Gewillkürtes BV bei Gewinnermittlung durch Einnahmenüberschussrechnung
Gesetze: EStG § 4 Abs. 3
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ermittelte den Gewinn ihres Unternehmens, einer Unternehmensberatung, gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). In den Anlagen zu ihrer Gewinnermittlung wies sie seit seiner Anschaffung im Jahre 1993 einen PKW als Anlagevermögen aus und stellte die Entwicklung dar. Im Rahmen einer Außenprüfung für die Jahre 1996 bis 1998 einigten sich Klägerin und Betriebsprüferin auf eine betriebliche Nutzung des PKW's von jährlich 3 000 km bei einer gesamten Fahrleistung von 10 000 km. Durch die entsprechende Schätzung der betrieblich angefallenen PKW-Kosten ergaben sich in den Streitjahren Gewinnerhöhungen von 8 229 DM bzw. 6 978 DM, die zu Änderungen der Einkommensteuerbescheide für 1996 und 1997 führten.
Der Einspruch der Klägerin, mit dem diese geltend machte, der PKW stelle gewillkürtes Betriebsvermögen dar und es seien deshalb die gesamten Kfz-Kosten —unter Abzug der nach der 1 %-Regelung ermittelten privaten Nutzungsentnahme— zu berücksichtigen, hatte keinen Erfolg. Rechtsprechung und Finanzverwaltung ließen bei der Einnahme-Überschussrechnung die Bildung gewillkürten Betriebsvermögens nicht zu. Die Widmung eines Wirtschaftsgutes des Betriebsvermögens als eindeutig und für den sachverständigen Dritten ohne weitere Erklärung erkennbar, könne nur in der Buchführung des Steuerpflichtigen vorgenommen werden.
Mit ihrer Klage machte die Klägerin weiter geltend, die Nichtzulassung von gewillkürtem Betriebsvermögen bei der Einnahmen-Überschussrechnung verstoße gegen das Gebot der Gleichbehandlung (Art. 3 des Grundgesetzes). Der PKW stehe in einem gewissen objektiven Zusammenhang mit dem Betrieb und sei bestimmt und geeignet, diesen zu fördern; die Zuordnung zum Betriebsvermögen sei auch nach außen erkennbar.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab; die Entscheidung ist abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 1224.
Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin das Klageanliegen weiter. Sie habe von Anfang an unmissverständlich und ausreichend dokumentiert, dass sie den PKW als Betriebsvermögen behandeln wolle. Das Fahrzeug sei in das nach § 4 Abs. 3 Satz 3 EStG zu führende Anlagenverzeichnis aufgenommen worden, die entsprechenden Absetzungen für Abnutzung seien jährlich ermittelt und als Betriebsausgaben erfasst und das Verzeichnis in der komprimierten Form des Anlagespiegels der Gewinnermittlung beigefügt worden. Die Position „PKW” werde dabei gesondert ausgewiesen. Sie erstelle zudem zeitnah monatliche Aufzeichnungen.
Die Klägerin beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben sowie die Einkommensteueränderungsbescheide 1996 vom und 1997 vom sowie die Einspruchsentscheidung vom dahin zu ändern, dass die Einkommensteuer 1996 unter Berücksichtigung von Einkünften aus selbständiger Arbeit in Höhe von 57 009 DM und die Einkommensteuer 1997 unter Berücksichtigung von Einkünften aus selbständiger Arbeit in Höhe von 89 124 DM festgesetzt wird.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Die Vorentscheidung ist aufzuheben und der Klage stattzugeben (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Zu Unrecht hat das FG die Bildung gewillkürten Betriebsvermögens durch die Klägerin und auf dieser Grundlage den Abzug der von der Klägerin begehrten Betriebsausgaben versagt.
1. Mit Urteil vom IV R 13/03 (BFHE 203, 373, BFH/NV 2004, 132) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) der Bildung gewillkürten Betriebsvermögens nicht entgegen stehe; er hat damit seine bisherige Rechtsprechung geändert (zuletzt: IV R 32/80, BFHE 137, 19, BStBl II 1983, 101). Der erkennende Senat schließt sich der Entscheidung in BFHE 203, 373, BFH/NV 2004, 132 an und verweist zur Begründung im Einzelnen auf die dort angeführten Gründe (unter II. 2., 3. und 4.; vgl. auch Drüen, Finanz-Rundschau 2004, 94; Paus, Die Information für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer 2004, 141).
Die Zuordnung eines sowohl privat als auch betrieblich genutzten Wirtschaftsguts zum gewillkürten Betriebsvermögen scheidet allerdings aus, wenn das Wirtschaftsgut nur in geringfügigem Umfang betrieblich genutzt wird und daher zum notwendigen Privatvermögen gehört; als geringfügig ist auch nach Auffassung des erkennenden Senats ein betrieblicher Anteil von weniger als 10 % der gesamten Nutzung anzusehen (vgl. BFH in BFHE 203, 373, BFH/NV 2004, 132, unter II. 1. c). Die Zuordnung eines Wirtschaftsguts zum gewillkürten Betriebsvermögen setzt ferner im Falle einer Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung voraus, dass dies in unmissverständlicher Weise durch entsprechende, zeitnah erstellte Aufzeichnungen dokumentiert wird.
2. Nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG betrug die betriebliche Nutzung des PKW der Klägerin im Streitjahr 30 % und war damit nicht geringfügig. Davon geht auch das FA aus, das darauf hinweist, es habe der Klägerin frei gestanden, ihren Gewinn durch Bestandsvergleich zu ermitteln und damit die Voraussetzungen für die Willkürung des PKW als Betriebsvermögen und damit für die Anwendung der 1 %-Regelung zu schaffen. Zur Höhe der jeweiligen Aufwendungen liegen zwar keine Feststellungen des FG vor, sie sind jedoch zwischen den Beteiligten nicht streitig.
Entgegen der Auffassung des FA steht die von der Klägerin durchgeführte Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG der Bildung gewillkürten Betriebsvermögens nicht entgegen. Auch hat die Klägerin nach den Feststellungen des FG den PKW seit seiner Anschaffung im Jahr 1993 in den Anlagen zu ihrer Gewinnermittlung als Anlagevermögen ihres Unternehmens ausgewiesen und die Entwicklung des Buchwertes in den Folgejahren dargestellt. Dass der Zugang des PKW nicht in unmissverständlicher Weise durch entsprechende zeitnah erstellte Aufzeichnungen dokumentiert worden sei, ist auch vom FA nicht vorgetragen worden.
Die Berechnung der Einkommensteuer wird dem FA übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 173
KÖSDI 2004 S. 14316 Nr. 9
OAAAB-36115