Zulage für Gebäude auf fremdem Grund und Boden
Leitsatz
Investitionszulage für die Herstellung eines Gebäudes i.S. von § 2 Abs. 3 Satz 1 InvZulG 1999 setzt nicht voraus, dass der Hersteller bürgerlich-rechtlicher oder wirtschaftlicher Eigentümer des Gebäudes wird.
Gesetze: AO 1977 § 39InvZulG 1999 § 1 Abs. 1InvZulG 1999 § 2 Abs. 2 und 3InvZulG 1999 § 3 Abs. 1, 4
Instanzenzug: (EFG 2005, 727) (Verfahrensverlauf),
Gründe
I.
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) führt einen in die Handwerksrolle eingetragen Handwerksbetrieb. Seine Ehefrau war im Streitjahr 1999 Alleineigentümerin eines mit einem Wohngebäude bebauten Grundstücks. Am vereinbarten beide in privatschriftlicher Form,
„... dass…[der Kläger] auf dem mir allein gehörenden Grundstück…einen Büroneubau an das bestehende Gebäude bauen darf. Er hat den Bau auf eigenes Risiko durchzuführen und mich von jeglicher Haftung freizustellen. Er hat ferner auch die Finanzierung des Objektes zu übernehmen. Ich verpflichte mich, meinem Ehemann den zum Neubau gehörenden Grund- und Bodenanteil unentgeltlich zu übertragen. Da mit dem Neubau unverzüglich begonnen werden soll, bin ich einverstanden, dass die Eigentumsverhältnisse erst während beziehungsweise nach Abschluss der Baumaßnahmen geklärt werden. Es bleibt aus Kostengründen noch offen, ob ich nur den anteiligen Grund und Boden nach Vermessung übertrage oder ob anschließend Wohn-/Teileigentum gebildet wird.”
Die untere Bauaufsichtsbehörde bestätigte mit Bescheid vom die Durchführung des Bauvorhabens. Der Kläger errichtete den Anbau in den Jahren 1998 und 1999. Die Herstellungskosten betrugen 207 696 DM.
Nach Erteilung der Abgeschlossenheitsbescheinigung am teilte die Ehefrau des Klägers am ihr Eigentum in einen Miteigentumsanteil zu 90/100 (Wohnungseigentum) und einen zu 10/100 (Sondereigentum an den gewerblichen Räumen). Den Miteigentumsanteil zu 10/100 übertrug sie am selben Tage auf den Kläger.
Bereits am hatte der Kläger beim Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt —FA—) Investitionszulage für den Anbau in Höhe von 10 v.H. der Herstellungskosten beantragt. Das FA lehnte dies mit Bescheid vom ab, da der Kläger das Gebäude nicht auf seinem eigenen Grundstück errichtet habe und auch nicht wirtschaftlicher Eigentümer geworden sei. Den Einspruch wies es als unbegründet zurück.
Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG), dessen Urteil in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2005, 727 abgedruckt ist, ließ offen, ob der Kläger wirtschaftliches Eigentum am Gebäude erlangt habe. Nach dem Urteil des VIII. Senats des (BFHE 199, 181, BStBl II 2002, 741) sei der Kläger wirtschaftlicher Eigentümer geworden, da er den Bau ohne Zuwendungsabsicht errichtet habe und ihm gegen die Grundstückseigentümerin ein Anspruch auf Wertausgleich zugestanden habe. Auch wenn man dem —wie Dötsch (Die Information für Steuer und Wirtschaft —Inf— 2002, 634), Kanzler (Finanz-Rundschau —FR— 2002, 1124) und Kulosa (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung —HFR— 2003, 1040)— nicht folge, habe der Kläger jedenfalls aber eine Position erlangt, die ihm in Bezug auf die Investitionszulage die gleichen Rechte gewähre, wie sie einem wirtschaftlichen oder rechtlichen Eigentümer zuständen. Denn bei Bauten auf fremdem Grund und Boden könne der Erbauer den Herstellungsaufwand in Form von Abschreibungen abziehen. Die Einbeziehung eines Gebäudes in die Gewinnermittlung eines Gewerbetreibenden rechtfertige es, dieses als Betriebsgebäude anzusehen. Da das Investitionszulagengesetz (InvZulG) 1999 die Verwendung in einem Betrieb genügen lasse und —anders als bei der Förderung des Wohneigentums— gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 InvZulG 1999 kein wirtschaftliches Eigentum verlange, sei die Förderung zu gewähren, zumal sie dem Gesetzeszweck entspreche.
Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung des § 39 der Abgabenordung (AO 1977). Die Rechtsprechung zu früheren Fassungen des InvZulG, die Verwaltungsmeinung und die überwiegende Ansicht in der Literatur verlangten zivilrechtliches oder zumindest wirtschaftliches Eigentum des Investors. Wirtschaftlicher Eigentümer sei der Kläger nicht gewesen.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
Steuerpflichtige im Sinne des Einkommensteuergesetzes (EStG), die im Fördergebiet begünstigte Investitionen nach den §§ 2 bis 4 InvZulG 1999 vornehmen, haben gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 InvZulG 1999 Anspruch auf Investitionszulage. Zu den begünstigten Investitionen gehört nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1999 u.a. die Herstellung neuer Gebäude und Gebäudeteile, soweit diese mindestens fünf Jahre nach ihrer Herstellung in einem kleinen und mittleren Betrieb des Handwerks i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 InvZulG 1999 verwendet werden. Das FG hat dem Kläger die Investitionszulage zu Recht zugesprochen, denn er hat einen neuen Gebäudeteil hergestellt und in seinem Handwerksbetrieb i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 InvZulG 1999 verwendet. Die insoweit streitige Frage, ob die Förderung nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1999 voraussetzt, dass der Hersteller wirtschaftliches Eigentum erlangt, ist zu verneinen; Investitionszulage kann auch für die Herstellung eines Gebäudes auf fremdem Grund und Boden gewährt werden, für das dem Hersteller die AfA-Berechtigung zusteht.
a) Das InvZulG 1999 begünstigt nicht ausschließlich Investoren, die auch zivilrechtliche (§ 39 Abs. 1 AO 1977) oder wirtschaftliche (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO 1977) Eigentümer des Wirtschaftsgutes sind.
Das InvZulG 1999 enthält —abweichend von den Zulagengesetzen 1991 bis 1996— in seinen §§ 2 bis 4 mehrere unterschiedliche Fördertatbestände, die teilweise aus dem InvZulG 1996 und teilweise aus dem Fördergebietsgesetz (FördG) übernommen worden sind. Dabei handelt es sich um selbständige Investitionszulagen, die verfahrensmäßig voneinander getrennt beantragt, festgesetzt und ausgezahlt werden. Dementsprechend hängen auch die Voraussetzungen für die Anspruchsberechtigung von der jeweils begünstigten Maßnahme ab (Urteil des Senats vom III R 37/01, BFHE 200, 168, BStBl II 2003, 772).
Soweit die Anschaffung oder Herstellung von neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens gefördert wird, hat der Senat daraus in seiner Rechtsprechung zu früheren Zulagengesetzen gefolgert, dass der Investor Gewinneinkünfte erzielen und bürgerlich-rechtlicher oder mindestens wirtschaftlicher Eigentümer des Wirtschaftsgutes sein muss (vgl. , BFHE 191, 125, BStBl II 2001, 311, unter II. 1. a und b der Gründe, zu § 4b InvZulG 1982, m.w.N.; vom III R 130/95, BFH/NV 2001, 1041, 1044, zu § 2 Abs. 1 InvZulG 1991).
Dagegen setzt die Investitionszulage für Erhaltungsarbeiten an einem Gebäude gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1999 nicht zwingend zivilrechtliches oder wirtschaftliches Eigentum des Investors voraus, vielmehr sind auch Nießbraucher und Mieter begünstigt (Urteile des Senats in BFHE 200, 168, BStBl II 2003, 772, und vom III R 59/04, BFHE 210, 563, BStBl II 2006, 272). Denn der Fördertatbestand des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1999 ist weder —wie § 4 InvZulG 1999 („eigen”)— ausdrücklich auf den Eigentümer beschränkt noch ergibt sich eine derartige Beschränkung —wie bei der Anschaffung eines Gebäudes i.S. von § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1999— aus dem Sinngehalt einzelner Tatbestandsmerkmale. Anspruchsberechtigter nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1999 ist, wer die Herstellungskosten bzw. Erhaltungsaufwendungen der begünstigten Investitionen getragen hat. Die Verwaltung wendet das Urteil in BFHE 210, 563, BStBl II 2006, 272 über den entschiedenen Einzelfall hinaus auf Mieter nicht an (, BStBl I 2006, 282).
b) Keines der Tatbestandsmerkmale des § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1999 setzt wirtschaftliches Eigentum des Investors voraus, soweit die Herstellung neuer Gebäude gefördert wird.
Während die Anschaffung eines Gebäudes als Erwerb des zivilrechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentums zu verstehen ist (vgl. das Urteil des Senats in BFHE 200, 168, BStBl II 2003, 772), sind Hersteller und Eigentümer einer Sache nicht notwendig identisch. Denn „Herstellung” bezeichnet die Schaffung einer Sache, d.h. einen tatsächlichen Vorgang, und nicht die vermögensrechtliche oder wirtschaftliche Beziehung zwischen Hersteller und Gegenstand.
Das Erfordernis wirtschaftlichen Eigentums des Investors lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass § 2 InvZulG 1999 mit „Betriebliche Investitionen” überschrieben ist. Denn eine betriebliche Investition wird auch ohne Erwerb wirtschaftlichen oder bürgerlich-rechtlichen Eigentums getätigt, wenn die Aufwendungen für ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden von einem Gewerbetreibenden getragen werden, das Gebäude seinen Zwecken dient und er demzufolge Absetzungen für Abnutzung auf die Herstellungskosten vorzunehmen hat (vgl. , BFHE 189, 151, BStBl II 1999, 778).
Die durch § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1999 geforderte Verwendung des Gebäudes oder Gebäudeteiles in einem Handwerksbetrieb kann auch dann vorliegen, wenn das Gebäude oder der Gebäudeteil durch den Betrieb genutzt wird, aber nicht im zivilrechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentum des Unternehmensträgers steht.
c) Ob Bauten auf fremdem Grund und Boden materielle oder immaterielle Wirtschaftsgüter sind (dazu Schmidt/Weber-Grellet, Einkommensteuergesetz, 25. Aufl., § 5 Rz. 270), kann dahinstehen. Denn obwohl § 2 Abs. 3 Satz 1 InvzulG 1999 unter Gebäuden unbewegliche Wirtschaftsgüter versteht, sind Baumaßnahmen auch dann begünstigt, wenn sie bei der Gewinnermittlung des Investors wie Herstellungskosten von abnutzbaren unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens zu behandeln sind (Urteil des Senats vom III R 98/83, BFHE 142, 90, BStBl II 1984, 805).
d) Die Gewährung von Investitionszulagen für Bauten auf fremdem Grund entspricht auch dem Zweck des InvZulG 1999; die Gefahr einer Doppelförderung oder einer missbräuchlichen Inanspruchnahme ist nicht zu erkennen. Der Senat sieht sich im Übrigen dadurch bestätigt, dass die Verwaltung nunmehr die Urteile in BFHE 200, 168, BStBl II 2003, 772, und in BFHE 210, 563, BStBl II 2006, 272 auf Nießbraucher anwendet und bereits früher Investitionszulagen für durch Bauten auf fremdem Grund und Boden geschaffene Nutzungsrechte gewährt hat (, BStBl I 1985, 188 betr. das zu § 4b InvZulG 1975 ergangene Urteil des Senates in BFHE 142, 90, BStBl II 1984, 805).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2007 II Seite 131
BB 2006 S. 2457 Nr. 45
BBK-Kurznachricht Nr. 22/2006 S. 1207
BFH/NV 2006 S. 2375 Nr. 12
BStBl II 2007 S. 131 Nr. 4
DB 2006 S. 2500 Nr. 46
DStR 2006 S. 2028 Nr. 45
DStRE 2006 S. 1488 Nr. 23
DStZ 2006 S. 787 Nr. 23
DStZ 2007 S. 6 Nr. 1
EStB 2007 S. 10 Nr. 1
FR 2007 S. 154 Nr. 3
GStB 2006 S. 45 Nr. 12
HFR 2007 S. 254 Nr. 3
INF 2006 S. 929 Nr. 24
KÖSDI 2006 S. 15305 Nr. 11
KÖSDI 2006 S. 15305 Nr. 11
KÖSDI 2006 S. 15347 Nr. 12
NWB-Eilnachricht Nr. 22/2008 S. 2041
NWB-Eilnachricht Nr. 44/2006 S. 3705
SJ 2006 S. 11 Nr. 24
StB 2006 S. 443 Nr. 12
StBW 2006 S. 8 Nr. 23
StuB-Bilanzreport Nr. 23/2006 S. 938
WPg 2007 S. 47 Nr. 1
SAAAC-18013