Leitsatz
[1] Für Klagen auf Berichtigung unrichtiger Eintragungen in der Lohnsteuerbescheinigung sind nicht die Gerichte für Arbeitssachen, sondern die Finanzgerichte zuständig.
Gesetze: ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3e; EStG § 41b
Instanzenzug: ArbG Cottbus 8 Ca 836/02 vom LAG Brandenburg 6 Ta 96/02 vom
Gründe
I. Die Parteien streiten im Ausgangsverfahren über eine Korrektur der Lohnsteuerbescheinigung.
Die Klägerin stand ab in einem Arbeitsverhältnis zu den Gesellschaftern der Gesellschaft bürgerlichen Rechts "D", Frau K, (die Beklagte), und Herrn J. Die Klägerin war dort als Konditorin beschäftigt. Die Beklagte war Geschäftsführerin der Gesellschaft. Mit Anwaltsschreiben vom kündigte Herr J die Gesellschaft zum .
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit Schreiben vom , der Klägerin am zugegangen, zum . Der Gesellschafter J kündigte das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit Schreiben vom , der Klägerin am zugegangen, gleichfalls zum . Nach dem arbeitete die Klägerin nicht mehr. Nach einer Abmahnung vom wegen unentschuldigten Fehlens kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Klägerin am fristlos.
Auf der Lohnsteuerbescheinigung der Klägerin für das Kalenderjahr 2001 erfolgte unter der Rubrik "1. Dauer des Dienstverhältnisses" folgende Eintragung: "01.01. bis ". Als Arbeitgeber ist auf der Lohnsteuerbescheinigung angegeben: "D" GbR J und K,.
Die Klägerin ist der Auffassung, ihr Arbeitsverhältnis sei durch die Kündigungen der Beklagten und des Herrn J vom 24. bzw. zum beendet worden. Auf der Lohnsteuerbescheinigung sei daher als Dauer des Dienstverhältnisses der Zeitraum bis anzugeben. Für den Rechtsstreit seien die Arbeitsgerichte zuständig, weil es sich um eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit handele.
Die Klägerin hat folgenden Antrag angekündigt:
Die Beklagte wird verurteilt, die Angaben auf der Lohnsteuerbescheinigung der Klägerin für das Kalenderjahr 2001 dahin zu korrigieren, daß als Dauer des Dienstverhältnisses nicht der Zeitraum 1. Januar bis , sondern der Zeitraum 1. Januar bis angegeben wird.
Die Beklagte hat die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen gerügt.
Das Arbeitsgericht hat den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für zulässig erklärt. Das Landesarbeitsgericht hat die sofortige Beschwerde der Beklagten zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen.
II. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Für eine Klage, die auf die Berichtigung einer Lohnsteuerbescheinigung gerichtet ist, sind die Gerichte für Arbeitssachen nicht zuständig.
1. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 e ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über Arbeitspapiere. Nach der Gesetzesbegründung soll sich eine Streitigkeit über Arbeitspapiere wegen des engen Sachzusammenhangs nicht nur auf die Herausgabe der Arbeitspapiere, sondern auch auf deren Berichtigung beziehen (BT-Drucks. 8/2535, S. 34). Damit hat der Gesetzgeber aber nicht bewirkt, daß ein Arbeitnehmer eine Klage auf Berichtigung einer Arbeitsbescheinigung vor den Gerichten für Arbeitssachen verfolgen kann. Denn nach den Eingangsvoraussetzungen des § 2 Abs. 2 Nr. 3 ArbGG werden nur "bürgerliche Rechtsstreitigkeiten" zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern "über Arbeitspapiere" erfaßt. Wegen dieses eindeutigen, die Zuständigkeit auf bürgerliche Rechtsstreitigkeiten beschränkenden Wortlauts kann trotz der Entstehungsgeschichte nicht angenommen werden, es sei eine ausdrückliche Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen kraft Zuweisung ohne Rücksicht darauf begründet, ob es sich um eine öffentlich-rechtliche oder um eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit handelt (Senat - 5 AZR 467/87 - BAGE 59, 169 = AP ArbGG 1979 § 2 Nr. 11 = EzA AFG § 133 Nr. 2).
2. Ob eine Streitigkeit bürgerlich-rechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Art ist, richtet sich nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird ( GmS-OGB 2/73 - BSGE 37, 292 = AP RVO § 405 Nr. 3; - BGHZ 103, 255 = ZIP 1988, 676). Maßgebend ist, ob der zur Klagebegründung vorgetragene Sachverhalt für die aus ihm hergeleitete Rechtsfolge von Rechtssätzen des Arbeitsrechts oder des öffentlichen Rechts geprägt wird (Senat - 5 AZR 467/87 - BAGE 59, 169 = AP ArbGG 1979 § 2 Nr. 11 = EzA AFG § 133 Nr. 2; - BFHE 171, 409 = AP ArbGG 1979 § 2 Nr. 20).
3. Die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen, dh. richtigen Ausfüllung der Lohnsteuerkarte ist eine Nebenpflicht des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis. Daneben ist der Arbeitgeber aber auch nach § 41b EStG öffentlich-rechtlich verpflichtet, auf der Lohnsteuerkarte ua. die Dauer des Dienstverhältnisses zu bescheinigen und die Lohnsteuerbescheinigung dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Die Berichtigung etwaiger Fehler beim Lohnsteuerabzug kann nach Abschluß des Lohnsteuerabzugs gemäß § 42b Abs. 3 Satz 1 EStG durch den Arbeitgeber nur noch im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Arbeitnehmers durchgeführt werden. Für eine Berichtigung der Lohnsteuerbescheinigung besteht kein Rechtsschutzbedürfnis mehr ( - DStRE 2002, 434). Prägend für die inhaltliche Ausgestaltung der Lohnsteuerbescheinigung ist damit nicht die auf § 242 BGB beruhende Nebenpflicht des Arbeitgebers, sondern die lohnsteuerrechtliche Verpflichtung. Die arbeitsrechtliche Nebenpflicht wird inhaltlich durch Regelungen des EStG ausgestaltet. Es gibt keine konkrete arbeitsrechtliche Vorschrift, die bestimmt, wie eine Lohnsteuerbescheinigung auszusehen hat. Demzufolge liegt hier keine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit, sondern eine steuerrechtliche Streitigkeit vor. Hierfür sind nicht die Gerichte für Arbeitssachen, sondern die Finanzgerichte zuständig. Die Beschlüsse der Vorinstanzen sind daher aufzuheben und der Rechtsstreit an das zuständige Finanzgericht des Landes Brandenburg in Cottbus zu verweisen.
III. Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BB 2003 S. 1960 Nr. 37
BFH/NV-Beilage 2003 S. 253 Nr. 4
DB 2003 S. 2132 Nr. 39
NAAAB-94208
1Für die Amtliche Sammlung: Ja; Für die Fachpresse: Nein