Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: StPO § 349 Abs. 2; StPO § 349 Abs. 4; StPO § 354 Abs. 1 a Satz 1; StGB § 73 c Abs. 1 Satz 2
Instanzenzug: LG Gera vom
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten A. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 16 Fällen, davon in vier Fällen in Tateinheit mit bandenmäßiger Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, und wegen Verabredung zu einem Verbrechen (der bandenmäßigen unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge) unter Einbeziehung von drei Einzelstrafen aus einer früheren Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren verurteilt; überdies hat es gegen ihn den Verfall von Wertersatz in Höhe von 60.000 € angeordnet.
Den Angeklagten M. hat das Landgericht wegen Beihilfe zur bandenmäßigen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen, jeweils in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zur Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.
Die Revision des Angeklagten A. führt mit der Sachrüge zur Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs. Im Übrigen sind die Revision dieses Angeklagten sowie die Revision des Angeklagten M. unbegründet.
1. Soweit sich die Revision des Angeklagten A. gegen den Schuldspruch wendet, ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Der Rechtsfolgenausspruch hält hingegen rechtlicher Prüfung nicht stand.
a) Die Strafzumessungserwägungen des Landgerichts führen eine Reihe von Gesichtspunkten auf, deren straferhöhende Berücksichtigung rechtsfehlerhaft ist. Das betrifft zum einen moralisierende und eher auf eine "Lebensführungsschuld" abstellende Erwägungen (vgl. dazu BGH NStZ-RR 2005, 70; Tröndle/Fischer StGB 53. Aufl. § 46 Rdn. 37 a, 42 m.w.N.) wie die, der Angeklagte habe keine Anstrengungen unternommen, um seinen Lebenswandel zu ändern (UA S. 23); er zeige eine "ignorante Grundhaltung gegenüber der Rechtsordnung" (UA S. 24); er habe "sein persönliches Schicksal ignoriert" (UA S. 21).
Bedenken begegnet aber insbesondere, dass das Landgericht die auf Grund eines Motorradunfalls im Jahr 2004 erlittene schwere Schädel-Hirn-Verletzung des Angeklagen, die mit längerem Koma und stationärer Behandlung von insgesamt fünf Monaten einherging, zu einem hirnorganischen Psychosyndrom und zur Anordnung der vorläufigen Betreuung führte, nicht zum Anlass genommen hat, sich mit der Möglichkeit einer gegebenenfalls schuldmindernden Persönlichkeitsveränderung des Angeklagten oder sonstigen, für das Schuldmaß bedeutsamen Auswirkungen dieser Verletzung auseinander zu setzen. Vielmehr hat der Tatrichter ausdrücklich strafschärfend gewertet, dass "auch sein persönliches Schicksal, die schwere gesundheitliche Beeinträchtigung durch den Motorradunfall, von ihm ignoriert wurde (...). Mit dem Drogenhandel ging es nach seiner Genesung erst richtig los. Dies zeigt eine Unbelehrbarkeit ..." (UA S. 21). Diese ausdrückliche strafschärfende Berücksichtigung eines regelmäßig schuldmindernden Umstands ist offensichtlich rechtsfehlerhaft.
Ein Beruhen der Zumessungsentscheidungen kann weder für die Einzelstrafen noch für die Gesamtstrafe ausgeschlossen werden, da die genannten Erwägungen des Landgerichts sich auf beide beziehen. Da nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur die bestimmenden Strafzumessungsgründe ausdrücklich in die schriftlichen Urteilsgründe aufzunehmen sind, ist davon auszugehen, dass die genannten Erwägungen für die Zumessungsentscheidung des Landgerichts von erheblicher Bedeutung waren.
b) Eine Entscheidung des Senats nach § 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO kam hier nicht in Betracht, weil die Strafzumessung weitere Feststellungen sowie eine intensive Auseinandersetzung mit der Persönlichkeit des Angeklagten voraussetzt; sie ist daher dem neuen Tatrichter vorbehalten (vgl. , NJW 2005, 1813; ).
c) Auch die Anordnung des Wertersatzverfalls in Höhe von 60.000 € ist nicht rechtsfehlerfrei und war aufzuheben. Angesichts der festgestellten persönlichen Verhältnisse des Angeklagten ist nicht nahe liegend, dass sich der vom Tatrichter errechnete Erlös aus den Rauschgiftverkäufen noch im Vermögen des Angeklagten befindet. Daher wäre hier § 73 c Abs. 1 Satz 2 StGB zu prüfen gewesen (vgl. BGHSt 48, 40, 41; BGH NStZ-RR 2003, 144, 145; Senatsbeschl. vom - 2 StR 184/04; Tröndle/Fischer aaO § 73 a Rdn. 2, § 73 c Rdn. 4 m.w.N.).
2. Der Schuldspruch gegen den Angeklagten M. ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Dass der Angeklagte nur wegen Beihilfe und nicht wegen Mittäterschaft verurteilt worden ist, beschwert ihn nicht; ebenso nicht, dass das Landgericht eine Beteiligung an der Bande nur hinsichtlich der Einfuhr von Betäubungsmitteln, nicht aber hinsichtlich des tateinheitlichen Handeltreibens in nicht geringer Menge angenommen hat.
Auch die Strafzumessungsausführungen des Landgerichts hinsichtlich dieses Angeklagten zeigen eine bedenkliche Tendenz zu moralisierenden und unsachlichen Erwägungen. Rechtsfehlerhaft ist namentlich die strafschärfende Berücksichtigung des Umstands, dass den Angeklagten "weder die Existenz seiner Verlobten noch seines Kindes" an der Begehung der Taten gehindert haben (UA S. 26).
Auch wenn der Strafausspruch auf dieser rechtsfehlerhaften Erwägung beruht, kann der Senat hier aber die Revision gemäß §§ 349 Abs. 2, 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO verwerfen, weil die vom Landgericht festgesetzten Einzelstrafen ebenso wie die Gesamtstrafe angemessen sind. Weitere Feststellungen zu den Strafzumessungstatsachen sind für diese Entscheidung nicht erforderlich.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
KAAAB-95285
1Nachschlagewerk: nein