Leitsatz
[1] Kommen Arbeitgeber und Arbeitnehmer mündlich überein, dass zur Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses eine Kündigung seitens des Arbeitgebers ausgesprochen und ein Abwicklungsvertrag geschlossen werden soll, ist die Kündigung kein Scheingeschäft. Der Betriebsrat ist zu ihr nach § 102 BetrVG anzuhören.
Gesetze: BetrVG § 102; BGB § 117; BGB § 125; BGB § 623; ZPO § 264 Nr. 2; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2; ZPO § 256; ZPO § 559 Abs. 1
Instanzenzug: ArbG Celle 1 BV 2/03 vom LAG Niedersachsen 13 TaBV 59/03 vom
Gründe
A. Die Beteiligten streiten über Mitbestimmungsrechte nach § 102 BetrVG.
Die Arbeitgeberin ist ein Unternehmen des Lebensmittel-Einzelhandels. Sie betreibt in der Bundesrepublik mehrere Niederlassungen, denen jeweils Filialen zugeordnet sind. Der beteiligte Betriebsrat ist die von den Beschäftigten der Niederlassung H gewählte Arbeitnehmervertretung.
Mit Schreiben vom unterrichtete die Arbeitgeberin den Betriebsrat von ihrer Absicht, die Filiale S zu schließen. Sie beantragte seine Zustimmung zur Versetzung von vier dort beschäftigten Mitarbeiterinnen in andere Filialen. Zwei Tage später zog sie diesen Antrag zurück und teilte dem Betriebsrat mit, sie sei mit den Betroffenen "zu einer Einigung gekommen". Die Arbeitgeberin hatte am mit jeder der vier Mitarbeiterinnen eine "Abwicklungsvereinbarung" geschlossen. Dazu hatte sie von ihr vorformulierte und handschriftlich um konkrete Daten ergänzte Vertragstexte benutzt. Die Vertragsmuster haben auszugsweise folgenden Wortlaut:
"Dem Arbeitnehmer ist am ... unter Zugang am ... fristgerecht mit Wirkung zum ... gekündigt worden.
1. ...
2. Der Arbeitnehmer verzichtet auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage oder nimmt diese mit sofortiger Wirkung zurück.
...
7. Mit Erfüllung dieses Abwicklungsvergleiches sind alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erledigt. Weitergehende Ansprüche bestehen nicht, die Parteien erklären einen allumfassenden Forderungsverzicht."
Jeweils nach Unterzeichnung des Vertrags hatte die Arbeitgeberin den Mitarbeiterinnen ein auf den datiertes Kündigungsschreiben ausgehändigt. Der Betriebsrat war zu den Kündigungen nicht angehört worden.
Seit Jahren verfährt die Arbeitgeberin bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen so oder in ähnlicher Weise. Stets wird mit den Mitarbeitern in einem "Personalgespräch" zunächst Einvernehmen über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses erzielt. Teilweise wird sodann die "Abwicklungsvereinbarung" unterzeichnet und unmittelbar anschließend das vorgefertigte Kündigungsschreiben ausgehändigt. Teilweise erfolgt die Übergabe eines Kündigungsschreibens erst Tage später. Ebenso kommt es vor, dass nach dem "Personalgespräch" zunächst eine Kündigung ausgesprochen und erst später die "Abwicklungsvereinbarung" geschlossen wird. Zu den in einer dieser Konstellationen ausgesprochenen Kündigungen wurde und wird der Betriebsrat nicht angehört.
Im März 2003 hat der Betriebsrat das vorliegende Beschlussverfahren eingeleitet. Er hat die Auffassung vertreten, die Arbeitgeberin verstoße durch ihr Verhalten gegen § 102 BetrVG. Wähle sie, um sich von den Beschäftigten zu trennen, nicht den Weg des Aufhebungsvertrags, sondern den von Kündigung mit Abwicklungsvertrag, habe sie sein Anhörungsrecht nach § 102 BetrVG zu beachten.
Der Betriebsrat hat zuletzt beantragt,
1. die Arbeitgeberin zu verpflichten, ihn vor Kündigungen, die im Zusammenhang mit Abwicklungsvereinbarungen ausgesprochen werden, nach § 102 BetrVG anzuhören;
2. der Arbeitgeberin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung gemäß Ziffer 1 ein ins Ermessen des Gerichts gestelltes Ordnungsgeld anzudrohen.
Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, der Anhörung des Betriebrats zu Kündigungen, die im Hinblick auf einen beiderseits beabsichtigten oder schon zustande gekommenen Abschluss von Abwicklungsverträgen ausgesprochen würden, bedürfe es nicht. In diesen Fällen sei mit den Arbeitnehmern bereits Einvernehmen über das Ob und Wie der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erzielt worden. Es handele sich um das Zustandekommen eines Aufhebungsvertrags, an dem der Betriebsrat nicht zu beteiligen sei.
Die Vorinstanzen haben die Anträge des Betriebrats abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat seinen Hauptantrag in Form eines Feststellungsbegehrens weiter.
B. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Die Arbeitgeberin hat den Betriebsrat auch vor solchen Kündigungen anzuhören, die sie im Anschluss an ein mit einem Arbeitnehmer geführtes "Personalgespräch" ausspricht, in welchem der Ausspruch der Kündigung und der Abschluss eines Abwicklungsvertrags verabredet wurde.
I. Der mit der Rechtsbeschwerde verfolgte Feststellungsantrag des Betriebsrats ist zulässig.
1. Der Antrag bedarf der Auslegung. Der Betriebsrat hat beantragt festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, ihn vor dem Ausspruch von Kündigungen "im Zusammenhang mit Abwicklungsvereinbarungen" anzuhören. Mit dieser Formulierung umfasst der Antrag Fälle, in denen ein Mitbestimmungsrecht nicht in Frage steht. Zwischen den Beteiligten steht außer Streit, dass der Betriebsrat bei Kündigungen ohne vorheriges Einvernehmen über den Abschluss eines Abwicklungsvertrags nach § 102 BetrVG anzuhören ist. Schon weil es insoweit am erforderlichen Rechtsschutzinteresse fehlen könnte, ist deshalb der Antrag einschränkend dahin auszulegen, dass festgestellt werden möge, die Arbeitgeberin sei verpflichtet, den Betriebsrat nach § 102 BetrVG anzuhören, bevor sie im Anschluss an die mit einem Arbeitnehmer erzielte Übereinkunft, es solle dessen Arbeitsverhältnis durch eine von ihr erklärte Kündigung beendet und eine Abwicklungsvereinbarung geschlossen werden, eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausspricht.
2. Mit diesem Inhalt ist der Antrag zulässig.
a) Dem steht nicht entgegen, dass der Betriebsrat zweitinstanzlich einen auf die Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Vornahme von Anhörungen gerichteten Leistungsantrag gestellt hatte. Zwar sind Klage- und Antragsänderungen in der Revisions- bzw. Rechtsbeschwerdeinstanz wegen § 559 Abs. 1 ZPO grundsätzlich nicht mehr möglich. Der Schluss der mündlichen Verhandlung und Anhörung in zweiter Instanz bildet nicht nur bezüglich des tatsächlichen Vorbringens, sondern auch bezüglich der Anträge der Parteien und Beteiligten die Entscheidungsgrundlage für das Revisions- bzw. Rechtsbeschwerdegericht ( - AP ArbGG 1979 § 64 Nr. 35 = EzA ArbGG 1979 § 64 Nr. 39, zu III der Gründe mwN). Die Erweiterung oder Beschränkung des Antrags stellt jedoch gem. § 264 Nr. 2 ZPO keine Klageänderung dar. Zumindest eine Antragsbeschränkung ist deshalb auch in der Revisions- und Rechtsbeschwerdeinstanz noch zulässig (zu den möglichen Voraussetzungen einer Zulässigkeit sogar von Antragserweiterungen vgl. - AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 112 = EzA BetrVG 2001 § 87 Arbeitszeit Nr. 6, zu B III 1 a aa der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; - 1 AZR 86/72 - AP BGB § 630 Nr. 8 = EzA BGB § 630 Nr. 4 <nur Leitsätze>, zu I 1 der Gründe). Der Übergang von einem Leistungs- zu einem Feststellungsantrag ist unter dieser Voraussetzung auch in der Revisions- und Rechtsbeschwerdeinstanz noch möglich (vgl. Thomas/Putzo ZPO 26. Aufl. § 264 Rn. 1, § 559 Rn. 3).
b) Der Antrag ist hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Bedeutung schon des Begriffs der "Abwicklungsvereinbarung" steht sowohl für die Beteiligten als auch nach allgemeinem Verständnis hinreichend fest. Unklarheiten über die Reichweite der Rechtskraft einer gerichtlich getroffenen Feststellung sind mit ihm nicht verbunden (zum Begriffsinhalt vgl. etwa - AP SGB III § 144 Nr. 3 = EzA SGB III § 144 Nr. 4; Lilienfeld/Spellbrink RdA 2005, 88; Schmitt-Rolfes NZA Beilage 1/2005 zu Heft 10/2005 S. 3; Bauer/Krieger NZA 2004, 640; Hümmerich SAE 2005, 100; Tödtmann/Schauer AiB 2005, 357).
c) Der Antrag erfüllt die Voraussetzungen des auch im Beschlussverfahren anwendbaren § 256 Abs. 1 ZPO. Er ist auf die Klärung der Reichweite eines Mitbestimmungsrechts und damit auf die Feststellung eines betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsverhältnisses zwischen den Beteiligten gerichtet. Das erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben. Der zwischen den Beteiligten im Zusammenhang mit der von der Arbeitgeberin praktizierten Herbeiführung einer Beendigung von Arbeitsverhältnissen bestehende Konflikt kann auch künftig jederzeit auftreten. Die Arbeitgeberin hat nicht erklärt, sie wolle in Zukunft anders verfahren.
II. Der Antrag ist begründet. Der Betriebsrat ist nach § 102 BetrVG auch zu einer Kündigung anzuhören, die nach einer Verständigung der Arbeitsvertragsparteien über die Art und Weise der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen werden soll.
1. Gem. § 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung anzuhören. Die Kündigung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, durch die das Arbeitsverhältnis nach dem Willen des Kündigenden sofort oder nach Ablauf der Kündigungsfrist unmittelbar beendet werden soll (vgl. nur Stahlhacke/Preis/Vossen Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis 9. Aufl. Rn. 1). Durch die Beteiligung des Betriebsrats vor dem Ausspruch der Kündigung soll dieser Gelegenheit erhalten, dem Arbeitgeber die Sicht und Überlegungen der Arbeitnehmerseite zum Kündigungsentschluss zur Kenntnis zu bringen, um ihm Gelegenheit zu geben, mögliche Bedenken zugunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen ( - BAGE 30, 386, 390 f., zu III 2 a der Gründe; - 5 AZR 132/76 - AP Internat. Privatrecht Arbeitsrecht Nr. 13, zu 3 c der Gründe).
Einer Anhörung des Betriebsrats bedarf es dagegen nicht, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht einseitig durch eine Erklärung allein des Arbeitgebers, sondern zweiseitig durch einen entsprechenden Vertrag mit dem Arbeitnehmer beendet werden soll. Der Abschluss eines Aufhebungsvertrags unterliegt nicht der Beteiligungspflicht nach § 102 BetrVG (APS-Koch 2. Aufl. § 102 BetrVG Rn. 33 mwN; Fitting 22. Aufl. § 102 Rn. 15). Eine analoge Anwendung des § 102 BetrVG auf die vertragliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses scheidet aus. Bei der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, die (auch) auf einer entsprechenden Willenserklärung des Arbeitnehmers beruht, sind objektive Interessenlage und Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers nicht die gleichen wie bei der einseitigen Kündigung (vgl. nur APS-Koch aaO mwN).
2. Danach ist in den streitigen Fällen eine Pflicht der Arbeitgeberin zur Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG vor Ausspruch der ins Auge gefassten Kündigungen gegeben. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts handelt es sich bei diesen nicht um ein bloßes Scheingeschäft. Vielmehr sind unter den gegebenen Umständen nur Kündigungen rechtlich in der Lage, die Beendigung der Arbeitsverhältnisse herbeizuführen. Eine wirksame zweiseitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses liegt nicht vor.
a) In den vom Antrag erfassten Fallkonstellationen haben Arbeitgeber und betroffene Arbeitnehmer in einem "Personalgespräch" eine Verständigung darüber erzielt, dass der Ausspruch einer arbeitgeberseitigen Kündigung und der Abschluss einer Abwicklungsvereinbarung erfolgen solle, bevor dies - teilweise in umgekehrter Reihenfolge - tatsächlich geschieht. Darin hat das Landesarbeitsgericht eine "Vertragsbeendigung auf Grund Vereinbarung" gesehen, die durch die Abgabe einer Kündigung nach außen lediglich verschleiert werden solle. In der Kündigung liege ein nichtiges Scheingeschäft nach § 117 Abs. 1 BGB. "Maßgebend" für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei die als Aufhebungsvertrag zu qualifizierende Abwicklungsvereinbarung.
b) Diese Beurteilung trifft nicht zu. Zwar ist der Betriebsrat vor Ausspruch einer nach § 117 Abs. 1 BGB nichtigen Kündigung nicht zu hören. Insoweit fehlt es an der Absicht, das Arbeitsverhältnis durch einseitige Erklärung zu lösen. Die im hier fraglichen Zusammenhang ausgesprochenen Kündigungen durch die Arbeitgeberin sind jedoch keine Scheingeschäfte (so für vergleichbare Fälle auch Richardi/Thüsing BetrVG 9. Aufl. § 102 Rn. 22; (wohl) auch Fitting 22. Aufl. § 102 Rn. 15; aA - NZA-RR 2002, 642; Bauer Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge 7. Aufl. Rn. 249 (zu II.); APS-Koch 2. Aufl. § 102 BetrVG Rn. 33).
aa) Bei einem Scheingeschäft iSd. § 117 Abs. 1 BGB wollen die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein eines Rechtsgeschäfts hervorrufen. In Wirklichkeit sollen die mit dem betreffenden Rechtsgeschäft verbundenen Rechtswirkungen nicht eintreten ( - AP BGB § 117 Nr. 2 = EzA BGB § 117 Nr. 3; - NJW 1980, 1572, zu II 2 der Gründe; - V ZR 108/64 - WM 1966, 1304; - V ZR 103/60 - BGHZ 36, 84, 87 ff., zu 2 der Gründe; BGB-RGRK/Krüger-Nieland 12. Aufl. § 117 Rn. 1; Palandt/Heinrichs BGB 64. Aufl. § 117 Rn. 3). Ein Scheingeschäft liegt nicht vor, wenn es zur Herbeiführung des von den Parteien tatsächlich beabsichtigten Erfolgs der wirksamen Vornahme des betreffenden Rechtsgeschäfts gerade bedarf ( - zu II 1 a der Gründe).
bb) Das ist hier der Fall. Allein die von der Arbeitgeberin ausgesprochenen Kündigungen können die Beendigung der Arbeitsverhältnisse herbeiführen.
(1) Die in den "Personalgesprächen" getroffenen Übereinkünfte der Arbeitsvertragsparteien stellen keine Erklärungen dar, die eine Aufhebung der Arbeitsverhältnisse bewirken. Zu dem genauen Inhalt dieser Gespräche hat das Landesarbeitsgericht zwar keine Feststellungen getroffen. Nach dem Vorbringen der Beteiligten ist aber davon auszugehen, dass die dort zustande gekommenen Vereinbarungen nicht schon selbst die Aufhebung der bestehenden Arbeitsverträge zum Inhalt hatten. In ihnen wurde lediglich Einvernehmen darüber hergestellt, wie zum Zwecke der Beendigung der Arbeitsverträge und deren gerichtlicher Unangreifbarkeit anschließend verfahren werden solle. Damit handelt es sich allenfalls um Vorverträge über künftige, vor oder nach Ausspruch einer Kündigung abzuschließende Abwicklungsvereinbarungen. Möglicherweise liegt sogar nur ein rechtlich unverbindliches, faktisches Einvernehmen über die künftige Vorgehensweise vor, dem schon der Charakter von Willenserklärungen mangelt. Die Aufhebung des Arbeitsvertrags als solche ist mit Erklärungen dieses Inhalts nicht verbunden.
Selbst wenn zugunsten der Arbeitgeberin unterstellt wird, dass bereits im Lauf der Personalgespräche mündliche Willenserklärungen mit dem Inhalt einer sofortigen oder späteren Aufhebung des Arbeitsverhältnisses abgegeben werden, können diese das Arbeitsverhältnis nicht beenden. Wegen des Schriftformerfordernisses des § 623 BGB sind solche Erklärungen gem. § 125 BGB nichtig. Das musste, nachdem das Schriftformerfordernis für Kündigungen und Aufhebungsverträge bereits mit Wirkung vom in § 623 BGB aufgenommen worden war, zumindest der Arbeitgeberin bewusst gewesen sein. Auch im Fall eines mündlich geschlossenen Aufhebungsvertrags kommt deshalb den späteren Kündigungen jedenfalls aus Sicht der Arbeitgeberin nicht nur ein Scheincharakter zu.
(2) Die schriftlichen Abwicklungsvereinbarungen der Arbeitsvertragsparteien enthalten keine auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichteten Willenserklärungen. Zwar heißt es dort zu Beginn durchweg: "Dem Arbeitnehmer ist am ... unter Zugang am ... fristgerecht mit Wirkung zum ... gekündigt worden". Das ist schon nach dem Wortlaut lediglich eine Erklärung der Parteien über bestimmte Tatsachen. Eine auf die Herbeiführung bestimmter Rechtsfolgen gerichtete Willenserklärung ist mit ihnen nicht verbunden. Im Übrigen leitet die Arbeitgeberin selbst die zweiseitige Beendigung der Arbeitsverhältnisse gerade nicht aus den Abwicklungsvereinbarungen her, sondern aus der zuvor getroffenen beidseitigen Übereinkunft, solche Vereinbarungen vor oder nach dem Ausspruch einer Kündigung abzuschließen.
(3) Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin gewinnen die Abwicklungsvereinbarungen für eine Beendigung der Arbeitsverhältnisse auch nicht dadurch rechtliche Bedeutung, dass sie nachträglich die fehlende Schriftform durch die "Dokumentation" einer zuvor mündlich getroffenen Aufhebungsvereinbarung ersetzen würden. Zum einen "dokumentieren" die Abwicklungsvereinbarungen nach ihrem Wortlaut nicht den Abschluss eines zweiseitigen Aufhebungsvertrags, sondern allenfalls die Abgabe einer einseitigen Kündigungserklärung von Seiten der Arbeitgeberin. Zum anderen bedürfen nach § 623 BGB gerade die die Aufhebung des Arbeitsvertrags herbeiführenden Willenserklärungen als solche der Schriftform. Diese kann durch eine spätere schriftliche Erklärung, dass solche Erklärungen zu früherer Zeit (mündlich) abgegeben worden seien, nicht ersetzt werden (vgl. - NZA 2005, 923, zu I 2 a der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BB 2006 S. 1059 Nr. 19
DB 2005 S. 2827 Nr. 51
NJW 2006 S. 463 Nr. 7
NWB-Eilnachricht Nr. 39/2006 S. 3315
ZIP 2006 S. 152 Nr. 3
TAAAB-93299
1Für die Amtliche Sammlung: ja; Für die Fachpresse: nein