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Überschuldungsbilanz
1. Anwendungsbereich
Die Überschuldung eines Unternehmens lässt sich weder mithilfe der Handels- noch mittels einer Steuerbilanz adäquat abbilden. Aus diesem Grund ist in diesen Fällen vielmehr eine sog. Überschuldungsbilanz als Sonderbilanz (auch Überschuldungsstatus genannt) aufzustellen. Angesichts der drohenden insolvenzrechtlichen Auswirkungen dient sie der Überprüfung, ob das vorhandene Vermögen des Schuldners seine bestehenden Verbindlichkeiten deckt. Rechtsverbindlichen Charakter hat die Überschuldungsbilanz nicht. Von Gesetzes wegen besteht nämlich keine Verpflichtung, eine solche Sonderbilanz zu erstellen. Dennoch ist sie insoweit unentbehrlich, als es ihrer Aufstellung bedarf, wenn der insolvenzrechtlich relevante Überschuldungstatbestand überprüft werden soll.
Eine Überschuldungsbilanz nimmt weder in der Gründungs- noch in der Liquidationsphase eines Unternehmens eine besondere Rolle ein. Sie ist vielmehr eine zwischenzeitlich aufzustellende Sonderbilanz, die aber durch Ausweis der Überschuldung eines Unternehmens nicht selten auch dessen Auflösung einläutet. Genauso ist in Überschuldungsbilanzen allerdings der Ausweis einer Überdeckung denkbar, d. h., das Vermögen des Schuldners übersteigt seine bestehenden Verbindlichkeiten.
Drukarczyk/Schüler, § 19 Überschuldung, in Kirchhof/Eidenmüller/Stürner (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, Bd. 1, 4. Aufl. 2019
Reichelt, 3. Kapitel. Das Insolvenzeröffnungsverfahren, § 17. Die Insolvenzgründe, in Pape/Reichelt/Schultz/Voigt-Salus (Hrsg.), Insolvenzrecht, 3. Aufl. 2022
Gundlach, § 6 Die Insolvenzgründe als Verfahrensauslöser, in Gottwald/Haas (Hrsg.), Insolvenzrechts-Handbuch, 6. Aufl. 2020
Deubert/Meyer, P. Verlustanzeigebilanz und Überschuldungsstatus, in Deubert/Förschle/Störk (Hrsg.), Sonderbilanzen, 6. Aufl. 2021
Winnefeld, Bilanz-Handbuch, 5. Aufl. 2015, S. 2611-2625
2. Insolvenzrechtlicher Überschuldungsbegriff
Der insolvenzrechtliche Überschuldungsbegriff ist in § 19 Abs. 2 InsO verankert. Wenn das Vermögen des Schuldners seine bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, liegt Überschuldung im insolvenzrechtlichen Sinne vor. Dies gilt dann nicht, wenn die Unternehmensfortführung in den nächsten zwölf Monaten nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist. Um das Verhältnis von Vermögen und Verbindlichkeiten sachgerecht zu beurteilen, ist es erforderlich, die Aktiva und Passiva des Schuldners in der Überschuldungsbilanz einander gegenüberzustellen.
Die Überschuldung ist für Kapitalgesellschaften neben der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit ein weiterer Tatbestand, der die jeweiligen Geschäftsführungsorgane verpflichtet, die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu beantragen. Der Überschuldungstatbestand hat bei Rechtsträgern mit beschränkter Haftung zur Aufgabe, die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens früher auszulösen, „als dies allein durch den Tatbestand der Zahlungsunfähigkeit der Fall wäre.“