BFH Beschluss v. - X B 96/06

Aussetzung des Verfahrens

Gesetze: FGO § 74

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig. Die Beschwerdebegründung der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an die Darlegung eines Zulassungsgrunds i.S. von § 115 Abs. 2 FGO.

1. Die Klägerin zeigt nicht schlüssig einen Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) auf. Sie trägt lediglich vor, das Finanzgericht (FG) sei seiner Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) nicht nachgekommen. Auch habe das FG es versäumt, einen gerichtlichen Sachverständigen zu vernehmen und deshalb den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des GrundgesetzesGG—) verletzt. Aus welchen Gründen im Streitfall diese Verfahrensfehler nach Ansicht der Klägerin vorliegen, legt diese nicht dar. Vielmehr beschränkt sie sich darauf, auf ihre Beschwerdebegründung in der insbesondere Kassenabrechnungen betreffenden Streitsache II B 163/06 (richtig: VII B 163/06) zu verweisen. Auch diese Beschwerdebegründung zeigt indessen nicht auf, dass in der vorliegend zu entscheidenden Streitsache wegen der Eikommensteuer 1996 bis 2001 die geltend gemachten Verfahrensfehler vorgelegen haben sollen.

Soweit die Klägerin sinngemäß geltend macht, das Verhalten des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt —FA—) sei insgesamt darauf gerichtet, sie, die Klägerin, zu schädigen, weshalb ihre Streitsachen einer Gesamtbeurteilung zu unterziehen seien, wird nicht erkennbar, dass dem FG in der hier zu beurteilenden Streitsache die behaupteten Verfahrensfehler unterlaufen sind. Denn Gegenstand des Rechtsstreits war neben der Frage der Zulässigkeit der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen für 1999 insbesondere die Frage, ob verschiedene von der Klägerin geltend gemachte Aufwendungen steuermindernd berücksichtigt werden können. Die Klage hatte im Wesentlichen keinen Erfolg, weil die Klägerin keine Belege vorgelegt hat. Bei dieser Sachlage vermag der angerufene Senat keine Hinweise auf die geltend gemachten Verfahrensfehler zu erkennen.

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Klägerin beim FG nicht in schlüssiger Weise beantragt hat, das Verfahren gemäß § 74 FGO auszusetzen. Hierfür war der Vortrag nicht ausreichend, sie sei durch ein Verfahren wegen Entzugs der Gewerbeerlaubnis in Anspruch genommen. Das Betreiben dieses Verfahrens sei vorgreiflich von der Einreichung alter Belege. Durch diesen Vortrag hat die Klägerin nicht ausreichend aufgezeigt, dass ihr verwaltungsgerichtliches Verfahren gegenüber dem FG-Prozess i.S. von § 74 FGO vorgreiflich wäre. Bei dieser Sachlage war das FG nicht gehalten, die Interessen der Beteiligten gegeneinander abzuwägen (vgl. hierzu , BFHE 200, 444, BStBl II 2003, 145).

Auch hat die Klägerin nicht in schlüssiger Weise erhebliche Gründe dafür genannt, nach denen es geboten war, die mündliche Verhandlung vor dem FG gemäß § 155 FGO i.V.m. § 227 Abs. 1 der Zivilprozessordnung zu verlegen.

2. Soweit das Begehren der Klägerin in dem Sinne zu verstehen sein sollte, das vorliegende Verfahren (u.a.) mit der Streitsache VII B 163/06 zu verbinden, ist dem nicht zu entsprechen. Eine Verbindung mehrerer bei unterschiedlichen Senaten des BFH anhängiger Streitsachen (§ 73 Abs. 1 Satz 1 FGO) kommt nur in Betracht, wenn der Geschäftsverteilungsplan des Gerichts eine Regelung über eine „senatsübergreifende” Verbindung mehrerer Verfahren vorsieht (Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 73 Rz 6). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Denn nach dem Geschäftsverteilungsplan des BFH ist für die Entscheidung über den Streitfall ausschließlich der angerufene Senat zuständig.

3. Dem Begehren der Klägerin, den Großen Senat des BFH mit der Streitsache zu befassen, war nicht zu entsprechen. Die in § 11 FGO geregelten Voraussetzungen für dessen Zuständigkeit liegen nicht vor. Im Streitfall geht es nicht darum, dass der angerufene Senat von der Entscheidung eines anderen Senats oder des Großen Senats abweichen will (§ 11 Abs. 2 FGO). Auch ist nicht über eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung i.S. von § 11 Abs. 4 FGO zu entscheiden.

4. Eine Befassung des Bundesverfassungsgerichts oder des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) durch den beschließenden Senat kommt entgegen dem Antrag der Klägerin nicht in Betracht. Im Streitfall stellt sich nicht die Frage, ob ein Gesetz ungültig oder mit dem GG unvereinbar ist. Auch geht es im Streitfall nicht um Fragen i.S. des Art. 234 Abs. 1 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften für deren Vorabentscheidung der EuGH zuständig wäre (vgl. auch Gräber/Koch, a.a.O., Vor § 74 Rz 6 f.).

5. Dem Antrag der Klägerin, den Bund der Steuerzahler e.V. und den Bundesverband der Steuerberater e.V. zum Verfahren gemäß § 60 FGO beizuladen, war nicht zu entsprechen. Es ist nicht ersichtlich, dass deren rechtliche Interessen bzw. das ihrer Mitglieder durch den vorliegenden Rechtsstreit berührt würden (zu dieser Voraussetzung vgl. Gräber/Stapperfend, a.a.O., § 60 Rz 17).

6. Auch auf den Antrag der Klägerin, ihr die Behörde zu benennen, die für die Bearbeitung der nach Art. 13 der Kommision zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) zulässigen Beschwerde zuständig ist, ist nichts Weiteres zu veranlassen. Denn das in Art. 13 EMRK normierte Recht einer Person, die in ihren in der EMRK anerkannten Rechten oder Freiheiten verletzt worden ist, bei einer innerstaatlichen Instanz eine wirksame Beschwerde zu erheben, ist in der Bundesrepublik Deutschland bereits dadurch gewährleistet, dass jedes Gericht die EMRK bei seiner Entscheidungsfindung im Range eines einfachen Rechts berücksichtigen muss (vgl. Urteil des Brandenburgischen , juris, und Mayer-Ladewig, Handkommentar-EMRK, Art. 13 Rz 8).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
HAAAC-39814