Instanzenzug:
Gründe
I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben mit ihrer Klage gegen den Einkommensteuerbescheid für 1998 zunächst beantragt, die Pensionsabfindung in Höhe von 656 103 DM nach § 34 Abs. 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit dem halben Steuersatz zu versteuern. Sie haben im Verlauf des Klageverfahrens mit Schriftsatz vom vorgetragen, dass der Abfindungsbetrag für den Pensionsanspruch nicht —wie im Einkommensteuerbescheid berücksichtigt— 656 103 DM, sondern nur 626 103 DM betragen habe, da der Pensionsanspruch wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage der GmbH vertragsgemäß um 30 000 DM gekürzt worden sei. Sie haben ausweislich des Tatbestands des angefochtenen Urteils und des Protokolls über die mündliche Verhandlung beantragt, den angefochtenen Einkommensteuerbescheid für 1998 zu ändern und den Abfindungsbetrag für den Pensionsanspruch in Höhe von 626 103 DM dem ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs. 1 EStG zu unterwerfen.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Es hat entschieden, der Kläger habe seine bisherigen Rechte aus dem Pensionsvertrag nicht unter erheblichem wirtschaftlichen, rechtlichen oder tatsächlichen Druck aufgegeben.
Die Kläger rügen mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision u.a., dass sich das FG in seinem Urteil nur mit der Frage des halben Steuersatzes und nicht mit ihrem Antrag, „den Pensionsanspruch auf DM 626 103 zu begrenzen”, befasst habe.
II. Die Beschwerde ist begründet. Sie führt gemäß § 116 Abs. 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das FG. Das angefochtene Urteil ist teilweise nicht mit Gründen versehen (Verfahrensfehler i.S. der §§ 115 Abs. 2 Nr. 3, 119 Nr. 6 FGO).
1. Das FG konnte den in der mündlichen Verhandlung gestellten Klageantrag unter Berücksichtigung der Begründung im Schriftsatz vom nicht dahin verstehen, dass die Kläger die Klage einschränken und die Tarifbegünstigung lediglich für einen geringeren Betrag erhalten wollten und die Differenz voll versteuert werden sollte. Vielmehr konnte das Vorbringen, der Pensionsanspruch sei wegen der späteren Kürzung nur mit 626 103 DM statt mit bisher 656 103 DM zu berücksichtigen, nur dahin verstanden werden, dass ungeachtet der Entscheidung über den auf die Abfindung anzuwendenden Steuertarif auf jeden Fall die Einkünfte um 30 000 DM herabgesetzt werden sollten. Darin lag eine betragsmäßige Erweiterung des Klageantrags nach Ablauf der Klagefrist (vgl. zur Zulässigkeit z.B. , BFHE 159, 4, BStBl II 1990, 327; Urteil vom IX R 78/94, BFHE 178, 549, BStBl II 1996, 16). Denn die Steuer sollte niedriger festgesetzt werden als dies ursprünglich in der Klageschrift beantragt war.
2. Es ist anerkannt, dass § 119 Nr. 6 FGO auch dann verletzt ist, wenn die Gründe nur zum Teil fehlen. Die Gründe fehlen u.a. dann teilweise, wenn das Gericht einen selbständigen Anspruch mit Stillschweigen übergangen hat (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 119 Rz. 24). Dies trifft im Streitfall zu. Denn bei dem Begehren, den Abfindungsbetrag niedriger anzusetzen als in dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid, handelt es sich gegenüber der erstrebten Tarifbegünstigung um einen selbständigen Anspruch. Da das FG sich in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils mit diesem Antrag nicht auseinander gesetzt hat, wird es dies im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 1140 Nr. 6
CAAAB-82017