Überprüfung einer Ermessensentscheidung; Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung; Versorgungsausgleich und Abflussprinzip
Gesetze: FGO § 102; FGO § 115; FGO § 76; EStG § 11
Instanzenzug: , 8 K 379/04
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
1. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen Weise dargelegt.
Wird die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung begehrt, reicht die bloße Behauptung nicht aus, die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung. Der Beschwerdeführer muss vielmehr konkret darauf eingehen, inwieweit die Problematik im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig ist und ggf. in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die aufgeworfenen Rechtsfragen umstritten sind (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 32, m.w.N.).
a) Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Soweit der Kläger lediglich die Frage wiedergibt, über die das Finanzgericht (FG) zu entscheiden hatte, und wiederholt, dass streitig ist, „ob der schuldrechtliche Versorgungsausgleich, der nach einem hierüber geführten Familienrechtsstreit für mehrere Jahre nachzuzahlen ist, das zu versteuernde Einkommen in diesen Jahren mindert oder ob er nur in dem Jahr der Nachzahlung einkommensmindernd wirkt”, hat er nicht dargetan, inwieweit die Problematik der Geltung des Zu- bzw. Abflussprinzips des § 11 des Einkommensteuergesetzes (EStG) im Falle der Nachzahlung eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig ist. Er bringt damit nur die Unzufriedenheit über die Entscheidung seines Einzelfalles zum Ausdruck.
b) Ebenso wenig ist die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache mit dem Vorbringen des Klägers dargelegt, dass die von ihm vorgetragenen Gründe, die gegen die vom FG vorgenommene steuerrechtliche Gleichstellung der Nachzahlung von schuldrechtlichem Versorgungsausgleich und von Unterhalt sprächen, vom FG nicht erörtert worden seien, aber jedenfalls geeignet seien, die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zu begründen.
2. Wird die Zulassung der Revision mit der Behauptung begehrt, das Urteil leide an einem Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, muss der Beschwerdeführer die Umstände darlegen, aus denen sich der behauptete Verfahrensmangel ergibt und zudem muss der Verfahrensmangel auch tatsächlich vorliegen.
a) Das Vorbringen des Klägers, das angefochtene Urteil beruhe auf einer fehlerhaften Grundauffassung des FG von § 102 FGO und § 163 der Abgabenordnung (AO), weil es entgegen seinem auf ein Bescheidungsurteil abzielenden Klageantrag ausgeführt habe, dass „eine Verpflichtung zum Erlass einer Billigkeitsmaßnahme nur dann ausgesprochen werden kann, wenn nach den Umständen des Einzelfalles jede andere Entscheidung ermessensfehlerhaft wäre”, rechtfertigt nicht die Annahme eines Verfahrensfehlers. Mit der vom Kläger zitierten Aussage gibt das FG wörtlich Ausführungen im (BFH/NV 1990, 737) wieder, die das in § 102 FGO geregelte Programm zur gerichtlichen Überprüfung einer Ermessensentscheidung der Finanzbehörde beschreiben. Aus diesen Ausführungen kann nicht gefolgert werden, das FG habe nur die Möglichkeit einer Entscheidung des Alles (Verpflichtung der Finanzbehörde zum Erlass) oder Nichts (Abweisung der Klage) und nicht auch eines Bescheidungsurteils erwogen. Nur in einem solchen —hier nicht gegebenen— Fall könnte eine Verletzung des § 102 FGO und damit ein Verfahrensfehler des FG bejaht werden. Der Kläger hätte dann allerdings noch darlegen müssen, dass das angefochtene Urteil unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des FG auf diesem Verfahrensfehler beruht, was er jedoch unterlassen hat. Wie die weiteren Ausführungen des FG zeigen, hat es die Ermessensentscheidung des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt —FA—) umfassend geprüft. Es hat sie aber für stichhaltig und im Einklang mit den Rechtsprechungsgrundsätzen stehend erachtet. Danach bestand für das FG kein Grund, auf ein Bescheidungsurteil zu erkennen. Vielmehr war die Abweisung der Klage die Folge seiner Überlegungen.
Der Sache nach zielt das Vorbringen des Klägers darauf ab darzulegen, dass das FG bei der im Rahmen des § 102 FGO gebotenen Überprüfung der Ausübung des Verwaltungsermessens die Ausübung dieses Ermessens durch das FA rechtsfehlerhaft gewürdigt hat. Damit wird jedoch keine Verfahrensrüge i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO erhoben (vgl. , BFH/NV 1996, 661). Vielmehr liegt darin die Behauptung eines Verstoßes gegen das materielle Recht, der zur Darlegung eines Revisionszulassungsgrundes nicht geeignet ist.
b) Der Kläger sieht in dem behaupteten falschen Verständnis des FG von § 102 FGO die Ursache dafür, dass das FG entgegen seiner Pflicht zur Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen (§ 76 Abs. 1 FGO) unterlassen hat zu ermitteln, „was der Sinn der Gespräche und des Schriftverkehrs zwischen dem Finanzamt und dem Kläger in der ersten Zeit des Familienrechtsstreits gewesen ist”. Mit diesem Vorbringen ist den Anforderungen an eine schlüssige Rüge des Verfahrensmangels der unzureichenden Sachaufklärung nicht Genüge getan.
Der Kläger hätte vielmehr die ermittlungsbedürftigen Tatsachen, die nicht verwendeten Beweismittel sowie die entsprechenden Beweisthemen darlegen und ausführen müssen, weshalb die Beweiserhebung sich dem FG von Amts wegen hätte aufdrängen müssen. Er hätte auch darlegen müssen, inwieweit das Urteil des FG aufgrund dessen sachlich-rechtlicher Auffassung auf der unterbliebenen Beweisaufnahme beruhen kann, und schließlich, dass die Nichterhebung der Beweise vor dem FG rechtzeitig gerügt worden ist oder weshalb dies nicht möglich gewesen ist.
Mit der teilweisen Wiederholung seiner Ausführungen im Klageverfahren hat der Kläger diese Anforderungen nicht erfüllt. Insbesondere hat er nicht dargelegt, warum er nicht von sich aus die Beweiserhebung beantragt hat oder was ihn in der mündlichen Verhandlung an einer entsprechenden Rüge gehindert habe. In dieser Unterlassung zeigt sich, dass das Vorbringen des Klägers letztlich darin besteht, die umfangreichen materiell-rechtlichen Überlegungen des FG anzugreifen, mit denen es sachliche Billigkeitsgründe für ein Abweichen vom Abflussprinzip des § 11 Abs. 2 EStG verneint.
c) Kein Verfahrensfehler liegt darin, dass sich das FG nicht mit dem erstmals in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde angesprochenen Gesichtspunkt befasst hat, wegen der Behandlung der Zahlungen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs als Sonderausgaben und des dadurch insoweit ausgeschlossenen Verlustabzugs nach § 10d EStG sei nach dem Vorbringen des Klägers ein Betrag von 39 645 DM bei ihm und bei seiner geschiedenen Ehefrau —also doppelt— besteuert worden. Der Kläger lässt außer Acht, dass er dieses Ergebnis hätte vermeiden können, wenn er zeitgerecht Zahlungen in Höhe des voraussichtlichen schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs unter Vorbehalt, d.h. ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, geleistet hätte. Sein Vorbringen, § 53g des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit habe einer solchen Zahlung entgegengestanden und wäre für ihn im Familienrechtsstreit nur mit Nachteilen verbunden gewesen, ist durch nichts belegt und nicht nachvollziehbar.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
RAAAC-39277