Instanzenzug:
Gründe
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Freiberufler; er ermittelt seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Für den Veranlagungszeitraum 1991 war der Kläger mit Bescheid vom erklärungsgemäß zur Einkommensteuer veranlagt worden; der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und war teilweise nach § 165 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) für vorläufig erklärt worden. Unter dem wurde der Bescheid gemäß § 165 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 geändert und gemäß § 165 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 für endgültig erklärt. Weiter heißt es: „Der Vorbehalt der Nachprüfung ist nach § 164 Abs. 4 AO entfallen.” Für den Veranlagungszeitraum 1992 wurde der Kläger unter dem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung zur Einkommensteuer veranlagt. Der Bescheid war teilweise vorläufig nach § 165 Abs. 1 AO 1977.
In der Zeit von 1997 bis 2001 fand eine Außenprüfung statt. Unter dem ergingen Änderungsbescheide für die Veranlagungszeiträume 1991 und 1992; der Änderungsbescheid für den Veranlagungszeitraum 1991 wurde zunächst auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 gestützt, der für 1992 auf § 164 Abs. 2 AO 1977. In der Einspruchsentscheidung ging der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) davon aus, dass die Änderung des Einkommensteuerbescheides 1991 auch auf § 164 Abs. 2 AO 1977 habe gestützt werden können. Inhaltlich wurden die Bescheide geändert, weil der Kläger (noch) nicht gezahlte Kanzleimiete als Betriebsausgaben angesetzt hatte. Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hielt die Bescheidänderungen für rechtmäßig. Der Ablauf der Festsetzungsfrist sei gehemmt gewesen. Der Vorbehalt der Nachprüfung sei durch den Bescheid vom nicht entfallen. § 171 Abs. 9 AO 1977 stehe der Änderung nicht entgegen, da der Ablauf der Festsetzungsfrist gemäß § 171 Abs. 4 AO 1977 gehemmt gewesen sei. Auch § 173 Abs. 2 AO 1977 habe der Änderung nicht entgegengestanden; der Bescheid vom sei nicht aufgrund einer Außenprüfung ergangen.
Mit der Beschwerde macht der Kläger im Wesentlichen geltend:
1. Der Vorbehalt der Nachprüfung sei im Bescheid vom aufgehoben worden. Es habe eine endgültige Steuerfestsetzung vorgelegen.
2. Der Einkommensteuerbescheid für den Veranlagungszeitraum 1991 vom sei nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 geändert worden. Dazu habe er, der Kläger, sich nicht äußern können. Diese Frage sei in der mündlichen Verhandlung nicht angesprochen worden. Das bedeute einen Verstoß gegen das rechtliche Gehör. Er, der Kläger, habe in der mündlichen Verhandlung bestritten, dass neue Tatsachen vorlägen. Diesen Umstand habe das FG nicht berücksichtigt.
3. Die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung sei ohne abschließende Prüfung zulässig. Das FG habe auch nicht die (BFHE 186, 9, BStBl II 1998, 502) und vom I R 5/96 (BFHE 181, 100, BStBl II 1997, 5) berücksichtigt. Es liege ein eindeutiger Verstoß des FG gegen die Pflicht zur Sachaufklärung vor.
4. Bei einer Besprechung sei der Betriebsprüfer P darauf hingewiesen worden, dass der Bescheid vom nicht mehr habe geändert werden dürfen. P sei zwar als Zeuge benannt, aber nicht gehört worden.
5. In den Jahren 1991 und 1992 habe er, der Kläger, wie ihm nachträglich in Erinnerung gekommen sei, Grundstücksaufwendungen übernommen. Er habe sich in der mündlichen Verhandlung nicht zu diesen Tatsachen äußern können.
6. Bei der Betriebsprüfung habe es sich um eine nicht statthafte „Ermittlungsbetriebsprüfung” gehandelt.
Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.
II. Die Beschwerde ist unzulässig.
1. Gemäß § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision nur zuzulassen, wenn einer der in Nr. 1 bis 3 genannten Gründe gegeben ist. Gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO müssen diese Voraussetzungen dargelegt werden (dazu vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. 2002, § 116 Rz. 25 f.). Bei den Zulassungsgründen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO sind substantielle und konkrete Angaben darüber erforderlich, weshalb eine Entscheidung des Revisionsgerichts über eine bestimmte Rechtsfrage aus Gründen der Rechtsklarheit, der Rechtsfortbildung oder der Einheitlichkeit der Rechtsprechung im allgemeinen Interesse liegt, insbesondere auch, warum auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung die Rechtsfrage nicht beantwortet werden kann.
Entsprechende Gründe hat der Kläger nicht näher dargelegt. Der Umstand, dass möglicherweise die im Bescheid vom enthaltene Erklärung, der Vorbehalt der Nachprüfung sei gemäß § 164 Abs. 4 AO 1977 entfallen, auch als verbindliche und wirksame Erklärung hätte aufgefasst werden können, erfüllt keinen der genannten Zulassungsgründe.
2. Gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ist die Revision nur zuzulassen, wenn bei einem geltend gemachten Verfahrensmangel die angefochtene Entscheidung auf dem Verfahrensmangel beruhen kann.
a) Verfahrensfehler in diesem Sinne sind Verstöße gegen das Gerichtsverfahrensrecht, die das FG bei der Handhabung seines Verfahrens begeht und die zur Folge haben, dass eine ordnungsgemäße Grundlage für die Entscheidung im Urteil fehlt (, BFH/NV 1999, 1620), z.B. ein Verstoß gegen § 76 FGO (Verletzung der Sachaufklärungspflicht) oder gegen § 96 FGO (Nichtberücksichtigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens; Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten; Verletzung des rechtlichen Gehörs, die Vorwegnahme der Beweiswürdigung oder die vermeintliche Bindung an nicht bestehende Beweisregeln). Die Bezeichnung eines Verfahrensmangels verlangt eine genaue Angabe der Tatsachen, die den gerügten Mangel ergeben, unter gleichzeitigem schlüssigen Vortrag, inwiefern das angegriffene Urteil ohne diesen Verfahrensmangel anders ausgefallen wäre (BFH-Beschlüsse vom XI B 134/99, BFH/NV 2001, 1440; vom XI B 144/03, juris Nr: STRE200451115).
b) Das FG hat nicht das klägerische Recht auf Gehör verletzt. Soweit der Kläger geltend macht, dass er sich zu der Frage der Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 nicht habe äußern können, ist sein Vortrag nicht schlüssig, da er in dem Schriftsatz vom auf Seite 4 selbst ausführt, dass er in der mündlichen Verhandlung bestritten habe, dass „neue Tatsachen” vorlägen. Im Übrigen war diese Frage für die Rechtsauffassung des FG nicht erheblich, da es von einer Änderungsmöglichkeit gemäß § 164 Abs. 2 AO 1977 ausgegangen ist.
c) Auch mit der Rüge der Nichtvernehmung des Betriebsprüfers P als Zeugen kann der Kläger keinen Erfolg haben. Das Gericht hat den beweiserheblichen Prozessstoff durch Beweisaufnahme auszuschöpfen. Es verstößt gegen das Verbot einer vorweggenommenen Beweiswürdigung, wenn es erhebliche Beweisantritte eines Beteiligten mit der Begründung übergeht, von der Erhebung des Beweises sei kein zweckdienliches Ergebnis zu erwarten, es sei denn, das entscheidungserhebliche Beweisangebot wäre schlechterdings untauglich, unerreichbar oder unzulässig (, BFH/NV 2003, 502). Im Streitfall ist die Erheblichkeit der präsumtiven Aussage des P nicht hinreichend klar erkennbar. Der Umstand, dass der Kläger bereits P gegenüber geäußert habe, dass eine Änderung nicht in Betracht komme, war für die Änderbarkeit des Bescheides ohne Belang. Ebenso war insoweit ohne Belang, ob gegen den Kläger ein Strafverfahren eingeleitet worden war.
d) Aus dem Umstand, dass der Kläger nunmehr den Abzug von bestimmten Grundstücksaufwendungen geltend macht, kann kein verfahrensfehlerhaftes Verhalten des FG abgeleitet werden. Die Einwendungen gegen die Anordnung der Außenprüfung gehen ins Leere, da sie nicht im Verfahren gegen die Einkommensteuerbescheide geprüft werden können.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 1106 Nr. 6
BAAAB-81255