Oberfinanzdirektion Koblenz - S 7100 A - St 44 3

Umsatzsteuerrechtliche Behandlung der unentgeltlichen Übertragung eines unternehmerisch genutzten Grundstücks bei gleichzeitiger Einräumung eines Vorbehaltsnießbrauchs zugunsten des Schenkers

Bei der unentgeltlichen Übertragung eines Grundstücks – z.B. im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge – unter gleichzeitiger Bestellung eines Nießbrauchsrechts für den Übertragenden (sog. Vorbehaltsnießbrauch) ist gefragt worden, ob der Übertragende (Schenker) hierdurch eine Lieferung i.S. des § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG (bis Entnahmeeigenverbrauch i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Bst. a UStG) mit ggf. nach § 15a UStG zu beachtenden Folgen verwirklicht.

Dies ist für die Dauer des Vorbehaltsnießbrauchs zu verneinen.

Bei der Übertragung eines Grundstücks unter gleichzeitiger Bestellung eines Vorbehaltsnießbrauchs erhält nämlich der Erwerber von vornherein nur das mit dem Nießbrauch belastete Grundstück. Der Übertragende behält sich mit dem Nießbrauch die Nutzungsmöglichkeit zurück, die ihm zuvor aufgrund seines Eigentums zustand.

In diesen Fällen wird somit dem Erwerber keine Verfügungsmacht im Sinne des § 3 Abs. 1 UStG verschafft. Durch das bei der Grundstücksübertragung eingeräumte Nießbrauchsrecht wird der neue bürgerlich-rechtliche Eigentümer in seinen Möglichkeiten, über das Grundstück tatsächlich verfügen zu können, in erheblichem Umfang eingeschränkt. Der vorbehaltene Nießbrauch bringt zum Ausdruck, dass der Schenker zwar das formale Eigentum, nicht aber die Verfügungs- und Nutzungsmöglichkeiten übertragen will.

Da dem Erwerber keine Verfügungsmacht verschafft wird, kann es sich in diesen Fällen nicht um eine gleichgestellte Lieferung i.S. des § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG handeln, so dass kein steuerbarer Umsatz nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vorliegt. Zum einen mangelt es an der Verschaffung der Verfügungsmacht im Sinne des § 3 Abs. 1 UStG, zum anderen stellt der vorbehaltene Nießbrauch keine Gegenleistung des Grundstückerwerbers dar, weil sich der Übertragende mit dem Nießbrauch die Nutzungsmöglichkeit zurückbehält. Somit sind die für eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs erforderlichen Voraussetzungen des § 15a Abs. 8 UStG (bis § 15a Abs. 4 UStG) nicht erfüllt.

Nach der im Steuerrecht maßgebenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise ändert sich auch nach schenkweiser Übertragung des Eigentums nichts in der Verwendung des Grundstücks für unternehmerische Zwecke, wenn der Schenker Nießbraucher wird und in dieser Eigenschaft die unternehmerische Nutzung des Grundstücks fortsetzt. Durch die Bestellung des Vorbehaltsnießbrauchs wird deutlich, dass der Schenker das Grundstück weiterhin seinem Unternehmen zuordnen will. Folglich liegt auch keine Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse im Sinne des § 15a Abs. 1 UStG vor.

Eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG kommt daher in diesen Fällen vorerst nicht in Betracht.

Mit Beendigung des Vorbehaltsnießbrauchs – bei befristeter Einräumung mit Auslaufen des Nießbrauchs bzw. für den Fall eines auf Lebensdauer des Nießbrauchsberechtigten eingeräumten Nießbrauchs bei dessen vorzeitiger Beendigung – verliert der Schenker jedoch seine Verfügungsbefugnis über das Grundstück. Die Verfügungsbefugnis geht zu diesem Zeitpunkt auf den Erwerber über. Das führt bei dem Schenker, soweit kein Tatbestand nach § 1 Abs. 1a UStG gegeben ist, zu einer gleichgestellten Lieferung i.S. des § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG (bis zu einem Eigenverbrauch nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Bst. a UStG), da er das Grundstück ab diesem Zeitpunkt nicht mehr zur Erzielung von Einnahmen und damit zu Zwecken nutzt, die außerhalb des Unternehmens liegen.

Bei Grundstücken/Gebäuden die bis zum angeschafft wurden, handelt es sich hierbei um eine nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfreie Lieferung i.S.d. § 3 Abs. 1b UStG (bis steuerfreien Entnahmeeigenverbrauch i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. a UStG), die beim Schenker ggf. eine Vorsteuerberichtigung zur Folge hat.

Für nach dem erworbene Grundstücke/Gebäude stellt diese Entnahme unter der Voraussetzung, dass das Grundstück/Gebäude zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, eine steuerpflichtige Lieferung i.S.d. § 3 Abs. 1b UStG dar (vgl.  IV B 7 – S 7300 – 26/04 BStBl 2004 I S. 469).

(übernommen von OFD Frankfurt am Main)

Oberfinanzdirektion Koblenz v. - S 7100 A - St 44 3

Fundstelle(n):
NAAAB-67556