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StuB Nr. 2 vom Seite 49

Pfandgelder in der Getränkeindustrie

Neue Beurteilung durch die Finanzverwaltung im Bilanzsteuerrecht

WP/StB Prof. Dr. Ulrich Prinz

Seit Jahren ist die Bilanzierung vereinnahmter/verausgabter Pfandgelder für Mehrwegleergut in der Getränkeindustrie „im Streit“. Der BFH hatte mit Datum vom für einen Spezialfall der Mineralbrunnenbetriebe vereinnahmte Pfandgelder für sog. Einheitsleergut in Orientierung an zivilrechtlichen Kriterien nicht mehr zur Passivierung zugelassen. Die Praxis hatte dies basierend auf dem durchgängig anders gehandhabt. Erst im Jahr 2019 wurde die BFH-Entscheidung vom im Bundessteuerblatt II veröffentlicht. Gleichzeitig ließ die Finanzverwaltung in einem Schreiben vom verlauten, dass die Grundsätze des „alten“ Erlasses aus 2005 aufgehoben werden. Was an dessen Stelle „genau“ gelten soll, sagte die Finanzverwaltung nicht. Die Getränkeindustrie – insbesondere die meist mittelständisch organisierten Brauereibetriebe – liefen dagegen mit bilanzsteuerlichen, aber auch ökologischen Argumenten „Sturm“. Dies wurde auch in der Politik aufgegriffen. Nunmehr ist am ein neues BMF-Schreiben mit bemerkenswerten Vereinfachungs- und Übergangsbestimmungen ergangen; es wird in der Praxis vermutlich „streitbeilegend“ wirken. Eine steuergesetzliche Klarstellung ist nun nicht mehr zu erwarten.

Kernfragen
  • Was war der Anlass des ?

  • Wie ist das neue Schreiben zu werten?

  • Was ist Unternehmen anzuraten?

I. Inhalt und Analyse

1. Pfandgelder im „Bilanzierungsstreit“

[i]Oser/Wirtz, Rückstellungreport 2020, StuB 1/2021 S. 8, NWB DAAAH-67093 Berizzi/Guldan/Loevenich, Handels- und steuerrechtliche Behandlung von Pfandgeldern für Mehrweggebinde, NWB 42/2020 S. 3124, NWB GAAAH-60336 Rätke, Bilanzierung von Pfandgeldern beim Brunnen-Einheitsleergut, StuB 15/2013 S. 565, NWB HAAAE-41813 Bei der steuerbilanziellen Behandlung vereinnahmter und verausgabter Pfandgelder für die verschiedenen Typen von Leergut im Mehrwegsystem in der Getränkeindustrie bestand in den letzten Jahren eine hohe Rechtsunsicherheit. In Betriebsprüfungen – insbesondere bei Brauereibetrieben – wurde eine vollständige Auflösung der über Jahre gebildeten Rückstellungen bei sog. Einheitsleergut an Pfandflaschen/Kästen verlangt. Als Einheitsleergut werden Gebinde bezeichnet, die keinem bestimmten Abfüller zugeordnet werden können (insbesondere Normpfandflaschen) und bei denen laut BGH-Rechtsprechung das zivilrechtliche Eigentum auf den jeweiligen Kunden übergeht.

Während die Kästen üblicherweise individuell einzelnen Brauereien zuzurechnen sind, werden Flaschen verbreitet als Einheitsleergut von verschiedenen Brauereien genutzt. In Einzelfällen hatte die von der Finanzverwaltung verlangte Komplettauflösung von Rückstellungen existenzbedrohenden Umfang. Als Folge daraus wurden die Betriebsprüfungsergebnisse in vielen Fällen streitig gestellt.S. 50

Ungeachtet des hat sich in der Handelsbilanzpraxis der Brauereien zwischenzeitlich die Rechtsauffassung durchgesetzt, für die Verpflichtung zur Rückzahlung der vereinnahmten Pfandgelder für Einheits- und Individualleergut an Kisten und Flaschen an die Kunden seien bei funktionierendem Kreislaufsystem Rückstellungen i. H. des voraussichtlichen Erfüllungsbetrags zu bilden. Vonseiten der Abschlussprüfer wird unter Gläubigerschutzaspekten und nach Maßgabe des Vorsichtsprinzips weiterhin eine sachgerechte Passivierung der Pfandverbindlichkeiten verlangt. Schließlich hat sich in akzelerierter Form im Verlauf der vergangenen zwei Jahre auch die Politik des Themas „Leergut im Steuerrecht“ angenommen. Grund dafür war eine durch die Präferierung von Individualleergut befürchtete Gefährdung des bislang funktionierenden Mehrwegsystems in der Getränkeindustrie. Es wurde ein ökologisch nicht gewünschter Trend zum Individualleergut diagnostiziert. Das steuerrechtliche Pfandthema – man höre und staune – erhielt also in jüngerer Zeit auch außerhalb der Steuerfachwelt große Aufmerksamkeit.

Nach langwierigen Diskussionen und nicht zuletzt wegen der ökologischen Aspekte von Mehrwegverpackungen im Brau-ereiwesen hat die Finanzverwaltung zwischenzeitlich mit Datum vom ein Schreiben auf den Weg gebracht, das „kurz und bündig“ formuliert ist und den bilanziellen und steuerlichen Bedürfnissen der Brauwirtschaft Rechnung tragen soll. Es bedarf nun sorgsamer Analyse und Handhabung. Das Schreiben enthält drei Regelungen.