BGH Urteil v. - IX ZR 252/01

Leitsatz

[1] Hat der Schuldner für eine von ihm abgeschlossene Lebensversicherung einem Dritten ein widerrufliches Bezugsrecht eingeräumt, richtet sich nach Eintritt des Versicherungsfalls der Anfechtungsanspruch gegen den Dritten auf Auszahlung der vom Versicherer geschuldeten Versicherungssumme, nicht auf Rückgewähr der vom Schuldner geleisteten Prämien.

Bei Erteilung einer widerruflichen Bezugsberechtigung an einen Dritten gilt die anfechtbare Rechtshandlung erst dann als vorgenommen, wenn der Versicherungsfall eingetreten ist.

Der Anfechtungsanspruch gewährt in der Insolvenz des Anfechtungsgegners im allgemeinen ein Aussonderungsrecht.

Gesetze: InsO § 134 Abs. 1; InsO § 143; InsO § 140; InsO § 47; InsO § 129; VVG § 166

Instanzenzug: LG Ingolstadt

Tatbestand

Der Kläger ist Verwalter in dem am eröffneten Insolvenzverfahren über den Nachlaß des am verstorbenen Rechtsanwalts W. B. (nachfolgend: Erblasser). Der Beklagte ist Treuhänder im Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen der Witwe des Erblassers.

Dieser schloß im Jahre 1986 einen Lebensversicherungsvertrag, der für Frau M. ein unwiderrufliches Bezugsrecht vorsah. Im Jahre 1993 verzichtete Frau M. auf die Rechte aus diesem Vertrag. Der Erblasser räumte nunmehr seiner Schwester ein widerrufliches Bezugsrecht, bezogen auf den Todesfall, ein. Mit Erklärung vom trat der Erblasser die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag an die C. zur Sicherung von Kreditforderungen ab. Mit Schreiben vom änderte er das widerrufliche Bezugsrecht und räumte es nunmehr seiner Ehefrau ein.

Die Versicherungsleistung wurde nach dem Todesfall an die C. ausbezahlt, die sich daraus wegen ihrer Forderungen befriedigte. Es verblieb ein Überschuß von 98.616,63 DM, der beim Amtsgericht München hinterlegt wurde. Der Kläger hat die der Ehefrau erteilte Bezugsberechtigung nach Maßgabe der Insolvenzordnung angefochten und von ihr Freigabe der hinterlegten Summe verlangt. Das Landgericht hat der Klage nur in Höhe der in den letzten vier Jahren vor dem Insolvenzantrag geleisteten Versicherungsprämien (26.566,50 DM) stattgegeben; das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Dieser verfolgt mit der Revision den Restanspruch weiter. Nach Einlegung der Revision wurde über das Vermögen der Witwe das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Treuhänder bestellt.

Gründe

Die Revision des Klägers hat Erfolg.

I.

Die erst nach Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht erfolgte Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der beklagten Witwe ist vom Revisionsgericht zu berücksichtigen (vgl. , NJW 1975, 442, 443; v. - I ZR 13/78, ZIP 1980, 23). Dies folgt schon daraus, daß die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 240 ZPO zur Unterbrechung jedes anhängigen Rechtsstreits führt.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom die Aufnahme des Rechtsstreits gemäß § 86 Abs. 1 Nr. 1 InsO erklärt. Seine Klage richtet sich nunmehr auf Aussonderung gegen den Treuhänder im Insolvenzverfahren über das Vermögen der bisherigen Beklagten (§ 313 Abs. 1 Satz 1, § 80 Abs. 1 InsO).

II.

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung, teilweise unter Bezugnahme auf das erstinstanzliche Urteil, im wesentlichen wie folgt begründet:

Der Anfechtungsanspruch des Klägers aus § 134 Abs. 1 InsO sei nur in Höhe der vom Erblasser geleisteten Prämienzahlungen begründet. Ein weitergehender Anspruch scheide aus, weil der Erblasser das Bezugsrecht auf den Todesfall von vornherein zugunsten dritter Personen bestellt habe. Durch die mit Schreiben vom vorgenommene Auswechslung der im Todesfall berechtigten Person habe keine Gläubigerbenachteiligung eintreten können; denn bei Beseitigung dieser Rechtshandlung stände der streitige Betrag der Schwester des Erblassers zu.

Eine Anfechtung nach §§ 131, 132 InsO scheide aus, weil aus der Gleichstellung von Handlung und Unterlassung in § 129 Abs. 2 InsO nicht hergeleitet werden könne, daß der Erblasser anfechtungsrechtlich verpflichtet gewesen sei, ein eigenes Bezugsrecht durch Widerruf der Bezugsberechtigung des Begünstigten zu begründen. Die tatsächlichen Voraussetzungen einer Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO habe der Kläger nicht vorgetragen.

III.

Diese Erwägungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Dem Kläger steht auf der Grundlage des unstreitigen Sachverhalts gemäß § 134 Abs. 1, § 143 InsO der Anfechtungsanspruch in dem von ihm geltend gemachten Umfang zu.

1. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß der Anspruch auf die Versicherungssumme in dem nach Befriedigung der Sicherungszessionarin verbliebenen Umfang nicht in den Nachlaß gefallen ist, sondern der Witwe zusteht.

a) Wird in einem Lebensversicherungsvertrag die Leistung an einen Dritten nach dem Tode desjenigen vereinbart, welchem sie versprochen ist, so erwirbt der Dritte gemäß §§ 328, 330, 331 Abs. 1 BGB grundsätzlich unmittelbar das Recht, die Leistung nach Eintritt des Versicherungsfalls vom Versicherer zu fordern. War das Bezugsrecht nur widerruflich erteilt worden, so ist es mit dem Tod des Versicherungsnehmers unwiderruflich geworden. Die Versicherungssumme gehört daher nicht zum Nachlaß, fällt also bei dessen Insolvenz nicht in die Masse. Sie steht dem Begünstigten direkt aus dem Vermögen des Versicherers zu (BGHZ 32, 44, 47; 130, 377, 380).

b) Bei einer Kapitallebensversicherung ist der Versicherungsnehmer im Zweifel befugt, einen Dritten als Bezugsberechtigten zu bezeichnen und die Person des Berechtigten auch dann noch zu ändern, wenn schon der Vertrag die Bezeichnung des Dritten enthält (§ 166 Abs. 1 VVG). Unstreitig ist im Versicherungsvertrag keine davon abweichende Vereinbarung getroffen worden. Die ursprünglich unwiderrufliche Zuwendung des Bezugsrechts wurde mit Zustimmung der begünstigten Person aufgehoben. Der Widerruf des Bezugsrechts der Schwester des Erblassers und die Benennung der Ehefrau wurden durch einseitige, an den Versicherer gerichtete Willenserklärung des Versicherungsnehmers wirksam (vgl. IVa ZR 126/87, NJW-RR 1989, 21, 22). Das dem Versicherer zugegangene Schreiben des Erblassers vom genügt den vertraglichen Anforderungen.

c) Der Erblasser war durch die Sicherungsabtretung seiner Ansprüche an die C. nicht gehindert, das Bezugsrecht seiner Ehefrau zuzuwenden. Die Sicherungszession führt nicht zum Erlöschen der Bezugsberechtigung. Dem Sicherungsgläubiger wird lediglich der Vorrang gegenüber dem zu diesem Zeitpunkt benannten Dritten eingeräumt. Ein über die gesicherte Forderung hinausgehender Rest der Versicherungssumme steht ohne weitere Rechtshandlung des Versicherungsnehmers dem von ihm bestimmten Bezugsberechtigten zu. Daher ist der Versicherungsnehmer trotz der Sicherungszession befugt, das Bezugsrecht an einen anderen zu übertragen (BGHZ 109, 67, 69 f; , NJW-RR 2001, 1105; Staudinger/Jagmann, BGB 13. Bearb. § 330 Rn. 32).

2. Die Witwe hat die Versicherungssumme durch eine unentgeltliche Leistung des Erblassers (Schuldners) erlangt. Im Falle der Bestimmung eines Dritten als Bezugsberechtigten wendet der Versicherungsnehmer diesem etwas durch die Leistung des Versicherers zu. In einem solchen Fall ist für die Frage der Unentgeltlichkeit im Sinne des Anfechtungsrechts darauf abzustellen, ob der Empfänger seinerseits für den erhaltenen Gegenstand eine Leistung zu erbringen hatte (BGHZ 121, 179, 183; 141, 96, 99). Im Streitfall hatte die Begünstigte für den Erwerb der Versicherungssumme nichts aufzuwenden.

3. Die vom Berufungsgericht zur Anfechtbarkeit solcher Leistungen vertretene Ansicht steht in Einklang mit der Rechtsprechung des Reichsgerichts sowie einer verbreiteten Meinung im Schrifttum. Danach scheidet die Insolvenzanfechtung der vom Berechtigten erlangten Versicherungssumme aus, wenn das Bezugsrecht einem Dritten - sei es auch nur widerruflich - sogleich bei Abschluß des Vertrages zugewendet wurde, es also nie dem Versicherungsnehmer selbst zugestanden hat. In einem solchen Fall sollen nach dieser Ansicht nur die im Anfechtungszeitraum geleisteten Prämienzahlungen zurückzugewähren sein (RGZ 51, 404 ff; 61, 217, 219 f; 62, 46, 47 f; 66, 158, 161 f; OLG München ZIP 1991, 1505; Janoschek in: Bamberger/Roth, BGB § 330 Rn. 11; Kilger/K. Schmidt, Insolvenzgesetze 17. Aufl. § 32 KO Anm. 9; MünchKomm-BGB/Gottwald, 4. Aufl. § 330 Rn. 20; Palandt/Heinrichs, BGB 62. Aufl. § 330 Rn. 6; Soergel/Hadding, BGB 12. Aufl. § 330 Rn. 16; Staudinger/Jagmann, aaO Rn. 49-52; Uhlenbruck/Hirte, InsO 12. Aufl. § 134 Rn. 15). Da der Berechtigte den Anspruch auf die Versicherungssumme nicht aus dem Vermögen des Versicherungsnehmers, sondern originär vom Versicherer erworben habe, könne er nicht Gegenstand des anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruchs sein. Daran ändere sich auch dann nichts, wenn die Person des ursprünglichen Bezugsberechtigten später ausgewechselt worden sei.

4. Dieser Auffassung ist jedoch nicht zu folgen, weil sie den Gegenstand des Anfechtungsanspruchs bei einer mittelbaren Zuwendung unzutreffend bestimmt.

a) Wendet der Schuldner während der kritischen Zeit dem Anfechtungsgegner etwas im Wege eines Vertrages zu Gunsten Dritter zu und handelt es sich dabei im Valutaverhältnis um eine unentgeltliche Leistung, so ist der Verwalter in der Insolvenz des Schuldners als des Versprechensempfängers gemäß §§ 134 Abs. 1, 143 InsO berechtigt, den Gegenstand, den der Dritte erhalten hat, zur Masse zurückzufordern. Die jenem durch die Zwischenschaltung des Versprechenden mittelbar gewährte Leistung steht anfechtungsrechtlich der unmittelbaren gleich. Mittelbare Zuwendungen sind so zu behandeln, als habe die zwischengeschaltete Person an den Schuldner geleistet und dieser sodann den Dritten befriedigt (vgl. BGHZ 142, 284, 288; , WM 1998, 968, 975; HK-InsO/Kreft, 2. Aufl. § 129 Rn. 27). Folglich kommt es anfechtungsrechtlich grundsätzlich nicht darauf an, welche Mittel der Versprechensempfänger (Schuldner) aufgebracht, sondern welche Leistungen der Versprechende nach dem Inhalt seiner Vertragsbeziehung zum Schuldner bei Eintritt der Fälligkeit zu erbringen hatte, mit anderen Worten, welche Zuwendung an den Dritten der Versprechensempfänger mit den von ihm aufgewendeten Vermögenswerten "erkauft" hat. Diese ist durch die Leistung an den Dritten der Masse entzogen worden. Übertragen auf den Lebensversicherungsvertrag bedeutet dies, daß die anfechtbare Leistung nicht in der Summe der vom Versicherungsnehmer aufgebrachten Prämien, sondern in der dem Dritten ausbezahlten Versicherungssumme zu sehen ist (Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 32 Rn. 33, 41; MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 134 Rn. 14; Dauernheim in: Frankfurter Kommentar zur InsO, 3. Aufl. § 134 Rn. 25 f; Hassold, Zur Leistung im Dreipersonenverhältnis S. 308 ff; Heilmann VersR 1972, 997, 1001; Müller-Feldhammer NZI 2001, 343, 349 f; Thiel ZIP 2002, 1232, 1236).

b) Der bezugsberechtigte Dritte entgeht dieser Rechtsfolge bei einer lediglich widerruflich erteilten Bezugsberechtigung nicht schon dadurch, daß der Versicherungsnehmer (Schuldner) die Bestimmung sogleich bei Vertragsschluß getroffen hat; denn auch in diesem Falle hat er - entgegen der zu 3. dargestellten Meinung - eine mittelbare Zuwendung aus seinem Vermögen vorgenommen. Die Auszahlung der Versicherungssumme an den berechtigten Dritten ist von der zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer getroffenen Leistungsabrede und der Erfüllung der Prämienzahlungspflicht abhängig. Dadurch wird der Anspruch begründet, den der Dritte bei Eintritt des Versicherungsfalles erwirbt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Dritte schon vor dem in § 134 Abs. 1 InsO normierten Vierjahreszeitraum eine gesicherte Rechtsstellung erlangt hat, weil dann die unentgeltliche Zuwendung nicht als innerhalb der gesetzlichen Frist erworben anzusehen ist (vgl. auch , NJW 2003, 2679, 2680).

c) Durch die Erteilung einer lediglich widerruflichen Bezugsberechtigung hat der Dritte indes vor Eintritt des Versicherungsfalls weder einen Anspruch aus dem Versicherungsvertrag (vgl. § 166 Abs. 2 VVG) noch eine sonstige gesicherte Rechtsposition - etwa ein Anwartschaftsrecht - erworben. Vielmehr besitzt er lediglich eine mehr oder weniger starke tatsächliche Aussicht auf den Erwerb eines zukünftigen Anspruchs (, ZIP 1993, 600, 602; v. - IX ZR 264/01, ZIP 2002, 1696, 1697). Da der Versicherungsnehmer sich allein durch die widerrufliche Benennung des Dritten keiner Rechte aus dem Vertrag begeben hat, also jederzeit die Bezugsberechtigung durch einseitige Erklärung auf sich selbst oder eine andere Person umleiten kann, verbleiben vor dem Eintritt des Versicherungsfalles alle vertraglichen Rechte bei ihm. Jeder Dritte, den er als bezugsberechtigt im Falle seines Todes bestimmt, erhält erst mit diesem Ereignis einen rechtlich gesicherten Anspruch, mag er im Versicherungsvertrag sogleich oder erst später als Bezugsberechtigter benannt worden sein. Dasselbe trifft erst recht für alle Personen zu, denen der Versicherungsnehmer in Abänderung seiner ursprünglichen Verfügung die Bezugsberechtigung nachträglich zugewandt hat (zutreffend Heilmann, aaO; Staudinger/Jagmann, aaO Rn. 28 ff; Jaeger/Henckel, aaO Rn. 41 f).

d) Demzufolge ist anfechtungsrechtlich bei lediglich widerruflicher Benennung des Dritten als Bezugsberechtigten nicht auf diesen Zeitpunkt, sondern auf den Eintritt des Versicherungsfalls abzustellen.

Gemäß § 140 Abs. 1 InsO gilt eine Rechtshandlung als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten, sie also die Gläubigerbenachteiligung bewirkt (, ZIP 1998, 2008, 2009; v. - IX ZR 377/99, NZI 2003, 253, 254). Da der Versicherungsnehmer die widerrufliche Bezugsberechtigung jederzeit beseitigen kann, treten die Rechtswirkungen der Verfügung erst mit seinem den Versicherungsfall auslösenden Tod ein (zutreffend Jaeger/Henckel, aaO Rn. 43; MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 134 Rn. 16; Müller-Feldhammer NZI 2001, 343, 349; a.A. Thiel ZIP 2002, 1232, 1235). Dies zeigt sich insbesondere daran, daß es keiner Anfechtung bedarf, wenn bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Versicherungsfall noch nicht eingetreten ist. Dann kann der Insolvenzverwalter die Wirkungen der Bezugsberechtigung durch Ausübung des vom Versicherungsnehmer auf ihn übergangenen Bezugsrechts beseitigen ( aaO S. 602; Jaeger/Henckel, aaO Rn. 43; Kollhosser in Prölss/Martin, VVG 26. Aufl. § 13 ALB 86 Rn. 44). Die Bestimmung der Bezugsberechtigung durch den Versicherungsnehmer bildet zwar eine unabdingbare Voraussetzung für den Rechtserwerb des Dritten, bleibt jedoch wirkungslos, wenn er später eine davon abweichende Entschließung trifft oder der Versicherungsfall, der einen Anspruch des Dritten gegen die Versicherung begründet, nicht eintritt. Da der Dritte durch die Erklärung des Versicherungsnehmers noch kein bedingtes oder befristetes Recht, sondern nur eine tatsächliche Erwerbsaussicht erlangt hat, findet § 140 Abs. 3 InsO keine Anwendung. Diese rechtliche Sicht entspricht der Funktion der Anfechtung in der Insolvenz. Das Rechtsinstitut setzt grundsätzlich voraus, daß der Empfänger der Leistung eine Rechtsstellung erhalten hat, die bei Insolvenzeröffnung sich gegenüber den Rechten der Masse durchsetzen würde, wenn es die Insolvenzanfechtung nicht gäbe. Da dies erst mit Eintritt des Versicherungsfalls geschieht, wäre es mit § 140 InsO unvereinbar, schon die Benennung des Bezugsberechtigten als anfechtungsrechtlich maßgeblichen Zeitpunkt anzusehen.

e) Die dargestellten anfechtungsrechtlichen Folgen bei Zuwendungen widerruflicher Bezugsrechte aus Lebensversicherungen im Interesse unterhalts- oder versorgungsberechtigter Empfänger einzuschränken (in diesem Sinne MünchKomm-BGB/Gottwald, aaO Rn. 20), ist nicht möglich; denn das stände in unvereinbarem Widerspruch zu grundsätzlichen Wertungen des Insolvenzrechts. Eine solche Privilegierung einzelner Personengruppen ist der Insolvenzordnung fremd; sie hat gerade früher geltende Vorzugsrechte (vgl. §§ 59 Abs. 1 Nr. 3, 61 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 KO) beseitigt. Eine Auslegung der Anfechtungstatbestände je nach sozialer Schutzbedürftigkeit des Anfechtungsgegners kommt nicht in Betracht, weil das Gesetz den Schutz der Gläubigergesamtheit generell für vorrangig erachtet.

IV.

Die Insolvenz der Leistungsempfängerin wirkt sich auf den Inhalt des mit der Anfechtung geltend gemachten Anspruchs nicht aus; denn dem Kläger steht nicht lediglich eine Insolvenzforderung gemäß § 38 InsO, sondern ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO zu.

1. Der erkennende Senat hat allerdings im Urteil vom (IX ZR 27/89, NJW 1990, 990, 992) bei der Prüfung, ob der Anfechtungsanspruch ein die Veräußerung hinderndes Recht im Sinne des § 771 ZPO gewährt, ausgeführt, der entsprechende Rückgewähranspruch könne in der Insolvenz des Anfechtungsgegners nur als Konkursforderung geltend gemacht werden. In entsprechender Weise hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs angenommen, der Anspruch aus § 7 AnfG a.F. stelle lediglich eine Konkursforderung dar (BGHZ 71, 296, 302). Begründet wurde diese Auffassung hauptsächlich mit der schuldrechtlichen Natur der Anfechtungsansprüche.

2. Das hat im Schrifttum Zustimmung gefunden (Weis in Hess/Weis/Wienberg, InsO 2. Aufl. § 143 Rn. 10; Jauernig, Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht 21. Aufl. § 50 IV 1; Kuhn/Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 37 Rn. 9; Rutkowsky, Rechtsnatur und Wirkungsweise der Gläubigeranfechtung S. 171), ist jedoch in neuerer Zeit verstärkt auf Kritik gestoßen. Nach einer in der Literatur zunehmend vertretenen Ansicht setzt sich der Anfechtungsanspruch auch in der Insolvenz des Anfechtungsgegners durch. Überwiegend wird dem Insolvenzverwalter ein Aussonderungsrecht gemäß § 47 InsO zugebilligt (Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 37 Rn. 64 ff; HK-InsO/Kreft, 2. Aufl. § 129 Rn. 72; Kilger/K. Schmidt, Insolvenzgesetze 17. Aufl. § 29 KO Anm. 2a, § 43 KO Anm. 7; Kübler/Prütting/Paulus, InsO § 143 Rn. 33; MünchKomm-InsO/Ganter, § 47 Rn. 346; Nerlich in Nerlich/Römermann, InsO § 129 Rn. 10; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 47 Rn. 76; Uhlenbruck/Hirte, aaO § 129 Rn. 140; Haas/Müller ZIP 2003, 49, 56 ff; Kreft ZInsO 1999, 370, 372). Teilweise gelangt man unter Berufung auf den Rechtsgedanken des § 145 Abs. 1 InsO zu diesem Ergebnis (MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 145 Rn. 15; vgl. auch MünchKomm-InsO/Ganter, aaO; Uhlenbruck/Hirte, aaO; Kreft, aaO).

3. Der Senat hat bereits im Urteil vom (IX ZR 228/02, WM 2003, 1581, 1583, z.V.b. in BGHZ) zum Ausdruck gebracht, daß diese Rechtsfrage mit dem Hinweis auf die Rechtsnatur des Anfechtungsanspruchs nicht hinreichend beantwortet werden kann, vielmehr auf die Wertungen abzustellen ist, die den einschlägigen Gesetzesnormen zugrunde liegen. Danach ist unabhängig davon, ob man den Anfechtungsanspruch als obligatorischen Rückgewähranspruch versteht (so BGHZ 22, 128, 134; 71, 296, 302; 101, 286, 288; aaO; vgl. auch RegE zur InsO BT-Drucks. 12/2443, S. 157; zur sogenannten haftungsrechtlichen Theorie Jaeger/Henckel, aaO; Kübler/Prütting/Paulus, aaO § 129 Rn. 2) grundsätzlich ein Aussonderungsrecht des Insolvenzverwalters nach § 47 InsO in der Insolvenz des Anfechtungsgegners zu bejahen.

a) Für die Frage, ob dem Gläubiger in der Insolvenz des Schuldners ein Aussonderungsrecht zusteht, kommt es entscheidend darauf an, welchem Vermögen der umstrittene Gegenstand nach Inhalt und Zweck der gesetzlichen Regelung im maßgeblichen Zeitpunkt zuzuordnen ist. Zwar erfolgt die Zuordnung in der Regel nach dinglichen Gesichtspunkten, weil das dingliche Recht ein absolutes Herrschaftsrecht bezeichnet. Jedoch können schuldrechtliche Ansprüche bei einer den Normzweck beachtenden Betrachtungsweise zu einer vom dinglichen Recht abweichenden Vermögenszuweisung führen (, WM 2003, 1733, 1734, z.V.b. in BGHZ). Demzufolge hat die höchstrichterliche Rechtsprechung ein Aussonderungsrecht des Treugebers in der Insolvenz des Treuhänders anerkannt, sofern der Treuhänder das dingliche Recht - vom Treugeber oder einem Dritten - sogleich in einer seine Ausübungsbefugnis im Interesse des Treugebers einschränkenden Gestalt erhalten hat (, NJW 1959, 1223, 1224; v. - IX ZR 45/92, ZIP 1993, 213, 214; v. - IX ZR 151/95, WM 1996, 662, 663; v. - IX ZR 75/01, aaO). Der Gesetzgeber kann eine solche Zuordnung auch dadurch zum Ausdruck bringen, daß er dem Berechtigten unter bestimmten Voraussetzungen lediglich einen schuldrechtlichen Rückgewähranspruch einräumt, wie dies etwa in der Vorschrift des § 25 Abs. 5 Satz 1 DMBilG geschehen ist (vgl. dazu , aaO S. 1736; MünchKomm-InsO/Ganter, § 47 Rn. 429 ff) oder auch auf Gegenstände zutrifft, die der Auftraggeber dem Beauftragten zur Ausführung des Auftrags überlassen hat und nach Maßgabe des § 667 BGB herausverlangen kann (vgl. , WM 2002, 1852, 1853).

b) Das dem Insolvenzverwalter eingeräumte Anfechtungsrecht bewirkt eine Änderung der Vermögenszuordnung in dem beschriebenen Sinne. Gegenstände, die aufgrund einer in den §§ 129 ff InsO genannten Rechtshandlung aus dem Vermögen des Schuldners ausgeschieden sind, müssen auf die Anfechtung des Verwalters hin der den Gläubigern haftenden Masse wieder zugeführt werden. Sie werden damit als ein dem Zugriff der Gläubigergesamtheit zur Verfügung stehendes Objekt der Vermögensmasse des insolventen Schuldners behandelt, obwohl sie schuld- und sachenrechtlich wirksam in das Eigentum des Anfechtungsgegners übergegangen sind (vgl. BGHZ 135, 140, 149; Kübler/Prütting/Paulus, aaO § 129 Rn. 2; Haas/Müller, aaO S. 57). Damit wird infolge der insolvenzrechtlichen Anfechtung das zunächst rechtmäßig begründete Eigentum des Erwerbers in ähnlicher Weise überspielt wie dasjenige des insolvent gewordenen Treuhänders.

c) Diese Wertung findet ihre Bestätigung auch in § 145 Abs. 1 InsO. Mit der dort vorgeschriebenen Erstreckung des Anfechtungsrechts auf Gesamtrechtsnachfolger jeglicher Art hat der Gesetzgeber ebenfalls zum Ausdruck gebracht, daß die Zuordnung zur Haftungsmasse sich im allgemeinen unabhängig von der Wirksamkeit des Erwerbsvorgangs durchsetzen soll.

d) Schließlich wird im Schrifttum (vgl. etwa Jaeger/Henckel, aaO Rn. 71; Kübler/Prütting/Paulus, aaO § 143 Rn. 33) zu Recht darauf hingewiesen, daß eine solche Vermögenszuordnung auch nach der Interessenlage der Beteiligten rechtlich geboten erscheint. Es wäre nicht einzusehen, warum die Gläubiger des insolvent gewordenen Anfechtungsgegners von Rechtshandlungen sollten profitieren können, die - im Hinblick auf die beiderseitige Insolvenz - als ungerechtfertigte Vermehrung der Vermögensmasse des Empfängers erscheinen. Nur die Änderung der Güterzuordnung mittels Anfechtung führt daher zu einem billigenswerten und interessegerechten Ergebnis. Auch aus diesem Grund ist der Anfechtung in der Insolvenz des Anfechtungsgegners Aussonderungskraft beizumessen.

4. Der gemäß § 143 InsO zurückzugewährende Gegenstand ist noch bestimmbar im Vermögen des Anfechtungsgegners vorhanden.

V.

Der Senat kann in der Sache abschließend entscheiden. Die Witwe war verpflichtet, die Rechtsstellung einer Beteiligten am Hinterlegungsverfahren aufzugeben. Sie hatte daher den ihr zugefallenen Rest der Versicherungssumme gemäß § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO durch Freigabe zur Insolvenzmasse zurückzugewähren. Infolge der Insolvenz der Anfechtungsgegnerin steht dem Kläger nunmehr ein inhaltsgleiches Aussonderungsrecht aus § 47 InsO gegen den beklagten Treuhänder zu.

Fundstelle(n):
DB 2004 S. 703 Nr. 13
UAAAC-00596

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: ja; BGHR: nein