Man sieht sich mehrfach im Leben – Verlustverrechnungsbeschränkungen
Man sagt sowohl in positiven wie auch in negativen Situationen gerne mal den bekannten Spruch „Man sieht sich immer zweimal im Leben“. Dass dieser Spruch auch sehr gut im Rahmen des Besteuerungsverfahrens anwendbar ist und die darin gemachte quantitative Angabe sogar noch höher ausfallen kann, haben die Beteiligten hinlänglich erlebt und zeigt sich im Beitrag auf , der die Verrechnungsbeschränkungen für Verluste aus Termingeschäften und die Frage der Verfassungsmäßigkeit derselben thematisiert.
So müssen es sich das FG Rheinland-Pfalz bzw. die beteiligten Personen gedacht haben, als im Rahmen der Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung zwei Fälle innerhalb von einem guten halben Jahr entschieden wurden. Die Steuerpflichtigen müssen sich sogar gedacht haben, dass man sich immer mehrfach sieht, da sie ja neben dem jeweiligen Einspruchsverfahren eben auch das Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung über die verschiedenen Ebenen bzw. Instanzen hinweg „miterleben durften“.
Auch für den Bundesfinanzhof ist der Spruch einschlägig: So hatte er mit Beschluss vom November 2020 dem Bundesverfassungsgericht die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Verrechnungsbeschränkung für Verluste aus der Veräußerung von Aktien nach § 20 Abs. 6 Satz 4 EStG vorgelegt und durfte sich nun im Rahmen einer Beschwerde gegen einen der obigen Beschlüsse des FG Rheinland-Pfalz wieder mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit einer Verlustverrechnungsbeschränkung bei den Einkünften aus Kapitalvermögen beschäftigen. Seine Ausführungen zum Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG im Rahmen der gebotenen summarischen Prüfung sind eindeutig und lesenswert. Aber auch die obersten deutschen Richter beim BVerfG in Karlsruhe dürften die Entscheidungen zur Kenntnis genommen haben mit dem Gefühl „nicht schon wieder“.
Nachdem es sich aber „nur“ um Entscheidungen im Rahmen von AdV-Verfahren handelt, bleiben die jeweiligen Hauptsacheverfahren noch abzuwarten. Zwar qualifizierte das FG Baden-Württemberg in einem Hauptsacheverfahren vor dem oben angesprochenen BFH-Beschluss zur AdV § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG „trotz Bedenken“ als verfassungsgemäß, aber nach den Ausführungen des BFH ist klar, dass man dieses lex specialis der Verlustverrechnungsbeschränkung nochmals „sehen“ wird, entweder im Rahmen weiterer Entscheidungen der Judikative und/oder wegen einer Gesetzesänderung durch die Legislative.
Wie dargestellt, ergingen fast alle Entscheidungen im Rahmen von AdV-Verfahren. Am hat der BFH seinen Beschluss zur Vorlage an das BVerfG hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Höhe der AdV-Zinsen veröffentlicht. Das ist ein weiterer Beweis für die Aussage „Man sieht sich mehrfach im Leben“!
Beste Grüße
Markus Morawitz
Fundstelle(n):
NWB-EV 9/2024 Seite 253
MAAAJ-73927