Leitsatz
[1] Zur Kostentragung unter Berücksichtigung des bisherigen Streitstandes nach billigem Ermessen (§ 269 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 ZPO) auch in den Fällen, in denen die mit einem Prozeßkostenhilfeantrag verbundene Klage noch vor ihrer Zustellung zurückgenommen wurde.
Gesetze: ZPO § 269 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 i.d.F. des 1. Justizmodernisierungsgesetzes vom (BGBl. I S. 2198)
Instanzenzug: OLG Frankfurt am Main vom LG Wiesbaden
Gründe
I.
Am hat der Kläger - nachdem er zuvor der Beklagten vergeblich eine Frist zur Abgabe der Erklärung gesetzt hatte - eine auf Zustimmung der Beklagten in die Kündigung eines gemeinsam abgeschlossenen Bausparvertrags gerichtete Klage eingereicht. Zugleich hat er um Bewilligung von Prozeßkostenhilfe nachgesucht. Das Landgericht hat der Beklagten eine nicht beglaubigte Abschrift des Schriftsatzes übersandt und sie aufgefordert, zum Prozeßkostenhilfegesuch des Klägers Stellung zu nehmen. Die Beklagte hat daraufhin die begehrte Zustimmung zur Kündigung des Bausparvertrags erklärt. Der Kläger hat sodann die Klage zurückgenommen und beantragt, der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, weil sie durch ihr Verhalten Anlaß zur Einreichung der Klage gegeben habe.
Das Landgericht hat daraufhin der Beklagten gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO a.F. die Kosten auferlegt. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Entscheidung des Landgerichts abgeändert und den Kostenantrag des Klägers zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Kläger seinen Kostenantrag weiter.
II.
Das Rechtsmittel ist begründet. Es führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
1. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts liegen die Voraussetzungen, die § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO (a.F.) für die vom Antragsteller begehrte Kostenentscheidung aufstellt, nicht vor. Die Kostenregelungen des § 269 ZPO bezögen sich auf die Parteien eines Rechtsstreits, zu dem es jedoch erst mit der - hier fehlenden - Zustellung der Klage komme. Für die Regelung des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO (a.F.) gelte nichts anderes. Im Prozeßkostenhilfeverfahren ergebe sich die Unanwendbarkeit des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO (a.F.) im übrigen bereits daraus, daß eine Kostenerstattung in diesem Verfahren nach § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO nicht stattfinde.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Wie der Bundesgerichtshof - nach Erlaß des angefochtenen Beschlusses - entschieden hat, ist die durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom (BGBl. I S. 1887) eingefügte Vorschrift des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO (a.F.) auch dann anwendbar, wenn eine Klage zurückgenommen wird, bevor sie zugestellt worden ist, und wenn die Zustellung deshalb nachfolgend unterbleibt (BGH Beschlüsse vom - VIII ZB 72/03 - FamRZ 2004, 697 und vom - VII ZB 55/02 - ZfBR 2004, 373). Diese Auffassung hat inzwischen mit der Einfügung eines § 269 Abs. 3 Satz 3 2. Halbsatz ZPO durch das 1. Justizmodernisierungsgesetz vom (BGBl. I S. 2198) Eingang in das Gesetz gefunden.
Die angefochtene Entscheidung erweist sich auch nicht deshalb als richtig, weil im Prozeßkostenhilfeverfahren Gerichtskosten nicht entstanden und außergerichtliche Kosten dem Gegner (gemäß § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO) nicht zu erstatten sind. Der Kläger hat nämlich nicht nur Prozeßkostenhilfe beantragt, sondern zugleich Klage eingereicht. Richtig ist zwar, daß ein als Klage bezeichneter Schriftsatz zunächst nur als ein Antrag auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe gemeint sein kann. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn in dem Schriftsatz gebeten wird, "vorab" über die Gewährung von Prozeßkostenhilfe zu entscheiden, oder wenn die Klagebegründung in anderer Weise klarstellt, daß eine Klageerhebung noch nicht beabsichtigt ist (vgl. etwa Senatsurteil vom - XII ZR 14/95 - FamRZ 1996, 1142, 1143; Musielak /Foerste ZPO 4. Aufl. § 253 Rdn. 6). Im vorliegenden Fall sind dem Schriftsatz des Klägers Anhaltspunkte für eine solche Willensrichtung indes nicht zu entnehmen. Der Kläger hat im Gegenteil ausdrücklich erklärt, Klage zu erheben und gleichzeitig um Prozeßkostenhilfe nachgesucht. Von diesem Verständnis geht im Ergebnis - unbeschadet seiner Hilfsbegründung - letztlich wohl auch das Oberlandesgericht aus, da es anderenfalls auf die Zulassungsfrage nach der Anwendbarkeit des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO auf den vorliegenden Fall nicht ankäme.
3. Die angefochtene Entscheidung kann nach allem nicht bestehen bleiben. Der Senat vermag in der Sache nicht abschließend zu entscheiden, da das Oberlandesgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - die ihm nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO obliegende Ermessensentscheidung noch nicht getroffen hat. Die Sache war daher an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, damit es diese Entscheidung nachholt.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
NJW-RR 2005 S. 1015 Nr. 14
XAAAC-06009
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja