Rückwirkende Änderung einer auf der Eingabe einer falschen Schadstoffkennziffer beruhenden zu niedrigen Kraftfahrzeugsteuerfestsetzung
Leitsatz
1. Die rückwirkende Änderung einer auf der Eingabe einer falschen Schadstoffkennziffer beruhenden zu niedrigen Kfz-Steuerfestsetzung kann nicht auf § 12 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG gestützt werden. Bei der Zuordnung zu einer den Steuersatz bestimmenden Schadstoffklasse i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a bis e KraftStG handelt es sich nicht um eine Steuerermäßigung im Sinne dieser Vorschrift.
2. Die Änderung ist nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 i.V.m. § 1 Abs. 2 KraftStG geboten. Die in den Fahrzeugpapieren durch eine Kennziffer dokumentierte Feststellung der Zulassungsbehörde zu den Schadstoffemissionen des Kfz stellt einen Grundlagenbescheid i.S. des § 171 Abs. 10 AO 1977 i.V.m. § 2 Abs. 2 Satz 2 KraftStG dar.
3. Die Spezialregelung des § 12 Abs. 2 Nr. 4 KraftStG schließt die Anwendbarkeit der Änderungsvorschriften der AO 1977 nicht aus.
Gesetze: KraftStG § 1 Abs. 2KraftStG § 2 Abs. 2KraftStG § 3KraftStG § 3a Abs. 1KraftStG § 3a Abs. 2KraftStG § 3bKraftStG § 3dKraftStG § 8KraftStG § 9KraftStG § 10 Abs. 1KraftStG § 12 Abs. 2 Nr. 1KraftStG § 12 Abs. 2 Nr. 2KraftStG § 12 Abs. 2 Nr. 4AO 1977 § 129AO 1977 § 171 Abs. 10AO 1977 § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
Instanzenzug: FG des Landes Brandenburg vom 4 K 1237/03 (EFG 2006, 1539) (Verfahrensverlauf),
Gründe
I.
Im Jahre 1995 wurde —nach Halterwechsel— auf den Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) ein Kfz zugelassen. Die Zulassungsstelle übermittelte daraufhin dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt —FA—) im Wege der elektronischen Datenübermittlung die für das Kfz maßgeblichen Daten, unter anderem als Schadstoffschlüssel die Schlüsselnummer 15. Aufgrund einer hausinternen Hinweismitteilung mit dem Inhalt: „Fehler 153 KZ 26017 2302952? Schlüssel zur Kennzahl unzulässig” wurden die Daten und Kennzahlen nochmals manuell eingegeben. Aufgrund dieser Eingaben erging der Kraftfahrzeugsteuerbescheid.
Bei einem erneuten Datenabgleich im Jahr 2002 stellte das FA fest, dass bei der Steuerfestsetzung nicht der Schadstoffschlüssel 15, sondern —abweichend von den Daten der Zulassungsstelle— die Schlüsselnummer 01 zugrunde gelegt worden war. Zur Beseitigung dieser Unstimmigkeiten setzte das FA, gestützt auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977), mit Bescheid vom die Kraftfahrzeugsteuer rückwirkend ab dem neu fest und forderte den seitdem zu wenig gezahlten Betrag nach. Mit weiterem Bescheid vom wurde diese Festsetzung gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) an die Tarifumstellung zum (Änderung des maßgeblichen Steuersatzes gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f KraftStG von 33,49 € auf 37,58 €) angepasst.
Den Einspruch des Klägers wies das FA zurück, weil die Voraussetzungen für die Berichtigung einer offensichtlichen Unrichtigkeit gemäß § 129 AO 1977 vorgelegen hätten.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Eine nach § 129 AO 1977 zu korrigierende offenbare Unrichtigkeit liege nicht vor, vielmehr sei die Eingabe der falschen Schlüsselnummer dem Bereich der unterlassenen Sachverhaltsaufklärung zuzuordnen, weil sich den Akten nicht entnehmen lasse, aufgrund welcher Erkenntnisse die Bearbeiterin manuell die Schlüsselnummer 01 eingegeben oder dass sie sich überhaupt um den Erhalt der bei der Zulassungsbehörde erfassten Schlüsselnummer bemüht habe. Da sich in den Akten auch keinerlei Hinweis darauf befinde, dass die Schlüsselnummer richtigerweise mit der Zahl 15 zu erfassen gewesen wäre, sei die Unrichtigkeit auch nicht offenbar i.S. des § 129 AO 1977. Die rückwirkende Kraftfahrzeugsteueränderung könne auch nicht auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 gestützt werden, denn bei der Feststellung des Schadstoffschlüssels durch die Zulassungsbehörde handele es sich nicht um einen Grundlagenbescheid. Die Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2006, 1539 veröffentlicht.
Mit seiner Revision macht das FA geltend, die Entscheidung des FG verstoße gegen Bundesrecht. Das FG gehe zu Unrecht und im Widerspruch zur Entscheidung des (BFHE 147, 276, BStBl II 1986, 865) davon aus, dass die Voraussetzungen für die Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 nicht vorlägen, denn die Feststellung des Schadstoffschlüssels durch die Zulassungsbehörde sei als Grundlagenbescheid i.S. des § 171 Abs. 10 AO 1977 zu werten. Abgesehen davon habe das FG übersehen, dass § 12 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG die rückwirkende Kraftfahrzeugsteueränderung im Streitfall rechtfertige. Diese Änderungsnorm gestatte die fehlerbeseitigende Änderung einer Kraftfahrzeugsteuerfestsetzung ohne Rücksicht auf das Entstehen des jeweiligen Fehlergrundes und ermögliche es, die irrtümlich gewährte Steuerermäßigung rückwirkend —innerhalb der Grenzen der Festsetzungsverjährung— zu ändern.
Der Kläger hält die Entscheidung des FG für zutreffend und ist im Übrigen der Auffassung, dass die Vorschriften des § 12 Abs. 2 Nr. 2 und 4 KraftStG Spezialvorschriften zu den allgemeinen Änderungsvorschriften der AO 1977 darstellten. Im Streitfall lägen allerdings die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG nicht vor, da dem FA bei Erlass des ursprünglichen Bescheides bekannt gewesen sei, dass die Voraussetzungen für eine Kraftfahrzeugsteuerermäßigung fehlten. Der Streitfall stelle einen Anwendungsfall des § 12 Abs. 2 Nr. 4 KraftStG dar, der eine rückwirkende Änderung des Kraftfahrzeugsteuerbescheides nicht ermögliche.
II.
Die Revision ist begründet. Sie führt unter Aufhebung des FG-Urteils zur Abweisung der Klage. Das Urteil des FG verstößt gegen Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Das FA war nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 171 Abs. 10 AO 1977 i.V.m. § 2 Abs. 2 Satz 2 KraftStG berechtigt, den Kraftfahrzeugsteuerbescheid wegen Berücksichtigung einer falschen Schadstoffklasse rückwirkend zu berichtigen.
1. Entgegen der Auffassung des FA war es nicht schon nach § 12 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG zu der vorgenommenen Korrektur berechtigt. Danach ist die Steuer neu festzusetzen, wenn nachträglich festgestellt wird, dass die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung, eine Steuerermäßigung oder die Nichterhebung der Steuer für Kraftfahrzeuganhänger nicht vorgelegen haben oder nicht vorliegen. Nach ständiger Senatsrechtsprechung wird mit dieser Vorschrift die rückwirkende Berichtigung einer —auch rechtsirrig vorgenommenen— im Nachhinein als rechtsfehlerhaft erkannten Steuerfestsetzung ermöglicht (, BFHE 208, 303, BStBl II 2005, 222; vom VII R 58/98, BFH/NV 1999, 1127; vom VII R 182/82, BFHE 144, 465, BStBl II 1985, 716).
Bei der Zuordnung zu einer den Steuersatz bestimmenden Schadstoffklasse i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a bis e KraftStG handelt es sich jedoch nicht um eine Steuerermäßigung i.S. des § 12 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG. Das Ausmaß der Schadstoff- und Kohlendioxidemissionen bildet vielmehr neben dem Hubraum bei PKW die Bemessungsgrundlage für die Kraftfahrzeugsteuer (§ 8 Nr. 1 KraftStG).
Zwar hat das (EFG 1993, 608, unter II. 5. b) den günstigeren niedrigeren Steuersatz für schadstoffarme PKW als Ausnahme von den ansonsten höheren gewöhnlichen Steuersätzen und damit in der Sache als eine (bedingten) schadstoffarmen PKW gesetzlich gewährte Steuerermäßigung verstanden. Diese Erwägungen können aber auf den vorliegenden Streitfall nicht übertragen werden, denn die Entscheidung des FG des Saarlandes ist zum KraftStG 1979 in der Fassung des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen zur Förderung des schadstoffarmen Personenkraftwagens vom (BGBl I 1985, 784) ergangen. Nach § 8 Nr. 1 KraftStG in jener Fassung war die Bemessungsgrundlage für die Kraftfahrzeugsteuer bei PKW allein durch deren Hubraum definiert. Die Formulierung
„Die Steuer bemißt sich
1. bei Krafträdern und Personenkraftwagen nach dem Hubraum, soweit diese Fahrzeuge durch Hubkolbenmotoren angetrieben werden, bei Personenkraftwagen mit Hubkolbenmotoren zusätzlich nach Schadstoffemissionen und Kohlendioxidemissionen; ...”
ist erst durch Art. 1 Nr. 6 Buchst. a des Kraftfahrzeugsteueränderungsgesetzes 1997 vom (BGBl I 1997, 805) mit Wirkung vom in das KraftStG aufgenommen worden. Daraus ergibt sich nunmehr, dass die in § 9 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG aufgeführten Steuersätze schadstofforientierte Regelsätze und keine Steuerermäßigungen darstellen.
In § 2 Abs. 2 Satz 2 KraftStG ordnet das Gesetz die Schadstoffemissionen selbst den Besteuerungsgrundlagen zu, indem es neben der zulassungsbehördlichen Beurteilung dieser Emissionen auch die „anderer Besteuerungsgrundlagen technischer Art” für verbindlich erklärt.
Auch aus dem Kontext der Regelung des § 12 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG folgt, dass eine günstige Schadstoffklasse keine Steuerermäßigung bewirkt und dementsprechend die nachträgliche Feststellung einer zu günstigen Einordnung nicht unter diese Regelung fällt. So ist die aus einer Änderung der Bemessungsgrundlage zu ziehende Konsequenz —die Neufestsetzung der Steuer— in § 12 Abs. 2 Nr. 1 KraftStG geregelt; von der Berichtigung einer fehlerhaften Bemessungsgrundlage ist nicht die Rede. Fehler bei der Steuerfestsetzung finden Berücksichtigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG und § 12 Abs. 2 Nr. 4 KraftStG (i.d.F. des Art. 3 Nr. 6 Buchst. a des Zerlegungs- und Kraftfahrzeugsteueränderungsgesetzes vom , BGBl I 1998, 1998, m.W. vom ), wobei Nr. 2 konkret die Fehlerbehebung bei Steuerbefreiung, Steuerermäßigung und Nichterhebung der Steuer für Kraftfahrzeuganhänger regelt, während Nr. 4 als umfassende Berichtigungsnorm für „aufgrund von unklaren Sachverhalten (ergangene) falsche Steuerbescheide” für nötig befunden wurde (so der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes 1997, BTDrucks 13/10151, unter A. 3.). Daraus wird deutlich, dass in § 12 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG die speziellen Regelungen im KraftStG selbst angesprochen sind, nämlich die Ausnahmen von der Besteuerung (Steuerbefreiung) in § 3, § 3a Abs. 1, § 3b und § 3d KraftStG die Steuerermäßigung in § 3a Abs. 2 KraftStG (die Herabsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für Fahrzeuge, die für bestimmte schwerbehinderte Personen zugelassen sind) und die Sonderregelungen für Kraftfahrzeuganhänger in § 10 Abs. 1 KraftStG. Einer entsprechenden Anwendung auf Sachverhalte, in denen aus anderen Gründen betragsmäßig eine Ermäßigung der Steuer im Streit ist, ist die Regelung als lex specialis nicht zugänglich.
Soweit der Senat § 12 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG angewendet und eine Neufestsetzung zur Beseitigung von Rechtsfehlern auch für die Vergangenheit für möglich und geboten gehalten hat, hatte er stets über die Berichtigung einer rechtsfehlerhaften Freistellung zu urteilen (Urteile vom VII R 16/04, BFHE 207, 376, BStBl II 2005, 186; in BFHE 208, 303, BStBl II 2005, 222; in BFH/NV 1999, 1127; in BFHE 144, 465, BStBl II 1985, 716). Zur Anwendbarkeit der Regelung bei Berücksichtigung eines falschen Schadstoffschlüssels liegt bislang keine höchstrichterliche Entscheidung vor.
2. § 12 Abs. 2 Nr. 1 KraftStG scheidet als Rechtsgrundlage für die rückwirkende Korrektur des streitigen Kraftfahrzeugsteuerbescheides schon deshalb aus, weil Anlass für die Neufestsetzung nicht eine Änderung der Bemessungsgrundlage, sondern die bisherige Berücksichtigung einer falschen Bemessungsgrundlage, der Schadstoffklasse mit der Kennziffer 01 statt 15, war.
3. Auch § 12 Abs. 2 Nr. 4 KraftStG kommt als Änderungsnorm nicht in Betracht. Danach ist zwar die Neufestsetzung zur Beseitigung eines (beliebigen) Fehlers der bisherigen Festsetzung zulässig, jedoch frühestens vom Beginn des Entrichtungszeitraums an, in dem der Steuerbescheid erteilt wird, wenn die Berichtigung zu einer Erhöhung der Steuer führt. Im Streitfall geht es aber gerade um die Frage, ob die rückwirkende Erhöhung der Kraftfahrzeugsteuer —innerhalb der durch die Festsetzungsverjährung gezogenen Grenzen— rechtmäßig ist.
4. In Ermangelung einer speziellen Änderungsvorschrift im KraftStG, richtet sich die Rechtmäßigkeit der streitbefangenen Änderungsbescheide nach den Vorschriften der AO 1977 (§ 1 Abs. 2 KraftStG).
a) Es kann offenbleiben, ob das FG die Voraussetzungen für die Änderung des Kraftfahrzeugsteuerbescheides wegen offensichtlicher Unrichtigkeit nach § 129 AO 1977 zu Recht verneint hat. Zweifel gründen darin, dass das FG die Eintragung der falschen Schlüsselnummer dem Bereich der unterlassenen Sachaufklärung zugeordnet hat, die ein rein mechanisches Versehen ausschließt. Nach der Sachverhaltsdarstellung im Urteil, die auch die Einspruchsentscheidung einschließt, bleibt unklar, was das FG zu der Annahme veranlasst hat, die Sachbearbeiterin habe sich bei der Neueingabe der Zulassungsdaten aufgrund der Hinweismitteilung im Jahr 1995 um die Aufklärung der zutreffenden Schadstoffkennziffer bei der Zulassungsbehörde bemühen müssen. Die Hinweismitteilung betraf —wovon wohl auch das FG ausgeht— nicht diese Kennziffer. Dem Urteil ist nicht zu entnehmen, dass die Sachbearbeiterin ihr Augenmerk anlässlich der Bearbeitung der Fehlermeldung noch auf andere als die gemeldete Kennziffer gerichtet hat oder hätte richten müssen. Deshalb ist nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen ausgerechnet hinsichtlich der —nicht beanstandeten— Schadstoffkennziffer Sachverhaltsaufklärung hätte betrieben werden müssen.
Der Senat ist einer Entscheidung darüber, ob die Sache mangels Nachvollziehbarkeit der aus dem festgestellten Sachverhalt gezogenen Schlussfolgerungen an das FG zurückzuverweisen ist (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 118 Rz 55), enthoben, denn die Sache ist anderweitig spruchreif.
b) Das FA war zur rückwirkenden Änderung der Kraftfahrzeugsteuerfestsetzung —unter Einhaltung der Frist für die Festsetzungsverjährung wie geschehen— gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 nicht nur berechtigt, sondern, da es sich um eine gebundene Entscheidung handelt, verpflichtet (so auch , EFG 1995, 41). Nach dieser Vorschrift ist ein Steuerbescheid zu ändern, soweit ein Grundlagenbescheid i.S. des § 171 Abs. 10 AO 1977, dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird.
Die in den Fahrzeugpapieren unter „Ziff. 1 Fahrzeug- und Ausbauart an Stelle 5 und 6” der dort aufgeführten Schlüsselnummer durch eine zweistellige Kennnummer dokumentierte Feststellung der Zulassungsbehörde zu den Schadstoffemissionen des Kfz stellt— wie der Senat bereits entschieden hat (BFH-Beschluss in BFHE 147, 276, BStBl II 1986, 865, m.w.N.)— einen Grundlagenbescheid i.S. des § 171 Abs. 10 AO 1977 dar. Nach dieser Vorschrift ist einzige Voraussetzung für einen Grundlagenbescheid, dass ein anderer Verwaltungsakt für die Festsetzung einer Steuer bindend ist. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 KraftStG sind bei PKW für die Beurteilung der Schadstoffemissionen und der Kohlendioxidemissionen, für die Beurteilung als schadstoffarm und für die Beurteilung anderer Besteuerungsgrundlagen technischer Art die Feststellungen der Zulassungsbehörde verbindlich.
Zwar hat es der Senat im Urteil vom VII R 78/89 (BFH/NV 1991, 123) im Hinblick auf eine differenzierende Betrachtungsweise in der Literatur (Ziemer/Haarmann/Lohse/ Beermann, Rechtsschutz in Steuersachen, Bd. 3, Tz. 5320/104) dahinstehen lassen, ob die verkehrsrechtliche Einstufung als Grundlagenbescheid i.S. des § 171 Abs. 10 AO 1977 zu beurteilen ist oder ob die Bindung an diese Einstufung aus der so genannten Tatbestandswirkung der Feststellung der Fachbehörde herrührt. Damit hat er aber seine frühere Rechtsprechung nicht aufgegeben. An ihr ist auch weiterhin festzuhalten (so auch , Deutsches Autorecht 2002, 428; , Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht 2001, 155). Den Einwendungen gegen die Einordnung eines rechtswegfremden Verwaltungsaktes als Grundlagenbescheid ist schon deshalb nicht zu folgen, weil sie im Widerspruch zu dem offenen Wortlaut des § 171 Abs. 10 Satz 1 AO 1977 („oder ein anderer Verwaltungsakt”) stehen. Im Übrigen ist für eine Vielzahl rechtswegfremder Bescheide unbestritten, dass sie Grundlagenbescheide i.S. des § 171 Abs. 10 AO 1977 sind (z.B. die Feststellung des Versorgungsamtes nach dem Schwerbehindertengesetz, die Genehmigung zum Güterfernverkehr; weitere Nachweise in Klein/Rüsken, AO, 9. Aufl., § 175 Rz. 17).
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist die Änderung eines Steuerbescheides unabhängig vom Zeitpunkt des Bekanntwerdens der im Grundlagenbescheid getroffenen Feststellungen so lange zwingend geboten, bis der Grundlagenbescheid „richtig” umgesetzt ist. Das bedeutet, dass auch Fehler, die bei der Auswertung eines Grundlagenbescheides im Folgebescheid unterlaufen sind, nachträglich richtig zu stellen sind (, BFH/NV 2005, 1749, m.w.N.). Eine zeitliche Einschränkung für die Anwendung des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 ergibt sich lediglich aus den Vorschriften über die Festsetzungsverjährung bzw. Feststellungsverjährung (vgl. z.B. , BFHE 181, 388, BStBl II 1997, 261; Klein/Rüsken, a.a.O., § 175 Rz. 20, 21; von Wedelstädt in Beermann/Gosch, AO § 175 Rz. 17 ff.).
Nach diesen Grundsätzen war die vom Kläger angefochtene rückwirkende Änderung der Kraftfahrzeugsteuerfestsetzung rechtmäßig, denn infolge der Änderung ist die Kraftfahrzeugsteuer entsprechend der von der Zulassungsstelle festgestellten Schadstoffstufe nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f KraftStG für die Zeit ab (für Zeiträume davor war unstreitig Festsetzungsverjährung eingetreten) festgesetzt worden.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2007 II Seite 134
AO-StB 2007 S. 33 Nr. 2
BB 2007 S. 92 Nr. 2
BFH/NV 2007 S. 361 Nr. 2
BStBl II 2007 S. 134 Nr. 4
DB 2007 S. 670 Nr. 12
DStRE 2007 S. 242 Nr. 4
HFR 2007 S. 259 Nr. 3
INF 2007 S. 130 Nr. 4
NWB-Eilnachricht Nr. 1/2007 S. 9
StB 2007 S. 45 Nr. 2
StBW 2007 S. 6 Nr. 1
StuB-Bilanzreport Nr. 7/2007 S. 283
UVR 2007 S. 45 Nr. 2
FAAAC-32269