BFH Beschluss v. - II B 162/05

Abzinsung von Verbindlichkeiten, die im Rahmen einer gemischten Schenkung aufschiebend bedingt auf den Bedachten übergegangen sind

Leitsatz

Hat bei Schenkung eines mit Grundpfandrechten belasteten Grundstücks unter Nießbrauchsvorbehalt der Beschenkte die den Grundpfandrechten zugrunde liegenden Darlehensverbindlichkeiten erst mit Beendigung des Nießbrauchs zu übernehmen, stellt die Nießbrauchsbeendigung eine aufschiebende Bedingung i. S. des § 6 Abs. 1 BewG für den Schuldübergang dar. Die bei Bedingungseintritt auf den Beschenkten übergegangenen Darlehensverbindlichkeiten sind gemäß § 6 Abs. 2 i. V. mit § 5 Abs. 2 BewG bereits auf den Ausführungszeitpunkt der nunmehr gemischten Schenkung anzusetzen. Die bei Beendigung des Nießbrauchs noch bestehende Darlehenssumme ist gemäß § 12 Abs. 3 BewG auf den Ausführungszeitpunkt der Schenkung abzuzinsen.

Gesetze: BewG § 5, BewG § 6, BewG § 12, BewG § 13

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Mutter der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) übertrug dieser mit notariell beurkundetem Vertrag vom u.a. umfangreichen Grundbesitz und behielt sich einen lebenslänglichen Nießbrauch daran vor. Zugleich wurde die Auflassung erklärt und die Eintragungsbewilligung erteilt. Der Grundbesitz war mit Grundpfandrechten zur Sicherung von Darlehen belastet. Die Klägerin übernahm die Grundpfandrechte und mit Wirkung ab Beendigung des Nießbrauchs auch die ihnen zugrunde liegenden Darlehensverbindlichkeiten. Während der Dauer des Nießbrauchs waren die Zins- und Tilgungsleistungen von der Mutter zu erbringen.

Mit Bescheid vom setzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) Schenkungsteuer gegen die Klägerin fest, die es mit Einspruchsentscheidung vom geringfügig herabsetzte. Während des anschließenden Klageverfahrens —nämlich am — verstarb die Mutter. An diesem Tag beliefen sich die gesicherten Darlehen noch auf 1 213 218 DM. Das FA nahm nunmehr eine gemischte Schenkung an und setzte die Schenkungsteuer mit Änderungsbescheid vom auf 21 457 € fest. Dabei sah es die Übernahme der Darlehensverbindlichkeiten von 1 213 218 DM als Gegenleistung an und zinste sie auf den Zeitpunkt der notariellen Beurkundung des Übertragungsvertrages auf 730 357 DM ab.

Die Klage, mit der sich die Klägerin u.a. gegen die Abzinsung der Darlehensverbindlichkeiten gewandt und geltend gemacht hatte, durch die Abzinsung komme es zu einer Doppelbelastung, weil die von der Nießbraucherin getragenen Zinsen den Kapitalwert der Belastung und damit die Höhe der ursprünglich gestundeten Steuer beeinflusst hätten, blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) war der Ansicht, die Darlehensverbindlichkeiten seien für die Klägerin erst am Todestag der Mutter „fällig” geworden. Bis dahin habe es sich für die Klägerin um unverzinsliche Schulden gehandelt. § 12 Abs. 3 des Bewertungsgesetzes (BewG) schreibe aber für Verpflichtungen, die nicht zeitnah, sondern erst in ferner Zukunft zu erfüllen seien, die Abzinsung vor. Von einer Doppelbelastung durch die Abzinsung könne im Streitfall keine Rede sein, weil bei der Berechnung des Stundungsbetrages gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) der Kapitalwert der Nießbrauchsbelastung gemäß § 16 BewG mit 1/18,6 des Werts der nießbrauchsbelasteten Wirtschaftsgüter angesetzt worden sei.

Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin geltend, der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung wegen der Frage zu, ob tatsächlich verzinsliche Verbindlichkeiten als unverzinsliche i.S. des § 12 Abs. 3 BewG bewertet werden dürfen. Eine Verbindlichkeit verliere ihre Eigenschaft der Verzinslichkeit nicht dadurch, dass sich ein Dritter gegenüber dem Schuldner verpflichtet habe, die Zinsen zu zahlen. Dies gelte besonders dann, wenn der Schuldner auch noch zusätzlich dinglich für die Verbindlichkeiten hafte.

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage zur Abzinsung „tatsächlich verzinslicher Verbindlichkeiten” stellt sich nicht.

Entscheidend ist nicht, dass die Darlehensverbindlichkeiten auch für die Dauer des Nießbrauchs der Mutter verzinslich waren, sondern dass die Klägerin während dieser Zeit nicht Schuldnerin dieser Verbindlichkeiten war, und zwar weder im Innenverhältnis zur Mutter noch im Außenverhältnis zu den Gläubigern. Ausweislich der Tz. III. 1. b des Übertragungsvertrages sollten die Darlehensverbindlichkeiten erst mit Beendigung des Nießbrauchs der Mutter auf die Klägerin übergehen. Dementsprechend war auch vereinbart, dass die Genehmigung der Gläubiger gemäß § 415 des Bürgerlichen Gesetzbuchs „zu der späteren Schuldentlassung erst zu gegebener Zeit eingeholt werden solle”. Der Beendigung des Nießbrauchs kam somit die Bedeutung einer aufschiebenden Bedingung i.S. des § 6 Abs. 1 BewG zu.

Infolgedessen kann die Klägerin frühestens mit dem Tod der Mutter Schuldnerin der Darlehensverbindlichkeiten geworden sein, und zwar in der zu diesem Zeitpunkt noch bestehenden Höhe. Diese die Klägerin erstmals mit dem Tod der Mutter treffenden Schulden sind jedoch gemäß § 6 Abs. 2 i.V.m. § 5 Abs. 2 BewG bereits auf den Ausführungszeitpunkt der nunmehr gemischten Schenkung anzusetzen. Da die Klägerin jedoch in der Zeit zwischen dem Ausführungszeitpunkt der Schenkung und der Beendigung des Nießbrauchs im Hinblick auf die sie künftig treffende Darlehensverbindlichkeiten auch keine Zinsen schuldete, musste die bei Beendigung des Nießbrauchs noch bestehende Darlehenssumme gemäß § 12 Abs. 3 BewG auf den Ausführungszeitpunkt der Schenkung abgezinst werden (vgl. Gorski in Gürsching/Stenger, Bewertungsrecht, § 6 BewG Anm. 7; Halaczinsky in Rössler/ Troll, BewG, § 6 Anm. 5).

2. Hinsichtlich der gerügten Doppelbelastung wegen eines zweimaligen Ansatzes dieser Zinsen ist die Beschwerde mangels ausreichender Begründung gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) unzulässig. Insoweit fehlt es an der schlüssigen Darlegung eines Revisionszulassungsgrundes gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 FGO. Ein solcher ergibt sich insbesondere nicht aus dem Hinweis der Klägerin auf § 13 BewG. Die Höhe der Kapitalwerte gemäß § 13 BewG wird durch § 16 des Gesetzes dergestalt begrenzt, dass die Kapitalwerte höchstens den Wert betragen dürfen, der sich ergibt, wenn der für das genutzte Wirtschaftsgut nach den Vorschriften des BewG anzusetzende Wert durch 18,6 geteilt wird. Greift dieser Höchstwert wie im Streitfall ein, tritt die in § 13 BewG vorgesehene Methode zur Ermittlung des Kapitalwerts beispielsweise eines Nießbrauchsrechts, hinter die Bewertung auf der Grundlage der belasteten Wirtschaftsgüter zurück. Damit hätte sich die Klägerin auseinander setzen müssen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 1845 Nr. 10
OAAAB-92631