Abgrenzung zwischen stiller Gesellschaft und Genussrechtsverhältnis
Leitsatz
1. Für die Annahme einer stillen Gesellschaft können —vor allem in Grenzfällen— von den Vertragsparteien gewählte Formulierungen indizielle Bedeutung haben; entscheidend ist, was die Vertragsparteien wirtschaftlich gewollt haben und ob der —unter Heranziehung aller Umstände zu ermittelnde— Vertragswille auf die Merkmale einer (stillen) Gesellschaft gerichtet ist. Dabei darf der für eine stille Gesellschaft erforderliche gemeinsame Zweck der Gesellschafter nicht mit deren Motiven für ihre Beteiligung vermengt werden.
2. Dass Kapitalanleger und Fondsgesellschaft beide das Ziel verfolgen, durch Handel an internationalen Finanzterminmärkten mittelfristig einen Kapitalzuwachs zu erreichen, reicht für die Annahme eines gemeinsamen Zwecks nicht aus. Nämliches gilt für die Kapitaleinzahlung des Anlegers und die anschließende Verwendung des gezeichneten Kapitals. Ein gemeinsamer Zweck verlangt zwischen Anleger und Anlagegesellschaft ein substantielles „Mehr” als die bloße Kapitalhingabe und dessen Verwendung.
3. Ein Genussrecht liegt vor, wenn dem Rechtsinhaber zwar schuldrechtliche Ansprüche, nicht aber gesellschaftsrechtlich geprägte Mitgliedschaftsrechte vermittelt werden, ihm Vermögensrechte zugestanden werden, die typischerweise nur Gesellschaftern zustehen, die Rechte in großer Zahl und nicht nur vereinzelt begeben und dem Rechtsinhaber keine aktiven Mitverwaltungsrechte eingeräumt werden.
4. Einnahmen aus Genussrechten, mit denen sowohl eine Beteiligung am Gewinn als auch am Aufgabe- bzw. Liquidationserlös verbunden ist, fallen unter § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG.
Gesetze: EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 4 und Nr. 7HGB § 230
Instanzenzug: (EFG 2005, 530) (Verfahrensverlauf), ,
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um Einkommensteuer 1998; die Kläger und Revisionskläger (Kläger), zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute, wenden sich gegen den Ansatz von Einnahmen aus Kapitalvermögen.
Nachdem der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) die Kläger zunächst antragsgemäß mit Einkommensteuerbescheid 1998 vom —unter Vorbehalt der Nachprüfung— zur Einkommensteuer veranlagt hatte, änderte er die Veranlagung mit Änderungsbescheid 1998 vom , wobei er einen Betrag von 21 466 DM als Einnahmen aus Kapitalvermögen (Beteiligung an einem Handelsgewerbe in Form einer stillen Gesellschaft nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes —EStG—) erfasste.
Die Änderung erfolgte aufgrund einer Kontrollmitteilung, wonach sich die Klägerin auf Vermittlung einer Vertriebsgesellschaft mit 20 000 DM aufgrund eines Begebungsvertrages vom an einer Fondsgesellschaft beteiligt hatte. Die Beteiligungsanteile an der Fondsgesellschaft wurden von der Gesellschaft als „Genussrechte” bezeichnet, über die Beteiligung wurde von der Fondsgesellschaft ein Genussschein ausgestellt. Nach dem Zeichnungsschein für Genussrechte war der von der Fondsgesellschaft herausgegebene Prospekt vom Vertragsgegenstand; die Genussrechte wurden lt. Prospekt in Übereinstimmung mit den dort aufgeführten Angaben und Ausführungen angeboten.
Bei der Fondsgesellschaft handelte es sich um eine Kapitalgesellschaft (Anlage-Holding Gesellschaft mit beschränkter Haftung) mit Sitz auf den Bermudas, die das im Rahmen der Genussrechtszeichnung zur Verfügung gestellte Kapital für Rechnung der Genussrechtsinhaber in sog. Futures-Geschäfte investierte. Inhaber der Stammaktien der Fondsgesellschaft waren zu 49 % eine auf den Bermudas ansässige Tochtergesellschaft der ebenfalls dort registrierten Y-Ltd. und zu 51 % die Z-Ltd., gleichermaßen auf den Bermudas registriert.
Zur Kapitalbeschaffung hatte die Fondsgesellschaft Genussrechte im Gesamtnominalbetrag von mehreren Mio. DM begeben, deren Laufzeit auf den befristet war. Den Genussrechtsinhabern wurde das Recht eingeräumt, das Genussrechtsverhältnis durch Kündigung zu bestimmten Zeitpunkten, erstmals zum , zu beenden. Die für den Fall der Kündigung vereinbarte Rückgabegebühr hing ab von der Laufzeit des Vertragsverhältnisses und nahm mit zunehmender Vertragsdauer ab. Der Begebungsvertrag sieht eine Garantie der Rückzahlung des Genussrechtskapitals zum vor.
Die Futures-Geschäfte wurden nicht von der Fondsgesellschaft selbst, sondern von einer zu diesem Zweck von ihr errichteten 100 %igen Tochtergesellschaft mit beschränkter Haftung, der T-Ltd., durchgeführt. Nach den Angaben im Prospekt sollte dadurch das Risiko der Insolvenz der Fondsgesellschaft minimiert werden. Außerdem sollte lt. Begebungsvertrag ein Teil des von den Genussrechtsinhabern hingegebenen Geldes (ca. 60 %) in Finanzanlagen investiert werden, die in einem Sicherungsdepot bei der X-Bank zu hinterlegen waren. Im Hinblick auf das Sicherungsdepot hatte die Bank in einem Vertrag mit der Fondsgesellschaft zuvor unwiderruflich die Auszahlung des Gesamtzeichnungsbetrages der begebenen Genussrechte zum garantiert.
Für den Handel mit den Futures-Geschäften sah der Zeichnungsprospekt die Einrichtung eines Verwaltungskontos vor, über das die Tochtergesellschaft die vorgesehenen Terminkontrakte abwickeln sollte. Hierfür sollten ca. 40 % des eingezahlten Genussrechtskapitals verwendet werden. Mit der technischen Abwicklung der Geschäfte sollte die Tochtergesellschaft zuvor vertraglich bestimmte Handelsberater und Broker betrauen, bei denen es sich um Unternehmen handelte, die ebenfalls zur „Y-Gruppe” gehörten.
Nach dem Begebungsvertrag sollten Fonds- und Tochtergesellschaft alle Geschäfte im eigenen Namen tätigen. Die Verwaltung des Genussrechtskapitals sollte ausschließlich für Rechnung der Genussrechtsinhaber erfolgen. Die laufende Gewinnausschüttung an die Genussrechtsinhaber war vertraglich ausgeschlossen, vielmehr war die Thesaurierung aller anfallenden Überschüsse vorgesehen, die somit nur im Rahmen der Beendigung des Genussrechtsverhältnisses realisiert werden konnten. Im Fall der vorzeitigen Kündigung des Genussrechtsverhältnisses durch den Inhaber des Genussrechts war die Fondsgesellschaft lt. Prospekt zur Auszahlung des anteiligen Nettovermögenswertes zum jeweiligen Stichtag verpflichtet. Für den Fall der Beendigung durch Zeitablauf war die Fondsgesellschaft verpflichtet, den verbleibenden Genussrechtsinhabern ihren jeweiligen Anteil des Nettovermögenswertes vom auszubezahlen.
Eine Erfolgsbeteiligung der Fondsgesellschaft, der Tochtergesellschaft oder der Bank war nach den vertraglichen Vereinbarungen ausgeschlossen. Fonds- und Tochtergesellschaft standen lediglich das Recht zu, aus dem eingezahlten Geld die laufenden Kosten zu decken. Geschäftsführergehälter und ähnliche Kosten waren im Vorhinein erfolgsunabhängig vereinbart worden. Der Bank stand für die Einräumung der Garantie eine einmalige Gebühr zu; daneben hatte sie Anspruch auf eine laufende Garantiegebühr. Die Gesellschafter der Fondsgesellschaft hatten auf jegliche Dividendenansprüche und auf eine Beteiligung am Liquidationserlös der Fondsgesellschaft verzichtet.
Die Gestaltung der Kapitalanlage war im Übrigen dadurch gekennzeichnet, dass von den Anlegern neben der Zeichnungssumme (mindestens 20 000 DM) ein Agio in Höhe von 5 % zu leisten war. Nach Ablauf der Zeichnungsfrist war jeder Genussrechtsinhaber mit dem Anteil am Nettovermögen der Fondsgesellschaft beteiligt, das sich aus dem Verhältnis seines Genussrechts zur Gesamtzahl aller ausstehenden Genussrechte errechnete. Mit dem Gesamterlös aus den Emissionen der Genussrechte verfolgte die Anlagegesellschaft das Ziel, durch einen Handel an den internationalen Interbankdevisen- und Terminmärkten (Termin-, Kassa- und Swap-Kontrakte sowie Optionsgeschäfte) mittelfristig einen bedeutenden Kapitalzuwachs zu erwirtschaften. Die Genussrechte waren für Anleger bestimmt, die beabsichtigten, diese bis zum Fälligkeitstag zu halten. Die Anlagegesellschaft war zum Fälligkeitstag verpflichtet, alle an jenem Datum ausstehenden Genussrechte zurückzunehmen. Erstmalig ca. drei Jahre nach Aufnahme des Handels durch die Fondsgesellschaft konnten die Genussrechte zweimal jährlich vorzeitig zurückgegeben werden. Der jeweilige Rückgabepreis wurde im Verhältnis zum Nettovermögenswert je Genussrecht berechnet. Sofern der Nettovermögenswert der ausstehenden Genussrechte am Fälligkeitstag kleiner sein sollte als der Nennwert der Genussrechte, wurde den Zeichnern unwiderruflich die Rückzahlung des Zeichnungskapitals ohne Agio garantiert (sog. Garantiebetrag). Den Anlegern stand es frei, ihre Genussrechte an Dritte zu veräußern; ihnen standen auch bestimmte Kontrollrechte zu.
Die Klägerin hat ihr Genussrecht am an die Fondsgesellschaft zurückgegeben und hierbei einen Rückgabepreis von 42 466,63 DM erzielt. Nach Abzug von Gebühren, dem gezeichneten Kapital von 20 000 DM sowie dem Agio von 1 000 DM verblieb ein Nettoertrag von 21 466 DM.
Den von den Klägern gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid 1998 erhobenen Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom zurück. Das FA wertete die Anlage als Beteiligung an einem Handelsgewerbe in Form einer stillen Gesellschaft und unterwarf den Nettoertrag von 21 466 DM nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG der Besteuerung.
Mit ihrer dagegen erhobenen Klage machten die Kläger geltend, ein Besteuerungstatbestand sei nicht erfüllt.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2005, 530 veröffentlichten Urteil vom 10 K 225/01 abgewiesen. Es entschied, das FA habe die der Klägerin zugeflossenen Erträge nach Kündigung ihrer Beteiligung an der Fondsgesellschaft zutreffend als Einnahmen aus Kapitalvermögen i.S. von § 20 Abs. 1 EStG erfasst. Die Erträge stammten nicht aus einem Genussrecht i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, sondern seien Einnahmen aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 4 1. Alternative EStG.
Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG). Das hier zu beurteilende Vertragsverhältnis stelle ein Genussrecht i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG dar, nicht aber eine stille Beteiligung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Eine Besteuerung des Gewinns nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG komme nicht in Betracht. Hierunter fielen nur laufende Einkünfte. Solche habe die Klägerin nicht erzielt.
Die Kläger beantragen, die Einkommensteuer 1998 unter Aufhebung des und Änderung des Einkommensteuerbescheids 1998 vom i.d.F. der Einspruchsentscheidung vom soweit herabzusetzen, wie sie sich bei Ansatz von Kapitaleinkünften von 0 DM ergibt.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Nach Auffassung des FA ist das zwischen der Klägerin und der Fondsgesellschaft begründete Rechtsverhältnis als typisch stille Beteiligung zu werten; der Nettoertrag der Klägerin stelle daher Einnahmen aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG dar.
II.
Die Revision der Kläger ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
Der Gewinn der Klägerin aus der Rückgabe ihres Genussrechts am an die Fondsgesellschaft unterliegt nicht als Einnahmen aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG der Besteuerung. Entgegen der Auffassung des FG ist mit der Beteiligung der Klägerin von 20 000 DM am Kapitalanlagemodell der hier in Rede stehenden Fondsgesellschaft keine stille Gesellschaft begründet worden.
1. Eine stille Gesellschaft setzt nach § 230 des Handelsgesetzbuchs (HGB) den vertraglichen Zusammenschluss zwischen einem Unternehmensträger („Inhaber eines Handelsgeschäfts”) und einem anderen voraus, kraft dessen sich der andere ohne Bildung eines Gesellschaftsvermögens mit einer Einlage an dem Unternehmen beteiligt und eine Gewinnbeteiligung erhält (vgl. dazu ausführlich , BFHE 184, 21, BStBl II 1997, 755, unter II.1.a bis c der Gründe; VIII R 12/96, BFHE 184, 34, BStBl II 1997, 761, unter II.1.a bis c der Gründe; VIII R 13/96, BFHE 184, 46, BStBl II 1997, 767, unter II.1.a bis c der Gründe; vom VIII R 63/03, BFH/NV 2008, 194; ferner z.B. Dötsch, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 20 Rz F 2). Da die stille Gesellschaft nur als Innengesellschaft existiert und nach außen hin nicht in Erscheinung tritt (vgl. , BFHE 141, 498, BStBl II 1984, 820), muss die Einlage nach § 230 HGB so geleistet werden, dass sie in das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts übergeht; die Einlage wird daher kein Gesamthandsvermögen. Ferner erfordert die stille Gesellschaft —wie jede andere Gesellschaft auch— einen gemeinsamen Zweck, das bedeutet, dass das gemeinsame Streben zur Erreichung gemeinsamer Ziele im Vordergrund stehen muss (vgl. Bundesgerichtshof —BGH—, Urteil vom II ZR 45/50, BGHZ 3, 75; Blaurock, Handbuch der Stillen Gesellschaft, 6. Aufl., S. 154; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 59 I, S. 1735; ders. in: Münchner Kommentar zum HGB, 2. Aufl., § 230 Rz 19 f.; MünchKommBGB/Ulmer, 3. Aufl., § 705 Rz 109 f., 229 f.; differenzierend Schulze-Osterloh, Der gemeinsame Zweck der Personengesellschaften, 1973, S. 25 f., wonach der verfolgte Zweck nur für diejenigen Beteiligten ein gemeinsamer ist, die das jeweils erzielte Ergebnis sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht gleichartig trifft).
Mit der Einigung auf den gemeinsamen Zweck werden die gemeinsamen Vorstellungen der Parteien über Grundlagen und Ziele des Vertrags zum Vertragsinhalt erhoben; diese dürfen indes nicht mit den Motiven der Parteien für ihre Beteiligung an der Gesellschaft vermengt werden (vgl. MünchKommBGB/Ulmer, a.a.O., § 705 Rz 14 ff.). Letztlich unterscheidet daher die „Gemeinsamkeit des Zwecks” die Gesellschaft von den reinen Austauschverhältnissen.
2. Nach den vorstehend genannten Grundsätzen ist im Streitfall keine stille Gesellschaft anzunehmen. Dafür spricht sowohl der Wortlaut der getroffenen Vereinbarung, in der von einem Genussrecht die Rede ist, als auch die fehlende Erwähnung des Begriffs der stillen Gesellschaft. Denn von den Vertragsparteien gewählte Formulierungen können —besonders in Grenzfällen— indizielle Bedeutung haben (BFH-Urteil in BFHE 184, 21, BStBl II 1997, 755). Sie schließen indes eine davon abweichende Beurteilung nicht aus. Entscheidend ist vielmehr, was die Vertragsparteien wirtschaftlich gewollt haben und ob dieser —unter Heranziehung aller Umstände zu ermittelnde— Vertragswille auf die Merkmale einer (stillen) Gesellschaft gerichtet ist (Dötsch, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 20 Rz F 52, m.w.N.). Ergibt sich danach, dass sich die Vertragspartner zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks verbunden haben und nicht lediglich jeweils ihre eigenen Interessen verfolgen, so ist die Vereinbarung als Gesellschaftsvertrag i.S. des § 705 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zu qualifizieren (Dötsch, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 20 Rz F 3, m.w.N.; vgl. auch , BFHE 168, 239, BStBl II 1992, 889, 890, betreffend die Abgrenzung der stillen Beteiligung vom partiarischen Darlehen).
Nach Auffassung des Senats fehlt es im Streitfall —entgegen der Auffassung des FG— bereits an dem für die Annahme einer stillen Gesellschaft i.S. des § 230 HGB erforderlichen gemeinsamen Zweck. Soweit das FG insoweit zu einem anderen Ergebnis gelangt, werden dessen Schlussfolgerungen von den tatsächlichen Feststellungen hinsichtlich des Inhalts und der Ausgestaltung der hier zu beurteilenden Verträge zwischen den Kapitalanlegern und der Fondsgesellschaft und der weiter eingeschalteten Beteiligten (X-Bank, T-Ltd., Händler und Broker) nicht getragen und entfalten daher nach § 118 Abs. 2 FGO keine Bindungswirkung für den Senat (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 118 Rz 24 f., m.w.N.).
Dass im Streitfall nicht von einem gemeinsamen Zweck ausgegangen werden kann, ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Im Emissionsprospekt heißt es zwar, die Fondsgesellschaft und das von ihr eingerichtete Konto hätten das Ziel, durch Handel an den internationalen Interbankdevisen- und Finanzterminmärkten mittelfristig einen substantiellen Kapitalzuwachs zu erreichen. Damit wird aber kein gemeinsam zu verfolgender Zweck zwischen dem Betreiber eines Handelsgewerbes und einem am Handelsgewerbe still Beteiligten bezeichnet oder vereinbart. Das folgt bereits daraus, dass hier nicht von einem „gemeinsamen Zweck”, sondern lediglich von einem zu verfolgenden „Ziel” die Rede ist. Auch die Bezeichnung der Fondsgesellschaft im Emissionsprospekt als „Ein Terminmarktprodukt mit Kapitalgarantie” gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sich ein Anleger am Handelsgewerbe eines anderen still beteiligen soll, sondern spricht eher dagegen. Insofern bezeichnet auch der „Handel an den internationalen Interbankdevisen- und Finanzterminmärkten” mehr die Art und Weise, wie der wirtschaftliche Erfolg des Anlageproduktes erreicht werden soll, als einen gemeinsamen Zweck zwischen Anleger und Anlagegesellschaft. Auch der Umstand, dass im Ergebnis ein Kapitalzuwachs angestrebt wird, reicht für einen gemeinsamen Zweck nicht aus. Denn das Erstreben eines Kapitalzuwachses ist typisch für fast alle Kapitalanlagen und kann allein daher keinen gemeinsamen Zweck begründen.
Es ist auch nicht erkennbar, dass die Fondsgesellschaft Zwecke verfolgt haben könnte, die mit den Zwecken der Anleger zu einem gemeinsamen Zweck hätten verbunden werden können. Die Interessen der Anleger können nach Würdigung des Emissionsprospekts nur dahin verstanden werden, dass es ihnen um eine möglichst hohe und dennoch risikoarme Rendite geht. Der Erfolg der Anlage, die Rendite, schlägt sich letztlich im Wert des „Genussrechts” nieder. Demgegenüber bestehen keine vergleichbaren Interessen der Anlagegesellschaft. Das zeigt sich schon daran, dass sie —anders als die Zeichner der Genussrechte— am Erfolg der Fondsgesellschaft nicht teil hat. Die Inhaber der Stammaktien (Gesellschaftskapital 30 000 DM, verteilt auf 30 000 Stammaktien zum Nennwert von je 1 DM) haben laut Emissionsprospekt nämlich keine Dividendenansprüche oder sonstige Ansprüche auf eine Erfolgsbeteiligung. Im Falle der Liquidation oder Auflösung der Fondsgesellschaft oder bei Ausschüttung des Gesellschaftskapitals haben sie lediglich Ansprüche auf einen Betrag in Höhe des Nennwerts der Aktien, sofern diese einbezahlt sind, nicht aber auf weitere Vermögenswerte. Solche sind vielmehr dem Konto der Genussrechtsinhaber zuzuführen. Zwar fallen —erfolgsunabhängig— Kosten für die Bezahlung der Mitglieder der Geschäftsführung der Anlagegesellschaft an. Indessen sind solche Kosten bei jeder größeren Kapitalanlage unvermeidlich, da bei den meisten Kapitalanlagen ohne aktives Management ein Anlageerfolg nicht zu erzielen ist. Vom Erfolg der Kapitalanlage profitieren damit im Ergebnis allein die Anleger als Zeichner der Genussrechte, nicht aber die Inhaber der Stammaktien. Das zeigt sich auch daran, dass gemäß Emissionsprospekt nach Abschluss der Zeichnungsperiode jeder Inhaber von Genussrechten mit dem Anteil am Nettovermögen des Kontos beteiligt ist, der im Verhältnis seines Genussrechts/seiner Genussrechte zur Gesamtzahl aller Genussrechte steht.
Der gemeinsame Zweck kann auch nicht damit begründet werden, dass die Klägerin —wie auch die anderen Anleger— das von ihr gezeichnete Kapital, mit dem der Handel an den internationalen Interbankdevisen- und Finanzterminmärkten betrieben werden sollte, auf ein von der Anlagegesellschaft bezeichnetes Konto überwiesen hat. Denn die Hingabe des Geldes könnte allenfalls als Leistung einer Einlage qualifiziert werden; daraus folgt aber kein gemeinsamer Zweck, er setzt diesen vielmehr voraus (so auch , EFG 1998, 1214). Die anschließende Verwendung des gezeichneten Kapitals für den Handel an den Terminmärkten kann ebenfalls nicht ausschlaggebend im Sinne eines gemeinsamen Zwecks sein, weil ansonsten die bloße Kapitalhingabe und die nachfolgende Verwendung des Kapitals stets einen gemeinsamen Zweck und damit eine stille Gesellschaft begründen würden. Nach Auffassung des Senats setzt ein gemeinsamer Zweck aber ein substantielles „Mehr” als die bloße Kapitalhingabe und die Verwendung des Kapitals zwischen Anleger und Anlagegesellschaft voraus (so im Ergebnis auch FG Köln, Urteil in EFG 1998, 1214). Wenn sich die Vorinstanz in diesem Zusammenhang auf die Senatsentscheidung in BFHE 184, 21, BStBl II 1997, 755 beruft, lässt sie außer Acht, dass in jenem Fall der zu Grunde liegende Lebenssachverhalt schon deshalb gänzlich anders gelagert war, weil zwischen den Beteiligten eine „Risikogemeinschaft” bestand. Zwar stand den Anlegern auch dort eine Erfolgsbeteiligung zu. Diese war aber begrenzt auf 70 % des Nettowertzuwachses aus den von der Anlagegesellschaft getätigten Geschäften. Daraus folgt, dass immerhin 30 % des Nettowertzuwachses bei der Anlagegesellschaft verblieben ist, so dass allein von daher ein gemeinsames Erfolgsstreben, d.h. ein gemeinsamer Zweck i.S. des § 230 HGB, auf der Hand lag.
Ein substantielles „Mehr” ist im Streitfall nicht gegeben. Die Anlagegesellschaft verfolgte ausweislich des Emissionsprospekts aus den Verträgen mit den Anlegern keine eigenen Vorteile. Der Emissionsprospekt lässt zwar erkennen, dass die im weitesten Sinne mit der Anlagegesellschaft verbundenen Unternehmen, die mit der Investition, Verwaltung und Abwicklung des überlassenen Kapitals allein beauftragt waren, in Form von Beratungs- und Handelsgebühren sowie von Erfolgsvergütungen durchaus eigenständige und für den Anleger nicht auf den ersten Blick erkennbare monetäre Ziele im Auge hatten. Ein gemeinsamer Zweck zwischen Anlegern und Anlagegesellschaft kann daraus aber nicht abgeleitet werden. Denn die Verfolgung gemeinsamer Zwecke darf sich nicht darin erschöpfen, dass jede Vertragspartei für sich allein Ziele anstrebt, die vielleicht aufeinander abgestimmt sind, mangels entsprechender rechtlicher Bindungen —wie hier— aber nicht gegenseitig eingefordert werden können (BFH-Urteil in BFHE 168, 239, BStBl II 1992, 889; FG Köln, Urteil in EFG 1998, 1214, m.w.N.).
Daher kommt eine Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG nicht in Betracht.
3. Das Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und der Fondsgesellschaft ist vielmehr als Genussrechtsverhältnis zu beurteilen. Zwar existiert eine gesetzliche Definition des Genussrechts nicht (vgl. statt aller: Harenberg/Irmer, Die Besteuerung privater Kapitaleinkünfte, 3. Aufl., S. 184; Kratzsch, Die Behandlung von Genussrechten im Steuerrecht, Betriebs-Berater —BB— 2005, 2603). Nach herrschender Meinung ist aber von einem Genussrecht auszugehen, wenn dem Rechtsinhaber gegen das die Genussrechte ausgebende Unternehmen zwar schuldrechtliche Ansprüche, nicht aber gesellschaftsrechtlich geprägte Mitgliedschaftsrechte vermittelt werden, dem Rechtsinhaber Vermögensrechte zugestanden werden, die typischerweise nur Gesellschaftern zustehen, die Rechte in großer Zahl und nicht nur vereinzelt begeben und dem Rechtsinhaber keine aktiven Mitverwaltungsrechte eingeräumt werden (vgl. FG Köln, Urteil in EFG 1998, 1214; , Neue Juristische Wochenschrift —NJW— 1993, 57; vom II ZR 230/91, NJW 1993, 400; , EFG 1996, 836, rechtskräftig; Lutter in KK-AktG, 2. Aufl., § 221 Rz 198 ff.; Karsten Schmidt, a.a.O., § 18 II 2 d, S. 520 und § 26 IV 1 g, S. 779; MünchHdb.GesR IV/Krieger, 3. Aufl., § 63 Rz 62).
a) Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Genussrechte wurden laut Emissionsprospekt in großer Zahl begeben (angeboten wurden 1 000 Genussrechte zum Preis von je 20 000 DM zzgl. 5 % Agio). Den Rechtsinhabern stehen laut Emissionsprospekt keinerlei Stimmrechte zu, sie haben lediglich Anspruch auf bestimmte Informationen durch Erhalt einer Einladung zur Jahreshauptversammlung und einer Kopie des geprüften Jahresabschlusses; außerdem erhalten sie quartalsweise einen Auszug der Nettovermögenswerte, der Anzahl der Genussrechte im Publikumsbesitz und des Nettovermögenswerts je Genussrecht mit Stellungnahmen zum Handelsergebnis der Tochtergesellschaft. Durchschlagende gesellschaftsrechtlich geprägte Mitgliedschaftsrechte sind damit wegen des explizit erfolgten Ausschlusses vom Stimmrecht nicht verbunden. Das gilt umso mehr, als erweiterte und über die in § 233 HGB vorgesehenen Kontroll- und Mitwirkungsrechte hinaus gehende Rechte der Anleger nicht vereinbart worden sind und diesen auch keine Weisungsbefugnis hinsichtlich der Geschäftsführung der Anlagegesellschaft zusteht.
b) Steuerrechtlich sind die Vereinbarungen zwischen der Klägerin und der Anlagegesellschaft daher als Genussrechtsverhältnis i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu bewerten, weil sie der Klägerin nicht nur eine Teilhabe am Gewinn, sondern auch am Aufgabe- bzw. Liquidationserlös verschafften. Denn Einnahmen aus Genussrechten, mit denen sowohl eine Beteiligung am Gewinn als auch am Aufgabe- bzw. Liquidationserlös verbunden ist, fallen nicht unter § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, sondern unter § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG (vgl. Harenberg/Irmer, a.a.O., S. 186; Blümich/Stuhrmann, § 20 EStG Rz 129; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 27. Aufl., § 20 Rz 52; Wrede in Herrmann/Heuer/Raupach —HHR—, § 20 EStG Rz 165; Hamacher in Korn, § 20 EStG Rz 66). Die Klägerin hat aus dem Genussrecht keine laufenden Erträge bezogen, sondern dieses im Juli 1998, d.h. ca. 4,5 Jahre nach Zeichnung des Kapitals und ca. 3,5 Jahre vor Ablauf der zum befristeten Laufzeit, zurückgegeben. Die Veräußerung originär erworbener und —wie hier— im Privatvermögen befindlicher Genussrechte stellt keinen Vorgang in der Einkunftssphäre, sondern in der Vermögenssphäre dar; die Veräußerung solcher Genussrechte führt daher nur im Rahmen der §§ 17 bzw. 23 EStG zur Steuerpflicht (HHR/Wrede, § 20 EStG Rz 185; Blümich/Stuhrmann, a.a.O., § 20 EStG Rz 133; Wassermeyer, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 20 Rz A 17 ff., Rz C 40, 49; Schmidt/Weber-Grellet, a.a.O., § 17 Rz 22; so im Ergebnis auch , BFHE 210, 272, BStBl II 2005, 861). Da die Jahresfrist des § 23 EStG unstreitig deutlich überschritten ist und die Klägerin mit ihrer Anlage auch die Beteiligungsgrenzen des § 17 EStG bei weitem nicht erreicht hat, war die Rückgabe des Genussrechts im Juli 1998 steuerfrei. Zwar hat die Klägerin ihre Rechtsposition nicht „veräußert”, was ihr ohne Weiteres möglich gewesen wäre, sondern an die Anlagegesellschaft zurückgegeben. Der Senat sieht aber keine Veranlassung, die gemäß Emissionsprospekt vor Ablauf der vorgesehenen Laufzeit mögliche Rückgabe anders zu behandeln, als die —ebenfalls mögliche— Veräußerung an fremde Dritte. Denn es kann für die steuerliche Bewertung letztlich keine Rolle spielen, ob sich der Anleger für eine Veräußerung an Dritte oder aber für den möglicherweise bequemeren Weg der Rückgabe an die Anlagegesellschaft entscheidet.
c) Aus den nämlichen Erwägungen scheidet auch eine Steuerpflicht gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG aus. Die Klägerin hat aus ihrem Genussrecht weder besondere Entgelte oder Vorteile bezogen, die neben den in den Abs. 1 und 2 bezeichneten Einnahmen gewährt werden, noch solche, die an deren Stelle gegeben werden. Die Wertsteigerung, die das Genussrecht der Klägerin bis zum Zeitpunkt der Rückgabe erfahren hat, geschieht auf der nicht steuerbaren Vermögensebene und der Rückgabepreis, den die Klägerin erlöst, ist das nicht steuerbare Entgelt für die Aufgabe des Genussrechts (vgl. nur (HHR/Wrede, § 20 EStG Rz 185; Blümich/Stuhrmann, a.a.O., § 20 EStG Rz 133; Wassermeyer, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 20 Rz A 17 ff., Rz C 40, 49).
Nach alledem ist die Revision begründet und der Klage stattzugeben. Die Berechnung der Steuer wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem FA übertragen.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
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Fundstelle(n):
BStBl 2008 II Seite 852
BB 2008 S. 1871 Nr. 35
BB 2008 S. 2223 Nr. 41
BFH/NV 2008 S. 1572 Nr. 9
BFH/PR 2008 S. 453 Nr. 11
BStBl II 2008 S. 852 Nr. 19
DB 2008 S. 1948 Nr. 36
DStR 2008 S. 1629 Nr. 34
DStRE 2008 S. 1173 Nr. 18
DStZ 2008 S. 662 Nr. 19
EStB 2008 S. 343 Nr. 10
FR 2009 S. 184 Nr. 4
GStB 2008 S. 350 Nr. 10
GStB 2008 S. 41 Nr. 11
GmbHR 2008 S. 1169 Nr. 21
HFR 2008 S. 1135 Nr. 11
NWB-Eilnachricht Nr. 33/2008 S. 3069
NWB-Eilnachricht Nr. 34/2008 S. 3171
SJ 2008 S. 4 Nr. 19
StB 2008 S. 351 Nr. 10
StuB-Bilanzreport Nr. 17/2008 S. 686
WPg 2008 S. 1084 Nr. 22
ZIP 2008 S. 2264 Nr. 48
VAAAC-85314