Besitzen Sie diesen Inhalt bereits,
melden Sie sich an.
oder schalten Sie Ihr Produkt zur digitalen Nutzung frei.
Der EU-Richtlinienvorschlag zu Verrechnungspreisen
Ein Schritt zu einer Vereinheitlichung und mehr Rechtssicherheit?
[i]EU-Kommission, Vorschlag für eine Richtlinie über die Verrechnungspreisgestaltung -COM(2023) 539 final v. 12.9.2023 unter https://go.nwb.de/ltklcDer Versuch einer verbindlichen Harmonisierung des Fremdvergleichsgrundsatzes innerhalb der EU könnte ein wichtiger Schritt sein, um Doppelbesteuerungskonflikte im Binnenmarkt aufgrund einer unterschiedlichen nationalen Umsetzung und Interpretation desselben zu reduzieren. Der Richtlinienvorschlag der EU-Kommission zu Verrechnungspreisen wirft aber auch eine Reihe nicht einfach aufzulösender Fragen auf. Entgegen dem allgemeinen Trend der zunehmenden Komplexität des Internationalen Steuerrechts hat dieses Vorhaben das Potenzial, durch die Harmonisierung des materiellen Rechts sowie die Schaffung flankierenden Verfahrensrechts zur Prävention bzw. Auflösung von Doppelbesteuerungskonflikten innerhalb des Anwendungsbereichs Rechtssicherheit zu schaffen. Dieser Beitrag stellt eine erste Analyse dieser Entwicklung hinsichtlich der systematischen Einordnung sowie anhand ausgewählter Beispiele aus steuerrechtlicher Perspektive dar und identifiziert verbleibende Unklarheiten sowie Verbesserungspotenzial.
Die EU-Richtlinie über die Verrechnungspreisgestaltung würde den Fremdvergleichsgrundsatz innerhalb der EU nach dem Vorbild der OECD-Verrechnungspreisleitlinien harmonisieren – aus Perspektive des deutschen Verfassungsrechts eine wesentliche Neuerung, weil hierdurch bisheriges soft law in hard law transformiert würde. Vor dem Hintergrund des Vertrauensschutzes auf die geltende Rechtslage bleiben hier Fragen bezüglich der zeitlichen Anwendung offen.
Der Richtlinienentwurf intendiert ein höheres Maß an Rechtssicherheit, da innerhalb der EU schrittweise eine einheitliche und verbindliche Auslegung des Fremdvergleichsgrundsatzes sichergestellt werden soll. Dies würde sowohl auf dem Wege der Gesetzgebung, d. h. über die Richtlinie nach ihrer Umsetzung selbst und die darin angelegten Rechtsgrundlagen für weiteres Tertiärrecht, als auch durch die dann zentrale Normenkontrolle des EuGH insbesondere in der Anwendung durch die Finanzverwaltungen erreicht.
Durch die Harmonisierung eines Verfahrens zur Anerkennung von Jahresendanpassungen sowie die Schaffung eines „Fast-track“-Verfahrens für korrespondierende Anpassungen sind erhebliche Verfahrenserleichterungen vorgesehen, um Doppelbesteuerung zu verhindern bzw. aufzulösen.S. 980