OFD Frankfurt/M. - S 7119 A - 5 - St 110

Umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Überlassung von Fahrzeugen (Werbemobilen) an soziale Institutionen, Sportvereine und Kommunen

1 Sachverhalt

Oftmals erfüllen Werbefirmen ihre Aufträge gegenüber ihren Kunden (i. d. R. gewerbliche Unternehmen) durch das Anbringen von Werbeflächen auf Kraftfahrzeugen, die dann im Stadtbild bewegt werden.

Hierfür wird verschiedenen Institutionen (soziale Einrichtungen, Vereine, Verbände, Kommunen, Interessenverbänden, Golfclubs etc.) ein entsprechend mit Werbeflächen versehenes Fahrzeug – je nach Bedarf, Kleinbus, Kombi oder Golfcar – überlassen (sog. Werbemobil).

Die Werbefirma übergibt das Fahrzeug der Institution zur Nutzung, behält jedoch den Kfz-Brief bis zum Ende der Vertragslaufzeit, die der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer entspricht, zurück. Die Institution verpflichtet sich im Gegenzug, das Kfz bis zum Vertragsende möglichst werbewirksam und häufig zu nutzen, sowie die Werbung zu dulden. Für die Gebrauchsüberlassung sind keine Zahlungen an die Werbefirma zu leisten. Die Zulassung sowie die Versicherung des Fahrzeugs erfolgt durch die Institution im eigenen Namen; sie hat auch die laufenden Kfz-Kosten zu tragen.

Nach Vertragsende wird das Eigentum an dem Werbemobil ohne Zuzahlung – mit Ausnahme der durch die Werbefirma zu zahlende Umsatzsteuer – an die Institution übertragen, die sodann die Werbeflächen zu beseitigen hat.

2 Umsatzsteuerrechtliche Würdigung der durch die Werbefirma erbrachten Leistungen

2.1 Steuerbarkeit

2.1.1 Die Werbefirma erbringt bereits mit Übergabe des Fahrzeugs zu Beginn des Nutzungszeitraums eine Lieferung i. S. d. § 3 Abs. 1 UStG an die betreffende Institution, da schon zu diesem Zeitpunkt das wirtschaftliche Eigentum an dem Fahrzeug auf die Institution übergeht, vgl. (DStR 2008 S. 1277).

Da der Vertrag bei vertragsgemäßer Erfüllung während der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Fahrzeugs nicht gekündigt werden kann und mit deren Ablauf das bürgerlich-rechtliche Eigentum auf die Institution übergeht, hat diese bereits zu Beginn der Laufzeit die Verfügungsmacht an dem Fahrzeug erlangt. Eine vorgeschaltete sonstige Leistung (Fahrzeugüberlassung) ist daher nicht gegeben.

Ob die Verfügungsmacht übertragen wird, richtet sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse des Einzelfalls. Die für das Leasing entwickelten Grundsätze können für die Beurteilung sinngemäß herangezogen werden (vgl. Abschn. 25 Abs. 4 UStR sowie Anhang 21 EStH).

2.1.2 Die Lieferung erfolgt im Rahmen eines tauschähnlichen Umsatzes, da das Entgelt in der Werbeleistung besteht, die die Institution mit der Duldung der Anbringung der Werbeflächen auf dem Fahrzeug und dessen werbewirksamen Einsatzes an die Werbefirma erbringt (§ 3 Abs. 12 S. 2 UStG).

2.2 Bemessungsgrundlage

Beim tauschähnlichen Umsatz gilt der Wert eines jeden Umsatzes als Entgelt für den anderen Umsatz. Die Umsatzsteuer gehört nicht zum Entgelt (§ 10 Abs. 2 S. 2 und 3 UStG).

Maßgebend für die Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 2 Satz 2 UStG ist der von der Werbefirma gezahlte Einkaufspreis für das Fahrzeug (vgl. hierzu  UR 1990, 307 – UR 1995, 64, HFR 1996, 824). Dies ist der Betrag, den der Empfänger der Werbeleistung, die nicht bar abgegolten wird, zu diesem Zweck aufzuwenden bereit ist.

2.3 Entstehung der Steuer

Die Umsatzsteuer für die Lieferung entsteht bei der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten bereits mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Werbemobil an die Institution übergeben wurde (Vertragsbeginn), vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 1 UStG.

3 Umsatzsteuerrechtliche Würdigung der durch die Institution erbrachten Leistungen

3.1 Steuerbarkeit

3.1.1 Die Gegenleistung der nutzenden Institution führt bei Vereinen zur ertragsteuerlichen Begründung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes, wenn dieser aktiv an der Werbemaßnahme mitwirkt ( BStBl 1998 I S. 212).

Dies ist dann der Fall, wenn die steuerbegünstigte Körperschaft vertraglich verpflichtet ist, das Fahrzeug über den zu eigenen Zwecken notwendigen Umfang hinaus einzusetzen oder es werbewirksam abzustellen, Pressekonferenzen zu veranstalten und Kontakte zwischen potentiellen Werbeträgern und dem Werbeunternehmen herzustellen (vgl. KSt-Kartei – § 5 KStG – Karte H 112).

Für die Abgrenzung gelten die allgemeinen Grundsätze [vgl. insbesondere Anwendungserlass zur Abgabenordnung, zu § 67a, Tz. 9 (KSt-Kartei – § 5 KStG – vor Karte 1 H)].

Wirkt der Verein nicht aktiv an der Werbemaßnahme mit, wird zwar kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb begründet, er ist dennoch unternehmerisch tätig, denn die Werbeflächen werden über mehrere Jahre, also nachhaltig zur Verfügung gestellt (§ 2 Abs. 1 S. 1 UStG).

3.1.2 Bei Juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPdöR) kann ein Betrieb gewerblicher Art (BgA) begründet werden, wenn diese aktiv an der Werbemaßnahme mitwirkt und somit eine nachhaltige wirtschaftliche Tätigkeit zur Erzielung der Einnahmen ausübt (§ 2 Abs. 3 i. V. m. §§ 1 Abs. 1 Nr. 6, 4 KStG; vgl. auch KSt-Kartei – § 4 KStG – Karte A 18).

Der Betrieb des Werbemobils führt jedoch nur dann zu einem BgA, wenn diese Tätigkeit sich innerhalb der Gesamtbetätigung der jPdöR wirtschaftlich heraushebt und von einigem Gewicht ist (Abschn. 6 Abs. 5 KStR).

Für die Beurteilung der Umsatzgrenzen nach Abschn. 6 Abs. 4 und 5 KStR ist jedoch das einmalig entrichtete Entgelt (Wert des Kfz) auf die Laufzeit der Werbeleistung zu verteilen, da die wirtschaftliche Tätigkeit „Werbeleistung” über die gesamte Laufzeit erbracht wird. § 13 UStG ist insoweit nicht maßgebend.

3.1.3 Die Leistung der Institution besteht in einer sonstigen Leistung nach § 3 Abs. 9 UStG (Werbeleistung nach § 3a Abs. 4 Nr. 2 i. V. m. Abs. 3 UStG).

3.2 Bemessungsgrundlage

Bemessungsgrundlage für die Werbeleistung ist der Wert der Fahrzeuglieferung, also der Einkaufspreis des Fahrzeugs (§ 10 Abs. 2 S. 2 UStG).

Soweit keine Anhaltspunkte für eine abweichende Beurteilung ersichtlich sind, ist davon auszugehen, dass sich Leistung und Gegenleistung gleichwertig gegenüber stehen.

3.3 Entstehung der Steuer

Die Istversteuerung von Anzahlungen kommt auch für Lieferungen in Betracht, die im Rahmen eines tauschähnlichen Umsatzes als Entgelt hingegeben werden.

Die Umsatzsteuer entsteht somit bei der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt in Form der Fahrzeuglieferung bereits vor Leistungsausführung vereinnahmt wird (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 4 UStG, Abschn. 181 Abs. 1 und 2 UStR).

Die sonstige Leistung der Institution wird erst im Zeitpunkt ihrer Vollendung, also mit Ablauf der Nutzungsdauer des Werbemobils erbracht. Die Werbefirma erwirkt die als Gegenleistung des tauschähnlichen Umsatzes anzusehende Lieferung jedoch bereits zu Beginn des Vertrages.

Des Weiteren liegen keine Teilleistungen vor. Zwar ist der Umsatz „Werbeleistung” wirtschaftlich teilbar, gesonderte Entgeltsvereinbarungen für bestimmte Teile der Leistung wurden jedoch nicht getroffen (§ 13 Abs. 1 Nr. 1a S. 3 UStG).

Bei der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten (§ 13 Abs. 1 Nr. 1b S. 1 UStG), entsteht die Umsatzsteuer ohnehin mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums der Entgeltsvereinnahmung (Fahrzeuglieferung).

3.4 Kleinunternehmerregelung

Wird die Institution erst durch das Erbringen der Werbeleistung zum Unternehmer, so ist für die Frage der Kleinunternehmerregelung bei der Anwendung der Umsatzgrenze nach § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG Abschnitt 246 Absatz 4 UStR zu beachten (vergleiche Verfügung vom  – S 7361 A – 2 – St I 1.30, USt-Kartei – § 19 – Karte 2). Der Gesamtumsatz ist nach vereinnahmten Entgelten zu berechnen (§ 19 Abs. 1 S. 2 und Abs. 3 S. 2 UStG).

Wird die maßgebliche Umsatzgrenze im Jahr der Entgeltsvereinnahmung überschritten, so hat die Institution die Vorauszahlung zunächst im Wege der Regelbesteuerung zu versteuern.

3.5 Vorsteuerabzug

Der Institution ist ein Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG aus der Fahrzeuglieferung bzw. aus den laufenden Kosten nur dann zu gewähren, wenn zusätzliche Werbefahrten durchgeführt werden.

In einem solchen Falle ist dem Grunde nach ein anteiliger Vorsteuerabzug entsprechend dem Anteil der auf diese Fahrten entfallenden Fahrleistung im Verhältnis zur Gesamtfahrleistung zulässig.

Für nach dem erworbene Werbemobile ist jedoch die Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG zu beachten. Demnach ist der Vorsteuerabzug aus dem Erwerb nur möglich, wenn das Werbemobil zu mehr als 10 vom Hundert für Werbefahrten eingesetzt wird. Dies ist in der Regel nicht der Fall.

Sofern die Institution das Fahrzeug lediglich werbewirksam einsetzt, jedoch nicht verpflichtet ist, separate Werbefahrten durchzuführen, kommt ein Vorsteuerabzug nicht in Betracht, da die Aufwendungen für die bezogenen Leistungen kein Kostenelement des ausgeführten Umsatzes „Werbeleistung” werden, sie dieser somit wirtschaftlich nicht zuzurechnen sind (vgl. Urteil des BFH-Urteil vom  –  BStBl 1993 II S. 810 sowie BStBl 1997 II S. 552).

3.6 Steuersatz

Der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG ist – soweit die übrigen Vorsaussetzungen vorliegen – anzuwenden, wenn die Leistungen nicht im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes ausgeführt werden (siehe hierzu Tz. 3.1.1). Wirkt die Institution nicht aktiv an der Werbeleistung mit, liegt mithin eine unschädliche Vermögensverwaltung vor.

Diese Karteikarte ersetzt die bisherige Karte 2 zu § 3 – S 7119 (), die auszusondern ist. Die Änderungen sind kursiv gekennzeichnet.

OFD Frankfurt/M. v. - S 7119 A - 5 - St 110

Fundstelle(n):
SAAAC-91445