Keine Vorsteuerkorrektur bei Übertragung eines Hälfteanteils an einem Grundstück auf Ehepartner bei anschließender Weitervermietung
Leitsatz
1. Überträgt ein Vermietungsunternehmer das Eigentum an einem umsatzsteuerpflichtig vermieteten Grundstück zur Hälfte auf seinen Ehegatten, liegt darin eine Geschäftsveräußerung im Ganzen, wenn das Grundstück alleiniger Vermietungsgegenstand war.
2. Dieser Vorgang löst beim Vermietungsunternehmer keine Vorsteuerkorrektur gemäß § 15a UStG aus.
3. Die durch Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem umsatzsteuerpflichtig vermieteten Grundstück entstandene Bruchteilsgemeinschaft tritt gleichzeitig mit ihrer Entstehung gemäß § 571 BGB a.F. in einen bestehenden Mietvertrag ein.
4. Der ursprüngliche Vermieter überlässt den in seinem Eigentum verbliebenen Grundstücksanteil der Bruchteilsgemeinschaft nicht zusätzlich unentgeltlich zur Nutzung (Änderung der Rechtsprechung).
Gesetze: UStG 1993 in der 1998 geltenden Fassung: § 1 Abs. 1aUStG 1993 in der 1998 geltenden Fassung: § 2UStG 1993 in der 1998 geltenden Fassung: § 4 Nr. 9 Buchst. aUStG 1993 in der 1998 geltenden Fassung: § 4 Nr. 12 Buchst. aUStG 1993 in der 1998 geltenden Fassung: § 15a Abs. 6aBGB § 571 a.F.BGB § 744BGB § 745Richtlinie 77/388/EWG Art. 5 Abs. 8
Instanzenzug: (EFG 2005, 1392) (Verfahrensverlauf),
Gründe
I.
Streitig ist, ob die Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem umsatzsteuerpflichtig vermieteten Grundstück auf den Ehegatten eine Vorsteuerkorrektur gemäß § 15a des Umsatzsteuergesetzes in der im Streitjahr 1998 geltenden Fassung (UStG) auslöst.
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), Frau A, war Alleineigentümerin von zwei aneinander angrenzenden, bebauten Gewerbegrundstücken, die sie seit 1986 umsatzsteuerpflichtig an die A-GmbH vermietet hatte. Sie wandte in den Jahren 1989 bis 1996 auf diese Gewerbeobjekte Herstellungskosten auf, aus denen sie jeweils den Vorsteuerabzug geltend machte.
Im Jahr 1998 (Streitjahr) übertrug die Klägerin durch notarielle Verträge mit Wirkung vom unentgeltlich ihr Eigentum an den Grundstücken zur Hälfte auf ihren Ehegatten. Die aus den Eheleuten bestehende Grundstücksgemeinschaft trat mit Wirkung vom in den Mietvertrag mit der A-GmbH ein und vermietete die Grundstücke als Grundstücksgemeinschaft umsatzsteuerpflichtig an die A-GmbH weiter.
Die Klägerin erklärte in ihrer Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 1998 lediglich die Miete aus den Objekten bis zur Veräußerung der Miteigentumsanteile.
Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung vertrat der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) die Auffassung, die Klägerin habe durch die unentgeltliche Übertragung der Miteigentumsanteile einen —gemäß § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfreien— Eigenverbrauch verwirklicht. Ferner habe die Klägerin die ihr verbleibenden Miteigentumsanteile unentgeltlich der Ehegatten-Grundstücksgemeinschaft überlassen, wodurch ein weiterer Eigenverbrauch verwirklicht worden sei, der gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei sei. Wegen dieser steuerfreien Verwendung sei der Vorsteuerabzug gemäß § 15a UStG zu berichtigen.
In dem Umsatzsteuer-Sonderprüfungsbericht heißt es insoweit, nach dem (BFHE 175, 460, BStBl II 1995, 30, Abschn. 215 Abs. 7 Nr. 3 c der Umsatzsteuer-Richtlinien) liege bei einer unentgeltlichen Übertragung des Miteigentumsanteils an einem Betriebsgrundstück durch einen Unternehmer auf seinen Ehegatten steuerbarer Eigenverbrauch gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b UStG vor, der nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei sei. Dieser Umsatz löse gemäß § 15a Abs. 4 i.V.m. Abs. 6 UStG die Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG aus, und zwar für das gesamte Grundstück und nicht nur für den übertragenen Miteigentumsanteil, da die Grundstücksgemeinschaft mit der Vermietung des Grundstücks als Verwaltungsgemeinschaft unternehmerisch eigenständig in Erscheinung trete. Die Vermietung durch die Grundstücksgemeinschaft setze voraus, dass Frau A ihren verbliebenen Anteil der Grundstücksgemeinschaft überlasse. Die unentgeltliche Nutzungsüberlassung führe bei Frau A zu einem weiteren steuerbaren Eigenverbrauch nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b UStG, der nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei sei. Somit ergebe sich auch bezüglich des verbliebenen Grundstücksanteils eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG.
Der Einspruch der Klägerin gegen den entsprechend geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr 1998 vom blieb erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage der Klägerin statt. Es führte zur Begründung aus, der Vorsteuerabzug aus den Herstellungsaufwendungen für die streitbefangenen Grundstücke sei nicht gemäß § 15a UStG zu berichtigen. Der Berichtigungszeitraum sei durch die Übertragung der Miteigentumsanteile von der Klägerin auf ihren Ehegatten nicht unterbrochen (§ 15a Abs. 6a UStG), denn es habe insoweit eine Geschäftsveräußerung i.S. von § 1 Abs. 1a UStG vorgelegen.
Durch die Übertragung der Miteigentumsanteile an den beiden Grundstücken an ihren Ehegatten sei gemäß § 741 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) eine Bruchteilsgemeinschaft entstanden. Zusätzlich zu dieser Übertragung der Miteigentumsanteile habe die Klägerin die bei ihr verbliebenen Miteigentumsanteile an den Grundstücken der Bruchteilsgemeinschaft zur Nutzung überlassen, denn ansonsten hätte die Bruchteilsgemeinschaft nicht aus eigenem Recht eine Vermietung der gesamten Grundstücke vornehmen können. Die Klägerin habe somit ihr gesamtes Unternehmen aufgegeben und in ein neues Unternehmen, die Bruchteilsgemeinschaft, eingebracht.
Die Auffassung des FA, die Klägerin habe den Miteigentumsanteil an ihren Ehegatten und nicht an das die steuerpflichtige Vermietung ausführende Unternehmen, die Bruchteilsgemeinschaft, übertragen, gehe fehl. Die Bruchteilsgemeinschaft entstehe nämlich gleichzeitig mit Übertragung des Miteigentumsanteils an den anderen Miteigentümer. Eine Übertragung „an” die Bruchteilsgemeinschaft sei rechtlich nicht möglich. Zur Annahme einer Geschäftsveräußerung im Ganzen sei nicht erforderlich, dass eine vollständige zivilrechtliche Übertragung des gesamten Unternehmens auf das neue Unternehmen erfolge. Ausreichend sei, wenn der übernehmende Unternehmer die nicht zu Eigentum übertragenen Wirtschaftsgüter langfristig nutzen könne und so die dauerhafte Fortführung des Unternehmens gewährleistet sei (Hinweis auf das , BFHE 199, 66, BStBl II 2004, 662).
Die vom FA herangezogenen BFH-Urteile in BFHE 175, 460, BStBl II 1995, 30 und vom XI R 91, 92/92 (BFHE 174, 559, BStBl II 1994, 826) stützten nicht dessen Auffassung. Die Urteile seien zum UStG 1980 ergangen. Zum damaligen Zeitpunkt habe es die Regelung über die Nichtsteuerbarkeit von Geschäftsveräußerungen (§ 1 Abs. 1a UStG) noch nicht gegeben. Seinerzeit habe die Übertragung der Miteigentumsanteile daher nur entweder eine steuerbare Leistung oder Eigenverbrauch sein können.
Das hier (vom FG) vertretene Ergebnis sei auch systemkonform. Nach dem das Umsatzsteuerrecht beherrschenden Prinzip der Neutralität der Umsatzsteuer sollten die wirtschaftlich Tätigen grundsätzlich von der Umsatzsteuer entlastet werden. Lediglich der Letztverbrauch solle der Umsatzsteuer unterliegen. Die Regelungen über die Nichtsteuerbarkeit von Geschäftsveräußerungen bezweckten, dass Übertragungen von Unternehmen steuerlich vereinfacht würden, und wollten vermeiden, dass der Übertragungsnehmer zunächst mit Umsatzsteuer belastet werde, die er durch den Vorsteuerabzug wiedererlangen würde. Im Streitfall blieben die beiden ursprünglich der Klägerin gehörenden Grundstücke insgesamt „umsatzsteuerbehaftet”, da die Vermietung durch die Bruchteilsgemeinschaft steuerpflichtig erfolgt sei. Eine Belastung der Klägerin mit zurückzuzahlender Vorsteuer gemäß § 15a UStG würde bei ihr zu einer systemwidrigen Umsatzsteuerbelastung führen.
Das Urteil ist in „Entscheidungen der Finanzgerichte” (EFG) 2005, 1392 abgedruckt.
Das FA macht mit der vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision im Wesentlichen geltend:
Das FG gehe von einer Geschäftsveräußerung im Ganzen durch die Einbringung des Unternehmens der Klägerin in ein neues Unternehmen „Bruchteilsgemeinschaft” aus. Dies sei jedoch rechtlich nicht möglich. Die Klägerin habe das Eigentum an ihren Grundstücken zur Hälfte auf ihren Ehegatten übertragen. Die andere Hälfte sei weiterhin in ihrem Eigentum verblieben. Daraufhin hätten sowohl die Klägerin als auch ihr Ehegatte ihre jeweiligen Grundstücksanteile einem Unternehmen —der aus ihnen bestehenden Bruchteilsgemeinschaft— zur unentgeltlichen Nutzung überlassen.
Diese Bruchteilsgemeinschaft sei erst als Folge der Übertragung der Grundstücksanteile der Klägerin auf ihren Ehegatten kraft Gesetzes entstanden. Da bei der Bruchteilsgemeinschaft keine Vorgesellschaft denkbar sei, die als Empfänger der Übertragung in Betracht kommen könne, könne zivilrechtlich keine Übertragung eines Grundstücksanteils an eine Bruchteilsgemeinschaft erfolgen. Eine Übertragung sei nur an den Ehegatten möglich gewesen.
Da als Leistungsempfänger für die Geschäftsveräußerung lediglich der Ehegatte der Klägerin in Frage komme, hätte dieser zur Annahme einer Geschäftsveräußerung im Ganzen Unternehmer i.S. des § 1 Abs. 1a UStG sein müssen. Da er jedoch keine nachhaltige Tätigkeit i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG ausübe, wenn das erworbene Vermögen zugleich in die Bruchteilsgemeinschaft eingebracht werde (Hinweis auf , BFH/NV 2002, 1347), sei er nicht Unternehmer.
In einem vergleichbaren Fall habe daher auch das (EFG 2004, 772) entschieden, dass bei der Übertragung eines Geschäftsbetriebs durch einen Einzelunternehmer auf seinen nicht unternehmerisch tätigen Sohn, der diesen noch am selben Tag in eine GmbH einbringe, die Annahme einer Geschäftsveräußerung im Ganzen an der im Übertragungszeitpunkt fehlenden Unternehmereigenschaft des Sohnes und der Fortführung des Unternehmens in der Rechtsform einer GmbH scheitere.
Eine Veräußerung des gesamten Unternehmens „Vermietung” oder eines abgrenzbaren Betriebs dieses Unternehmens i.S. des § 1 Abs. 1a UStG sei vorliegend nicht erfolgt, da jeweils nur ein halber Anteil an den Grundstücken auf den Ehegatten übertragen worden sei. Mit diesen halben Anteilen sei der Ehegatte nicht in der Lage gewesen, das Unternehmen „Vermietung” alleine fortzuführen. Diese Fortführung sei nur durch beide Ehegatten in Form der Bruchteilsgemeinschaft möglich gewesen.
Das FA beantragt, den Streitfall dem Gerichtshof der Europischen Gemeinschaften (EuGH) zur Vorabentscheidung vorzulegen und bis zur Entscheidung des EuGH das Verfahren auszusetzen, hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Sie meint, die Ansicht des FA, wonach es rechtlich nicht möglich sei, dass ein Unternehmen im Einzeleigentum auf ein Unternehmen im Bruchteilseigentum unter Anwendung des § 1 Abs. 1a UStG übertragen werden könne, sei nicht haltbar. Die Bruchteilsgemeinschaft entstehe durch Abtretung eines ideellen Anteils an einem Recht, konkretisiert z.B. durch einen Vermögensgegenstand. Mit der Abtretung des Anteils ändere sich sowohl die Rechtsposition des Abtretenden, als auch die des Empfängers. Beide seien nicht Einzeleigentümer von jeweils abgrenzbaren Teilen, sondern durch die gesetzlichen Regelungen in den §§ 741 ff. BGB insbesondere zur gemeinschaftlichen Verwaltung und Nutzung aufgerufen.
Der Bruchteilseigentümer habe keine Veranlassung, seinen ideellen Anteil der Gemeinschaft zur Nutzung zu überlassen, denn die Gemeinschaft selbst betreibe die Nutzung. Eine getrennte Einzelnutzung von nur ideellen Anteilen sei logisch nicht möglich.
Da aber die Entstehung der Bruchteilsgemeinschaft in der Regel über eine Anteilsabtretung führe, wäre eine neue Bruchteilsgemeinschaft von der Möglichkeit der Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a UStG generell ausgeschlossen.
Auch die Erweiterung einer zweigliedrigen Gemeinschaft durch Anteilsabtretung an neue Bruchteilseigentümer würde bei logischer Fortentwicklung der Ansicht des FA zum anteiligen Entnahmeeigenverbrauch von Unternehmensvermögen und damit ggf. zur Vorsteuerkorrektur führen —und dies, obwohl im Außenverhältnis gar kein Unternehmerwechsel stattfinde, sondern nur die (erweiterte) Bruchteilsgemeinschaft in allen Leistungsbeziehungen als Vertragspartei und damit als Unternehmer unverändert auftrete—.
Im Übrigen könne —entgegen der Ansicht des FA— ein Grundstück, das einem Unternehmen diene, nicht mit diesem Unternehmen selbst vollständig gleichgesetzt werden. Nicht das zivilrechtliche Eigentum an Gegenständen des Unternehmens, sondern die Unternehmensfortführung im bisherigen Leistungsgeflecht sei das entscheidende Merkmal einer Geschäftsveräußerung im Ganzen.
II.
Die Revision des FA ist unbegründet. Das FG hat im Streitfall zu Recht die Voraussetzungen einer Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG (in der im Streitjahr 1998 geltenden Fassung) mit der Begründung verneint, es liege eine Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a UStG vor. Dies kann der Senat entscheiden, ohne —wie vom FA beantragt— eine Vorabentscheidung des EuGH einzuholen.
1. Ändern sich bei einem Grundstück (einschließlich seiner wesentlichen Bestandteile) die Verhältnisse, die im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung für den Vorsteuerabzug maßgebend waren, innerhalb von zehn Jahren seit dem Beginn der Verwendung, so ist für jedes Kalenderjahr der Änderung ein Ausgleich durch die Berichtigung der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge vorzunehmen (§ 15a Abs. 1 Satz 1 und 2 UStG). Dies gilt sinngemäß für Vorsteuerbeträge, die auf nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallen (§ 15a Abs. 3 Nr. 1 UStG).
Eine Änderung der Verhältnisse liegt auch vor, wenn das noch verwendungsfähige Grundstück vor Ablauf des Berichtigungszeitraums veräußert oder zum Eigenverbrauch entnommen wird und dieser Umsatz für den Vorsteuerabzug anders zu beurteilen ist als die Verwendung im Erstkalenderjahr (§ 15a Abs. 4 Satz 1 UStG). Die Berichtigung ist so vorzunehmen, als wäre das Grundstück in der Zeit von der Veräußerung oder Entnahme bis zum Ablauf des maßgeblichen Berichtigungszeitraums unter entsprechend geänderten Verhältnissen weiterhin für das Unternehmen verwendet worden (§ 15a Abs. 6 UStG).
Nach § 15a Abs. 6a Satz 1 UStG wird bei einer Geschäftsveräußerung (§ 1 Abs. 1a UStG) der für das Wirtschaftsgut maßgebliche Berichtigungszeitraum nicht unterbrochen. Das bedeutet, dass diese Veräußerung zu keinem (vorzeitigen) Ende des beim Veräußerer eingeleiteten Berichtigungszeitraums führt, vielmehr der Erwerber gemäß § 1 Abs. 1a Satz 3 UStG als Rechtsnachfolger des Übertragenden anzusehen ist (vgl. Wagner in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 15a Rz 476). Dadurch werden Geschäftsveräußerungen von einer Berichtigung nach § 15a UStG ausgenommen (vgl. Wenzel in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 15a Rz 150; Probst in Hartmann/Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, § 1 Abs. 1a Rz 76; Hundt-Eßwein in Offerhaus/Söhn/Lange, § 15a UStG Rz 131 ff.; Heidner in Bunjes/Geist, UStG, 8. Aufl., § 15a Rz 63 ff.).
2. Das FG hat im Ergebnis zu Recht die Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a UStG angenommen.
a) Nach § 1 Abs. 1a Satz 1 UStG unterliegen die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt nach § 1 Abs. 1a Satz 2 UStG vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers (§ 1 Abs. 1a Satz 3 UStG).
b) § 1 Abs. 1a UStG setzt Art. 5 Abs. 8 der Sechsten Richtlinie des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) in nationales Recht um. Gemäß dieser Richtlinienbestimmung können die Mitgliedstaaten die Übertragung des Gesamtvermögens oder eines Teilvermögens, die entgeltlich oder unentgeltlich oder durch Einbringung in eine Gesellschaft erfolgt, so behandeln, als ob keine Lieferung von Gegenständen vorliegt und den Begünstigten der Übertragung als Rechtsnachfolger des Übertragenden ansehen. Die Mitgliedstaaten treffen ggf. die erforderlichen Maßnahmen, um Wettbewerbsverzerrungen für den Fall zu vermeiden, dass der Begünstigte nicht voll steuerpflichtig ist.
Der EuGH hat im Urteil vom Rs. C-497/01 —Zita Modes— (Slg. 2003, I-14393, BFH/NV 2004, 128, Umsatzsteuer-Rundschau —UR— 2004, 19 Rz 40) den Begriff „Übertragung des Gesamtvermögens oder eines Teilvermögens, die entgeltlich oder unentgeltlich oder durch Einbringung in eine Gesellschaft erfolgt” dahin ausgelegt, dass er die Übertragung eines Geschäftsbetriebs oder eines selbständigen Unternehmens erfasst, die jeweils materielle und ggf. immaterielle Bestandteile umfassen, die zusammengenommen ein Unternehmen oder einen Unternehmensteil bilden, mit dem eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt werden kann. Der durch die Übertragung Begünstigte muss jedoch beabsichtigen, den übertragenen Geschäftsbetrieb oder Unternehmensteil zu betreiben und nicht nur die betreffende Geschäftstätigkeit sofort abzuwickeln sowie ggf. den Warenbestand zu verkaufen (EuGH-Urteil Zita Modes in Slg. 2003, I-14393, BFH/NV 2004, 128, UR 2004, 19 Rz 46).
c) Nach dieser Rechtsprechung, der sich der Senat angeschlossen hat, ist die Übertragung verpachteter oder vermieteter (Gewerbe-)Immobilien unter Fortführung des Pacht-/Mietvertrages durch den Erwerber eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a UStG (vgl. , BFHE 205, 511, BStBl II 2004, 802), falls der Veräußerer ein Vermietungsunternehmen, das der Erwerber fortführen kann, betrieben hat (vgl. , BFHE 208, 491, BFH/NV 2005, 810; vom V R 45/02, BFHE 210, 146, BFH/NV 2005, 1467).
d) Diese Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben.
aa) Die Klägerin übte mit ihren beiden Grundstücken eine Tätigkeit als Vermieterunternehmer aus. Diese Vermietungstätigkeit der Klägerin ging mit der Übertragung der Miteigentumsanteile an ihren Grundstücken auf die kraft Gesetzes entstandene (vgl. § 741 BGB) Verwaltungsgemeinschaft (§ 744 BGB) über, die ihrerseits unternehmerisch eigenständig als Bruchteilsgemeinschaft in Erscheinung getreten ist.
Nach der Rechtsprechung des Senats kann die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums (des Gegenstands der Gemeinschaft) als unternehmerische Tätigkeit nach den Regeln der Gemeinschaft ausgeführt werden. Der Bildung einer gesonderten Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) bedarf es dafür nicht. Wenn nichts anderes vereinbart ist, handelt es sich bei der Vermietung von Miteigentum durch eine Bruchteilsgemeinschaft um eine Verwaltungsmaßnahme nach §§ 744, 745 BGB (vgl. , BFHE 172, 134, BStBl II 1993, 729, m.w.N.).
(Vermietungs-)Unternehmer i.S. des § 2 UStG war nunmehr allein die neu entstandene Bruchteilsgemeinschaft (vgl. insoweit BFH-Urteile in BFHE 175, 460, BStBl II 1995, 30, unter II. 2. b; in BFH/NV 2002, 1347, sowie zum Beginn der Unternehmereigenschaft: z.B. , BFHE 207, 67, BStBl II 2005, 155).
bb) Die Auffassung des FA, dass zivilrechtlich ein Grundstücksanteil nicht an eine Bruchteilsgemeinschaft übertragen werden kann, ist zwar zutreffend. Die aus der Klägerin und ihrem Ehegatten durch Übertragung der Miteigentumsanteile an den beiden Grundstücken entstandene Bruchteilsgemeinschaft ist aber gleichzeitig mit ihrer Entstehung gemäß § 571 BGB a.F. in den bestehenden Mietvertrag der Klägerin mit der A-GmbH eingetreten.
Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) wird ein über ein Grundstück geschlossener (einheitlicher) Mietvertrag durch die Veränderung der dinglichen Rechtslage —im entschiedenen Streitfall: die Teilung des Grundstücks und die vom Eigentümer, der zugleich Vermieter war, vorgenommene Veräußerung von Teilen an verschiedene Erwerber— nicht in mehrere Mietverhältnisse aufgespalten; vielmehr treten die Erwerber —als Bruchteilsgemeinschaft— gemäß § 571 BGB a.F. in den über ein einheitliches Mietobjekt geschlossenen einheitlichen Mietvertrag ein (vgl. , Neue Juristische Wochenschrift 2005, 3781).
Aufgrund dieses Eintritts der Bruchteilsgemeinschaft kraft Gesetzes in einen bestehenden Mietvertrag vermag der Senat der Auffassung des FA —und des FG— nicht zu folgen, vor Aufnahme der Vermietungstätigkeit der Grundstücksgemeinschaft habe die Klägerin die ihr verbliebenen Miteigentumsanteile an den Grundstücken der Grundstücksgemeinschaft (denknotwendig) zur Nutzung überlassen müssen, damit diese eine Vermietungstätigkeit überhaupt habe ausführen können.
Soweit der XI. Senat des BFH in Fällen der vorliegenden Art ebenfalls eine —zusätzliche— unentgeltliche Nutzungsüberlassung des Grundstückseigentümers an den in seinem Eigentum verbliebenen Grundstücksanteilen angenommen hat (vgl. BFH-Urteile in BFHE 175, 460, BStBl II 1995, 30, unter II. 2. b, und in BFHE 174, 559, BStBl II 1994, 826, unter II. 2. a), folgt der erkennende Senat dem aus den dargelegten Gründen nicht (Änderung der Rechtsprechung). Einer Vorlage an den Großen Senat des BFH gemäß § 11 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bedarf es dazu nicht, weil der erkennende Senat nunmehr allein zur Entscheidung dieser Streitfrage zuständig ist.
cc) Das Urteil des FG Düsseldorf in EFG 2004, 772, auf das sich das FA beruft, betrifft keine Bruchteilsgemeinschaft.
3. Das vorstehend gefundene Ergebnis wird durch den Sinn von § 15a UStG gestützt.
Grundgedanke der Vorschrift ist es —da Vorsteuerbeträge gemäß § 15 UStG in voller Höhe sofort abgezogen werden können (sog. Sofortabzug, vgl. , BFHE 194, 498, BStBl II 2003, 426; , BFH/NV 2002, 959)—, den Umfang des Vorsteuerabzugs weitgehend nach der Verwendung im Laufe der wirtschaftlichen Lebensdauer des Wirtschaftsguts zu bestimmen (vgl. , BFHE 205, 549, BStBl II 2004, 858, unter II. 1. b bb).
Im Fall einer Geschäftsveräußerung im Ganzen (§ 1 Abs. 1a UStG) bedarf es einer Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG beim Veräußerer aber nicht, weil der erwerbende Unternehmer gemäß § 1 Abs. 1a Satz 3 UStG an die Stelle des Veräußerers tritt und deshalb auch hinsichtlich der Pflicht zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG in die Rechtsposition des Veräußeres eintritt (vgl. die Gesetzesbegründung zu § 15a Abs. 6a UStG, BTDrucks 12/5630 vom , S. 88).
Durch § 1 Abs. 1a UStG wird eine umsatzsteuerrechtliche Einzelrechtsnachfolge angeordnet (vgl. Bericht des Bundestagsfinanzausschusses, BTDrucks 12/6076, S. 134).
4. Im Übrigen liegt nach Auffassung der Finanzverwaltung in folgenden Fällen ebenfalls keine Änderung der Verhältnisse i.S. des § 15a UStG vor (vgl. BStBl I 2005, 1068, 1083 f.):
- Gesamtrechtsnachfolge, da der Rechtsnachfolger in die gesamte Rechtsposition des Rechtsvorgängers eintritt; ...
- Anwachsung beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer zweigliedrigen Personengesellschaft.
Diesen Fallgruppen ist der vorliegende Streitfall vergleichbar.
5. Die vom FA beantragte Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH sowie eine Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des EuGH kommen nicht in Betracht.
Entscheidungserhebliche Zweifelsfragen zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts, die dem EuGH nach § 234 Abs. 3 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft zur Vorabentscheidung vorgelegt werden müssten, stellen sich im Streitfall nicht. Die vom FA für klärungsbedürftig gehaltene Frage, „wer bei einer unentgeltlichen Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem umsatzsteuerpflichtig vermieteten Grundstück auf den Ehegatten und Eintritt der Bruchteilsgemeinschaft in den bestehenden Mietvertrag i.S. des Art. 5 Abs. 8 der Richtlinie 77/388/EWG 'Begünstigter' der Übertragung ist”, lässt sich anhand der bereits vorhandenen Rechtsprechung des EuGH zweifelsfrei lösen.
Nach dem EuGH-Urteil Zita Modes in Slg. 2003, I-14393, BFH/NV 2004, 128 soll Art. 5 Abs. 8 der Richtlinie 77/388/EWG es den Mitgliedstaaten gestatten, die Übertragungen von Unternehmen oder Unternehmensteilen zu erleichtern, nämlich sie zu vereinfachen und zu vermeiden, dass die Mittel des Begünstigten übermäßig steuerlich belastet werden, zumal er diese Belastung später durch einen Vorsteuerabzug wiedererlangen würde (Rdnr. 39). Der EuGH stellt also auf die Übertragung von „Unternehmen” oder „Unternehmensteilen” ab und darauf, ob die übertragenen materiellen oder ggf. immateriellen Bestandteile ein „Unternehmen oder einen Unternehmensteil” bilden, mit dem eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt werden kann (vgl. Rdnr. 40).
Daraus folgt für den Streitfall, dass „Begünstigter” der Übertragung derjenige ist, der das Vermietungsunternehmen der Klägerin fortführt, also nicht ihr Ehemann, sondern die aus den Ehegatten gebildete Bruchteilsgemeinschaft.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
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Fundstelle(n):
BStBl 2008 II Seite 65
BB 2007 S. 2389 Nr. 44
BB 2007 S. 2389 Nr. 44
BB 2007 S. 2498 Nr. 46
BFH/NV 2007 S. 2436 Nr. 12
BStBl II 2008 S. 65 Nr. 2
DB 2007 S. 2352 Nr. 43
DStR 2007 S. 1906 Nr. 43
DStRE 2007 S. 1466 Nr. 22
DStZ 2007 S. 716 Nr. 22
GStB 2007 S. 424 Nr. 12
HFR 2007 S. 1228 Nr. 12
NWB-Eilnachricht Nr. 43/2007 S. 3758
SJ 2007 S. 12 Nr. 25
StB 2007 S. 443 Nr. 12
StC 2007 S. 14 Nr. 12
StuB-Bilanzreport Nr. 21/2007 S. 832
UR 2007 S. 858 Nr. 22
UStB 2007 S. 341 Nr. 12
UVR 2007 S. 360 Nr. 12
XAAAC-60542