Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Beteiligten streiten über Eigenheimzulage für den Erwerb eines Dauerwohnrechts.
Der Vater der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) räumte der Klägerin mit notariell beurkundetem Vertrag vom ein Dauerwohnrecht nach § 31 ff. des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) an dem auf seinem Grundstück befindlichen Einfamilienhaus ein, in dem die Klägerin mit ihrer Familie bereits über mehrere Jahre zuvor unentgeltlich gewohnt hatte. Nach § 15 des Vertrages sollte die Klägerin dafür eine sofort fällige einmalige Geldleistung in Höhe von 100 000 DM erbringen. Die Klägerin überwies ihrem Vater diesen Betrag von ihrem Girokonto bei der Sparkasse, das sie damit um 94 797,99 DM überzog. Im Januar 1998 überwies sie 41 466,98 DM von ihrem Sparbuch auf ihr Girokonto.
Der Vater der Klägerin legte die erhaltenen 100 000 DM zunächst für drei Monate (beginnend am ) auf einem Festgeldkonto bei der Sparkasse unter seinem Namen an. Die Termingeldbescheinigung sah vor, die Einlage bei Fälligkeit am auf das Girokonto der Klägerin umzubuchen, sofern kein anderer Auftrag erteilt wurde. Die Zinsen wurden dem Konto des Vaters bei der Sparkasse gutgeschrieben. Im April 1998 schenkte der Vater der Klägerin einen Betrag von 60 000 DM und legte die verbliebenen 40 000 DM weiterhin als Festgeld an.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) lehnte den Antrag der Klägerin auf Eigenheimzulage ab dem Jahr 1997 ab, weil der Vertrag zwischen dem Vater und der Klägerin steuerrechtlich nicht anzuerkennen sei.
Mit ihrer Klage verfolgte die Klägerin ihr Begehren weiter, ihr Eigenheimzulage aufgrund einer Bemessungsgrundlage von 100 000 DM in Höhe von 2,5 v.H. (= 2 500 DM) plus Kinderzulage für drei Kinder von 4 500 DM (also insgesamt 7 000 DM) zu gewähren.
Auch die Klage blieb indes ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) erkannte in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 1219 veröffentlichten Urteil den Verkauf eines Dauerwohnrechts steuerrechtlich nicht an. Es liege ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten i.S. des § 42 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) vor. Nach dem Gesamtplan der Klägerin und ihres Vaters habe von vornherein festgestanden, dass die Klägerin ihrer Zahlungspflicht nicht habe nachkommen müssen. Der Vater sei entschlossen gewesen, den empfangenen Betrag seiner Tochter sogleich —nach drei Monaten— wieder zuzuwenden. Die Sparkasse habe das Überschreiten des Girokontos ohne entsprechende Sicherheiten nur deshalb hingenommen, weil ihr von vornherein bekannt gewesen sein dürfte, dass die Klägerin nach Ablauf der Festgeldanlage eine entsprechende Zuwendung von ihrem Vater erhalten würde. Für die Vereinbarung des Kaufpreises seien —von der Inanspruchnahme von Eigenheimzulage abgesehen— keine wirtschaftlichen Gründe ersichtlich. Daher scheitere der Vertrag auch am Fremdvergleich. Auch von dem letztlich verbliebenen Betrag von 40 000 DM sei keine Eigenheimzulage zu bemessen; denn der Vertrag sei steuerrechtlich insgesamt nicht anzuerkennen.
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin. Ein Gestaltungsmissbrauch liege nicht vor. Der Kaufvertrag und die nachfolgenden Schenkungen könnten steuerrechtlich nicht zusammen beurteilt werden. Die Klägerin habe mit dem Wohnrecht wirtschaftliches Eigentum an der Wohnung erlangt. Sie habe auch nicht teilweise die Rückzahlung des Kaufpreises beanspruchen können. Die Schenkung habe auf einer freien Entscheidung des Vaters beruht. Selbst wenn man aber die Schenkung in einen Gesamtplan einbezöge, stünde der Klägerin Eigenheimzulage auf einer Bemessungsgrundlage von 40 000 DM zu (Zulage von 2,5 v.H. = 1 000 DM plus Kinderzulagen in Höhe von 4 500 DM, insgesamt also 5 500 DM). Auf der Basis des § 42 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 entstünde der Steueranspruch so, wie er ohne Umgehung entstanden wäre, also mit den geminderten Anschaffungskosten.
Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und das FA zu verpflichten, der Klägerin Eigenheimzulage ab 1997 in Höhe von 7 000 DM pro Jahr, hilfsweise in Höhe von 5 500 DM pro Jahr zu gewähren.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung. Das FG hat unzutreffend den Anspruch der Klägerin auf Eigenheimzulage in vollem Umfang abgelehnt.
1. § 2 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) begünstigt —soweit hier bedeutsam— die Anschaffung einer Wohnung in einem im Inland belegenen eigenen Haus und fördert dementsprechend eigene Aufwendungen des Anspruchsberechtigten (ständige Rechtsprechung, vgl. , BFH/NV 2004, 164, m.w.N.). Zwar hat die Klägerin das Wohnrecht aufgrund von § 15 des notariell beurkundeten Vertrags zivilrechtlich gegen Entgelt erworben. Der Senat kann aber nicht entscheiden, ob und in welchem Umfang diese vertragliche Bestimmung steuerrechtlich zu beanstanden ist. Insbesondere ergeben die Feststellungen der Vorinstanz nicht, ob und inwieweit die Vertragsparteien die notwendigen Rechtsfolgen aus dem Kaufvertrag gezogen haben und eine die Voraussetzungen eines Scheingeschäfts gemäß § 41 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 EigZulG, § 1 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 erfüllende (teilweise) Rückzahlung des Kaufpreises in Verwirklichung eines gemeinsamen Gesamtplans gegeben sein könnte (vgl. zu den Vo-
raussetzungen eines Scheingeschäfts z.B. , BFHE 182, 542, BStBl II 1997, 655; vom IX R 23/00, BFH/NV 2003, 612; vom IX R 73/01, BFH/NV 2005, 192, und vom IX R 5/03, BFH/NV 2005, 498) oder ob der Erwerb der Klägerin im Zusammenhang mit einem gegenläufigen Rechtsgeschäft (hier Schenkung) rechtsmissbräuchlich und deshalb wegen § 42 Abs. 1 AO 1977 nicht der Besteuerung zugrunde zu legen ist (vgl. dazu , BFHE 205, 70, BStBl II 2004, 648).
Zwar hat das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise erkannt, dass der Kaufpreis —jedenfalls zum Teil— an die Klägerin zurückgeführt werden sollte. Es hat sich dabei auf Indizien gestützt, die insgesamt den Schluss rechtfertigen können, die vereinbarte Zahlungspflicht sei nicht in voller Höhe zu erfüllen gewesen. Dafür spricht —wie es das FG und auch die Revisionserwiderung des FA hervorgehoben haben— die Vereinbarung, die der Vater der Klägerin bei der Anlage des empfangenen Geldes getroffen hat und nach der die Einlage bei Fälligkeit wieder dem laufenden Girokonto der Klägerin gutzuschreiben war. Dieser Umstand kann in Verbindung mit der zunächst durch Überziehen des Girokontos vorgenommenen (hoch verzinsliche) Finanzierung des Erwerbs die von vornherein bestehende Absicht der Vertragsbeteiligten verdeutlichen, die vereinbarte Entgeltsabrede nicht —jedenfalls nicht in vollem Umfang— zu erfüllen und das Geld alsbald wieder auf das Girokonto zurückfließen zu lassen.
Indes hat das FG den Umstand nicht hinreichend in seine Überlegungen einbezogen, dass die Klägerin durch die Überweisung von ihrem Sparkonto auf ihr Girokonto 40 000 DM für den Erwerb des Wohnrechts aufgewendet hat. Dieser (spätere) Umstand spricht zusammen mit der Tatsache, dass der Vater nicht den gesamten von der Klägerin empfangenen Betrag von 100 000 DM zurückgewährt hat, sondern nur einen Teilbetrag von 60 000 DM, für ein in Wirklichkeit gewolltes Entgelt in Höhe von 40 000 DM. Das FG hat diese späteren Umstände entgegen der Rechtsprechung des BFH (vgl. , BFHE 208, 235, BStBl II 2005, 211; vgl. dazu auch P. Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Kommentar, § 41 AO Rz. 187) bei der Prüfung des Gesamtplanes der Vertragsbeteiligten —wie die Revision mit ihrer Hilfserwägung zutreffend geltend macht— nicht hinreichend berücksichtigt. Hierin liegt ein Rechtsfehler, der zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führt.
2. Die vertragliche Entgeltsabrede ist auch nicht aus anderen Gründen in vollem Umfang steuerrechtlich unbeachtlich. Der Erwerb eines Wohnrechts an dem Einfamilienhaus des Vaters durch die Klägerin bildet eine nicht zu beanstandende Regelung auf der Vermögensebene zur dinglichen Absicherung der schon bisher bestehenden Nutzungsmöglichkeit (vgl. zum umgekehrten Fall eines Verzichts auf ein Wohnungsrecht das , BFHE 204, 485, BStBl II 2004, 646). Sie entspricht damit dem Zweck des Eigenheimzulagengesetzes, die Anschaffung von Wohnungen zu fördern.
Die Anschaffung des Wohnrechts scheitert entgegen der Auffassung des FG auch nicht am Fremdvergleich (vgl. dazu in Bezug auf Kaufverträge , BFHE 200, 372, BStBl II 2003, 243, m.w.N.). Allein der (noch verbliebene) Umstand des teilentgeltlichen Erwerbs führt nicht zur Versagung der steuerrechtlichen Anerkennung der Entgeltsabrede, sondern zu einer Kürzung der Bemessungsgrundlage um den geschenkten Betrag (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 164; , BFH/NV 2001, 307).
3. Die Sache ist nicht spruchreif. Der Senat kann als Revisionsgericht die Würdigung der einzelnen Beweisanzeichen, die in die Prüfung miteinbezogen werden müssen, ob die Vertragsbeteiligten lediglich beabsichtigten, den Kaufpreis in Höhe der schließlich geschenkten 60 000 DM zurückzuführen, nicht selbst vornehmen. Kommt das FG bei seiner erneuten Würdigung der Entgeltsabrede zu dem Ergebnis, dass der Klägerin Aufwendungen in Höhe von 40 000 DM zur Anschaffung der Wohnung entstanden sind, wird es diesen Betrag nach Maßgabe der Ausführungen unter 2. für die Bemessung der Eigenheimzulage zugrunde legen.
Das FG hat von seinem rechtlichen Standpunkt aus folgerichtig noch nicht geprüft, ob ein Wohnrecht i.S. der §§ 31 ff. WEG, wie es hier vereinbart wurde, zu einem wirtschaftlichen Wohnungseigentum führt. Es wird dabei zu berücksichtigen haben, dass dies nur der Fall ist, wenn die vereinbarten Rechte und Pflichten wirtschaftlich den Rechten und Pflichten eines Wohnungseigentümers gleichstehen (vgl. dazu das , BFH/NV 2005, 164).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 489 Nr. 3
HFR 2006 S. 443 Nr. 5
NWB-Eilnachricht Nr. 20/2006 S. 45
SAAAB-73521