BMF - IV A 5 - S 7410 - 57/05

Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG auf Vermietungs- und Verpachtungsleistungen;
Konsequenzen aus dem

Bezug:

Mit  – [1] wurde entschieden, dass die Umsätze aus der Verpachtung eines Teils des landwirtschaftlichen Betriebs nicht der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegen, auch wenn der Inhaber des landwirtschaftlichen Betriebs nach der Verpachtung in nicht geringfügigem Umfang als Landwirt tätig ist (vgl. Abschn. 264 Abs. 6 Satz 3 UStR 2005).

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG auf Umsätze aus Vermietungs- und Verpachtungsleistungen Folgendes:

I. Allgemeines

Die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätze unterliegen nach Maßgabe des § 24 UStG der Durchschnittssatzbesteuerung. Die Vorschrift ist richtlinienkonform im Sinne des Art. 25 der 6. EG-Richtlinie insbesondere in Verbindung mit den Anhängen A und B dieser Richtlinie auszulegen.

II. Vermietungsleistungen

Die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung auf Vermietungsleistungen setzt voraus, dass das für land- und forstwirtschaftliche Zwecke überlassene Wirtschaftsgut dem Grunde oder der vorhandenen Anzahl nach dem betriebsgewöhnlichen, d.h. normalen Ausrüstungsbestand des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs zuzurechnen ist. Zudem muss das Wirtschaftsgut trotz der Vermietung normalerweise im Rahmen der eigenen Erzeugertätigkeit des Vermieters verwendet werden, d.h. der Vermieter bleibt gewöhnlicher Nutzer des Gegenstands.

Scheidet die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung aus, unterliegen die Umsätze der Regelbesteuerung. Die Umsätze können steuerfrei oder ermäßigt zu besteuern sein (insbesondere nach § 4 Nr. 12, § 12 Abs. 2 Nr. 2 UStG). Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 9 UStG ist eine Option zur Steuerpflicht möglich.

II.1. Verwendung im land- und forstwirtschaftlichen Betrieb

Ein Wirtschaftsgut ist dem Grunde oder der vorhandenen Anzahl nach dem betriebsgewöhnlichen Ausrüstungsbestand eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs zuzurechnen, wenn es nach seiner objektiven Zweckbestimmung und der tatsächlichen Übung den vom Steuerpflichtigen ausgeübten Erzeugertätigkeiten dient.

Umsätze aus der Vermietung von Wirtschaftsgütern, die

  • im eigenen Betrieb nicht verwendet werden oder

  • einem nicht betriebstypischen Überbestand zuzurechnen sind oder

  • ausschließlich zur Überlassung an Dritte vorgehalten werden

sind daher unabhängig von der Dauer sowie dem Zweck der Vermietung aus dem Anwendungsbereich der Durchschnittssatzbesteuerung ausgeschlossen, da diese Mittel von vornherein nicht zum betriebsgewöhnlichen Ausrüstungsbestand des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs gehören.

Ein Wirtschaftsgut, das bis zur Vermietung als zum betriebsgewöhnlichen Ausrüstungsbestand eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs gehörig anzusehen ist, scheidet für die Dauer der Vermietung aus diesem Kreis aus, wenn sich der Vermieter durch eine langfristige Vermietung einer Nutzungsmöglichkeit im eigenen Betrieb begibt. Eine Mietdauer von mindestens 12 Monaten ist stets als langfristig anzusehen. Solche Vermietungsumsätze unterliegen daher nicht der Durchschnittssatzbesteuerung.

Beispiel 1:

Ein Wirtschaftsgut wird auf unbestimmte Dauer vermietet. Der Vertrag kann monatlich gekündigt werden.

Die Vermietung ist als langfristig anzusehen und unterliegt somit nicht der Durchschnittssatzbesteuerung. Endet die tatsächliche Gebrauchsüberlassung jedoch vor Ablauf von 12 Monaten, handelt es sich insgesamt nicht um eine langfristige Vermietung.

Beispiel 2:

Ein Wirtschaftsgut wird für drei Monate vermietet. Der Mietvertrag verlängert sich automatisch um je einen Monat, wenn er nicht vorher gekündigt wird.

Die Vermietung ist nicht als langfristig anzusehen und unterliegt somit der Durchschnittssatzbesteuerung. Dauert die tatsächliche Gebrauchsüberlassung jedoch 12 Monate oder mehr, handelt es sich insgesamt um eine langfristige Vermietung.

II.2. Nutzung zu land- und forstwirtschaftlichen Zwecken

Ob das überlassene Wirtschaftsgut zu land- und forstwirtschaftlichen Zwecken genutzt wird, ist aus der Sicht des Leistungsempfängers zu beurteilen. Ein solcher Zweck liegt vor, wenn das Wirtschaftsgut in der Sphäre des Leistungsempfängers unter planmäßiger Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens zur Erzeugung von Pflanzen und Tieren sowie zur Vermarktung der daraus selbst gewonnenen Erzeugnisse eingesetzt wird. Zur landwirtschaftlichen Erzeugung gehören auch Tätigkeiten der ersten Be- oder Verarbeitungsstufe, wenn im Wesentlichen selbst erzeugte landwirtschaftliche Produkte be- oder verarbeitet werden.

Wird die Leistung nicht an einen anderen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb erbracht, ist davon auszugehen, dass die Vermietung nicht land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dient. Für die Frage, ob ein solcher land- und forstwirtschaftlicher Betrieb vorliegt, ist auf die wirtschaftliche Betätigung des Leistungsempfängers abzustellen. Hinsichtlich der Frage, ob eine Betätigung ihrem Wesen nach eine land- und forstwirtschaftliche oder eine gewerbliche Tätigkeit ist, sind die ertragsteuerrechtlichen Grundsätze anzuwenden (Abschn. 264 Abs. 1 Satz 3 UStR 2005 i. V. m. R 135 Abs. 1 Satz 1 EStR 2003). Die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung wird jedoch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Vermietung an eine Gesellschaft erfolgt, die zwar eine land- und forstwirtschaftliche Erzeugertätigkeit ausübt und die angemieteten Wirtschaftsgüter auch für diese verwendet, aber kraft ihrer Rechtsform ertragsteuerrechtlich als Gewerbebetrieb einzuordnen ist (z.B. Kapitalgesellschaften, Offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften, die auch eine Tätigkeit im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ausüben).

Beispiel 1:

Ein pauschalierender Landwirt vermietet Wohnmobilbesitzern für die Wintermonate Stellplätze in einer ansonsten für eigenbetriebliche Zwecke genutzten Lagerhalle.

Die Vermietung erfolgt zu außerlandwirtschaftlichen Zwecken. Die Umsätze fallen nicht unter die Durchschnittssatzbesteuerung.

Beispiel 2:

Ein pauschalierender Landwirt vermietet einen Maishäcksler für die Dauer einer Woche an eine GmbH, die im Übrigen die Merkmale eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs erfüllt. Die GmbH bringt mit der Maschine die eigene Maisernte ein.

Der Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung steht nicht entgegen, dass die Einkünfte der GmbH nach § 8 Abs. 2 KStG als gewerblich zu behandeln und die Ausgangsumsätze nach § 24 Abs. 2 Satz 3 UStG von der Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung ausgeschlossen sind.

II.3. Übergangsregelung

Sofern das der Überlassung zugrunde liegende bürgerlich-rechtliche Verpflichtungsgeschäft vor dem … (Erster Tag des auf die Veröffentlichung im BStBl folgenden Monats) abgeschlossen wurde und die Überlassung land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dient, wird es nicht beanstandet, wenn vor dem ausgeführte Umsätze aus der langfristigen Vermietung eines Wirtschaftsguts der Durchschnittssatzbesteuerung unterworfen werden.

II.4. Einzelfall Beherbergung von Betriebsfremden

Die Vermietung von Gästezimmern und Ferienwohnungen zur Beherbergung Betriebsfremder dient nicht land- und forstwirtschaftlichen Zwecken. Entsprechende Umsätze unterliegen daher nicht der Durchschnittssatzbesteuerung, sondern den allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes. Bei kurzfristigen Beherbergungen im Sinne des § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG, kommt die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG nicht zur Anwendung.

Es wird jedoch nicht beanstandet, wenn vor dem ausgeführte Umsätze aus der Beherbergung von Betriebsfremden unter den Voraussetzungen des Abschn. 264 Abs. 4 UStR 2005 der Durchschnittssatzbesteuerung unterworfen werden. Abschn. 264 Abs. 4 UStR 2005 ist für nach dem ausgeführte Umsätze nicht mehr anzuwenden.

II.5. Einzelfall Vergütung für Standortanmietungen bei Landwirten

Im Rahmen des Netzaufbaus mieten Betreiber von Mobilfunknetzen flächendeckend Standorte u.a. auf landwirtschaftlich genutzten Flächen an, um darauf Funkfeststationen zu errichten. Die Vermietung solcher Standorte dient nicht landwirtschaftlichen Zwecken. Eine Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung kommt insoweit nicht in Betracht. Die Vermietung ist grundsätzlich nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 9 UStG ist eine Option zur Steuerpflicht möglich. Die Übergangsregelung nach Tz. II.3 ist nicht anzuwenden.

III. Verpachtungsleistungen bzw. Einräumung eines Nießbrauchs

Mit der Überlassung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, von Betriebsteilen oder einzelner Wirtschaftsgüter durch Verpachtung oder Einräumung eines Nießbrauchs wird dem Pächter bzw. Nießbrauchsberechtigten die Möglichkeit des Gebrauchs und der Fruchtziehung eingeräumt. Der Verpächter bzw. Nießbrauchsverpflichtete kann die überlassenen Gegenstände für die Dauer der Pacht bzw. der Einräumung des Nießbrauchs nicht mehr für Zwecke der eigenen Erzeugertätigkeit einsetzen. Mit Beginn der Überlassung scheiden die Wirtschaftsgüter aus dem normalen Ausrüstungsbestand des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs aus.

Auf entsprechende Umsätze findet die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG daher keine Anwendung. Diese Leistungen unterliegen ohne Rücksicht darauf, ob und in welchem Umfang der Verpächter oder Nießbrauchsverpflichtete weiterhin als Land- oder Forstwirt tätig ist, den allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes (vgl. Abschn. 264 Abs. 6 Sätze 2 und 3 UStR 2005).

Auf mögliche Steuerbefreiungen – insbesondere nach § 4 Nr. 12 UStG – wird hingewiesen; bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 9 UStG ist eine Option zur Steuerpflicht möglich.

Sofern das der Überlassung zugrunde liegende bürgerlich-rechtliche Verpflichtungsgeschäft vor dem … (Erster Tag des auf die Veröffentlichung im BStBl folgenden Monats) abgeschlossen wurde und die Überlassung land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dient, wird es nicht beanstandet, wenn vor dem ausgeführte Umsätze aus der Verpachtung einzelner Wirtschaftsgüter (z.B. Grundstücke, Milchquote) der Durchschnittssatzbesteuerung unterworfen werden. Dies gilt jedoch nicht für die Verpachtung eines Eigenjagdbezirks (vgl. Abschn. 264 Abs. 6 Satz 4 UStR 2005) und die Fälle, in denen die Überlassung eines Grundstücks als Verpachtung eines lebensfähigen Teilbetriebs anzusehen ist.

IV. Berichtigung des Vorsteuerabzugs

Der Übergang von der Durchschnittssatzbesteuerung zur allgemeinen Besteuerung und umgekehrt stellt nach § 15a Abs. 7 UStG eine Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse dar.

V. Keine Auswirkung auf ertragsteuerrechtliche Regelungen

Die ertragsteuerrechtlichen Regelungen zur Zurechnung von Wirtschaftsgütern, insbesondere diejenigen des  IV A 6 – S 2132 – 4/02 – (BStBl 2002 I S. 262) zur Nutzungsüberlassung von Betrieben mit Substanzerhaltungspflicht des Berechtigten – sog. Eiserne Verpachtung – bleiben unberührt.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt I veröffentlicht.

BMF v. - IV A 5 - S 7410 - 57/05

Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:





Fundstelle(n):
UR 2006 S. 547 Nr. 9
UVR 2006 S. 8 Nr. 1
RAAAB-71774

1Das Urteil wird zeitgleich mit diesem Schreiben im BStBl Teil II veröffentlicht.