Voraussetzungen für eine Rechnungsberichtigung sind bereits geklärt
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1; UStG § 14
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) betreibt als GmbH einen Schrott- und Metallhandel, der bis 1981 als Einzelunternehmen „A” betrieben wurde; mit notariellem Vertrag vom errichteten A und die ebenfalls an diesem Tag gegründete A-GmbH die A-GmbH & Co. KG, deren Komplementärin die GmbH und deren Kommanditist A waren. Sein Einzelunternehmen brachte A in die KG ein. Mit Wirkung vom…1982 wurde die KG im Handelsregister eingetragen. A legte seinen Kommanditanteil zum in die GmbH ein, die seitdem das Unternehmen betreibt. 1987 wurde die KG im Handelsregister gelöscht.
In ihren Steuererklärungen für die Streitjahre 1983 bis 1986 machte die KG Vorsteuerbeträge aus Rechnungen einer Firma M geltend. Es wurde u.a. über die Lieferung von Panzerketten, „Ersatzteilen” und Lichtmaschinen abgerechnet. In den Rechnungen waren teilweise die Firma A, teilweise die GmbH und teilweise die KG als Leistungsempfänger bezeichnet. Zum Teil lauteten die Rechnungen auf A bzw. A Schrott und Metallwaren.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) folgte zunächst den Steuererklärungen. Infolge einer im Jahre 1986 durchgeführten Außenprüfung änderte das FA die Umsatzsteuerbescheide für 1983 und 1984 gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977); die streitigen Vorsteuerbeträge blieben unbeanstandet.
Während einer späteren Umsatzsteuer-Sonderprüfung wurde bekannt, dass die Firma M weder beim FA noch beim Gewerbeaufsichtsamt gemeldet war. Die Vertreter der KG erklärten daraufhin, der Niederländer Bl, der sein Unternehmen unter der Firma M betreibe, habe die abgerechneten Lieferungen erbracht. Da auch Bl nicht ausfindig zu machen war, leitete die Steuerfahndung am ein Ermittlungsverfahren gegen die Geschäftsführer der Komplementärin wegen Umsatzsteuerhinterziehung für die Jahre 1982 bis 1985 und die Voranmeldungszeiträume Januar bis Oktober 1986 zugunsten der KG ein. Mit Durchsuchungsbeschluss vom ordnete das Amtsgericht H die Durchsuchung der Geschäftsräume der KG an. Die Einleitung des Ermittlungsverfahrens wurde den Geschäftsführern am während der Durchsuchung bekannt gegeben.
Bei der Durchsuchung fanden die Beamten der Steuerfahndung u.a. Blankorechnungsformulare der Firma M und einen Block mit Blankoquittungen, die die Unterschrift des Bl trugen, jedoch keine Kaufverträge und keinen Schriftwechsel über die unter der Firma M abgerechneten Lieferungen. Außerdem ergab die Fahndungsprüfung, dass Bl sein Unternehmen 1978 aufgegeben habe und in die Niederlande verzogen sei. Im Fahndungsbericht wurde vorgeschlagen, den Vorsteuerabzug zu versagen, weil Bl nicht der Lieferant der unter der Firma M abgerechneten Lieferungen sei und die KG vermutlich die Rechnungen selbst erstellt habe. Das FA änderte daher die Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre entsprechend.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob die Klägerin Klage.
Während des Klageverfahrens legte sie Ablichtungen der beschriebenen Rechnungen vor, auf denen Bl als Firmeninhaber und neben der Anschrift des Leistungsempfängers die Anschrift der KG vermerkt ist. Die Kopien sind mit einer Öse und einer Heftklammer zusammengefügt; ebenso befestigt ist dem Stapel eine eidesstattliche Versicherung vorgeheftet, in der Bl versichert, dass er die Lieferungen erbracht habe und die Rechnungen ausdrücklich mit seinem Willen und auf seine Veranlassung berichtigt worden seien.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, weder die Originale noch die Kopien erfüllten die Anforderungen an zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnungen. Da die meisten Rechnungen im Bereich der KG entstanden seien, habe Bl, der nach dem Vortrag der Klägerin als Lieferant in Betracht komme, die Rechnungen nicht erteilt. Ob Bl für die Streitjahre überhaupt selbst Rechnungen erstellt habe, stehe nicht fest; die Klägerin trage hierfür die Beweislast.
Dass Bl nicht Rechnungsaussteller sei, ergebe sich aus dem Vortrag der Klägerin und der Aussage des Zeugen S, der in der richterlichen Vernehmung in der Strafsache gegen die Geschäftsführer erklärt habe, die Rechnungen seien überwiegend von ihm und einer Büroangestellten, eventuell auch von A und seiner Ehefrau, erstellt worden. Sie seien aus praktischen Erwägungen von den Empfängern der Waren auf den von S aufbewahrten Rechnungsvordrucken erstellt worden. In der mündlichen Verhandlung vor dem FG habe sich S ausdrücklich zu seiner damaligen Aussage bekannt und sie dahin gehend ergänzt, dass er nicht sagen könne, wie die Rechnungsbeträge ermittelt worden seien. Er vermute, dass A und Bl die Preise für die Ware, die auf dem Hof angeliefert worden sei, ausgehandelt hätten. A, nicht Bl, habe ihm die Preise genannt; danach habe er die Rechnungen geschrieben. Er könne nicht ausschließen, dass Bl gelegentlich dabei gewesen sei, wenn er Rechnungen geschrieben habe, er könne es aber auch nicht bestätigen.
Der Abrechnungsverpflichtete könne sich zwar bei der Rechnungserstellung vertreten lassen, grundsätzlich jedoch nicht durch den Leistungsempfänger. Im Streitfall gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Leistende dem Leistungsempfänger einen entsprechenden Auftrag erteilt habe. Die Klägerin könne auch nicht geltend machen, es sei „aus praktischen Erwägungen” „Schreibhilfe” geleistet worden. In diesem Fall gestalte der Leistende den Inhalt der Rechnung; dies sei vorliegend nicht der Fall gewesen, weil der Geschäftsführer der Klägerin den Inhalt der Rechnungen bestimmt habe. Auch wenn Bl die Preise telefonisch durchgegeben habe, habe S immer den Geschäftsführer fragen müssen, welches Entgelt einzutragen sei. Bl habe seine Abrechnungsverpflichtung schließlich auch nicht durch seine eidesstattliche Versicherung ersetzen können. Die „Berichtigungen” beträfen Ergänzungen zum leistenden Unternehmer und gäben neben dem bisherigen einen zweiten Leistungsempfänger an. Mit der offensichtlich von einem Dritten verfassten und von Bl gebilligten Erklärung habe dieser sich die dem Leistungsempfänger zuzurechnenden Erklärungen selbst nicht zu eigen machen können und in der Erklärung auch keinen entsprechenden Willen kundgetan.
Daher könne die Klägerin den Vorsteuerabzug auch nicht aus den sog. berichtigten Rechnungen verlangen. Es könne dahinstehen, ob die Berichtigung einer Rechnung im Sinne der Richtigstellung falscher Angaben auf einer Fotokopie ohne direkten Bezug zu jedem Original erfolgen könne. Die Originalrechnungen bezeichneten den falschen Aussteller. Diesen Mangel könne die Berichtigung einzelner Angaben nicht heilen. Außerdem seien die Voraussetzungen einer Rechnungsberichtigung nicht gegeben, weil jede Fotokopie nun zwei Leistungsempfänger ausweise. Es bleibe daher offen, wer gemeint sei. Die vorgeheftete eidesstattliche Versicherung könne die Berichtigung der einzelnen Rechnungen nicht ersetzen.
Die Festsetzungsverjährung habe der Änderung der ursprünglichen Bescheide nicht entgegengestanden. Die Festsetzungsfrist betrage vier Jahre und beginne mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die KG die Umsatzsteuererklärungen eingereicht habe. Die Festsetzungsfristen hätten daher für 1983 mit Ablauf des Jahres 1988 und für die weiteren Jahre jeweils ein Jahr später geendet. Für 1985 und 1986 seien die Fristen daher bei der Änderung am schon regulär nicht abgelaufen gewesen; 1983 und 1984 seien ebenfalls nicht verjährt gewesen, weil die Steuerfahndung im Dezember 1986 bei der KG mit der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen begonnen habe (§ 171 Abs. 5 AO 1977). Insoweit könne auch nicht eingewandt werden, die KG habe bei Beginn der Ermittlungen nicht mehr existiert. Bei ihr hätten jedoch die Ermittlungen stattgefunden. Sie sei aber nicht mehr Steuerpflichtige. Denn Steuerpflichtige i.S. von § 171 Abs. 5 AO 1977 sei als Rechtsnachfolgerin der KG die Klägerin.
Da die Bescheide für 1983 und 1984 vom aufgrund einer Außenprüfung ergangen seien, könnten sie nur im Falle des Vorliegens einer Steuerhinterziehung oder leichtfertigen Steuerverkürzung geändert werden (§ 173 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 AO 1977). Es liege zumindest eine Steuerverkürzung des Geschäftsführers A vor, weil er zum Zwecke des Vorsteuerabzugs Rechnungen vorgelegt habe, deren Inhalt er und nicht der liefernde Unternehmer gestaltet habe. Er habe leichtfertig gehandelt, weil sich ihm angesichts der außergewöhnlichen Umstände, unter denen er mit Bl Geschäfte abgewickelt habe, hätte aufdrängen müssen, dass eine Steuerverkürzung eintreten würde.
Die Klägerin begehrt die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache. Zudem macht sie geltend, die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordere eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) und rügt Verfahrensmängel.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherheit einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). In der Beschwerdeschrift müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden.
1. Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung, wenn ihre Beantwortung durch den BFH aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt (vgl. , BFHE 144, 137, BStBl II 1985, 625). Es muss sich um eine klärungsbedürftige Rechtsfrage handeln, die im Revisionsverfahren geklärt werden kann. An einer revisiblen Rechtsfrage fehlt es, wenn die Entscheidung des Streitfalls nur von der Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse abhängt (z.B. BFH-Beschlüsse vom V B 148/02, BFH/NV 2003, 351; vom VII B 178/02, BFH/NV 2003, 214).
Die Klägerin meint, grundsätzliche Bedeutung habe die Frage, „ob es möglich ist, mehrere Rechnungen so zu berichtigen, dass die berichtigten Daten auf einem Deckblatt vermerkt sind, das sich auf alle Folgerechnungen bezieht und das mit den Folgerechnungen unteilbar —im vorliegenden Fall durch eine notarielle Öse— verbunden ist”.
Zweifelhaft ist schon, ob die Klägerin damit eine im Allgemeininteresse klärungsbedürftige Rechtsfrage formuliert hat, denn für die Beantwortung der aufgeworfenen Frage kommt es entscheidend auf die Umstände des Einzelfalls an, die das FG als Tatfrage zu beurteilen hat (vgl. BFH-Beschlüsse vom I B 124/96, BFH/NV 1997, 712; vom IX B 14/02, BFH/NV 2003, 191).
Dies kann aber offen bleiben. Denn die wiedergegebene Frage ist jedenfalls nicht klärungsbedürftig. Am Klärungsbedarf fehlt es, wenn die Rechtsfrage anhand der bereits vorliegenden Rechtsprechung des BFH beantwortet werden kann und keine neuen rechtlichen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den BFH geboten erscheinen lassen (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rdnr. 28, m.w.Rechtsprechungsnachweisen).
Der erkennende Senat hat mehrfach zu den Voraussetzungen der Rechnungsberichtigung Stellung genommen, u.a. auch zur Frage, ob eine Berichtigung voraussetzt, dass für jede Rechnung, in der Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen war, eine eigene Berichtigungserklärung abgegeben wird (, BFHE 171, 373, BStBl II 1993, 643), und hier entschieden, dass die Vorschrift des § 14 Abs. 2 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG), die nach ihrem Wortlaut eine Berichtigung des „Steuerbetrags” fordert, nicht voraussetzt, dass für jede Rechnung, in der Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen war, eine eigene Berichtigungserklärung abgegeben wird. Vielmehr können mehrere Berichtigungen in einer einzigen Korrekturmitteilung zusammengefasst werden. Diese Mitteilung muss aber erkennen lassen, auf welche Steuerbeträge im Einzelnen sich die Berichtigung beziehen soll. Die Zusammenfassung mehrerer zu berichtigender Steuerbeträge in einer Summe ohne nachvollziehbare Angabe der betroffenen Rechnungen genügt den Anforderungen des § 14 Abs 2 Satz 2 UStG hingegen nicht (vgl. BFH-Urteil in BFHE 171, 373, unter II. 2. a der Gründe). Die Beschwerde enthält keine Ausführungen dazu, inwiefern im allgemeinen Interesse eine weitere Klärung erforderlich sein könnte. Offen bleiben kann deshalb auch, ob die angesprochene Rechtsfrage im Streitfall klärbar wäre.
2. Die Klägerin macht geltend, die Vorentscheidung weiche von dem (BFHE 120, 324, BStBl II 1977, 223) ab. Dort habe der BFH ausgeführt, „die Ermittlungen der Steuerfahndungsstelle bei einem Dritten hemmen nicht den Ablauf der Verjährung von Ansprüchen des FA auf Rückforderung von ...”. Das FG habe den Rechtssatz aufgestellt „Die Klägerin ist, wie sie selbst nicht bezweifelt, die Rechtsnachfolgerin der KG und als solche die Steuerpflichtige im Sinne von § 171 Abs. 5 AO”. Diese Rechtssätze weichen offensichtlich nicht voneinander ab. Im Übrigen war die Festsetzungsverjährung gemäß § 174 Abs. 5 AO 1977 gehemmt, weil gegen die zu diesem Zeitpunkt noch existierende KG im Dezember 1986 Maßnahmen der Steuerfahndung eingeleitet worden waren. Die KG war daher Steuerpflichtige i.S. des § 171 Abs. 5 AO 1977. Die Klägerin muss den aufgrund der Ablaufhemmung noch bestehenden Steueranspruch nach § 45 AO 1977 als Rechtsnachfolgerin gegen sich gelten lassen. Es kommt also nicht darauf an, ob sie „Dritter” i.S. des Wortlauts des § 171 Abs. 5 AO 1977 ist.
Ferner bringt die Klägerin vor, das angefochtene Urteil widerspreche der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom Rs. C-454/98 —Schmeink & Cofreth— (Slg. 2000, I-6973) und der daraufhin ergangenen Entscheidung des (BFHE 194, 517, Umsatzsteuer-Rundschau —UR— 2001, 312).
In den benannten Entscheidungen sei der Rechtssatz enthalten, dass eine Berichtigung der Umsatzsteuer immer dann möglich sei, wenn der Aussteller einer Rechnung die Gefährdung des Steueraufkommens rechtzeitig und vollständig beseitige. Dies folge aus dem Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer. Das FG hingegen „habe in der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass der Mangel der undeutlichen Bezeichnung des Ausstellers nicht durch die Berichtigung einzelner Angaben in den Rechnungen geheilt werden” könne.
Eine Abweichung liegt auch insoweit nicht vor. Die angeblich divergierenden Ausführungen in den beiden Entscheidungen betreffen nicht dieselbe Rechtsfrage (vgl. Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom GmS-OGB 1/72, BFHE 109, 206). Der EuGH bzw. der BFH hat die Frage beantwortet, ob eine Berichtigung der Umsatzsteuer möglich ist. Das FG hat sich dazu geäußert, dass im Streitfall nicht, wie erforderlich, eine Rechnung des Leistenden vorliegt und dieser Mangel nicht durch „Berichtigung” einzelner Angaben in der Rechnung behoben werden könne.
3. Das FG hat seine Sachaufklärungspflicht nicht verletzt.
a) Soweit die Klägerin rügt, das FG hätte die Zeugen O und E vernehmen müssen, entspricht das Vorbringen im Beschwerdeschriftsatz nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO muss in der Beschwerdeschrift u.a. der Verfahrensmangel bezeichnet werden. Das Übergehen eines entscheidungserheblichen Beweisantrags kann einen solchen Verfahrensmangel darstellen. Wird jedoch ein Verstoß gegen die Beachtung von Verfahrensvorschriften gerügt, auf die gemäß § 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung (ZPO) verzichtet werden kann, wie z.B. das Übergehen eines Beweisantrages (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom X B 124/94, BFH/NV 1995, 238, m.w.N., und vom I B 20/93, BFH/NV 1994, 605), so setzt die zulässige Rüge des Verfahrensverstoßes die Darlegung in der Beschwerdeschrift voraus, dass der Kläger auf sein Rügerecht nicht verzichtet habe.
b) Die Rüge, das FG habe gegen seine Sachaufklärungspflicht verstoßen, weil es den im Ausland ansässigen Zeugen Bl nicht angehört habe, geht schon deshalb fehl, weil die Klägerin den Zeugen nicht in die Sitzung gestellt hat (vgl. BFH-Beschlüsse vom VIII B 133/94, BFH/NV 1995, 954; vom I B 8, 9/96, BFH/NV 1997, 580; vom V B 176/99, BFH/NV 2000, 1370). Hierzu hatte das FG die Klägerin im Übrigen ausdrücklich aufgefordert.
Aus demselben Grund geht auch die Rüge der Klägerin fehl, das FG habe den Sachverhalt ohne Anhörung des Bl „vorweg” gewürdigt.
4. Soweit die Klägerin geltend macht, das FG habe bei seiner Entscheidung nicht den gesamten Akteninhalt berücksichtigt, entspricht ihr Vorbringen nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Die schlüssige Rüge eines Verfahrensmangels wegen Nichtberücksichtigung des Inhalts der Akten (§§ 76, 96 FGO) erfordert es, unter genauer Angabe der jeweiligen Schriftstücke und Seitenzahlen aus den Akten sich ergebende wesentliche Tatumstände zu benennen, die das FG nicht berücksichtigt hat und darzulegen, dass die Entscheidung unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des FG auf der Nichtberücksichtigung dieser Aktenteile beruhen kann (vgl. , BFH/NV 2001, 200).
a) Soweit die Klägerin rügt, die Angaben in der eidesstattlichen Versicherung des Zeugen O seien unberücksichtigt geblieben, fehlt es an der Angabe der Fundstelle in den Akten; da die eidesstattliche Versicherung in der angefochtenen Entscheidung nicht erwähnt ist, ist die Fundstelle auch aus der Vorentscheidung nicht ersichtlich.
b) In Bezug auf die angeblich nicht berücksichtigten Angaben des Zeugen E fehlt es zudem an Ausführungen im Beschwerdeschriftsatz, welchen Inhalt seine Aussage gehabt hätte und inwieweit die Vorentscheidung auf der Nichtberücksichtigung dieser Angaben beruhen könnte.
c) Kein Verfahrensfehler liegt darin, dass das FG den Sachverhalt, insbesondere die Aussagen des Zeugen S nicht in ihrem Sinne und deshalb —wie die Klägerin meint— unzutreffend gewürdigt hat. Die Beweiswürdigung gehört revisionsrechtlich zum materiellen Recht. Mit der Rüge fehlerhafter Beweiswürdigung kann deshalb grundsätzlich nicht die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensfehlers erreicht werden (z.B. , BFH/NV 2002, 213).
5. Soweit der Beschwerde die Rüge zu entnehmen ist, das FG habe seine Hinweispflicht gemäß § 76 Abs. 2 FGO verletzt, indem es die Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht darauf hingewiesen habe, dass es ihrem Sachvortrag nicht folge, und sie deswegen keine Beweisanträge gestellt habe, liegt kein Verfahrensfehler vor. Eine Überraschungsentscheidung und damit ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO liegt vor, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt gestützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der auch ein kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht rechnen musste. Allein aus dem Umstand, dass das FG den Sachverhalt anders beurteilte als die Klägerin, ergibt sich kein Anlass zu einem weiteren Hinweis. Dem FG obliegt nämlich keine allgemeine Hinweispflicht in dem Sinne, dass es seine mögliche Beurteilung irgendwie andeuten müsse (, BFH/NV 2003, 1437).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2004 S. 1303
BFH/NV 2004 S. 1303 Nr. 9
VAAAB-24320