Übertragung einer Rücklage nach § 6b EStG von einer Kapitalgesellschaft auf ein Wirtschaftsgut einer Personengesellschaft, an der die Kapitalgesellschaft beteiligt ist; Umgekehrte Maßgeblichkeit nach § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG
Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder nimmt das BMF zur Übertragung einer Rücklage nach § 6b EStG, die von einer Kapitalgesellschaft gebildet wurde und auf ein Wirtschaftgut einer Personengesellschaft, an der die Kapitalgesellschaft beteiligt ist, übertragen wird, wie folgt Stellung:
I. Bildung der Rücklage nach § 6b EStG bei der Kapitalgesellschaft
Die bei der Veräußerung eines Wirtschaftsgutes aufgedeckten stillen Reserven können gemäß § 6b EStG auf ein anderes begünstigtes Wirtschaftsgut übertragen werden. Wird diese Übertragung nicht im selben Wirtschaftsjahr vorgenommen, so kann der Steuerpflichtige eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden. Die Bildung der Rücklage ist in der Steuerbilanz oder der Anpassungsrechnung nach § 60 Abs. 2 Satz 1 EStDV des Steuerpflichtigen nur zulässig, wenn das steuerliche Wahlrecht in Übereinstimmung mit der Handelsbilanz ausgeübt wird, d.h., wenn in der Handelsbilanz ein entsprechender Passivposten (Sonderposten mit Rücklagenanteil, § 247 Abs. 3 HGB) ausgewiesen wird (Grundsatz der umgekehrten Maßgeblichkeit, § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG).
II. Übertragung der Rücklage nach § 6b EStG von der Kapitalgesellschaft auf ein Wirtschaftsgut einer Tochterpersonengesellschaft
Der Steuerpflichtige kann den in die Rücklage eingestellten begünstigten Gewinn, der in einem als Einzelunternehmen geführten Betrieb entstanden ist, auf Wirtschaftsgüter übertragen, die zum Betriebsvermögen einer Personengesellschaft gehören, an der er als Mitunternehmer beteiligt ist (R 6b.2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EStR 2005). Da § 6b EStG gemäß § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. R 32 Abs. 1 KStR bei der Einkommensermittlung der Kapitalgesellschaft entsprechend anzuwenden ist, besteht diese Übertragungsmöglichkeit auch für Kapitalgesellschaften.
Eine Übertragung ist der Höhe nach nur zulässig, soweit die Wirtschaftsgüter dem Steuerpflichtigen zuzurechnen sind (R 6b.2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EStR 2005).
1. Auflösung der Rücklage bei der Kapitalgesellschaft
Wird die in der Bilanz der Kapitalgesellschaft gebildete Rücklage bei den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts der Personengesellschaft, an der die Kapitalgesellschaft beteiligt ist, berücksichtigt, ist bilanzsteuerrechtlich entsprechend den Grundsätzen in R 6b.2 Abs. 8 EStR 2005 zu verfahren. In der Handelsbilanz der Kapitalgesellschaft muss der Sonderposten mit Rücklagenanteil aufgelöst werden, weil die Ausübung dieses steuerlichen Wahlrechtes nicht mehr dargestellt werden kann.
Da die Beteiligung an einer Personengesellschaft abweichend vom Handelsrecht in der Steuerbilanz der Kapitalgesellschaft kein selbständiges Wirtschaftsgut darstellt, sondern die anteilige Zurechnung der der Personengesellschaft dienenden Wirtschaftsgüter beim Gesellschafter begründet, mindert sich der entsprechende Ansatz in der Steuerbilanz der Kapitalgesellschaft aufgrund der spiegelbildlichen Darstellungsweise (vgl. unter II. 2. Minderung des Kapitalkontos der Kapitalgesellschaft in der Steuerbilanz der Personengesellschaft). Dies gilt unabhängig von der Bewertung der Beteiligung in der Handelsbilanz der Kapitalgesellschaft. Der Grundsatz der umgekehrten Maßgeblichkeit findet insoweit keine Anwendung, da für den Ansatz der Beteiligung an der Personengesellschaft kein steuerliches Wahlrecht im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG besteht.
2. Minderung der Anschaffungs-/Herstellungskosten des Wirtschaftsgutes bei der Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft)
Wird der begünstigte Gewinn auf ein Wirtschaftsgut einer Personengesellschaft übertragen, sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten dieses Wirtschaftsgutes zu mindern. Die Übertragung wird durch erfolgsneutrale Absetzung vom Kapitalkonto in der Steuerbilanz der Personengesellschaft abgebildet. Da § 6b EStG eine gesellschafterbezogene Begünstigung darstellt, ist allein das Kapitalkonto in der Steuerbilanz des Mitunternehmers zu mindern, der den begünstigten Gewinn überträgt.
Die Übertragung der Rücklage stellt die Ausübung eines steuerlichen Wahlrechtes dar. Nach dem Grundsatz der umgekehrten Maßgeblichkeit müssen daher die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Wirtschaftsgutes in der Handelsbilanz der Personengesellschaft entsprechend gemindert werden. Soweit der Abzug in einem der folgenden Wirtschaftjahre in der handelsrechtlichen Jahresbilanz durch eine Zuschreibung rückgängig gemacht wird, erhöht der Betrag der Zuschreibung den Buchwert des Wirtschaftsgutes in der Steuerbilanz (§ 5 Abs. 1 Satz 2 EStG, R 6b.2 Abs. 1 Satz 2 EStR 2005).
III. Zeitliche Anwendung
Dieses Schreiben gilt für alle Rücklagen, die nicht auf Veräußerungen im Zeitraum vom bis zum beruhen. Hinsichtlich der geforderten Darstellung des Übertragungsvorgangs in der Handelsbilanz der Personengesellschaft ist es nicht zu beanstanden, wenn bei bis zum aufgestellten Bilanzen die Minderung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Wirtschaftsgutes in der Handelsbilanz nicht vorgenommen wurde und die Personengesellschaft für die Gesellschafter, der begünstigte Veräußerungsgewinne überträgt, eine negative Ergänzungsbilanz aufgestellt hat. Diese Darstellungsweise kann in den nachfolgend aufzustellenden Bilanzen beibehalten werden.
BMF v. - IV B 2
-S 2139/07/0003
Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2008 I Seite 495
BB 2008 S. 606 Nr. 12
DB 2008 S. 551 Nr. 11
DStR 2008 S. 506 Nr. 11
DStZ 2008 S. 385 Nr. 12
EStB 2008 S. 137 Nr. 4
FR 2008 S. 339 Nr. 7
GStB 2008 S. 15 Nr. 4
GmbHR 2008 S. 504 Nr. 9
SJ 2008 S. 23 Nr. 7
StB 2008 S. 116 Nr. 4
StBW 2008 S. 10 Nr. 6
WPg 2008 S. 300 Nr. 7
TAAAC-72884