Eingruppierung einer Fallmanagerin in einem Jobcenter - Aufbaufallgruppen - Heraushebungsmerkmale "besondere Schwierigkeit" und "Bedeutung"
Gesetze: § 22 BAT, § 23 BAT, Anl A Teil I Entgeltgr 10 TV-L, Anl A Teil I Entgeltgr 11 TV-L
Instanzenzug: Az: 58 Ca 13977/20 Urteilvorgehend LArbG Berlin-Brandenburg Az: 19 Sa 1033/21 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.
2Die Klägerin ist seit dem Jahr 1998 bei dem beklagten Land beschäftigt. In § 3 des Arbeitsvertrags ist vereinbart, dass sich das „Arbeitsverhältnis … nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung“ bestimmt und „außerdem ... die mit dem Lande Berlin bzw. dem Arbeitgeberverband, dem das Land Berlin angehört, bisher vereinbarten, noch geltenden und künftig abzuschließenden Tarifverträge über Arbeitsbedingungen der Angestellten Anwendung“ finden.
3Seit dem Jahr 2005 sind der Klägerin Tätigkeiten einer Fallmanagerin in einem Jobcenter übertragen. In der Anlage zu Ziff. 5 der „Beschreibung des Aufgabenkreises (BAK)“ - „benötigte Fachkenntnisse und Fähigkeiten (Anforderungsprofil des Arbeitsgebietes)“ - heißt es auszugweise:
4Fallmanagerinnen betreuen - anders als Arbeitsvermittlerinnen - diejenigen Leistungsberechtigten, bei denen bestimmte Vermittlungshemmnisse bestehen, etwa mangelhafte Deutschkenntnisse oder Erkrankungen, die einer Vermittlung entgegenstehen. Eine Fallmanagerin hat bei den Leistungsberechtigten zunächst die Vermittlungshindernisse zu identifizieren. Anschließend werden die Leistungsberechtigten mit dem Ziel, die Vermittlungshindernisse zu vermindern oder zu beseitigen, an andere Stellen (etwa eine Schuldnerberatung, eine Suchtberatung oder einen berufspsychologischen Service) verwiesen. Fallmanagerinnen schließen in diesem Zusammenhang mit den Leistungsberechtigten sog. Eingliederungsvereinbarungen, deren Einhaltung sie überprüfen, und veranlassen bei Verstößen ggf. Sanktionen. Im Erfolgsfall werden die Leistungsberechtigten an eine Arbeitsvermittlerin verwiesen. Anderenfalls erfolgt die Feststellung, dass aktuell keine Erwerbsfähigkeit vorliegt.
5Die Klägerin wurde zum aus der Vergütungsgruppe IVb BAT in die Entgeltgruppe 9 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) übergeleitet. Derzeit wird die Klägerin nach der Entgeltgruppe 9b Stufe 6 TV-L vergütet. Mit Schreiben vom hat sie erfolglos eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 10 TV-L bei dem beklagten Land geltend gemacht.
6Mit der am beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin die Auffassung vertreten, das beklagte Land sei verpflichtet, sie seit dem nach der Entgeltgruppe 10 Stufe 6 TV-L und ab dem nach der Entgeltgruppe 11 Stufe 6 TV-L zu vergüten. Ihre Tätigkeit hebe sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Entgeltgruppe 9b TV-L heraus, weil sie sich erheblich von derjenigen einer Arbeitsvermittlerin unterscheide. Sie benötige soziale, psychologische und kommunikative Fähigkeiten, um mit den Leistungsberechtigten ein vertrauensvolles Verhältnis aufbauen und sie über Zwischenschritte in den Arbeitsmarkt vermitteln zu können. Diese gingen deutlich über diejenigen hinaus, die für die Tätigkeit einer Arbeitsvermittlerin erforderlich seien. Die Bedeutung der auszuübenden Tätigkeit ergebe sich aus deren besonderer sozialpolitischer Tragweite und deren Auswirkungen für die Lebenssituation der einzelnen Leistungsberechtigten.
7Die Klägerin hat beantragt
8Das beklagte Land hat seinen Klageabweisungsantrag damit begründet, die von der Klägerin angeführten Gesichtspunkte seien auch für die Tätigkeit einer Arbeitsvermittlerin erforderlich. Die Tätigkeit der Klägerin beschränke sich auf eine Vermittlung an die entsprechenden Stellen, die den Leistungsberechtigten Hilfe leisteten. Auch Arbeitsvermittlerinnen verfolgten das Ziel, Leistungsberechtigte in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Deren Tätigkeit komme die gleiche sozialpolitische Wirkung und Bedeutung wie dem Fallmanagement zu. Die Klägerin sei mit der Bearbeitung einzelner „Fälle“ beauftragt; sie übe weder strategische Aufgaben aus noch habe sie fallübergreifende Entscheidungen zu treffen.
9Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.
Gründe
10Die zulässige Revision ist unbegründet.
11I. Die Revision der Klägerin ist zulässig, insbesondere ist sie entgegen der Auffassung des beklagten Landes hinreichend begründet.
121. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Revision müssen gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Revisionsgründe angegeben werden. Bei Sachrügen sind diejenigen Umstände bestimmt zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO). Die Revisionsbegründung muss den angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Das erfordert eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung. Die Revisionsführerin muss darlegen, warum sie die Begründung des Berufungsgerichts für unrichtig hält. Allein die Darstellung anderer Rechtsansichten ohne jede Auseinandersetzung mit den Gründen des Berufungsurteils genügt den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung ebenso wenig wie die Wiedergabe des bisherigen Vorbringens. Es reicht auch nicht aus, wenn die Revisionsführerin die tatsächlichen und/oder rechtlichen Würdigungen des Berufungsgerichts lediglich mit formelhaften Wendungen rügt. Hat das Berufungsgericht seine Entscheidung auf zwei voneinander unabhängige, selbstständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Revisionsbegründung beide Erwägungen angreifen. Andernfalls ist das Rechtsmittel insgesamt unzulässig (st. Rspr., etwa - Rn. 13; - 5 AZR 450/17 - Rn. 20, BAGE 165, 168).
132. Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung gerecht.
14a) Das Landesarbeitsgericht hat für seine klageabweisende Entscheidung angenommen, auf Grundlage des Vorbringens der Klägerin könne im Rahmen eines wertenden Vergleichs nicht festgestellt werden, ihre Tätigkeit hebe sich aus der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 1a BAT durch „besondere Schwierigkeit“ und durch deren „Bedeutung“ heraus. Es fehle an einer nachvollziehbaren Darlegung, aus welchen Gründen die Tätigkeit im Vergleich zu derjenigen der Arbeitsvermittlerin deutlich höhere Anforderungen stelle. Dies ergebe sich nicht aus dem angeführten Wissen um Hilfe- und Unterstützungsleistungen. Schließlich folgten aus dem Umstand, dass die Klägerin Leistungsberechtigte betreue, die älter als 25 Jahre seien, keine grundsätzlich anderen Vermittlungshindernisse als diejenigen, die in der von ihr angeführten Entscheidung des - 4 AZR 292/10 - Rn. 33) aufgeführt seien.
15b) Die Revisionsbegründung setzt sich hiermit hinreichend auseinander. Hinsichtlich der tariflichen Anforderung der „besonderen Schwierigkeit“ führt sie vor allem an, das Landesarbeitsgericht habe verkannt, dass eine Fallmanagerin - anders als eine Arbeitsvermittlerin - auch die Gründe von Leistungshindernissen zu ermitteln habe. Deshalb verfüge sie über deutlich höhere Fachkompetenzen. Bereits damit hat die Klägerin einen zulässigen Angriff gegen diesen Teil der Berufungsentscheidung geführt (vgl. - Rn. 11 mwN). Gleiches gilt für das Tarifmerkmal der „Bedeutung“. Die Klägerin macht geltend, es ergebe sich - anders als das Landesarbeitsgericht es meine - aus der Vielzahl der zu bearbeitenden Fälle von Leistungsberechtigten mit Vermittlungshindernissen eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der auszuübenden Tätigkeit. Damit sind der Gegenstand und die Richtung des Revisionsangriffs erkennbar.
16II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet.
171. Allerdings folgt dies nicht bereits daraus, dass - wie das beklagte Land meint - bereits deren Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil unzulässig gewesen wäre. Die Klägerin hat sich in ihrer Berufungsbegründung hinreichend iSd. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG iVm. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO mit den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils auseinandergesetzt (zu den Anforderungen - Rn. 27; - 4 AZR 552/09 - Rn. 14 mwN). Sie legt dar, aus welchen Gründen die Erwägung des Arbeitsgerichts, es sei nicht erkennbar, dass sie „gegenüber den sonstigen Arbeitsvermittlern Spezialkenntnisse aus dem Bereich der Kommunikation oder soziale oder psychologische derartige Kenntnisse und Erfahrungen“ benötige, rechtlich fehlerhaft sei. Weiterhin wendet sie sich gegen die vorinstanzliche Würdigung, ihre Tätigkeit unterscheide sich „lediglich graduell von der der anderen Arbeitsvermittler“. Dies verkenne ua. die sozialpolitische Wirkung, Leistungsberechtigte mit Vermittlungshindernissen wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Eine weitere Auseinandersetzung war nicht erforderlich, da vom Rechtsmittelführer nicht mehr an Begründung verlangt werden kann, als vom Gericht seinerseits aufgewendet ( - Rn. 11, BAGE 126, 237).
182. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die zulässige Klage ist unbegründet.
19a) Die Klage ist als allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage zulässig (st. Rspr., etwa - Rn. 12). Soweit die Klägerin im Antrag neben der Vergütungsgruppe eine bestimmte Stufe nennt, ist dies nach ihrem Vorbringen lediglich als Klarstellung bezogen auf den im Antrag genannten Zeitpunkt und nicht als selbstständiges Feststellungsbegehren zu verstehen. Die Stufe steht zwischen den Parteien ersichtlich nicht im Streit (sh. dazu - Rn. 12).
20b) Die Klage ist unbegründet. Das beklagte Land ist nicht verpflichtet, die Klägerin seit dem nach der Entgeltgruppe 10 TV-L und ab dem nach der Entgeltgruppe 11 TV-L zu vergüten.
21aa) Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich gemäß § 3 des Arbeitsvertrags in Folge der Tarifsukzession im öffentlichen Dienst für den Bereich der Länder (vgl. dazu - Rn. 12 ff. mwN) nach dem TV-L sowie nach dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder). Beide Tarifverträge sind nach § 17 Abs. 1 und § 39 Abs. 1 des vom Land Berlin geschlossenen - und damit von der Bezugnahmeklausel in § 3 des Arbeitsvertrags erfassten - Tarifvertrags zur Angleichung des Tarifrechts des Landes Berlin an das Tarifrecht der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (Angleichungs-TV Land Berlin) dort am in Kraft getreten. Die Klägerin ist Angestellte iSv. § 1 TVÜ-Länder und Beschäftigte iSv. § 1 TV-L.
22bb) Für die Eingruppierung der Klägerin sind die §§ 22, 23 BAT sowie die Tätigkeitsmerkmale des Teils I der Anlage 1a zum BAT für Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst maßgebend.
23(1) § 17 Abs. 1 TVÜ-Länder ordnet zunächst die Weitergeltung von §§ 22, 23 BAT/BAT-O einschließlich der Anlage 1a bis zum an. Die ursprünglich nur als vorübergehend angesehene Überleitung der Angestellten entsprechend der Anlage 2 zum TVÜ-Länder im Sinne einer formalen Zuordnung der bisherigen Vergütungsgruppen des BAT/BAT-O zu den neuen Entgeltgruppen des TVÜ-Länder ist mit Inkrafttreten der neuen Entgeltordnung zum TV-L am als grundsätzlich dauerhaft bestimmt worden (§ 29a Abs. 2 TVÜ-Länder). Eine Überprüfung und ggf. Neufeststellung der mit der Überleitung erfolgten Eingruppierungen sollte danach für die Dauer der unverändert auszuübenden Tätigkeit nicht mehr stattfinden (sh. Protokollerklärung zu § 29a Abs. 2 TVÜ-Länder; vgl. - Rn. 18 mwN). Hierdurch sollte eine „Eingruppierungswelle“ vermieden und die öffentlichen Arbeitgeber entlastet werden (vgl. - Rn. 21, BAGE 172, 130). Danach verbleibt es grundsätzlich - soweit sich die Tätigkeit wie vorliegend nicht ändert (sh. etwa - Rn. 19, aaO) - auch nach dem bei der zuvor zutreffenden Eingruppierung.
24(2) Die Klägerin übt nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts die ihr übertragene Tätigkeit einer Fallmanagerin seit dem Jahr 2005 unverändert aus.
25cc) Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BAT ist die Angestellte in der Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihr nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Das ist der Fall, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllen (§ 22 Abs. 2 Satz 2 BAT). Bezugspunkt der tariflichen Bewertung ist danach der Arbeitsvorgang (zum TVöD/VKA - Rn. 16 mwN).
26dd) Die Vorinstanzen sind zutreffend davon ausgegangen, dass die gesamte durch die Klägerin auszuübende Tätigkeit einen einheitlichen Arbeitsvorgang ausmacht (vgl. zum Arbeitsvorgang ausf. - Rn. 27 ff., BAGE 172, 130; - 4 AZR 161/20 - Rn. 20 f.). Bei der Bearbeitung von Fällen durch Fallmanagerinnen im Jobcenter bildet regelmäßig nicht jeder einzelne Fall einen Arbeitsvorgang, sondern erst die Befassung mit allen Fällen füllt diesen Rechtsbegriff aus. Andernfalls käme es zu einer tarifwidrigen Atomisierung solcher Tätigkeiten. Der der Klägerin zugewiesene Personenkreis - Leistungsberechtigte mit Vermittlungshindernissen - ist einheitlich bestimmt. Anhaltspunkte für eine organisatorisch getrennte Betreuung unterschiedlicher Gruppen von Leistungsberechtigten sind für die auszuübende Tätigkeit der Klägerin weder vorgetragen noch ersichtlich (vgl. auch - Rn. 18 mwN zu den Tätigkeiten einer Amtsvormundin). Alle in diesem Zusammenhang anfallenden Tätigkeiten dienen diesem Arbeitsergebnis.
27ee) Die maßgebenden Tätigkeitsmerkmale des Teils I der Anlage 1a zum BAT lauten auszugsweise:
28ff) Die von der Klägerin in Anspruch genommene Entgeltgruppe 10 TV-L und ab dem die Entgeltgruppe 11 TV-L setzen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 iVm. der Anlage 2 TVÜ-Länder voraus, dass ihre auszuübende Tätigkeit die tariflichen Anforderungen der Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 1b sowie später 1a („mit ausstehendem Aufstieg nach [Vergütungsgruppe] III“) BAT erfüllt. Vorliegend wären, da ein einheitlicher Arbeitsvorgang vorliegt, bei Erfüllung der tariflichen Anforderungen der Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 1b zugleich diejenigen der Fallgruppe 1a erfüllt, so dass sich die Prüfung hierauf beschränken kann.
29(1) Das Tätigkeitsmerkmal der Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 1a BAT baut auf Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 1a BAT auf, die ihrerseits die Erfüllung der Anforderungen der Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 1a BAT voraussetzt.
30(2) Bei Aufbaufallgruppen ist zunächst zu prüfen, ob die Anforderungen der Ausgangsfallgruppe erfüllt werden und anschließend, ob die Merkmale der darauf aufbauenden höheren Fallgruppen vorliegen ( - Rn. 46). Es ist dabei durch einen wertenden Vergleich festzustellen, ob auch die Tätigkeitsmerkmale mit hierauf aufbauenden Heraushebungs- oder Qualifikationsmerkmalen erfüllt sind ( - Rn. 21 mwN; ausf. zum wertenden Vergleich - Rn. 29 ff.).
31(3) Die Klägerin übt als Angestellte eine Tätigkeit aus, die gründliche, umfassende Fachkenntnisse sowie selbstständige Leistungen erfordert (Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 1a BAT). Weiterhin hebt sich die auszuübende Tätigkeit aus der Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 1a BAT heraus, weil sie besonders verantwortungsvoll ist (Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 1a BAT). Das Landesarbeitsgericht ist zwar davon ausgegangen, die Anforderungen der Tätigkeitsmerkmale der Ausgangsfallgruppen seien erfüllt. Den Entscheidungsgründen kann aber nicht die erforderliche pauschale und summarische Prüfung entnommen werden. Der Senat kann gleichwohl in der Sache entscheiden und die Prüfung selbst vornehmen. Das Landesarbeitsgericht hat hierzu alle notwendigen Feststellungen getroffen (§ 563 Abs. 3 ZPO).
32(a) Ob die Tätigkeit der Klägerin die tariflichen Anforderungen der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 1a BAT erfüllt, steht nicht bereits aufgrund des Umstands fest, dass die Parteien übereinstimmend davon ausgehen. Bei der zutreffenden Eingruppierung handelt es sich um eine Rechtsfrage, über die die Parteien nicht verfügen und die Erfüllung eines Tätigkeitsmerkmals nicht „unstreitig“ stellen können. In einem Rechtsstreit über die zutreffende Eingruppierung ist stets zumindest eine pauschale, summarische Prüfung hinsichtlich der tariflichen Anforderungen durch das Gericht erforderlich (st. Rspr., etwa - Rn. 22 mwN).
33(b) Die Tätigkeit der Klägerin erfüllt danach die Anforderungen der Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 1a BAT. Sie ist eine Angestellte im Bürodienst, deren Tätigkeit gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbstständige Leistungen erfordert.
34(aa) Für ihre Tätigkeit ist ein Fachwissen erforderlich, welches als Grundlage für analysierende, zur Entscheidung von Zweifelsfällen notwendige Denkvorgänge dient (zum Begriff ausf. - Rn. 23 f.). Die Klägerin benötigt nach der von ihr angeführten Anlage zur BAK neben der Kenntnis der Vorschriften aus verschiedenen Büchern des SGB und der aktuellen sozialgerichtlichen Rechtsprechung zum SGB II darüber hinaus weitere umfangreiche Fachkenntnisse, zB über arbeitsmarktrechtliche Förderinstrumente, in den Bereichen Konflikt-/Zeitmanagement und Kommunikation sowie Grundkenntnisse der sozialen Diagnostik.
35(bb) Die Tätigkeit der Klägerin als Fallmanagerin im Jobcenter erfordert weiterhin selbstständige Leistungen (sh. zu dieser Anforderung im TVöD/VKA - Rn. 33). Ihr steht ein Ermessens-, Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum bei der Erarbeitung des Arbeitsergebnisses zu. Sie führt Erstgespräche mit den Leistungsberechtigten mit dem Ziel der Erfassung der vorhandenen Ressourcen und etwaiger Problemlagen, die Vermittlungshindernisse bilden können. Anschließend plant sie die möglichen Vermittlungsschritte, um eine Integration des Leistungsberechtigten in den Arbeitsmarkt zu erreichen. In diesem Zusammenhang erarbeitet sie Eingliederungsvereinbarungen, die auch fortgeschrieben und ggf. angepasst werden müssen. Dabei werden von der Klägerin Abwägungsprozesse verlangt, in deren Rahmen Anforderungen an das Überlegungsvermögen gestellt werden, weil für eine solche Entscheidung unterschiedliche Informationen verknüpft und gegeneinander abgewogen werden müssen.
36(c) Schließlich hebt sich ihre Tätigkeit - da besonders verantwortungsvoll iSd. Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 1a BAT (zur tariflichen Anforderung - Rn. 26 mwN) - aus der Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 1a BAT heraus. Die Klägerin hat insbesondere Entscheidungen über Leistungen zur Beseitigung von Vermittlungshindernissen zu treffen, die für die Leistungsberechtigten Auswirkungen von erheblicher Tragweite haben.
37(4) Das Landesarbeitsgericht ist in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, die Tätigkeit der Klägerin als Fallmanagerin erfülle nicht die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 1a BAT, weil auf der Grundlage ihres Vorbringens weder eine „besondere Schwierigkeit“ noch eine gesteigerte „Bedeutung“ festgestellt werden könne.
38(a) Die Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 1a BAT setzt voraus, dass sich die Tätigkeit der Beschäftigten sowohl durch „besondere Schwierigkeit“ als auch durch ihre „Bedeutung“ aus der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 1a BAT heraushebt.
39(aa) Die tarifliche Anforderung der „besonderen Schwierigkeit“ verlangt ein Wissen und Können, das die Anforderungen der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 1a und Fallgruppe 1b BAT in beträchtlicher und gewichtiger Weise übersteigt. Das Merkmal bezieht sich auf die fachliche Qualifikation der Angestellten. Diese kann sich im Einzelfall aus der Breite und Tiefe des geforderten fachlichen Wissens und Könnens ergeben, aber auch aus außergewöhnlichen Erfahrungen oder einer sonstigen gleichwertigen Qualifikation, etwa Spezialkenntnissen. Dabei muss sich die Schwierigkeit unmittelbar aus der Tätigkeit selbst ergeben, so dass diese nicht etwa deswegen als besonders schwierig im Tarifsinn angesehen werden kann, weil sie unter belastenden Bedingungen geleistet werden muss ( - Rn. 36; sh. auch zur Entgeltgruppe S 15 Fallgruppe 6 TVöD/VKA - Rn. 30 f.).
40(bb) Bei der gesteigerten „Bedeutung“ genügt eine deutlich wahrnehmbare Heraushebung. Sie muss sich auf die Auswirkungen der Tätigkeit beziehen und kann sich aus Art oder Größe des Aufgabengebiets sowie aus der Tragweite für den innerdienstlichen Bereich und die Allgemeinheit ergeben (st. Rspr., zB - Rn. 33; - 4 AZR 184/08 - Rn. 44 mwN).
41(cc) Das Urteil des Landesarbeitsgerichts unterliegt, soweit es sich um die Anwendung der unbestimmten Rechtsbegriffe „besondere Schwierigkeit“ und „Bedeutung“ handelt, lediglich einer eingeschränkten Überprüfung. Es kann in der Revisionsinstanz nur dahingehend überprüft werden, ob es den Rechtsbegriff als solchen erkannt und ihn bei der Subsumtion beibehalten hat, ob es Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat sowie darauf, ob es in sich widerspruchsfrei ist ( - Rn. 29; zum Prüfungsmaßstab - Rn. 32 mwN).
42(b) Im Eingruppierungsrechtsstreit obliegt der klagenden Beschäftigten nach den allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen die Darlegungslast. Vertritt sie die Auffassung, ihre Tätigkeit erfülle die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals einer höheren als der vom Arbeitgeber angenommenen Vergütungsgruppe, obliegt es ihr, je nach Lage und Erfordernissen des Einzelfalls diejenigen Tatsachen vorzutragen und im Bestreitensfall zu beweisen, die den rechtlichen Schluss zulassen, die tariflichen Anforderungen des beanspruchten Tätigkeitsmerkmals der maßgebenden Vergütungsgruppe seien erfüllt. Danach obliegt es regelmäßig der klagenden Partei, die ihr übertragenen Aufgaben im Einzelnen darzustellen. Dies ist aber dann nicht ausreichend, wenn dieses Vorbringen aufgrund der tariflichen Tätigkeitsmerkmale noch keine Rückschlüsse darauf zulässt, ob und inwieweit die Beschäftigte über die Merkmale einer Ausgangsvergütungsgruppe hinaus auch qualifizierende tarifliche Anforderungen der von ihr begehrten höheren Vergütungsgruppe erfüllt. Das ist etwa der Fall, wenn das Tätigkeitsmerkmal der höheren Vergütungsgruppe - wie hier - auf dem einer niedrigeren Vergütungsgruppe aufbaut und eine zusätzliche tarifliche Anforderung - „Heraushebungsmerkmal“ - vorsieht, deren genauer Inhalt sich erst durch eine Darstellung der Tätigkeit in der Ausgangsvergütungsgruppe und deren Anforderungen erschließt. In diesem Fall ist über die Darstellung der übertragenen Aufgaben hinaus ein Vorbringen erforderlich, das erkennen lässt, wodurch sich eine bestimmte Tätigkeit von der in der Ausgangsfallgruppe bewerteten „Normaltätigkeit“ unterscheidet. Dieser Vortrag muss dem Gericht einen Vergleich zwischen der Tätigkeit in der Ausgangsvergütungsgruppe und der unter das höher bewertete Tarifmerkmal fallenden erlauben (vgl. - Rn. 30 bis 33 mit umfangreichen Nachweisen).
43(c) Nach den vorstehenden Grundsätzen ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Klägerin habe nicht dargelegt, ihre Tätigkeit sei mit dem für die Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 1a BAT erforderlichen Maß der „besonderen Schwierigkeit“ verbunden, nicht zu beanstanden. Das Landesarbeitsgericht hat bei dem erforderlichen wertenden Vergleich die von der Klägerin herangezogene Tätigkeit einer Arbeitsvermittlerin als „Normaltätigkeit“ iSd. Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 1a BAT zugrunde gelegt und hiervon ausgehend ohne Rechtsfehler angenommen, eine besondere Schwierigkeit iSd. tariflichen Heraushebungsmerkmals sei für ihre Tätigkeit als Fallmanagerin nicht feststellbar.
44(aa) Soweit die Klägerin eine deutlich höhere Sozial-, Kommunikations- und Methodenkompetenz im Vergleich zur Tätigkeit einer Arbeitsvermittlerin anführt, konnte das Landesarbeitsgericht vor dem Hintergrund ihres Vorbringens davon ausgehen, dass eine „besondere Schwierigkeit“ nicht dargetan ist. Die von ihr vorgelegte Beschreibung des Aufgabenkreises „Arbeitsvermittler/in … ü25 im Jobcenter …“ fordert auch für diesen Beschäftigtenkreis eine „hohe Empathie, Einfühlungsvermögen“ und ein sehr gutes Kommunikationsvermögen. Es fehlt von Seiten der Klägerin an einer näheren Darlegung, welche konkreten Anforderungen an ihre fachliche Qualifikation sich im Einzelnen im Vergleich zur Ausgangsvergütungsgruppe ergeben. Eine Aufzählung von Tätigkeiten und Kompetenzen allein erlaubt noch keine Rückschlüsse auf ihren Stellenwert in einem aufeinander aufbauenden Eingruppierungsgefüge ( - Rn. 29). Deshalb konnte das Landesarbeitsgericht bei seiner Würdigung auch für ältere Leistungsberechtigte ohne Vermittlungshindernisse solche Kompetenzen zugrunde legen. Soweit die Revision anführt, diese lägen „jedoch deutlich unter dem Niveau der Kompetenzen, die der Fallmanager mitbringen muss“, gibt sie lediglich ihre eigene Bewertung wieder, ohne diese nachvollziehbar darzulegen. Die angeführten Unterschiede beim „ersten Kontakt“ mit den Leistungsberechtigten mögen dazu führen, dass bei der Tätigkeit als Fallmanagerin andere Kompetenzen als bei einer Arbeitsvermittlerin im Vordergrund stehen. Das begründet ohne nähere Darlegung weder bereits eine besondere Schwierigkeit noch ist diese, wie die Revision meint, „offensichtlich“. Tätigkeiten derselben Vergütungsgruppe können inhaltlich unterschiedliche Fachkenntnisse und Kompetenzen erfordern, ohne dass sie gesteigerte oder heraushebende Anforderungen enthalten (vgl. - Rn. 37).
45Gleiches gilt für die weitere Würdigung des Landesarbeitsgerichts, der Umstand, dass die Klägerin als Fallmanagerin eine geringere Anzahl von Leistungsberechtigten im Vergleich zu einer Arbeitsvermittlerin zu betreuen habe, spreche zwar für eine höhere Intensität der Betreuung, nicht aber ohne weiteres für eine „besondere Schwierigkeit“ der auszuübenden Tätigkeit. Die Revision führt auch insoweit lediglich ihre - andere - Bewertung der höheren „sozialen, psychologischen und kommunikativen Fähigkeiten“ gegenüber denjenigen einer Arbeitsvermittlerin an.
46(bb) Ohne Rechtsfehler ist das Landesarbeitsgericht weiterhin davon ausgegangen, die Erstellung eines Hilfeplans und die Vermittlung von passenden Hilfsangeboten sowie die Überprüfung, ob die Angebote genutzt werden, begründe auf Grundlage des Vortrags der Klägerin keine besondere Schwierigkeit im Tarifsinn. Der Abschluss von Eingliederungsvereinbarungen gehört sowohl zur Aufgabe von Arbeitsvermittlerinnen als auch von Fallmanagerinnen. Inhalt, Umfang und die rechtlichen Vorgaben für Eingliederungsvereinbarungen ergeben sich aus § 15 SGB II. Soweit sich die Klägerin in der Berufungsinstanz auf die „Anforderungen an das Fallmanagement im SGB II“ des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. bezogen hat, ergibt sich aus diesem bereits nicht, welche besonderen „Qualifikationen, Kompetenzen und Fähigkeiten“ für ein Fallmanagement im Einzelnen erforderlich sind, um als Grundlage für einen wertenden Vergleich herangezogen werden zu können. Da die Klägerin dies nicht dargelegt hat, konnte das Landesarbeitsgericht diese Darstellung bei seiner Würdigung außer Betracht lassen.
47(cc) Die Rüge der Revision, das Landesarbeitsgericht habe sich fehlerhaft auf die Entscheidung des Senats vom (- 4 AZR 292/10 -) bezogen, weil die von ihr als Fallmanagerin zu betreuenden Leistungsberechtigten, die älter als 25 Jahre sind, gegenüber denjenigen, die jünger sind, eine besondere Schwierigkeit aufweise, greift nicht durch. Die Beurteilung des Landesarbeitsgerichts, es bestünden - wie die angezogene Entscheidung zeige - für beide Fallgruppen weitgehend die gleichen Vermittlungshindernisse, lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Zudem stützt die Klägerin ihr Begehren auf die qualitativen Unterschiede zu der Tätigkeit von Arbeitsvermittlerinnen, die eine „besondere Schwierigkeit“ ihrer Tätigkeit im Tarifsinn begründen sollen und nicht auf einen Vergleich zu den Fallmanagerinnen, die Leistungsberechtigte unter 25 Jahre betreuen.
48(d) Darüber hinaus konnte das Landesarbeitsgericht davon ausgehen, dass die weitere - kumulativ - erforderliche tarifliche Anforderung einer gesteigerten „Bedeutung“ der auszuübenden Tätigkeit iSd. Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 1a BAT nicht erfüllt ist.
49Das Landesarbeitsgericht ist vom zutreffenden Rechtsbegriff ausgegangen und hat ihn in der Subsumtion beibehalten. Soweit es neben der gesteigerten Bedeutung ausgeführt hat, eine „besondere Bedeutung“ der Tätigkeit der Klägerin liege nicht vor, hat es damit keine weitergehenden Anforderungen an die Bedeutung gestellt, sondern ist gleichwohl (lediglich) vom Erfordernis einer gesteigerten Bedeutung ausgegangen. Auf dieser Grundlage hat es eine solche iSd. Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 1a BAT für die Tätigkeit der Klägerin abgelehnt. Es hat zutreffend angenommen, im Hinblick auf die angeführte höhere sozialpolitische Bedeutung ihrer Tätigkeit seien keine Unterschiede zu dem Abbau der Arbeitslosigkeit durch die Arbeitsvermittlerinnen zu erkennen, die Leistungsberechtigte ohne Vermittlungshindernisse betreuen. Es ist sozialpolitisch von gleich hoher Bedeutung, Arbeitslose mit und Arbeitslose ohne Vermittlungshindernisse in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
50Schließlich musste das Landesarbeitsgericht für das Tarifmerkmal der „Bedeutung“ auch nicht die Bedeutung der Tätigkeit für den einzelnen Leistungsberechtigten berücksichtigen. Umstände, die für die Erfüllung einer tariflichen Anforderung einer Aufbaufallgruppe berücksichtigt worden sind - vorliegend das Heraushebungsmerkmal „besonders verantwortungsvoll“ (Rn. 36) - können grundsätzlich nicht noch einmal für die Erfüllung eines Heraushebungsmerkmals einer höheren Aufbaufallgruppe herangezogen werden; sie sind „verbraucht“ ( - Rn. 31 f.).
51III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2022:220622.U.4AZR495.21.0
Fundstelle(n):
BB 2022 S. 2739 Nr. 47
SAAAJ-25924