BFH Beschluss v. - X B 149/04

Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung und einer Divergenz

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 2

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig, weil ihre Begründung nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entspricht.

1. Dies gilt zunächst für die Rüge der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) habe.

a) Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung, wenn ihre Beantwortung durch den Bundesfinanzhof (BFH) aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Es muss sich um eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage handeln (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 23, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH).

Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache muss —vom hier nicht gegebenen Fall ihrer Offenkundigkeit abgesehen— schlüssig und substantiiert dargelegt werden. Dies erfordert ein konkretes Eingehen des Beschwerdeführers darauf, inwieweit die aufgeworfene Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen sie umstritten ist. Dazu gehört auch, dass sich der Beschwerdeführer mit der zur von ihm für klärungsbedürftig gehaltenen Rechtsfrage bereits vorhandenen höchstrichterlichen Rechtsprechung auseinander setzt und substantiiert darlegt, weshalb nach seiner Ansicht diese Rechtsprechung bislang keine Klärung herbeigeführt habe (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz. 32 und 33, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH).

b) Diesen Erfordernissen genügt die Beschwerdebegründung der Kläger nicht, weil sie es unterlassen haben, die Klärungsbedürftigkeit der von ihnen formulierten Rechtsfrage, ob „jede Darlehensgewährung eines Unternehmers an ein Zulieferunternehmen mangels Vorliegens gegenteiliger Anhaltspunkte dem notwendigen Betriebsvermögen zuzuordnen (sei)”, substantiiert darzulegen. Hierzu wäre insbesondere geboten gewesen, sich mit der zur Frage der Qualifizierung von Darlehensforderungen als notwendiges Betriebsvermögen vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. z.B. , BFHE 130, 454, BStBl II 1980, 571; vom I R 41/76, BFHE 123, 330, BStBl II 1978, 53; vom I R 50/73, BFHE 115, 432, BStBl II 1975, 573, m.w.N.) auseinander zu setzen und näher darauf einzugehen, dass und warum trotz der dort entwickelten Grundsätze ungeachtet der vom Finanzgericht (FG) hervorgehobenen Besonderheiten des Sachverhalts ein weiterer höchstrichterlicher Klärungsbedarf bestehe. Daran fehlt es im Streitfall.

Der angerufene Senat kann deshalb offen lassen, ob die von den Klägern formulierte Rechtsfrage überhaupt einen hinlänglich konkretisierten und präzisierten Inhalt aufweist, um darauf eine aussagekräftige, inhaltlich ergiebige Antwort geben zu können.

2. Aus den nämlichen Erwägungen kommt eine Zulassung der Revision auch nicht wegen des Erfordernisses einer BFH-Entscheidung zur Fortbildung des Rechts (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) in Betracht (zur Qualifikation dieses Zulassungsgrundes als speziellen Tatbestand der „Grundsatzrevision” vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz. 38).

Zwar ist nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO die Revision gegen ein finanzgerichtliches Urteil u.a. dann zuzulassen, wenn das erstinstanzliche Urteil unter einem so schweren Rechtsfehler leidet, dass sein Fortbestehen das Vertrauen in die Rechtsprechung beschädigen würde. Indes reicht auch nach neuem Recht der Vortrag nicht aus, das FG habe im konkreten Einzelfall unrichtig entschieden und dabei ggf. eine vorhandene höchstrichterliche Rechtsprechung übersehen oder fehlerhaft umgesetzt (Senatsbeschluss vom X B 174/03, juris, m.w.N. der Rechtsprechung). Auch nach der Neuregelung dient das prozessuale Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten; dies auch dann nicht, wenn der BFH bei einer eigenen Subsumtion aufgrund der getroffenen Feststellungen zu einem abweichenden Auslegungsergebnis gelangen würde. Vielmehr soll mit den neu gefassten Zulassungsgründen neben den Fällen der Divergenz eine Zulassung der Revision ermöglicht werden, wenn dem FG bei der Auslegung und Anwendung des Rechts Fehler von so erheblichem Gewicht unterlaufen sind, dass sie, würden sie von einem Rechtsmittelgericht nicht korrigiert, geeignet wären, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen. Hiervon kann im Streitfall angesichts der auf eine Würdigung des Umstandes des Einzelfalls abhebenden Argumentation des FG nicht die Rede sein.

3. Ebenso wenig genügt die Beschwerdebegründung den Anforderungen an die schlüssige Darlegung eines Revisionszulassungsgrundes i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO (Erfordernis einer Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung).

Macht der Beschwerdeführer einen solchen Zulassungsgrund geltend, muss er in der Beschwerdebegründung substantiiert aufzeigen, inwieweit über eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage unterschiedliche Auffassungen bei den Gerichten bestehen oder welche sonstigen Gründe eine höchstrichterliche Entscheidung gebieten (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz. 40).

a) Rügt der Beschwerdeführer —wie hier— eine Abweichung des angefochtenen FG-Urteils von Entscheidungen des BFH, so muss er tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und aus den behaupteten Divergenzentscheidungen des BFH andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen, um so eine Abweichung zu verdeutlichen (vgl. z.B. , BFH/NV 2002, 1484; Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz. 42).

b) Diesen Anforderungen wird die Divergenzrüge der Kläger nicht gerecht. Es fehlt bereits an der Herausarbeitung eines bestimmten (abstrakten und die angefochtene Entscheidung tragenden) Rechtssatzes aus der FG-Entscheidung, welcher von den (angeblichen) Divergenzentscheidungen des , BFHE 204, 213; vom I R 223/70, BFHE 113, 209, BStBl II 1974, 736, und vom I R 73/74, BFHE 121, 135, BStBl II 1977, 315) angeblich abweichen soll.

Sämtliche der von den Klägern zitierten Entscheidungen des BFH betreffen im Übrigen nicht —wie der hier zu beurteilende Streitfall— eine Darlehensforderung, sondern Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, namentlich die Beteiligung eines Land- und Forstwirts an einer AG, welche eine Zuckerfabrik unterhielt (BFH-Urteil in BFHE 204, 213) und die Beteiligung eines Textileinzelhändlers an einer Bankgeschäfte betreibenden GmbH (BFH-Urteil in BFHE 113, 209, BStBl II 1974, 736). In einem weiteren Fall ging es um ein Mietwohngrundstück, dessen Wohnungen vom Grundstückseigentümer und Betriebsinhaber an seine Arbeitnehmer vermietet wurden (BFH-Urteil in BFHE 121, 135, BStBl II 1977, 315). Soweit die Kläger dennoch meinen, dass sich die hier in Rede stehende Darlehensgewährung durch einen Apotheker an einen seiner Pharma-Lieferanten „mit einer gleichzeitigen Verbesserung der Einkaufskonditionen…von einer Beteiligung durch Aktienerwerb mit Lieferrechten (wie sie im BFH-Urteil in BFHE 204, 213 beurteilt wurde) nicht (unterscheide)”, reicht dies für die schlüssige Darlegung einer Divergenz nicht aus, zumal das FG seine Entscheidung erkennbar unter Heranziehung und Abwägung der Gesamtumstände des Einzelfalles getroffen hat. Im Kern erschöpft sich die Kritik der Kläger an dem angefochtenen Urteil darin, dass das FG die vom BFH zur Klassifizierung von Wirtschaftsgütern als notwendiges Betriebsvermögen entwickelten Grundsätze unrichtig auf den hier zu beurteilenden Einzelfall angewendet, also einen Subsumtionsfehler begangen habe. Indessen rechtfertigt nicht schon die Unrichtigkeit des Urteils im Einzelfall, sondern nur eine Abweichung im Grundsätzlichen die Zulassung der Revision wegen Divergenz (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 55 und § 116 Rz. 42, m.w.N.).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 1618 Nr. 9
PAAAB-56525