Hilfeleistung in Steuersachen unter Einsatz eines handelsüblichen Steuerberechnungsprogramms
Leitsatz
Der Begriff der Hilfeleistung in Steuersachen ist nach dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung weit auszulegen und erfasst auch Hilfeleistungen bei weniger bedeutsamen steuerlichen Anträgen, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob der Steuerpflichtige eventuell fähig gewesen wäre, die von dem Hilfeleistenden erledigte Angelegenheit in gleicher Weise selbst zu besorgen. Steuerlich irrelevante Hilfen, wie z.B. reine Schreibhilfen, werden dabei nicht erfasst.
Instanzenzug:
Gründe
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) bietet seit Dezember 2001 im Rahmen einer selbständigen Nebentätigkeit Hilfeleistung beim Erstellen von Einkommensteuererklärungen an, indem er die von im Handel erhältlichen Computerprogrammen zur Einkommensteuerberechnung gestellten Fragen an den jeweiligen Steuerpflichtigen weiterleitet und die daraufhin gegebenen Antworten in das Programm eingibt. Für diese Tätigkeit stellt er jeweils 30 € zuzüglich etwaiger Mehraufwendungen in Rechnung und wirbt auf Handzetteln u.a. wie folgt: „Haben Sie Probleme beim Ausfüllen Ihrer Steuererklärung? Biete schnelle und präzise Hilfe - Computergestützte Erfassung und Berechnung.”
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) untersagte dem Kläger unter Androhung von Zwangsgeld für jeden Fall der Zuwiderhandlung die Hilfeleistung in Steuersachen und verbot zugleich die Werbung für diese Tätigkeit; der Einspruch blieb ohne Erfolg. Die hiergegen erhobene Klage, mit der der Kläger geltend machte, dass die Fragen des Programms nur mit ja oder nein oder mit der Eingabe eines bestimmten Wertes zu beantworten seien und dass er lediglich die Fragen an den Steuerpflichtigen vermittle bzw. dessen Antworten an das Programm zurückvermittle, wies das Finanzgericht (FG) ab. Das FG urteilte, dass der Kläger, obwohl er nicht zu den in §§ 3 und 4 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) genannten Personen gehöre, mit seiner Hilfe beim Erstellen von Einkommensteuererklärungen geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leiste, was nach § 5 Abs. 1 StBerG verboten sei. Eine Hilfeleistung i.S. dieser Vorschriften sei jede unterstützende Tätigkeit zur Erfüllung steuerlicher Pflichten oder Wahrnehmung steuerlicher Rechte Dritter. Eine steuerlich irrelevante Hilfe, wie beispielsweise eine reine Schreibhilfe, sei die vom Kläger angebotene Tätigkeit nicht. Vielmehr gehe diese Tätigkeit über die der reinen Schreibhilfe hinaus, da er die Erstellung von Einkommensteuererklärungen Dritter fördere. So habe der Kläger in einem von ihm bearbeiteten Fall den Kunden auf einen Fristablauf hingewiesen oder in einem anderen Fall für den Kunden Entfernungskilometer ermittelt, die steuerlich geltend gemacht werden konnten. Auch hätten Kunden z.T. die vollständige Aushändigung aller dem Kläger überlassenen Unterlagen bestätigt. Deshalb sei es zweifelhaft, ob die Behauptung des Klägers zutreffe, dass er lediglich die Antworten seiner Kunden in das Computerprogramm eingebe, da hierfür die Überlassung von Unterlagen nicht erforderlich sei. Jedenfalls greife zu Gunsten des Klägers nicht die Ausnahmevorschrift des § 6 Nr. 3 StBerG ein, da er seine Hilfstätigkeit nicht bei der Führung von Büchern und Aufzeichnungen, die für die Besteuerung von Bedeutung seien, erbringe.
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, welche er im Wesentlichen auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) stützt. Die Entscheidung des FG beruhe auf der Rechtsfrage, ob es sich bei der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit um eine Hilfeleistung i.S. des § 5 Abs. 1 StBerG handele oder lediglich um eine steuerlich irrelevante Hilfe. Die Tätigkeit des Klägers erschöpfe sich in der Eingabe von Datensätzen Dritter in die Eingabemaske des Programms. Eine Beratung in steuerlichen Angelegenheiten finde nicht statt.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Ungeachtet der Mängel in der Darlegung des geltend gemachten Zulassungsgrundes liegt dieser jedenfalls nicht vor.
Einer Rechtsfrage ist grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO beizumessen, wenn ihre Beantwortung in dem angestrebten Revisionsverfahren aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Dabei muss es sich um eine Frage handeln, die klärungsbedürftig und im konkreten Streitfall auch klärungsfähig ist (vgl. , BFHE 198, 316, BStBl II 2002, 581, m.w.N.). Ob der Kläger mit seiner Beschwerde diesen Grund für die Zulassung der Revision schlüssig dargelegt hat, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erfordert, kann offen bleiben, weil die Frage, wann eine geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen vorliegt, höchstrichterlich geklärt ist und ihr eine grundsätzliche Bedeutung somit nicht zukommt.
Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist der Begriff der Hilfeleistung in Steuersachen nach dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung weit auszulegen und erfasst auch Hilfeleistungen bei weniger bedeutsamen steuerlichen Anträgen, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob der Steuerpflichtige evtl. fähig gewesen wäre, die von dem Hilfeleistenden erledigte Angelegenheit in gleicher Weise selbst zu besorgen, wobei allerdings steuerlich irrelevante Hilfen, wie z.B. reine Schreibhilfen, nicht erfasst werden (, BFHE 134, 206, BStBl II 1982, 43; vom VII R 32/81, BFHE 138, 297, BStBl II 1983, 521).
Die Frage, ob danach im Streitfall die vom Kläger angebotene und ausgeübte Tätigkeit für Steuerpflichtige als eine Hilfeleistung in Steuersachen oder als eine steuerlich irrelevante Hilfe im Sinne einer reinen Schreibhilfe anzusehen ist, ist daher —anders als die Beschwerde meint— keine Rechtsfrage, sondern eine Frage der dem Tatrichter vorbehaltenen Würdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls. Eine grundsätzliche Bedeutung kommt dieser Frage nicht zu.
Die —jedenfalls sinngemäß— von der Beschwerde bezeichnete Frage, ob das bloße Eingeben von Datensätzen Dritter in ein Computerprogramm zur Einkommensteuerberechnung eine Hilfeleistung in Steuersachen oder nur eine steuerlich irrelevante Hilfe darstellt, ist im Streitfall nicht klärungsfähig, da sich nach den tatsächlichen Feststellungen des FG die streitige Hilfstätigkeit des Klägers nicht in der Eingabe vorgegebener Daten in ein Computerprogramm erschöpft.
Soweit die Beschwerde mit ihrer Rüge, dass das FG die Produktbeschreibung des vom Kläger verwendeten Computerprogramms nicht beigezogen habe, sich gegen die tatsächlichen Feststellungen des FG wendet und diesem Vorbringen zu entnehmen ist, dass der Zulassungsgrund des Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) in Gestalt der Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) geltend gemacht werden soll, ist dieser Zulassungsgrund nicht schlüssig dargelegt. Es ist weder dargetan noch ersichtlich, dass im finanzgerichtlichen Verfahren ein entsprechender Beweisantrag gestellt worden ist oder dass sich dem FG diese Sachaufklärung auch ohne Beweisantrag hätte aufdrängen müssen. Ob die Bedienung des vom Kläger verwendeten Computerprogramms zur Einkommensteuerberechnung ggf. nur die Eingabe vorgegebener Datensätze erfordert, sagt nichts darüber aus, ob der Kläger —wie es das FG anhand der ihm vorliegenden Unterlagen festgestellt hat— seinen Kunden darüber hinaus Hilfe leistet und die Erstellung von Einkommensteuererklärungen Dritter fördert.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 1872 Nr. 10
NWB-Eilnachricht Nr. 41/2005 S. 3432
MAAAB-58214