Instanzenzug: EW
Gründe
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG. An ihr waren in den Jahren 1989 bis 1995 als persönlich haftende Gesellschafterin die Beigeladene zu 1., eine GmbH, und als Kommanditisten der Beigeladene zu 2. sowie Herr B beteiligt. B schied Ende 1997 aus der Klägerin aus, die zwischen den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt wurde. Während des finanzgerichtlichen Verfahrens ist B verstorben; alle Personen, die vom Nachlassgericht als potentielle Erben ermittelt worden sind, haben die Erbschaft wegen Überschuldung des Nachlasses ausgeschlagen.
In ihren Vermögensaufstellungen für die Stichtage bis hatte die Klägerin Darlehens- und Zinsverbindlichkeiten gegenüber einem iranischen Staatsangehörigen (A) ausgewiesen. Im Anschluss an eine Steuerfahndungsprüfung bei der Klägerin kam der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) zu der Auffassung, Darlehensgeber sei in Wirklichkeit nicht A, sondern der Beigeladene zu 2., der der Klägerin die Darlehen aus „Schwarzgeldern” zur Verfügung gestellt habe. In den angefochtenen Änderungsbescheiden über die Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens der Klägerin setzte das FA im Sonderbetriebsvermögen des Beigeladenen
zu 2. entsprechende Forderungen an.
Einspruch und Klage blieben in diesem Punkt ohne Erfolg.
Mit ihrer Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen Verfahrensfehlern und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.
Das FA hält die Beschwerde für unzulässig.
II. Die Beschwerde ist unzulässig. Die Klägerin hat keinen der Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in einer den gesetzlichen Anforderungen (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) entsprechenden Weise dargelegt.
1. Wird die Beschwerde darauf gestützt, dass die Revisionszulassung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich sei, weil das Finanzgericht (FG) von der Entscheidung eines anderen Gerichts abgewichen sei, setzt die Darlegung dieses Zulassungsgrundes die Gegenüberstellung einander widersprechender abstrakter Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und der herangezogenen Divergenzentscheidung andererseits voraus (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom II B 41/02, BFH/NV 2003, 1067; vom II B 22/03, BFH/NV 2005, 156, und vom IX B 58/05, BFH/NV 2005, 2044). Daran fehlt es hier.
a) Soweit die Klägerin vorbringt, das FG sei von dem (Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2004, 86) abgewichen, sind die Darlegungsanforderungen schon deshalb nicht erfüllt, weil das FG den von der Klägerin angeführten Rechtssatz, bei einem nicht aufgeklärten Sachverhalt gingen verbleibende Zweifel immer zu Lasten des Steuerpflichtigen, nicht —auch nicht in fallbezogenen Ausführungen— aufgestellt hat.
b) Soweit die Klägerin rügt, das angefochtene Urteil weiche von Entscheidungen eines anderen Senats des FG ab, die in Verfahren über Umsatzsteuerfestsetzungen gegen eine andere Gesellschaft, an der der Beigeladene zu 2. beteiligt ist, ergangen sind, fehlt es bereits an der Bezeichnung abstrakter Rechtssätze.
2. Die Rügen, das FG habe seine Pflicht verletzt, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO), sind ebenfalls nicht zulässig erhoben.
a) Der im Ausland ansässige Zeuge A brauchte nicht von Amts wegen geladen, sondern musste gemäß § 76 Abs. 1 Satz 4 FGO i.V.m. § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) von der Klägerin zur Sitzung des FG gestellt werden. Kommt der Beteiligte, der sich auf einen im Ausland lebenden Zeugen beruft, seiner erhöhten Mitwirkungspflicht nicht nach, darf das FG den ihm vorliegenden Sachverhalt ohne Berücksichtigung dieses Beweismittels nach freier Überzeugung (§ 96 Abs. 1 FGO) würdigen (ständige Rechtsprechung, vgl. , BFH/NV 2004, 964, unter II.2.b, m.w.N.). Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass das FG nach diesen Grundsätzen zu einer Vernehmung des A verpflichtet gewesen wäre.
b) Die Rüge, das FG hätte den Betriebsprüfer S persönlich in der mündlichen Verhandlung vernehmen müssen und sich nicht mit einer schriftlichen Zeugenaussage begnügen dürfen, ist unschlüssig, weil das FG ausdrücklich darauf hingewiesen hat, es habe seine Überzeugung ohne Berücksichtigung der —der Klägerin nachteiligen— schriftlichen Aussage des Zeugen S gebildet (Bl. 34 des FG-Urteils).
c) Auch im Zusammenhang mit der vom FG abgelehnten Vernehmung des als Zeugen benannten Prokuristen N einer anderen Gesellschaft, an der der Beigeladene zu 2. beteiligt war, legt die Klägerin keinen Verfahrensfehler dar. Das FG darf von einer beantragten Beweiserhebung absehen, wenn das angebotene Beweismittel zum Beweis der behaupteten Tatsache ungeeignet ist (, BFH/NV 2005, 564, unter II.2.a, m.w.N.). Die Klägerin hat nicht hinreichend dargelegt, weshalb die Vernehmung des N geeignet sein sollte, um zu beweisen, dass der Beigeladene zu 2. sich weder durch die Verkürzung von Betriebseinnahmen noch durch die Fingierung von Betriebsausgaben Mittel auf privaten Konten verschafft habe. Eine Überzeugungsbildung über die Behauptung, der Beigeladene zu 2. sei ein „gläserner Bürger” ohne privates Bankkonto gewesen, dem eine Einnahmeverkürzung ohne Wissen des N nicht möglich gewesen sei, ist nicht im Wege des Zeugenbeweises möglich. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass finanzielle Mittel auf ein Konto des Beigeladenen zu 2. geflossen sein könnten, von dessen Existenz N gar nichts gewusst hat.
d) Das Vorbringen der Klägerin im Zusammenhang mit den im Schriftgutachten erläuterten Wahrscheinlichkeitsgraden betrifft lediglich die Beweiswürdigung durch das FG. Ein Verfahrensfehler wird damit nicht dargelegt, weil die Grundsätze der Beweiswürdigung revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen sind (z.B. , BFH/NV 1999, 510, unter I.3.a, m.w.N.).
e) Soweit die Klägerin rügt, das FG habe sich nicht auf Feststellungen aus Parallelverfahren stützen dürfen, solange die entsprechenden Entscheidungen wegen der Einlegung von Nichtzulassungsbeschwerden noch nicht rechtskräftig gewesen seien, wird damit kein Aufklärungsmangel dargelegt. Denn es gibt keinen Rechtssatz des Inhalts, wonach ein Tatsachengericht vor der Verwertung einzelner Feststellungen aus anderen Verfahren immer die Rechtskraft der dortigen Entscheidungen abwarten müsste. Im Übrigen sind die Urteile des FG in den Parallelverfahren mittlerweile durch Zurückweisung der gegen sie erhobenen Nichtzulassungsbeschwerden (vgl. BFH-Beschlüsse vom VIII B 186/02 und VIII B 187/02) rechtskräftig geworden.
f) Soweit die Klägerin rügt, der vom FG vernommene Zeuge T hätte mit den Widersprüchen zu seinen früheren Aussagen konfrontiert werden müssen, trägt sie nicht vor, was das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme für den Fall eines solchen Vorhalts gewesen wäre. Dies wäre für die Erhebung einer schlüssigen Aufklärungsrüge jedoch erforderlich gewesen (, BFHE 186, 161, BStBl II 1998, 637, unter II.1.).
3. Die Klägerin hat auch nicht hinreichend dargelegt, dass das FG ihren Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt hätte.
a) Mit dem Vorbringen, das FG habe vor Erlass seines Urteils nicht darauf hingewiesen, dass es das grundlose Absenken der Darlehenszinsen für ein Indiz dafür halte, dass der Darlehensvertrag nicht zwischen fremden Dritten abgeschlossen worden sei, wird kein Gehörsverstoß dargelegt. Gleiches gilt für die Rüge, das FG hätte vorab auch auf die Widersprüchlichkeit des Vorbringens zur Rückführung des Darlehens hinweisen müssen. Denn der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht nicht, den Beteiligten die einzelnen für seine Entscheidung maßgebenden Gesichtspunkte im Voraus anzudeuten (, BFH/NV 2004, 495, unter 6., m.w.N.). Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass bereits die Erklärung des A vom unter Punkt 6. auf die Zinssenkungen eingeht, so dass dieser Gesichtspunkt der Klägerseite bekannt war. Die Rückzahlungsmodalitäten des Darlehens sind ausweislich des Protokolls in der mündlichen Verhandlung vor dem FG am erörtert worden.
b) Ferner rügt die Klägerin, das FG hätte die Nichtvorlage des Originals der schriftlichen Erklärung des A vom nicht ohne eine vorherige Aufforderung zur Vorlage dieser Originalerklärung als Indiz für ihre mangelnde Mitwirkungsbereitschaft würdigen dürfen. Denn das Original sei von der Finanzverwaltung im Rahmen einer Durchsuchungsmaßnahme beschlagnahmt und ihr bis heute nicht zurückgegeben worden.
Diese Rüge ist nicht schlüssig erhoben, weil die Klägerin noch in ihrer Klagebegründung (Bl. 26 des Schreibens vom ) ausgeführt hat, diese Unterlagen lägen der Steuerfahndung nicht vor, weil sie von der Behörde nicht erbeten worden seien. Die Finanzverwaltung hatte die Nichtvorlage des Originals bereits im Steuerfahndungsbericht vom (Tz. 12.2.3.4) als „Ungereimtheit” bezeichnet. Die Klägerin musste daher damit rechnen, dass das FG sich dieser Beurteilung anschließen würde.
4. Die Klägerin hat auch nicht dargelegt, dass das FG eine Aussetzung der Verhandlung bis zur Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde in der Gewerbesteuermessbetragssache gegen die Klägerin verfahrensfehlerhaft abgelehnt hätte. Die Beschwerdebegründung lässt nicht erkennen, dass die Entscheidung im vorliegenden Verfahren von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängig war, das den Gegenstand des Verfahrens über die Festsetzung der Gewerbesteuermessbeträge bildete. Allein die Möglichkeit, dass in dem von der Klägerin angeführten Verfahren über eine vergleichbare Rechtsfrage zu entscheiden gewesen wäre, macht jene Sache nicht vorgreiflich i.S. des § 74 FGO (vgl. zur fehlenden Anwendbarkeit des § 74 FGO auf sog. „Musterverfahren” vor den Fachgerichten , BFHE 203, 114, BStBl II 2003, 926, unter II.1.).
5. Die Beschwerdebegründung lässt nicht erkennen, welcher Verfahrensfehler mit der Erwägung dargelegt werden soll, es sei „die Frage erlaubt, ob das FG die Überzeugung, dass kein potentieller Nachfolger des Herrn…(B) vorhanden ist, durch eigene Ermittlungen oder einfach nur durch Auskunft von dritter Seite gewonnen hat”. Sollte die Klägerin damit eine Verletzung der dem FG auch hinsichtlich der Sachentscheidungsvoraussetzungen obliegenden Ermittlungspflicht rügen wollen, so hätte sie nicht hinreichend deutlich gemacht, warum in der Einholung einer „Auskunft von dritter Seite” nicht zugleich „eigene Ermittlungen” des FG zu sehen sein sollten. Im Übrigen legt die Klägerin keine Tatsachen dar, die für eine Fortdauer der Unterbrechung des Verfahrens sprechen könnten.
6. Soweit die Klägerin eine Verletzung von Denkgesetzen rügt, ist die Beschwerde schon deshalb unzulässig, weil es sich hierbei um einen materiell-rechtlichen Fehler handeln würde (, BFH/NV 1999, 1612), für den eigene Zulassungsgründe nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 FGO vorgetragen werden müssten. Dies ist aber nicht geschehen. Im Übrigen wird mit der Behauptung, der vom FG aus dem Schriftgutachten gezogene Schluss sei nicht „zwingend”, noch kein Verstoß gegen die Denkgesetze dargelegt; dies wäre nur dann der Fall, wenn die Klägerin dargelegt hätte, dass die Schlussfolgerung des FG nicht möglich wäre.
Sollte die Klägerin mit der in diesem Zusammenhang vorgebrachten Behauptung, das FG habe die schriftlichen Erklärungen des A und die Zeugenaussage des Beigeladenen zu 2. in einem Parallelverfahren „ignoriert”, einen Verfahrensfehler rügen wollen, wäre diese Rüge gleichfalls nicht schlüssig erhoben. Denn das FG hat die schriftlichen Erklärungen des A nicht etwa ignoriert, sondern sie im Rahmen seiner ausführlichen Beweiswürdigung lediglich für nicht geeignet gehalten, seine Überzeugungsbildung zu erschüttern, weil sie weder im Original vorgelegt noch durch objektive Unterlagen belegt worden seien und die Klägerin den Zeugen A nicht zur mündlichen Verhandlung gestellt habe. Auch die Aussage des Beigeladenen zu 2. in dem Parallelverfahren ist vom FG gewürdigt worden; das FG ist dieser Aussage lediglich inhaltlich nicht gefolgt.
7. Die Klägerin hat auch nicht dargelegt, dass das angefochtene Urteil an einem schwerwiegenden Rechtsfehler leidet. Ihre diesbezüglichen Ausführungen erschöpfen sich in Angriffen gegen die Beweiswürdigung durch das FG, lassen aber nicht erkennen, dass die Entscheidung des FG objektiv willkürlich erscheint oder auf sachfremden Erwägungen beruht und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar —d.h. greifbar gesetzwidrig— ist und das Vertrauen in die Rechtsprechung nur durch eine höchstrichterliche Korrektur wieder hergestellt werden kann (vgl. zu den Anforderungen an eine solche Rüge , BFHE 203, 404, BStBl II 2004, 25).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 1056 Nr. 6
BAAAB-82026