Leitsatz
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: BVerfGG § 93b; BVerfGG § 93a Abs. 2; BVerfGG § 93a; BVerfGG § 91 Abs. 1; BVerfGG § 93d Abs. 1 Satz 3
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Fragen aufwirft noch ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 BVerfGG).
1. Die hier aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen sind seit dem Beschluß des Zweiten Senats des - (EuGRZ 1998, 612) geklärt.
2. Grundrechte des Beschwerdeführers sind nicht verletzt. Die Rückführungsentscheidung des Oberlandesgerichts orientiert sich am Kindeswohl und rechtfertigt damit den mit ihr verbundenen Eingriff in das Elternrecht des Beschwerdeführers aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG.
a) Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts sind Sache der Fachgerichte; das Bundesverfassungsgericht beanstandet nur die Verletzung von Verfassungsrecht. Die zur Überprüfung der Anwendung des einfachen Rechts durch die Fachgerichte entwickelten Maßstäbe gelten in entsprechender Weise auch für das Völkervertragsrecht (vgl. BVerfG, EuGRZ 1998, 612 <616 m.w.N.>). Das Bundesverfassungsgericht hat nur zu prüfen, ob die angefochtene Entscheidung auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der Grundrechte beruht und ob das Auslegungsergebnis die geltend gemachten Grundrechte verletzt (vgl. BVerfGE 30, 173 <188>). Eine Verfassungswidrigkeit liegt noch nicht vor, wenn die Anwendung einfachen Rechts durch den zuständigen Richter zu einem Ergebnis führt, über dessen Richtigkeit sich streiten läßt; dies gilt insbesondere, wenn dem Richter durch Generalklauseln eine Abwägung und Wertung widerstreitender Interessen aufgegeben ist (vgl. BVerfGE 18, 85 <93>).
b) Nach dem Beschluß des Senats vom - 2 BvR 1206/98 - ist für den Fall gegenläufiger Rückführungsanträge eine besondere Prüfung des Kindeswohls anhand der Ausnahmevorschrift des Art. 13 Abs. 1 Buchst. b) HKiEntÜ geboten. Anderenfalls würde der Zweck des Haager Kindesentführungsübereinkommens verfehlt, den Aufenthalt des Kindes bis zur Sorgerechtsentscheidung zu verstetigen, die Folgen einer rechtswidrigen Entführung aufzuheben und das Kind an den Ort der zukünftigen Sorgerechtsentscheidung zurückzubringen. Ein durch gegenläufige Rückführungsanträge veranlaßtes Hin- und Rückführen der Kinder aufgrund staatlicher Anordnung widerspräche dem Kindeswohl und wäre für sie unzumutbar, wenn das Gericht nicht besondere Anhaltspunkte feststellt, die eine Rückführung trotz der Gefahr eines weiteren Ortswechsels rechtfertigen (vgl. BVerfG, EuGRZ 1998, 612 <617>).
Darüber hinaus ergibt sich im Falle einer gegenläufigen Entführung aus Art. 6 Abs. 2 GG und Art. 2 Abs. 1 GG die Pflicht, das Kindeswohl verfahrensrechtlich dadurch zu sichern, daß den Kindern bereits im familiengerichtlichen Verfahren ein Pfleger zur Seite gestellt wird, wenn die Eltern das Verfahren im eigenen Interesse führen und das Interesse der Kinder deshalb nicht in einer den Anforderungen des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) genügenden Weise Berücksichtigung finden kann (BVerfG, a.a.O., 615 und 617).
c) Der Beschluß des Oberlandesgerichts genügt diesen Anforderungen. Er nimmt eine ausführliche materielle Prüfung des Kindeswohls vor und sichert durch die Bestellung einer Verfahrenspflegerin die Grundrechte der Kinder auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht.
aa) Das Oberlandesgericht hat das Kindeswohl in seiner Rückführungsentscheidung ebenso ausführlich geprüft, wie dies in einer - im Rückführungsverfahren nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen an sich nicht erforderlichen - Sorgerechtsentscheidung notwendig wäre. Es ist unter Heranziehung eines psychologischen Sachverständigengutachtens und nach Anhörung der beiden Kinder zu dem Ergebnis gelangt, daß das Kindeswohl im konkreten Fall trotz der gegenläufigen Rückführungsanträge eine Rückführung nach Frankreich verlangt. Eine Nachprüfung der dabei zugrundegelegten tatsächlichen Feststellungen und der im einzelnen vorgenommenen Abwägungen ist nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 31, 194 <210>). Auch die für die Kinder bestellte Verfahrenspflegerin hat sich für eine Rückkehr der beiden Kinder zu ihrer Mutter nach Frankreich ausgesprochen.
Unabhängig von der Frage, ob der vom Oberlandesgericht gewählte strenge sorgerechtliche Prüfungsmaßstab bei gegenläufigen Rückführungsanträgen geboten ist, widerspricht es jedenfalls nicht den im Beschluß des Zweiten Senats vom aufgestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen, wenn das Oberlandesgericht die durch die gegenläufigen Rückführungsanträge hervorgerufene erhebliche Unsicherheit reduziert, indem es sich ausnahmsweise im Rückführungsverfahren von sorgerechtlichen Maßstäben leiten läßt. In der Feststellung, daß in einer Sorgerechtsentscheidung der Mutter das Sorgerecht zuzusprechen wäre, liegt ein besonderer Anhaltspunkt, der eine Rückführung der Kinder nach Frankreich rechtfertigen kann, obwohl dort noch nicht über die Anträge im Sorgerechtsverfahren und im Verfahren nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen rechtskräftig entschieden ist.
bb) Mit der Bestellung der Verfahrenspflegerin hat das Oberlandesgericht die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Ausgestaltung des Verfahrens beachtet.
3. Im übrigen wird von einer Begründung abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Fundstelle(n):
SAAAB-87246