Aufrechnung des FA mit eigenen, vor Insolvenzeröffnung enstandenen Umsatzsteuerforderungen gegen vom Insolvenzverwalter erklärtes
Umsatzsteuerguthaben
Leitsatz
1. Für die Frage, ob ein Anspruch zur Insolvenzmasse (§ 35 InsO) gehört oder ob die Forderung eines Gläubigers eine Insolvenzforderung
(§ 38 InsO) ist, kommt es nicht darauf an, ob der Anspruch zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im steuerrechtlichen
Sinne entstanden war, sondern darauf, ob in diesem Zeitpunkt nach insolvenzrechtlichen Grundsätzen der Rechtsgrund für den
Anspruch bereits gelegt war.
2. Eine Steuerforderung des Fiskus ist immer dann eine Insolvenzforderung, wenn sie vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens
in der Weise „begründet” worden ist, dass der zugrunde liegende zivilrechtliche Sachverhalt, der zu der Entstehung der Steueransprüche
führt, bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens verwirklicht worden ist. Das gilt entsprechend auch für die Zugehörigkeit
eines steuerrechtlichen Vergütungs- oder Erstattungsanspruchs des Schuldners zur Insolvenzmasse.
3. Führt eine vom Insolvenzverwalter für einen insolvenzbefangenen Zeitraum abgegebene Steuererklärung zu einem Umsatzsteuer-Guthaben,
so kann das FA insoweit wirksam die Aufrechnung mit einer Umsatzsteuerforderung für einen vor der Insolvenzeröffnung liegenden
Zeitraum erklären, als das Guthaben auf Umsatzsteuerkorrekturen nach § 17 UStG (Forderungsausfälle, Rechnungskürzungen) für
Lieferungen und Leistungen zurückzuführen ist, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgeführt worden sind; eine Aufrechnung
ist aber nur insoweit möglich, als dieses Guthaben die Umsatzsteuer auf die nach der Insolvenzeröffnung erbrachten Lieferungen
und Leistungen übersteigt. Das FA kann weder mit den vom Insolvenzverwalter erklärten Vorsteuern aufrechnen, die nach Insolvenzeröffnung
begründet worden sind, noch mit den nach nach Insolvenzeröffnung geleisteten Umsatzsteuer-Vorauszahlungen.
Fundstelle(n): DStRE 2006 S. 1558 Nr. 24 EFG 2006 S. 1474 Nr. 19 SAAAB-95761
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