Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Kläger, Revisionskläger und Revisionsbeklagten (Kläger) wurden in den Streitjahren (1997 und 1998) als Ehegatten zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Der Kläger war Gesellschafter einer GmbH und erzielte als deren Geschäftsführer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Seine Aufgabe bestand hauptsächlich darin, die über 60 Filialen des Unternehmens zu bereisen. Im Betriebsgebäude der GmbH am Unternehmenssitz stand ihm ein Büroarbeitsraum zur alleinigen Nutzung zur Verfügung.
Ab dem überließen die Kläger der GmbH einen 14 qm großen Raum in ihrem selbst bewohnten, ihnen je zur Hälfte gehörenden Einfamilienhaus als Arbeitszimmer für den Kläger. Die der Überlassung zugrunde liegende Vereinbarung vom war als „Ergänzung zum Geschäftsführervertrag (...) und zugleich Mietvertrag über ein häusliches Arbeitszimmer” bezeichnet. Sie sah vor, dass die GmbH ab sofort sämtliche Kosten dieses Arbeitszimmers übernehmen und zu diesem Zwecke das Zimmer von den Klägern anmieten werde. Der Kläger sollte dafür als Miete monatlich einen pauschalen Betrag von 250 DM erhalten. Das Mietverhältnis sollte zu dem Zeitpunkt enden, an dem auch der Anstellungsvertrag des Klägers mit der GmbH auslaufen würde.
In ihren Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre führten die Kläger die von der GmbH aufgrund der Vereinbarung empfangenen Zahlungen (1997: 1 250 DM; 1998: 3 000 DM) bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auf und brachten von den Einnahmen ihre Aufwendungen für das Arbeitszimmer in Höhe von 2 611 DM (1997) bzw. 6 102 DM (1998) in Abzug. Der Beklagte, Revisionsbeklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) erkannte die geltend gemachten Werbungskosten-Überschüsse nicht an und erfasste die erklärten Einnahmen ohne Abzug beim Kläger als Arbeitslohn. Hieran hielt er auch in der Einspruchsentscheidung fest.
Die Klage hatte nur insoweit Erfolg, als das Finanzgericht (FG) die Aufwendungen für das Arbeitszimmer in Höhe von jeweils 2 400 DM bei den Werbungskosten des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigte. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2005, 186 abgedruckt.
Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Die vom FG vorgenommene Umqualifizierung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sei verfehlt. Die Anmietung des Arbeitszimmers sei im Interesse und auf Betreiben der GmbH erfolgt. Sie habe der GmbH erhebliche Kosten erspart, da die GmbH das Verwaltungsgebäude an den Abenden und an den Wochenenden für den Kläger nicht gesondert habe beheizen müssen. Zumindest soweit die Einnahmen auf die Person der Klägerin entfielen, könne es sich ohnehin nicht um Arbeitslohn des Klägers gehandelt haben.
Die Kläger beantragen sinngemäß, das vorinstanzliche Urteil aufzuheben, soweit es der Klage nicht stattgegeben hat, die Einspruchsentscheidung aufzuheben und die Einkommensteuer für die Streitjahre unter Berücksichtigung der erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und eines um die Zahlungen der GmbH verminderten Arbeitslohns beim Kläger festzusetzen.
Das FA beantragt sinngemäß, die Revision der Kläger zurückzuweisen, das vorinstanzliche Urteil aufzuheben, soweit es der Klage stattgegeben hat, und die Klage auch insoweit abzuweisen.
Das FA trägt vor, ein vorrangiges Interesse der GmbH an der Anmietung des Arbeitszimmers könne nicht festgestellt werden. Abschluss und Ausgestaltung des Mietverhältnisses seien objektiv nachvollziehbar allein vom Interesse des Klägers als Arbeitnehmer bestimmt worden. Soweit das FG allerdings annehme, dem Kläger stehe der Arbeitsplatz im Betriebsgebäude der GmbH in den Abendstunden und an den Wochenenden nicht zur Verfügung, verletze die Vorentscheidung formelles und materielles Recht. Das FG habe nicht hinreichend aufgeklärt, zu welchen Zeiten die Raumtemperatur am betrieblichen Arbeitsplatz des Klägers tatsächlich abgesenkt worden sei und inwieweit der Kläger das vermietete häusliche Arbeitszimmer tatsächlich gerade zu diesen Zeiten für berufliche Zwecke habe nutzen müssen.
Die Kläger treten der Revision des FA entgegen.
II. Die Revisionen der Kläger und des FA sind jeweils begründet. Sie führen in vollem Umfang zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Die festgestellten Tatsachen reichen nicht aus, um beurteilen zu können, ob die Zahlungen der GmbH an den Kläger zu Arbeitslohn oder zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geführt haben. Sie erlauben —soweit sie verfahrensfehlerfrei zustande gekommen sind— auch keine Entscheidung, ob dem Kläger für seine beruflichen Tätigkeiten in dem der GmbH überlassenen Arbeitszimmer ein anderer betrieblicher Arbeitsplatz zur Verfügung stand.
1. Die Revision der Kläger ist begründet.
a) Die Aufwendungen für das der GmbH als Arbeitgeberin überlassene häusliche Arbeitszimmer des Klägers waren ungeachtet der Beschränkungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b i.V.m. § 9 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in voller Höhe steuerlich abzugsfähig, wenn die Zahlungen der GmbH zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und nicht zu einem Zufluss von (weiterem) Arbeitslohn geführt haben (vgl. , BFHE 201, 311, BStBl II 2003, 519; vom VI R 25/02, BFHE 207, 457, BStBl II 2006, 10).
Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist die Unterscheidung zwischen Arbeitslohn einerseits und Einkünften aus Vermietung und Verpachtung andererseits in diesen Fällen danach vorzunehmen, in wessen vorrangigem Interesse die Nutzung des Arbeitszimmers erfolgt. Dient sie in erster Linie den Interessen des Arbeitnehmers, weil er z.B. im Betrieb des Arbeitgebers über einen weiteren Arbeitsplatz verfügt und die Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers vom Arbeitgeber lediglich gestattet oder geduldet wird, so sind die Zahlungen als Arbeitslohn zu erfassen. Wird der betreffende Raum jedoch vor allem im betrieblichen Interesse des Arbeitgebers genutzt und geht dieses Interesse —objektiv nachvollziehbar— über die Entlohnung des Arbeitgebers und über die Erbringung der jeweiligen Arbeitsleistung hinaus, so ist anzunehmen, dass die betreffenden Zahlungen auf einer neben dem Dienstverhältnis gesondert bestehenden Rechtsbeziehung beruhen (BFH-Urteile in BFHE 207, 457, BStBl II 2006, 10; vom IX R 72/01, BFH/NV 2005, 882; vom IX R 4/05, BFH/NV 2005, 2180).
b) Diese Rechtsprechung hat das FG bei seiner Entscheidung noch nicht berücksichtigen können. Das angegriffene Urteil geht daher zu Unrecht davon aus, dass es für die Zuordnung der streitigen Zahlungen der GmbH zum Arbeitslohn bereits ausreichend sei, dass das Mietverhältnis an das Arbeitsverhältnis des Klägers gekoppelt war und dass die GmbH ohne das Arbeitsverhältnis keinen Grund gehabt hätte, den im Hause des Klägers gelegenen Büroraum von den Klägern anzumieten. Ob die Anmietung dabei im vorrangigen Interesse der GmbH oder des Klägers gelegen hat, hat das FG demgegenüber nicht untersucht. Die Sache geht daher zur weiteren Sachaufklärung an das FG zurück.
2. Die Revision des FA ist ebenfalls begründet.
a) Ausgehend von der Annahme, die streitigen Zahlungen der GmbH stellten Arbeitslohn und nicht Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung dar, hat das FG die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer unter Anwendung von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 Halbsatz 2 EStG in beiden Streitjahren mit jeweils 2 400 DM zum Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zugelassen. Das FG hat sich dabei die Darstellung der Kläger zu Eigen gemacht, der Kläger habe das häusliche Arbeitszimmer in nicht unerheblichem Maße in den Abendstunden und an den Wochenenden zu beruflichen Zwecken genutzt, indem er dort etwa die Besuche der Unternehmensfilialen vor- und nachbereitet habe. Dafür habe ihm kein anderer zumutbarer Arbeitsplatz am Verwaltungssitz der GmbH zur Verfügung gestanden.
b) Diese Tatsachenwürdigung ist nicht frei von Verfahrensfehlern. Das FA rügt zu Recht, das FG habe, indem es den Sachvortrag der Kläger der Urteilsfindung ohne weitere eigene Ermittlungen zugrunde gelegt hat, die ihm obliegende Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) verletzt. Das FA hatte ausweislich der Sitzungsniederschrift in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bislang nicht nachgewiesen sei, in welchem Umfang der Kläger tatsächlich am Wochenende und in den Abendstunden habe arbeiten müssen. Auf den Nachweis der tatsächlichen Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers zu beruflichen Arbeiten, die nicht auch im betrieblichen Büro hätten erledigt werden können, kam es im Streitfall jedoch entscheidungserheblich an. Das FG hätte den aufgeworfenen Zweifeln daher von Amts wegen nachgehen müssen, auch ohne dass es dafür eines förmlichen Beweisantritts des FA bedurft hätte. Denn die Darlegungslast oblag insoweit nicht dem FA, sondern der Klägerseite.
c) Das angefochtene Urteil war daher auch insoweit aufzuheben, als es der Klage stattgegeben hat.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 1076 Nr. 6
DStRE 2006 S. 585 Nr. 10
EStB 2006 S. 244 Nr. 7
GmbH-StB 2006 S. 126 Nr. 5
GmbHR 2006 S. 608 Nr. 11
ZAAAB-81730