § 41 Abs. 1 InsO insoweit als fällig im Sinne des § 13d UStG. 3Entsprechendes gilt, wenn der Betrag der Vorsteuerrückforderung von Amts wegen zur Insolvenztabelle angemeldet worden ist. 4Hierbei ist es unerheblich, ob der Insolvenzverwalter der Anmeldung widerspricht. 5Nur in Fällen der Aussetzung der Vollziehung (vgl. Absatz 13) ist keine Fälligkeit im Sinne des § 13d UStG gegeben. 6Von einer Nichtentrichtung der Steuer ist auch dann auszugehen, wenn eine Insolvenzquote zu erwarten ist. 7Wird tatsächlich eine Zahlung durch den Insolvenzverwalter auf den angemeldeten Betrag der Vorsteuerrückforderung geleistet, ist ein rechtmäßiger Haftungsbescheid zugunsten des Haftungsschuldners insoweit zu widerrufen (vgl. Absatz 23).

Inanspruchnahme des Haftenden

(16) Der leistende Unternehmer kann als Haftungsschuldner nach § 13d UStG erst ab dem Zeitpunkt der Fälligkeit der nicht oder nicht vollständig entrichteten Steuer durch den Leistungsempfänger in Anspruch genommen werden (unter Beachtung von § 240 Abs. 3 AO).

(17)  1Der leistende Unternehmer ist bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen durch Haftungsbescheid in Anspruch zu nehmen. 2Die Haftungsinanspruchnahme nach anderen Haftungstatbeständen (z.B. auf Grund § 69 AO, § 128 HGB) bleibt unberührt.

(18)  1Für den Erlass des Haftungsbescheids gelten die allgemeinen Regeln des § 191 AO, ohne dass dabei ein Ermessen besteht. 2Auf ein Verschulden des leistenden Unternehmers oder des Leistungsempfängers kommt es nicht an. 3Bei der Inanspruchnahme des Haftungsschuldners durch Zahlungsaufforderung (Leistungsgebot) ist § 219 AO zu beachten.

(19) Der Haftungsbescheid ist durch das Finanzamt zu erlassen, das für die Festsetzung und Erhebung der Umsatzsteuer des Leistungsempfängers örtlich zuständig ist (vgl. §§ 21, 24 AO).

(20)  1Stellt das Finanzamt fest, dass in einer Steuer ein Vorsteuerberichtigungsbetrag im Sinne des § 17 UStG aus der Lieferung beweglicher Gegenstände auf Grund eines Mietvertrags bzw. mietähnlichen Vertrags enthalten ist, ist zu prüfen, ob diese Steuer bei Fälligkeit nicht oder nicht vollständig entrichtet wurde. 2Es ist insbesondere im Vollstreckungsverfahren und im Rahmen von Außenprüfungen auf entsprechende Haftungstatbestände zu achten und ggf. zeitnah der Erlass eines Haftungsbescheids anzuregen.

(21)  1Das für den Leistungsempfänger zuständige Finanzamt hat den leistenden Unternehmer auf eine mögliche Haftungsinanspruchnahme nach § 13d UStG hinzuweisen. 2Dies soll in der Regel in schriftlicher Form durchgeführt werden.

(22) Mit der Festsetzung der Haftungsschuld wird ein Gesamtschuldverhältnis im Sinne des § 44 AO begründet.

(23)  1Die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids richtet sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt seines Erlasses bzw. der entsprechenden Einspruchsentscheidung. 2Minderungen der dem Haftungsbescheid zugrunde liegenden Steuerschuld durch Zahlungen des Steuerschuldners nach Ergehen einer Einspruchsentscheidung berühren die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids nicht. 3Ein rechtmäßiger Haftungsbescheid ist aber zugunsten des Haftungsschuldners zu widerrufen, soweit die ihm zugrunde liegende Steuerschuld später gemindert worden ist.

(24) Die Haftung des leistenden Unternehmers ist der Höhe nach auf den Betrag der im Fälligkeitszeitpunkt nicht entrichteten Steuer und höchstens auf den Vorsteuerberichtigungsbetrag begrenzt (zweifache Begrenzung).

Haftungsausschluss

(25) Der leistende Unternehmer kann sich der Haftungsinanspruchnahme entziehen, soweit er als Dritter Zahlungen im Sinne des § 48 AO zugunsten des Leistungsempfängers bewirkt.

(26)  1Derartige Zahlungen soll der leistende Unternehmer an das für den Leistungsempfänger örtlich zuständige Finanzamt unter Angabe der Steuernummer des Steuerschuldners leisten. 2Insbesondere soll der Anlass der Zahlung angegeben werden sowie der Name desjenigen, für den die Zahlung geleistet wird. 3Zusätzlich soll der leistende Unternehmer die Zahlung zeitraumbezogen der Vorauszahlung oder dem Unterschiedsbetrag zuordnen, in der/dem die Vorsteuerberichtigung auf Grund der Änderung der Bemessungsgrundlage enthalten ist. 4Die Vorauszahlung oder der Unterschiedsbetrag des Leistungsempfängers verringert sich um die vom leistenden Unternehmer geleisteten Zahlungen. 5Wird die Steuer vom Leistungsempfänger im Fälligkeitszeitpunkt entrichtet, kann der vom leistenden Unternehmer geleistete Betrag an den Leistungsempfänger erstattet oder mit anderen Steuerrückständen des Leistungsempfängers verrechnet werden.

Übergangsregelung

(27) § 27 Abs. 7 UStG regelt, dass § 13d UStG auf Mietverträge oder mietähnliche Verträge anzuwenden ist, die nach dem abgeschlossen worden sind, wenn die daraus zu erbringenden Umsätze nach dem ausgeführt wurden.

Fundstelle(n):
zur Änderungsdokumentation
JAAAC-53796

1Der Abschnitt könnte in naher Zukunft obsolet sein. Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein JStG 2008 (BR-Drucks. 544/07) soll § 13d UStG zum aufgehoben werden. Die Vorschrift war mit Wirkung vom in das Gesetz aufgenommen worden und begründete eine Haftung des leistenden Unternehmers, wenn beim Leistungsempfänger der Vorsteuerabzug nach § 17 UStG berichtigt und die hierauf festgesetzte Steuer bei Fälligkeit nicht oder nicht vollständig entrichtet worden wurde, für diese Steuer. Die Vorschrift wurde von der Wirtschaft als erhebliche Belastung empfunden; ihr Anwendungsbereich war ausweislich der bisherigen Evaluierung auf wenige Einzelfälle mit insgesamt kaum wahrnehmbaren finanziellen Auswirkungen beschränkt. Der EuGH hat außerdem mit Urteil vom festgestellt, dass mit Artikel 21 Abs. 3 der 6. EG-Richtlinie (ab : Artikel 205 MwStSystRL) die nahezu uneingeschränkte Möglichkeit einer Inanspruchnahme von Personen als Haftungsschuldner für Steuern auf umsatzsteuerpflichtige Leistungen begründet werden kann. Demgegenüber sieht der EuGH Artikel 22 Abs. 8 der 6. EG-Richtlinie (ab : Artikel 273 MwStSystRL) nicht als Grundlage für eine gesamtschuldnerische Umsatzsteuerhaftung an. Auf der Grundlage der Feststellungen des EuGH geht der in der Gesetzesbegründung zum § 13d UStG angeführte Verweis auf das Gemeinschaftsrecht daher ins Leere.