Stellung eines Bauantrags i. S. von § 19 Abs. 4 EigZulG
Leitsatz
Ein Bauantrag ist i.S. von § 19 Abs. 4 EigZulG i.d.F. vom (BStBl I 1997, 364) gestellt, wenn der Antrag auf Baugenehmigung bei der Gemeinde oder, wenn diese nicht Baugenehmigungsbehörde ist, bei der Baugenehmigungsbehörde eingereicht wird.
Gesetze: EigZulG i.d.F. vom EigZulG i.d.F. vom § 19 Abs. 4 (jetzt Abs. 5)
Instanzenzug: (EFG 2000, 343) (Verfahrensverlauf),
Gründe
I.
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger), zusammen zur Einkommensteuer zu veranlagende Eheleute, sind Miteigentümer eines in einer kreisangehörigen Gemeinde in Niedersachsen belegenen Einfamilienhauses. Mit einem ausweislich der Bauakte am beim Landkreis (untere Bauaufsichtsbehörde) eingegangenen Bauantrag beantragten sie die Erteilung der Baugenehmigung zum Bau eines Wintergartens auf ihrem Einfamilienhausgrundstück. Der Bauantrag ist, wie sich aus der Baugenehmigungsakte ergibt, nach Weiterleitung durch den Landkreis erst am bei der Gemeinde eingegangen. Die Baugenehmigung erteilte der Landkreis am .
Die Kläger begehrten für die Errichtung des Wintergartens eine Eigenheimzulage (Fördergrundbetrag) ab 1997 in Höhe von 5 v.H. der Herstellungskosten. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) berücksichtigte lediglich einen Fördergrundbetrag in Höhe von 2,5 v.H. aus einer Bemessungsgrundlage von 97 528 DM (= 2 439 DM) sowie die beantragte Kinderzulage für ein Kind (1 500 DM). Es war der Auffassung, wegen des erst am bei der Gemeinde eingegangenen Bauantrags sei § 9 Abs. 2 Satz 2 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) i.d.F. vom (BStBl I 1997, 364 —n.F.—) anzuwenden, der für Ausbauten und Erweiterungen nur noch einen Fördergrundbetrag von 2,5 v.H. vorsehe. Der Einspruch und die Klage, mit denen die Kläger u.a. vortrugen, die Klägerin sei anlässlich einer persönlichen Vorsprache am im Bauamt der Gemeinde an den Landkreis verwiesen worden, blieben ohne Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) führte in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 343 veröffentlichten Urteil im Wesentlichen aus: Nach § 19 Abs. 3 und 4 EigZulG n.F. komme es bei genehmigungspflichtigen Ausbauten und Erweiterungen für die Anwendung des neuen Rechts darauf an, wann der Bauantrag gestellt worden sei. Abzustellen sei auf den Zeitpunkt, in dem der Bauantrag bei der Gemeinde als der für die Einreichung der Baugenehmigung zuständigen Behörde (vgl. § 71 Abs. 1 der Niedersächsischen Bauordnung —NBauO—) eingereicht worden sei. Werde der Bauantrag —wie hier— bei der mit der Gemeinde nicht identischen Baugenehmigungsbehörde (hier der Landkreis) abgegeben, liege eine wirksame Einreichung des Bauantrags erst dann vor, wenn die Baugenehmigungsbehörde den Bauantrag der Gemeinde zugeleitet habe und er dort eingegangen sei.
Mit der Revision tragen die Kläger im Wesentlichen vor: Der Eingang beim Landkreis müsse für die Stellung des Bauantrags i.S. von § 19 Abs. 4 EigZulG n.F. ausreichen. Denn steuerrechtlich sei darauf abzustellen, wann sich der Steuerpflichtige für die Investition entschieden habe und dass der Entscheidungszeitpunkt dokumentiert sei. § 71 NBauO diene lediglich der frühzeitigen Information der Gemeinde über Bauwünsche.
Die Kläger beantragen sinngemäß, das Urteil des FG sowie die Einspruchsentscheidung des FA aufzuheben und unter Änderung des Eigenheimzulagenbescheids die Eigenheimzulage für den Förderzeitraum 1997 bis 2004 auf 6 378 DM festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist begründet.
1. Nach § 2 EigZulG ist u.a. die Herstellung einer Wohnung in einem eigenen Haus begünstigt. Ausbauten und Erweiterungen an einer Wohnung im eigenen Haus stehen der Herstellung einer Wohnung gleich. Sie wurden nach § 9 Abs. 2 Satz 1 EiGZulG i.d.F. vom (BStBl I 1996, 81 a.F.) wie Neubauten mit 5 v.H. der Herstellungskosten (höchstens 5 000 DM) gefördert. Nach § 9 Abs. 2 Satz 2 EigZulG n.F. beträgt der Fördergrundbetrag dagegen jährlich nur noch 2,5 v.H. der Bemessungsgrundlage (höchstens 2 500 DM). Gemäß § 19 Abs. 3 EigZulG n.F. ist § 9 Abs. 2 Satz 2 EigZulG n.F. erstmals auf Ausbauten und Erweiterungen nach § 2 Abs. 2 EigZulG anzuwenden, wenn der Anspruchsberechtigte mit der Herstellung nach dem begonnen hat. Nach § 19 Abs. 4 EigZulG n.F. gilt als Beginn der Herstellung bei Objekten, für die eine Baugenehmigung erforderlich ist, der Zeitpunkt, in dem der Bauantrag gestellt wird.
2. Die Kläger haben den Bauantrag mit der Einreichung beim Landkreis am wirksam i.S. von § 19 Abs. 4 EigZulG n.F. gestellt. Somit ist § 9 Abs. 2 EigZulG a.F. anwendbar mit der Folge, dass den Klägern, wie von ihnen beantragt, ein Fördergrundbetrag in Höhe von 5 v.H. der Bemessungsgrundlage zusteht.
a) Der von den Klägern errichtete Wintergarten stellt, wie unter den Beteiligten unstreitig ist, eine förderbare Erweiterung ihres Wohnhauses i.S. von § 2 Abs. 2 EigZulG dar (, BStBl I 1998, 190 Rz. 16). Es handelt sich um eine genehmigungspflichtige Baumaßnahme, für die deshalb eine Genehmigung durch die Bauaufsichtsbehörde erforderlich war (§ 68 Abs. 1 NBauO).
b) Bauantrag i.S. von § 19 Abs. 4 EigZulG n.F. ist nach der Rechtsprechung der an die zuständige Baugenehmigungsbehörde gerichtete Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für ein bestimmtes Bauvorhaben (vgl. , BFHE 85, 425, BStBl III 1966, 454, und vom VIII R 86/69, BFHE 110, 559, BStBl II 1974, 69, zu § 7b des Einkommensteuergesetzes, sowie vom III R 45/78, BFHE 130, 218, BStBl II 1980, 411, zu § 4b des Investitionszulagengesetzes 1975).
Zuständig für die Baugenehmigung ist in Niedersachsen die Bauaufsichtsbehörde (§ 68 NBauO). Die Aufgaben der Bauaufsichtsbehörde nehmen die Landkreise, die kreisfreien und die großen selbständigen Städte wahr (§ 63 Abs. 1 NBauO). Im Streitfall ist für die Erteilung der Baugenehmigung der Landkreis zuständig.
c) Der Bauantrag ist in der Regel i.S. des § 19 Abs. 4 EigZulG n.F. „gestellt„, wenn er bei der Behörde eingeht, bei der er nach der jeweiligen Landesbauordnung einzureichen ist.
Ist nicht die Gemeinde, sondern —wie im Streitfall— der Landkreis Bauaufsichtsbehörde und damit die für die Erteilung der Baugenehmigung zuständige Behörde, ist der Bauantrag gleichwohl bei der Gemeinde „einzureichen„ (§ 71 Abs. 1 NBauO), die den Antrag innerhalb von einer Woche an den die Bauaufsichtsbehörde (Landkreis) weiterzuleiten hat (§ 73 Abs. 1 NBauO). Der Bauantrag ist daher mit Einreichung bei der Gemeinde gestellt (vgl. , BFHE 135, 111, BStBl II 1982, 231, und vom III R 80/81, juris).
d) Entgegen der Auffassung des FG wird die Frist des § 19 Abs. 4 EigZulG n.F. aber auch gewahrt, wenn der Bauantrag vor Ablauf des unmittelbar bei der für die Erteilung der Baugenehmigung zuständigen Bauaufsichtsbehörde (Landkreis) eingeht.
Die Anwendung des § 9 Abs. 2 Satz 2 EigZulG a.F. wird an den Zeitpunkt der Stellung des Bauantrags geknüpft, weil der Anspruchsberechtigte mit dem Bauantrag, der das Baugenehmigungsverfahren einleitet, in der Regel erkennbar und endgültig seine Entscheidung zu bauen getroffen hat und er in seinem Vertrauen auf die zum Zeitpunkt des Bauantrags geltende Rechtslage geschützt sein soll.
Auch wenn der Bauantrag nicht bei der Bauaufsichtsbehörde, sondern bei der Gemeinde einzureichen ist, ist Adressat des Bauantrags die für die Entscheidung über den Bauantrag zuständige Bauaufsichtsbehörde. Die Einreichung bei der Gemeinde dient lediglich der Verfahrensbeschleunigung, damit die Gemeinde frühzeitig über Bauwünsche unterrichtet wird, die für sie als Trägerin der Planungshoheit und Erschließungslast von erheblicher Bedeutung sein können (Große-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/ Wiechert, Niedersächsische Bauordnung, 6. Aufl., § 71 Rz. 22, 23). Unabhängig davon, ob baurechtlich der Bauantrag erst mit Eingang bei der Gemeinde wirksam gestellt ist, reicht für die Fristwahrung nach § 19 Abs. 4 EigZulG n.F. die Abgabe des Bauantrags bei der zuständigen Bauaufsichtsbehörde aus, weil auch dadurch das Baugenehmigungsverfahren jedenfalls in Gang gesetzt wird, auch wenn die Bauaufsichtsbehörde vor der Bearbeitung den Bauantrag zunächst der Gemeinde zuleiten muss. Mit der Abgabe des Bauantrags bei der zuständigen Bauaufsichtbehörde hat der Anspruchsberechtigte seine Bauentscheidung nach außen dokumentiert und mit deren Verwirklichung begonnen.
3. Die Kläger haben daher Anspruch auf den Fördergrundbetrag von 5 v.H. aus der Bemessungsgrundlage von 97 528 DM (= 4 877 DM) sowie eine Kinderzulage von 1 500 DM. Die Eigenheimzulage für den Förderzeitraum 1997 bis 2004 war daher auf jährlich 3 260,51 € (entspricht 6 377 DM) festzusetzen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2004 II Seite 262
BB 2004 S. 314 Nr. 6
BFH/NV 2004 S. 392
BFH/NV 2004 S. 392 Nr. 3
BStBl II 2004 S. 262 Nr. 7
DB 2004 S. 966 Nr. 18
DStRE 2004 S. 272 Nr. 5
FR 2004 S. 429 Nr. 7
INF 2004 S. 161 Nr. 5
NWB-Eilnachricht Nr. 48/2005 S. 4043
FAAAB-15395