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Mutter-Tochter-Richtlinie
I. Definition der Mutter-Tochter-Richtlinie
Die sog. Mutter-Tochter-Richtlinie verpflichtet die EU-Mitgliedstaaten, Ausschüttungen einer Tochtergesellschaft an ihre in einem anderen EU-Staat ansässige Muttergesellschaft vom Quellensteuerabzug freizustellen. Gleichzeitig wird der Sitzstaat der Muttergesellschaft verpflichtet, diese Ausschüttung ebenfalls freizustellen oder aber die auf die Ausschüttung entfallende Körperschaftsteuer der Tochtergesellschaft bei der Muttergesellschaft anzurechnen. Diese Richtlinie wurde zuletzt durch die Richtlinie 2011/96/EU (ABl EU 2011 Nr. L 345 S. 8) am geändert. Durch das Zinsabkommen (Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Regelungen, die den in der Richtlinie 2003/48/EG des Rates im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen festgelegten Regelungen gleichwertig sind (ABl EU Nr. L 385 S. 30)) gelten die Regelungen der Mutter-Tochter-Richtlinie auch im Verhältnis zur Schweiz.
II. Voraussetzungen
Die Anwendung der Mutter-Tochter-Richtlinie setzt bestimmte Gesellschaftsformen voraus. Eine Liste der begünstigten Gesellschaftsformen befindet sich im Anhang der Richtlinie. Da die Richtlinie aufgrund anderer Abkommen der EU mit der Schweiz auch auf schweizerische Gesellschaften anzuwenden ist, ist eine Liste der schweizerischen Rechtsformen im enthalten.
Die Gesellschaften müssen in der EU bzw. in der Schweiz ansässig sein und einer Körperschaftsteuerpflicht ohne Wahlrecht unterliegen. Bei der jeweiligen Körperschaftsteuer muss es sich um eine Körperschaftsteuer im Sinne der in der Richtlinie genannten Steuern handeln.
Die Mutter-Tochter-Richtlinie findet nicht bei jeder Beteiligung an einer Gesellschaft im anderen EU-Staat Anwendung. Es gelten Mindestbeteiligungen:
ab 2009: 10 %
ab 2007: 15 %
ab 2005: 20 %
bis einschließlich 2004: 25 %.
Beteiligung von 10 % in Deutschland ist möglich, wenn im anderen EU-Staat bzw. in der Schweiz die gleiche Beteiligungshöhe ausreicht. Diese Regelung ist ab 2009 wegen der allgemeingültigen Beteiligungsgrenze obsolet geworden und daher ab 2009 nicht mehr anzuwenden.
In einzelnen Staaten können zusätzlich bestimmte Haltefristen Voraussetzung für die Anwendung der Mutter-Tochter-Richtlinie sein:
Grundsätzlich bis zu zwei Jahren.
Der Haltezeitraum kann im Zeitpunkt der Dividendenzahlung noch andauern.
Deutschland hat von der Möglichkeit der Zwei-Jahres-Frist keinen Gebrauch gemacht. Es reicht eine 12-monatige Haltedauer aus.
III. Innerstaatliche Umsetzung
EU-Richtlinien müssen in innerstaatliches Recht umgesetzt werden. Dies ist bei der Mutter-Tochter-Richtlinie durch § 43b EStG geschehen. In der Anlage 2 zu § 43b EStG befindet sich ebenfalls eine Liste der unter die Richtlinie fallenden Gesellschaftsformen. Diese Vorschrift beinhaltet die innerstaatlichen Voraussetzungen und beschreibt die Verfahren, die zur Anwendung der Richtlinie einzuhalten sind (Antrag beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) – Formulare im Internet abrufbar (www.bzst.de).
Das Verfahren sieht entweder die Freistellung vom Steuerabzug (vor der Ausschüttung) oder die Erstattung einbehaltener Steuern (nach der Ausschüttung) vor. Der Steuerabzug darf ohne Freistellung nicht unterlassen werden (Haftung!). Details des Verfahrens sind auf der Internetseite des BZSt nachzulesen.
Eine innerstaatliche Regelung, die einen Missbrauch der Vergünstigungen durch die Richtlinie verhindern soll, ist § 50d Abs. 3 EStG.
Durch § 8b KStG werden Dividenden der ausländischen Tochtergesellschaft bei der deutschen Muttergesellschaft von der Besteuerung freigestellt (5 % werden dabei werden allerdings im Rahmen der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben angesehen und dem zu versteuernden Einkommen wieder hinzugerechnet). Im Bereich der Gewerbesteuer wird die Richtlinie durch die Kürzungsvorschrift in § 9 Nr. 7 GewStG umgesetzt.
Die innerstaatliche Umsetzung der Richtlinie vom erfolgte mit dem Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz (AmtshilfeRLUmsG) vom (BGBl 2013 I S. 1809).