Keine Verwirkung des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis bei überlanger Verfahrensdauer
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
Instanzenzug:
Gründe
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine GmbH, die in den Streitjahren 1995 bis 1998 lediglich mit Körperschaftsteuer belastet wurde; Gewerbesteuer war nicht zu entrichten. Sie begehrt wegen des vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entwickelten sog. Halbteilungsgrundsatzes (vgl. Beschluss vom 2 BvL 37/91, BStBl II 1995, 655) die Herabsetzung der Körperschaftsteuerfestsetzungen. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) hat das abgelehnt. Das FA hat es ebenso abgelehnt, das Einspruchsverfahren gemäß § 363 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung (AO 1977) zum Ruhen zu bringen, bis das BVerfG über die bei ihm anhängigen Verfassungsbeschwerden 2 BvR 2194/99 (gegen das , BFHE 189, 413, BStBl II 1999, 771) sowie 1 BvR 112/04 (gegen den , BFH/NV 2004, 462) entschieden hat. Auch das Finanzgericht (FG) hat im nachfolgenden Klageverfahren dem Antrag der Klägerin, das Klageverfahren gemäß § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bis zu den ausstehenden Entscheidungen des BVerfG auszusetzen, nicht entsprochen. Im Streitfall gehe es lediglich um eine Belastung mit Körperschaftsteuer. Der BFH habe aber wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass der sog. Halbteilungsgrundsatz für die Körperschaftsteuer ohne Bedeutung bleibe (, BFH/NV 1998, 746; vom I R 89/99, BFHE 192, 513, BStBl II 2001, 261; Senatsbeschluss vom I B 34/98, BFH/NV 1999, 515). In den beim BVerfG anhängigen Verfassungsbeschwerden gehe es indes um die Belastung mit Einkommensteuer und Gewerbesteuer sowie Vermögensteuer. Beide Verfassungsbeschwerden seien folglich für den Streitfall nicht einschlägig.
Die Revision wurde nicht zugelassen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde.
Das FA ist dem entgegengetreten.
Die Beschwerde ist unbegründet. Ein Zulassungsgrund gemäß § 115 Abs. 2 FGO liegt nicht vor. Das FG hat zutreffend auf die Senatsurteile in BFH/NV 1998, 746 und in BFHE 192, 513, BStBl II 2001, 261 sowie den Senatsbeschluss in BFH/NV 1999, 515 hingewiesen. Danach ist es mit dem Grundgesetz vereinbar, dass das Einkommen einer am Anrechnungsverfahren teilnehmenden Körperschaft im Fall der Gewinnthesaurierung einer Steuerbelastung von mehr als 50 v.H. unterworfen wird. Der Umstand, dass beim BVerfG die zitierten Verfassungsbeschwerden 2 BvR 2194/99 und 1 BvR 112/04 anhängig sind, ändert daran nichts, weil Verfahrensgegenstand dieser Rechtssachen nicht die Körperschaftsteuer, sondern andere Steuerarten sind. Eine Vorgreiflichkeit jener Verfahren für den Streitfall, die eine Aussetzung des Klageverfahrens gemäß § 74 FGO oder ein Ruhen des Einspruchsverfahrens gemäß § 363 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 geböte, ist deswegen nicht gegeben.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 895
BFH/NV 2005 S. 895 Nr. 6
WAAAB-44811