BGH Beschluss v. - 3 StR 391/02

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: AuslG § 92 a Abs. 1; StPO § 154 a Abs. 2; StPO § 265; StPO § 349 Abs. 2; StPO § 349 Abs. 4; StPO § 354 Abs. 1; StGB § 73 Abs. 1 Satz 1; StGB § 73 d; StGB § 146 Abs. 1 Nr. 2

Instanzenzug: LG Duisburg vom

Gründe

1. Das Landgericht hat verurteilt

a) den Angeklagten I. "wegen gemeinschaftlicher Urkundenfälschung in drei besonders schweren Fällen, hiervon in einem Fall in Tateinheit mit gewerbsmäßiger Hehlerei und weiterer Tateinheit mit gewerbsmäßiger Einschleusung von Ausländern sowie wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in zwei Fällen und wegen gemeinschaftlicher Geldfälschung in drei Fällen, davon in zwei Fällen in gewerbsmäßiger Begehung, wobei es davon in einem Fall beim Versuch blieb", zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren;

b) den Angeklagten K. "wegen gemeinschaftlicher Urkundenfälschung in einem besonders schweren Fall sowie wegen gemeinschaftlicher Geldfälschung" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren.

Gegen den Angeklagten I. hat es außerdem den Verfall von Wertersatz in Höhe von 15.000 € und gegen den Angeklagten K. die Einziehung von zwei elektrischen Schreibmaschinen angeordnet. Mit ihren Revisionen rügen beide Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Beide Rechtsmittel haben mit der Sachrüge teilweise Erfolg.

2. Hinsichtlich des Angeklagten I. hat der Senat mit Zustimmung des Generalbundesanwalts das Verfahren im Fall II. 1. der Urteilsgründe gemäß § 154 a Abs. 2 StPO auf den Vorwurf der Urkundenfälschung und der gewerbsmäßigen Hehlerei beschränkt und damit den Vorwurf der gewerbsmäßigen Einschleusung von Ausländern aus dem Verfahren ausgeschieden, da den bisherigen Feststellungen nicht zu entnehmen ist, welchen Ausländern der Angeklagte zu welchen konkreten Handlungen, auf die § 92 a Abs. 1 AuslG verweist, Hilfe geleistet bzw. hierzu angesetzt hat (§ 92 a Abs. 3 AuslG). Der danach verbleibende Schuldspruch wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit gewerbsmäßiger Hehlerei läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Auch die in diesem Fall verhängte Einzelstrafe von einem Jahr und sechs Monaten hat Bestand. Der Senat kann im Hinblick auf den Unrechts- und Schuldgehalt des in diesem Fall verwirklichten Urkunds- und Hehlereidelikts, aber auch unter Beachtung der weiteren vom Angeklagten begangenen Einzeltaten ausschließen, daß das Landgericht ohne die tateinheitliche Aburteilung des von ihm angenommenen Verstoßes gegen das Ausländergesetz auf eine geringere Einzelstrafe erkannt hätte, zumal dieser ausweislich der Urteilsgründe keinen bestimmenden Einfluß auf die Strafhöhe hatte (vgl. § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO).

3. Der Schuldspruch gegen die Angeklagten I. und K. wegen Geldfälschung im Fall II. 6. der Urteilsgründe hat keinen Bestand.

Nach den insoweit getroffenen Feststellungen hatte der Angeklagte I. dem "J. " - einer unter diesem Decknamen auftretenden Vertrauensperson der Polizei - die Lieferung von Falschgeld versprochen. Es war ihm jedoch nicht gelungen, Falschgeld in ausreichend guter Qualität aufzutreiben. Daraufhin hatte sich der Angeklagte K. eingeschaltet und mit dem Mitangeklagten N. in Verbindung gesetzt, von dem er wußte, daß er "über die entsprechenden Verbindungen verfügte". N. besorgte falsche holländische Gulden. Am fuhr der Angeklagte I. zusammen mit "J. " zu N. , der in seiner Wohnung dem "J. " 30 gefälschte 1000-Gulden-Scheine übergab, wofür "J. " 2.000 DM anzahlte. Der Angeklagte K. zeigte sich empört, daß man ihn an diesem Geschäft mit seinem Kontaktmann N. nicht beteiligt hatte. Er wurde daher von dem Angeklagten I. und "J. " mitgenommen, als diese am nächsten Tag erneut zu dem Mitangeklagten N. fuhren, dem "J. " den Restkaufpreis von 2.500 DM aushändigte. Ein späteres Verlangen des Angeklagten K. , für die Vermittlung des Geschäfts mit N. eine Provision zu zahlen, lehnte "J. " ab.

Die Ansicht des Landgerichts, bei diesem Sachverhalt hätten sich die Angeklagten I. und K. der gemeinschaftlichen Geldfälschung in der Form des Sichverschaffens von Falschgeld (§ 146 Abs. 1 Nr. 2 StGB) schuldig gemacht, hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Mittäter des Sichverschaffens von Falschgeld kann nur derjenige sein, der das Falschgeld in eigenen (Mit-)Gewahrsam oder auf andere Weise mit dem Willen zu eigenständiger Verfügung in seine (Mit-)Verfügungsgewalt bringt (BGHSt 3, 154, 156; 44, 62). Dies ist hier bezüglich der Angeklagten I. und K. jedoch nicht festgestellt. Gewahrsam an den falschen holländischen Gulden haben sie nicht erlangt; diesen hatte allein der Mitangeklagte N. inne. Auch eine (Mit-)Verfügungsgewalt über das Falschgeld ist nicht belegt. Der Angeklagte K. war bei den Verhandlungen zwischen N. und "J. " sowie der Übergabe des Geldes nicht einmal zugegen. Zwar war der Angeklagte I. am in der Wohnung des N. mitanwesend. Nach den Feststellungen wurden die Verhandlungen über das Falschgeldgeschäft aber ausschließlich zwischen N. und "J. " geführt, ohne daß der Angeklagte I. Einfluß darauf gehabt hätte, ob das Geld tatsächlich an "J. " übergeben wurde. Anders als im Fall II. 7. der Urteilsgründe war dem Angeklagten I. auch keine "Probe" des zu liefernden Falschgelds für die Begutachtung durch den Abnehmer ("J. ") übergeben worden (vgl. hierzu BGH NStE Nr. 3 zu § 146 StGB). Allein das Ingangsetzen und die Vermittlung eines zwischen Dritten abgewickelten Falschgeldgeschäfts genügt für eine mittäterschaftliche Verwirklichung des § 146 Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht, auch wenn sich der Vermittler für seine Tätigkeit eine Provision von einem der Partner des Geschäfts verspricht.

Nach dem rechtsfehlerfrei festgestellten Sachverhalt haben sich die beiden Angeklagten aber der Beihilfe zur versuchten (BGHSt 34, 108, 109; BGH NStZ 2000, 530) Geldfälschung schuldig gemacht, indem sie N. einen Abnehmer für das Falschgeld vermittelten bzw. bei der Übergabe des Geldes mitwirkten (§ 146 Abs. 1 Nr. 3, § 22, § 23 Abs. 1, § 27 StGB). Da weitergehende Feststellungen nicht zu erwarten sind, ändert der Senat den Schuldspruch in diesem Fall in analoger Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO bezüglich beider Angeklagter entsprechend ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da sich die insoweit geständigen Angeklagten gegen den geänderten Tatvorwurf nicht anders als geschehen hätten verteidigen können.

Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung der in diesem Fall verhängten Einzelstrafen sowie der Gesamtstrafen.

4. Der gegen den Angeklagten I. angeordnete Verfall von Wertersatz in Höhe vom 15.000 € (§ 73 a StGB) ist rechtsfehlerhaft, soweit der Verfallsbetrag die Summe von 7.413,71 € übersteigt; denn durch die abgeurteilten Taten hat dieser Angeklagte nach den bisher getroffenen Feststellungen lediglich 14.500 DM im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt.

Für die am gefälschten fünf "Reisedokumente" (Fall II. 2. der Urteilsgründe) hat er nicht 20.000 DM, sondern nur 10.000 DM erlöst (vgl. UA S. 19). Die am von "J. " für neun "Blankoaufenthaltstitel" gezahlten 7.200 DM (Fall II. 3. der Urteilsgründe) hat nicht der Angeklagte, sondern direkt der unbekannt gebliebene Lieferant erhalten (UA S. 20). Für die Lieferung eines deutschen Reisepasses an den anderweitig verfolgten M. (vgl. Fall II. 5. der Urteilsgründe, UA S. 21) hat der Angeklagte zwar einen Kaufpreis von 1.500 DM erzielt; dieser Verkauf ist jedoch nicht Gegenstand des Schuldspruchs in diesem Fall, der allein auf das Verfälschen der slowenischen Pässe gestützt ist (s. UA S. 42).

Als Geldbeträge, die der Angeklagte durch die abgeurteilten Taten erlangt hat, verbleiben somit nur die 1.000 DM für die beiden nigerianischen Pässe im Fall II. 1. der Urteilsgründe, die 10.000 DM für die fünf Reisedokumente im Fall II. 2., die "Kaution" von 1.000 DM im Fall II. 3., die 1.500 DM für ein "Blankoreisedokument" im Fall II. 4. und die 1.000 DM für die im Fall II. 5. an M. gelieferten beiden slowenischen Pässe. Dies ergibt eine Summe von 14.500 DM, was einem Betrag von 7.413,71 € entspricht. Nur in dieser Höhe ist bislang die Anordnung des Verfalls von Wertersatz berechtigt. Zwar sind nach den Feststellungen an den Angeklagten I. im Rahmen strafbarer Handlungen noch erhebliche weitere Zahlungen geleistet worden. Diese standen jedoch nicht im Zusammenhang mit den abgeurteilten Taten. Von der Möglichkeit des § 73 d StGB hat das Landgericht keinen Gebrauch gemacht.

5. Die weitergehenden Rechtsmittel der beiden Angeklagten sind unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

6. Das angefochtene Urteil gibt dem Senat noch Anlaß zu folgenden Hinweisen:

a) Bei mehrfacher - teils vollendeter, teils versuchter - Verwirklichung eines Straftatbestandes, der in den einzelnen Fällen noch mit unterschiedlichen anderen Delikten tateinheitlich zusammentrifft, empfiehlt es sich, in der Entscheidungsformel jede Tat einzeln zu bezeichnen und nur dann unter Angabe der Zahl der tatmehrheitlichen Tatbegehungen zusammenzufassen, wenn die rechtliche Bezeichnung der Einzeltaten identisch ist. Ansonsten wird die Verständlichkeit des Urteilstenors erheblich erschwert, wie das in der angefochtenen Entscheidung beim Schuldspruch gegen den Angeklagten I. der Fall ist.

b) Wird eine Tatserie abgeurteilt, ist es ratsam, in den Urteilsgründen für die einzelnen Taten im Rahmen der Sachverhaltsdarstellung eigene einheitliche Ordnungsziffern zu vergeben und diese bei Beweiswürdigung, rechtlicher Würdigung sowie Strafzumessung weiterzuverwenden und nicht mit anderen Ordnungsmerkmalen - etwa der Anklage - zu vermischen (vgl. BGH bei Becker NStZ-RR 2003, 4 Nr. 10 m. w. N.). Ansonsten besteht die Gefahr, daß - wie in dem landgerichtlichen Urteil - in den verschiedenen Urteilsabschnitten die Ordnungsziffern durcheinander geraten. Dies erschwert nicht nur allgemein das Verständnis des Urteils, sondern kann im Einzelfall zu unauflösbaren Widersprüchen führen, die die Aufhebung des Urteils erforderlich machen.

Fundstelle(n):
YAAAC-09127

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