Oberfinanzdirektion Karlsruhe - S 7410

Anwendung des § 24 UStG auf Umsätze, die nach Vereinfachungsregelungen des R 135 EStR in die Einkunftsart Land- und Forstwirtschaft fallen (§ 13 EStG)

Für die Frage, ob Lieferungen oder Dienstleistungen im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegen, ist die einkommenssteuerliche Abgrenzung maßgebend, wenn es sich entweder um Tierzucht und Tierhaltung (Abschn. 264 Abs. 5 Satz 2 UStR), um eine landwirtschaftliche Hilfstätigkeit oder um einen Nebenbetrieb handelt (Abschn. 264 Abs. 1 Satz 4 ff UStR). Die Heranziehung der Grundsätze des R 135 EStR beschränkt sich jedoch ab auf die Klärung der Frage, ob die jeweilige Tätigkeit ihrem Wesen nach eine land- und forstwirtschaftliche oder eine gewerbliche Tätigkeit ist. Zur Anwendung dieser Grundsätze gilt Folgendes:

1. Dienstleistungen an Nichtlandwirte

Dienstleistungen an Nichtlandwirte (z.B. Winterdienst für Gemeinde, Pflege von Sportplätzen, Überlassung von Wirtschaftsgütern oder Personalgestellungen an Gewerbebetriebe) können nicht in die Durchschnittsatzbesteuerung einbezogen werden (, BStBl 1999 II S. 150). Bei entsprechender Interessenlage kann es Steuerpflichtigen nicht verwehrt werden, sich auf diese Rechtslage auch für Besteuerungszeiträume vor dem zu berufen (so bereits , BStBl 1992 II S. 651 zur Anschaffung eines Forstspezialschleppers).

Die Besteuerung von der Art nach gewerblichen Dienstleistungen führt zu häufigen Wechseln der Besteuerungsform und damit zu einem Nebeneinander von Durchschnittsatzbesteuerung und Regelbesteuerung. Dies hat Auswirkungen auf die Zuordnung von Umsätzen und Vorsteuerbeträgen und führt häufig zu Vorsteuerberichtigungen nach § 15a UStG.

Aus Vereinfachungsgründen können solche nicht landwirtschaftlichen Dienstleistungen bis zum in die Durchschnittsatzbesteuerung einbezogen werden, wenn die Entgelte dafür jährlich 10.300 € (R 135 Abs. 3 Satz 2 EStR) nicht übersteigen. Die Vereinfachungsregelung ist nicht anzuwenden, soweit im jeweiligen Besteuerungszeitraum wegen anderer Umsätze des Unternehmers eine Umsatzsteuererklärung abzugeben ist (z.B. Getränkeumsätze eines pauschalierenden land- und forstwirtschaftlichen Betriebs wegen Überschreitens der Freigrenze nach Abschn. 268 UStR oder der Regelbesteuerung unterliegende Umsätze zugekaufter Erzeugnisse eines Hofladens – ; BStBl 1997 II S. 427 und vom  – V R 43/00, BStBl 2002 II S. 701).

2. Maschinenleistungen und sonstige Dienstleistungen für andere Land- und Forstwirte

Ist der Empfänger einer Maschinenleistung ein anderer Land- und Forstwirt, fallen diese Umsätze als „landwirtschaftliche Dienstleistung” im Sinne des Anhang B der 6. EU-Richtlinie ohne betragsmäßige Beschränkung in den Anwendungsbereich des § 24 UStG. Diese Grundsätze sind auch auf andere Dienstleistungen (z.B. Vermietung von Unternehmensgegenständen, Personalgestellung, Pensionstierhaltung usw.) anzuwenden.

Maschinenleistungen und andere Dienstleistungen an Maschinen- und Betriebshilferinge können bis zum als landwirtschaftliche Dienstleistung angesehen werden, wenn der Maschinen- und Betriebshilfering ausschließlich für andere land- und forstwirtschaftliche Betriebe tätig wird.

3. Absatz eigener Erzeugnisse in Verbindung mit Dienstleistungen (R 135 Abs. 7 EStR)

Dienstleistungen (z.B. Grabpflege, Gartengestaltung, Landschaftsbau) im Zusammenhang mit dem Absatz von landwirtschaftlichen Eigenerzeugnissen werden bereits bei der Einkommensteuer als grundsätzlich gewerblich eingestuft. Wird bei der Einkommensteuer die Vereinfachungsregelung nach R 135 Abs. 7 EStR angewendet, kann sowohl auf reine Pflanzenlieferungen als auch andere damit im Zusammenhang stehende Leistungen die Durchschnittssatzbesteuerung angewendet werden (Abschn. 265 Abs. 1 Satz 7 UStR). Begünstigt sind danach typische Vermarktungsleistungen bei Lieferungen wie Versand, Einpflanzen in Behältnisse oder Einpflanzen oder Einbringen der Pflanzen in den Boden.

In die Regelbesteuerung fallen außerhalb einer Nachbarschaftshilfe erbrachte landschaftspflegerische Leistungen ( BStBl 1989 II S. 432 und die hierzu getroffene Vereinfachungsregelung im BStBl 1989 I S. 257 zur Aufteilung in eine landwirtschaftliche Baumschule und eine gewerbliche Landschaftspflege) sowie Werklieferungen, die in unmittelbarem Wettbewerb zu gewerblichen Betrieben beworben und ausgeführt werden. Bis zu der Klärung der Frage, ob die einkommenssteuerliche Vereinfachungsregelung auch bei solchen Umsätzen für die umsatzsteuerliche Abgrenzung maßgebend ist, kann in Einspruchsfällen auf Antrag Aussetzung der Vollziehung gewährt und dem Ruhen des Verfahrens zugestimmt werden.

4. Hofladenumsätze (Abschn. 264 Abs. 2 Satz 6 UStR)

Beim Hofladen können Umsätze aus der Veräußerung zugekaufter landwirtschaftlicher Produkte – in begrenztem Umfang – in die Durchschnittssatzbesteuerung einbezogen werden (, BStBl 2002 II S. 701). Nach einer Entscheidung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder ist § 24 UStG auf die Veräußerung zugekaufter landwirtschaftlicher Erzeugnisse anzuwenden, wenn der Bruttoeinkaufswert dieser Produkte 20 % des Gesamtumsatzes des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs nicht übersteigt. Die Veräußerung zugekaufter nichtlandwirtschaftlicher Erzeugnisse unterliegt der Regelbesteuerung zu den Steuersätzen des § 12 UStG.

Bei Hofladenumsätzen, die vor dem getätigt wurden, ist aus Vereinfachungsgründen auf die einkommenssteuerliche Abgrenzung abzustellen.

5. Absatz eigener und zugekaufter Erzeugnisse in Besen- oder Straußenwirtschaften (Abschn. 264 Abs. 2 Satz 4 UStR)

Die Umsätze einer Besen- oder Straußenwirtschaft können in die Durchschnittssatzbesteuerung einbezogen werden, soweit und solange nach der Abgrenzung in Abschn. 135 Abs. 8 EStR eine gewerblichen Tätigkeit nicht vorliegt.

6. Vermietung von Gästezimmern und Ferienwohnungen (Abschn. 264 Abs. 4 UStR)

Die Vermietung von Gästezimmern und Ferienwohnungen fällt grundsätzlich in die Regelbesteuerung. Unter den in Abschn. 264 Abs. 4 UStR bezeichneten Voraussetzungen können solche Umsätze in die Durchschnittsatzbesteuerung einbezogen werden.

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Fundstelle(n):
VAAAB-54420