BGH Beschluss v. - VII ZR 277/04

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: ZPO § 552 Abs. 2 Satz 2; ZPO § 552 Abs. 2 Satz 3; ZPO § 552 a; AGBG § 1; VOB/B § 17 Nr. 3

Instanzenzug: OLG Rostock vom

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer für die S. GmbH gestellten Bürgschaft auf erstes Anfordern in Anspruch.

Die Klägerin beauftragte die S. GmbH im Jahre 1995 mit Bauarbeiten. Als Sicherheit wurde in § 6 Nr. 2 der von der Klägerin gestellten Vertragsbedingungen, die vorrangig vor der VOB/B gelten sollten, vereinbart:

"Der Auftraggeber ist berechtigt, von der Schlußrechnung einen Sicherungseinbehalt von 5 % der dem Auftragnehmer insgesamt geschuldeten Vergütung vorzunehmen. Der Sicherheitseinbehalt kann vom Auftragnehmer abgelöst werden durch Verschaffung einer unbedingten, unbefristeten und unwiderruflichen selbstschuldnerischen Gewährleistungsbürgschaft einer deutschen Großbank oder Sparkasse, die die Verpflichtung enthalten muß, den verbürgten Betrag auf erstes Anfordern des Auftraggebers an diesen auszuzahlen."

Die Gewährleistungsbürgschaft konnte vom Auftraggeber nach § 7 Nr. 3 freigegeben werden, wenn bei einer Kontrollbegehung nach Ablauf von zwei Jahren nach Abnahme keine Mängel festgestellt würden, für die der Auftragnehmer haftet.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

II.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich ist. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

1. Soweit das Berufungsgericht die Ansicht vertritt, § 6 Nr. 2 des Bauvertrages sei eine Allgemeine Geschäftsbedingung, die von den Vertragsparteien auch nicht ausgehandelt sei, ist ein Zulassungsgrund nicht gegeben. Da die hierzu vertretene Rechtsansicht des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden ist, hat die Revision insoweit keine Aussicht auf Erfolg.

Gemäß § 1 AGBG sind Allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die der Verwender der anderen Vertragspartei bei Abschluß des Vertrages stellt. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch dann vor, wenn sie von einem Dritten für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind, selbst wenn die Vertragspartei, die die Klauseln stellt, sie nur in einem einzigen Vertrag verwenden will (, BauR 2000, 1182, 1185 = ZfBR 2000, 472 = NZBau 2000, 375; vom - VII ZR 318/95, BauR 1997, 123 = ZfBR 1997, 33). Ständige Rechtsprechung ist weiter, daß sich aus dem Inhalt und der Gestaltung der in einem Bauvertrag verwendeten Bedingungen ein von dem Verwender zu widerlegender Anschein dafür ergeben kann, daß die Klauseln zur Mehrfachverwendung vorformuliert worden sind (, BGHZ 157, 102).

Die von der Revision gegen die Ansicht des Berufungsgerichts gerichteten Rügen greifen nicht. In erster Instanz war zwischen den Parteien unstreitig, daß die streitigen Klauseln anderen bekannten Klauseln entsprachen, die dem Rechtsanwalt der Klägerin, der den Vertrag vorformulieren sollte, insoweit als Vorbild dienten. Soweit der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin im Berufungsverfahren erklärt hat, er habe die vorformulierte Vertragsklausel nur für diesen Vertrag in Kenntnis der - auch dem Senat aus einer Vielzahl von Fällen bekannten - Tatsache verwendet, daß derartige Klauseln zum damaligen Zeitpunkt von anderen im Baubereich Tätigen benutzt wurden, ändert nichts an dem Charakter als Allgemeine Geschäftsbedingung. Denn bei Benutzung einer im allgemeinen vorformulierten Klausel dieses Inhalts kommt es nicht darauf an, daß der Verwender im Einzelfall die Absicht der Mehrfachverwendung hat. Die Klausel ist auch nicht im einzelnen ausgehandelt, weil die Klägerin nicht vorgetragen hat, daß sie den Kerngehalt der Klausel ernsthaft zur Disposition gestellt hat (, BGHZ 150, 299, 302 m. w. N.). Ausreichend dafür ist nicht der Vortrag der Klägerin, man habe den Bauvertrag ausgehandelt.

2. Auch soweit das Berufungsgericht die Sicherungsabrede in § 6 Nr. 2 des Bauvertrages für unwirksam hält, liegt ein Zulassungsgrund nicht vor. Die Revision hat auch insoweit keine Aussicht auf Erfolg.

Die Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauvertrages, wonach der Besteller nach Abnahme des Bauwerks 5 % der Auftragssumme für die Dauer der fünfjährigen Gewährleistungsfrist als Sicherheit einbehalten darf, benachteiligt den Unternehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Sie ist unwirksam, wenn ihm kein angemessener Ausgleich dafür zugestanden wird. Das dem Unternehmer eingeräumte Recht, den Einbehalt durch eine Bürgschaft auf erstes Anfordern abzulösen, ist kein angemessener Ausgleich in diesem Sinn (, BGHZ 136, 27). Die hier vorrangig vor der VOB/B geltende Vertragsklausel, die vorsieht, daß von der Schlußrechnung ein Gewährleistungseinbehalt in Abzug gebracht wird, der durch die Bürgschaft auf erstes Anfordern abgelöst werden kann, ist dahin auszulegen, daß sowohl das Wahlrecht aus § 17 Nr. 3 VOB/B als auch die Verpflichtung des Auftraggebers zur Einzahlung auf ein Sperrkonto ausgeschlossen ist (, BauR 2002, 1392 = ZfBR 2002, 677). Mit der in einem zusammenhängenden Absatz vorgenommenen Formulierung wird zum Ausdruck gebracht, daß als Sicherheit nur ein Bareinbehalt gewollt war, der lediglich durch Bürgschaft auf erstes Anfordern abgelöst werden konnte. Auch aus der Vereinbarung der VOB/B läßt sich nichts anderes herleiten, weil die VOB/B nachrangig gelten sollte. Die Klausel kann nicht in der Weise aufrechterhalten werden, daß der Auftragnehmer berechtigt ist, den Sicherheitseinbehalt durch eine selbstschuldnerische unbefristete Bürgschaft abzulösen (, BauR 2005, 539 = NZBau 2005, 219 = ZfBR 2005, 255).

Da auch insoweit die zugrundeliegenden Rechtsfragen geklärt sind und das Berufungsgericht zu Recht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs § 6 Nr. 2 des Bauvertrages für unwirksam hält, sind Gründe für die Zulassung nicht gegeben. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg; denn nicht zu beanstanden ist auch die weitere Erwägung des Berufungsgerichts, die Freigaberegelung in § 7 Nr. 3 des Bauvertrages stelle keinen ausreichenden Ausgleich dar. Durch die Bürgschaft auf erstes Anfordern werden dem Auftraggeber sofort liquide Mittel zugeführt, wenn er die Bürgschaft in Anspruch nimmt, weil er den Bürgschaftsfall für eingetreten hält. Ferner ist die Rückgabe der Sicherheit nach § 7 des Bauvertrages davon abhängig, daß bei der Kontrollbegehung keine Mängel festgestellt werden, für die der Auftragnehmer haftet. Das Berufungsgericht stellt insofern zu Recht fest, daß damit dem Auftragnehmer nach Abnahme die Beweislast für die Mängelfreiheit auferlegt wird. Zudem führte bereits jeder Streit um das Vorhandensein von Mängeln dazu, daß der Freigabeanspruch blockiert würde (vgl. , BGHZ 157, 29).

Diese Problematik bedarf keiner Entscheidung durch ein Urteil des Revisionsgerichts. Es gilt insofern nichts anderes als für die im Beschluß vom - VII ZR 495/00 (BauR 2002, 1110) entschiedene Frage, ob die Unwirksamkeit der Klausel von der Dauer der Gewährleistungsfrist abhängt.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
ZIP 2005 S. 1604 Nr. 36
UAAAC-03444

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein