Haftung für Umsatzsteuer beim Handel mit Waren im Internet (§§ 22f, 25e und 27 Abs. 25 UStG)
Durch Artikel 9 des Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom (BGBl 2018 I S. 2338) [1] wurden § 22f – Besondere Pflichten für Betreiber eines elektronischen Marktplatzes – und § 25e – Haftung beim Handel auf einem elektronischen Marktplatz – in das Umsatzsteuergesetz (UStG) eingefügt. Zudem wurde in § 27 UStG – Allgemeine Übergangsvorschriften – ein neuer Abs. 25 eingefügt. Die vorgenannten Regelungen treten gemäß Artikel 20 Abs. 3 des o. g. Gesetzes am in Kraft.
Unter Bezugnahme auf die Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt Folgendes:
I. Aufzeichnungspflichten (§ 22f UStG)
1 Gemäß § 22f Abs. 1 Satz 1 UStG hat der Betreiber eines elektronischen Markplatzes zu den auf seinem Marktplatz tätigen Unternehmern, die Lieferungen im Rahmen ihres Unternehmens ausführen, die auf dem von ihm bereitgestellten Marktplatz rechtlich begründet wurden und bei denen die Beförderung oder Versendung im Inland beginnt oder endet, folgende Grunddaten aufzuzeichnen:
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des liefernden Unternehmers unter der dieser im Inland steuerlich erfasst ist oder die er im Antrag auf steuerliche Erfassung angegeben hat
die dem liefernden Unternehmer von dem nach § 21 Abgabenordnung (AO) zuständigen Finanzamt erteilte Steuernummer (StNr.)
– soweit vorhanden – die vom Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.)
Beginn und Enddatum der Gültigkeit der nach § 22f Abs. 1 Satz 2 UStG vom zuständigen Finanzamt erteilten Bescheinigung über die steuerliche Erfassung des Unternehmers.
Der Nachweis zu den unter Buchst. a) bis d) erforderlichen Angaben ist vom Betreiber des elektronischen Marktplatzes durch eine im Zeitpunkt der jeweiligen Lieferung vorliegende gültige Bescheinigung des nach § 21 AO zuständigen Finanzamtes über die steuerliche Erfassung des liefernden Unternehmers zu erbringen. Steuerliche Erfassung im Sinne dieser Regelung bedeutet, dass eine Erfassung für die Umsatzsteuer erfolgt ist (vgl. Rz. 4).
Zusätzlich zu den Grunddaten sind zu den o. g. Lieferungen folgende Angaben aufzuzeichnen:
Ort des Beginns der Beförderung oder Versendung sowie den Bestimmungsort Bezüglich der Ortsbestimmung gelten die allgemeinen Regelungen des UStG (vgl. § 3 Abs. 5a bis 8 UStG). Die Ortsangabe des Bestimmungsortes ist als vollständige Anschrift aufzuzeichnen.
Zeitpunkt des Umsatzes
Die Regelungen des § 3 Abs. 5a bis 8 UStG sind für die Bestimmung des Zeitpunktes der Lieferungen entsprechend anzuwenden.
Höhe des Umsatzes
Die Höhe des Umsatzes bemisst sich entsprechend § 10 UStG nach dem Entgelt. Dabei sind Entgeltminderungen, wenn dem Lieferempfänger Rabatte, Skonti, Preisnachlässe u. ä. gewährt werden, zu berücksichtigen. Die Entgeltminderung ist nicht gesondert aufzuzeichnen.
Eine Lieferung im umsatzsteuerlichen Sinne und damit ein Umsatz liegt nicht vor, wenn der Lieferempfänger die Ware nicht annimmt bzw. in der ihm gewährten Frist zurücksendet (Rückgabe).
2 Erfolgte die Registrierung auf dem elektronischen Marktplatz nicht als Unternehmer im Sinne des UStG, gelten die o. g. Aufzeichnungspflichten zu Buchstaben a), e), f) und g) entsprechend (§ 22f Abs. 2 Satz 1 UStG). Als Anschrift ist die Wohn- bzw. Meldeadresse aufzuzeichnen. In den Grunddaten ist für Zwecke der eindeutigen Identifizierung des Lieferers bei natürlichen Personen zusätzlich das Geburtsdatum aufzuzeichnen (§ 22f Abs. 2 Satz 2 UStG).
3 Für die unter Rz. 1 und 2 genannten aufzuzeichnenden Angaben gilt gemäß § 147 Abs. 1 Nummer 1 i. V. m. Abs. 3 Satz 1 AO eine Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren. Die Vorschriften der AO zu den Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten gelten entsprechend. Dies gilt insbesondere für § 146 AO und die Grundsätze zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff [2]. Verstöße gegen die bestehenden gesetzlichen Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten können nach Maßgabe der AO als Ordnungswidrigkeit (§ 379 AO) geahndet werden.
II. Bescheinigung über die steuerliche Erfassung (§ 22f Abs. 1 UStG)
4 Die Bescheinigung über die steuerliche Erfassung nach § 22f Abs. 1 Satz 2 UStG wird von dem nach § 21 AO zuständigen Finanzamt auf Antrag hin erteilt. Für den Antrag kann das bundeseinheitliche Vordruckmuster USt 1 TJ verwendet werden [3]. Wird das Vordruckmuster für die Antragstellung nicht verwendet, sind die hierin verlangten Angaben in dem formlosen Antrag anzugeben. Der Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung ist schriftlich per Post oder E-Mail an das zuständige Finanzamt zu senden/übermitteln. Die Bescheinigung ist längstens bis zum befristet [4]. Die Bescheinigung dient als Nachweis gegenüber dem Marktplatzbetreiber, dass der Unternehmer steuerlich erfasst ist. Die Beurteilung der umsatzsteuerlichen Zuverlässigkeit ist nicht Bestandteil dieser Bescheinigung. Vorliegende Anhaltspunkte, die darauf hinweisen, dass der Antragsteller seinen umsatzsteuerlichen Pflichten nicht oder nicht im wesentlichen Umfang nachkommt, stehen einer Erteilung der Bescheinigung nicht entgegen.
5 Auch Kleinunternehmer nach § 19 UStG erhalten auf Antrag vom zuständigen Finanzamt eine Bescheinigung über ihre steuerliche Erfassung (§ 22f Abs. 1 Satz 2 UStG) zur Vorlage bei den Marktplatzbetreibern.
6 In Fällen, in denen der liefernde Unternehmer im Inland keine steuerbaren Umsätze ausführt und es somit keiner steuerlichen Erfassung bedarf, ist keine Bescheinigung nach § 22f Abs. 1 Satz 2 UStG erforderlich. Dies trifft insbesondere auf folgende Fälle zu:
Unternehmer, die im Gemeinschaftsgebiet ausschließlich Lieferungen ausführen, die unter § 3c UStG fallen, die aber auf Grund der Anwendung der Lieferschwelle in § 3c Abs. 3 UStG im Inland nicht steuerbar sind. In diesen Fällen kann der Betreiber eines elektronischen Marktplatzes zum Nachweis der steuerlichen Erfassung die dem liefernden Unternehmer erteilte und zum Zeitpunkt der Lieferung gültige USt-IdNr. aufzeichnen. Soweit der liefernde Unternehmer nicht über eine USt-IdNr. verfügt, hat der Betreiber des elektronischen Marktplatzes in geeigneter Weise nachzuweisen, dass die von dem Unternehmer ausgeführten Lieferungen im Inland nicht steuerbar sind, weil die Lieferschwelle nach § 3c Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 UStG nicht überschritten ist (z. B. durch Abgabe einer entsprechenden Erklärung durch den betreffenden Unternehmer; vgl. Rz. 18).
Auf Antrag wird jedoch auch in diesen Fällen eine Bescheinigung nach § 22f Abs. 1 Satz 2 UStG erteilt, wenn der Unternehmer im Inland steuerlich erfasst ist.
Unternehmer, die ausschließlich Lieferungen an Abnehmer im Inland ausführen, bei denen die Beförderung oder Versendung nach Abschluss des Kaufvertrages im Drittland beginnt (sog. Direktverkäufe) und für die keine Steuerpflicht (§ 3 Abs. 8 UStG) bzw. Pflicht zur steuerlichen Erfassung im Inland besteht. Auch in diesen Fällen muss der Betreiber des elektronischen Marktplatzes einen entsprechenden Nachweis in geeigneter Weise vorhalten (z. B. durch Abgabe einer entsprechenden Erklärung durch den betreffenden Unternehmer).
7 Bis zur Einrichtung eines elektronischen Verfahrens wird die Bescheinigung übergangsweise in Papierform (§ 27 Abs. 25 Satz 3 UStG) nach dem bundeseinheitlichen Vordruckmuster USt 1 TI erteilt [5]. Unabhängig davon, ob der antragstellende Unternehmer angibt, dass er Waren auf mehr als einem elektronischen Marktplatz anbietet bzw. beabsichtigt anzubieten, wird jedem Unternehmer nur eine Bescheinigung erteilt. Diese kann, soweit erforderlich, vom Unternehmer in ein elektronisches Format überführt und elektronisch an den oder die Marktplatzbetreiber weitergeleitet werden.
8 Für den Fall, dass ein Unternehmer, dem bereits eine Bescheinigung über seine steuerliche Erfassung vom zuständigen Finanzamt erteilt wurde (§ 22f Abs. 1 Satz 2 UStG), gegenüber dem Finanzamt angibt, dass diese verloren gegangen sei, wird dem Unternehmer eine Ersatzbescheinigung erteilt. Soweit Änderungen der Grunddaten (z. B. Adresse oder StNr.) eintreten, wird dem Unternehmer auf Antrag eine neue Bescheinigung durch das zuständige Finanzamt erteilt.
9 Hat der Betreiber eines elektronischen Marktplatzes begründete Zweifel an der Echtheit einer ihm von einem Unternehmer vorgelegten Bescheinigung nach § 22f Abs. 1 Satz 2 UStG, hat das in der Bescheinigung genannte Finanzamt ihm auf Rückfrage Auskunft darüber zu erteilen, ob die Bescheinigung gültig ist (§ 22f Abs. 1 Satz 6 UStG). Unterlässt der Betreiber des elektronischen Marktplatzes die Rückfrage, läuft er Gefahr, für die nicht entrichtete Umsatzsteuer des betreffenden Unternehmers für Lieferungen, die auf seinem Marktplatz rechtlich begründet wurden, in Haftung genommen zu werden (§ 25e Abs. 1 UStG).
10 Gemäß § 22f Abs. 1 Satz 4 UStG müssen Unternehmer ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, Sitz oder Geschäftsleitung im Inland, einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist, spätestens mit Stellen des Antrags auf Erteilung einer Bescheinigung über die umsatzsteuerliche Erfassung beim zuständigen Finanzamt nach § 21 AO einen Empfangsbevollmächtigten im Inland benennen. Der zu benennende Empfangsbevollmächtigte muss nicht zur unbeschränkten Hilfeleistung in Steuersachen nach § 3 Steuerberatungsgesetz befugt sein. Unterbleibt die Benennung in den einschlägigen Fällen, wird dem Antragsteller auch bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen keine Bescheinigung über die umsatzsteuerliche Erfassung erteilt.
III. Haftung beim Handel auf einem elektronischen Marktplatz (§ 25e UStG)
11 Der neu eingeführte Haftungstatbestand dient der Bekämpfung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren auf elektronischen Marktplätzen. Der Haftungstatbestand umfasst Fälle, in denen die Ware vor Abschluss des Kaufvertrages auf dem elektronischen Marktplatz zwischen dem Lieferer (unabhängig davon, ob dieser im Drittland, in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder im Inland ansässig ist) und dem Lieferempfänger im Inland oder im übrigen Gemeinschaftsgebiet lagert, der Ort der Lieferung im Inland liegt und die Lieferung damit im Inland steuerbar und steuerpflichtig ist. Sogenannte Direktverkäufe, bei denen die Ware bei Abschluss des Kaufvertrages nicht im Inland lagert, die Beförderung oder Versendung im Drittland beginnt und der Ort der Lieferung nicht nach § 3 Abs. 8 UStG im Inland liegt, werden von dem Haftungstatbestand nicht erfasst. Die Aufzeichnungspflichten nach § 22f Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1, 4 und 5 UStG gelten jedoch auch für diese Lieferungen (vgl. Rz. 1).
12 Nach § 25e Abs. 1 UStG haftet der Betreiber eines elektronischen Marktplatzes für die nicht entrichtete Umsatzsteuer aus der Lieferung von Gegenständen von Unternehmern, die auf dem von ihm bereitgestellten Marktplatz rechtlich begründet wurde.
Grundlage für die rechtliche Begründung einer Lieferung ist ein Kaufvertrag. Zivilrechtlich kommt ein Kaufvertrag durch übereinstimmende Willenserklärung, Angebot und Annahme der den Vertrag schließenden Parteien (Verkäufer/Lieferer und Käufer/Lieferempfänger) zustande. Eine Lieferung gilt als auf einem elektronischen Marktplatz rechtlich begründet, wenn der Kaufvertrag mit Hilfe eines automatisierten Bestellvorgangs zustande gekommen ist, der auf dem elektronischen Marktplatz durchgeführt wurde.
13 Für die Beurteilung der Frage zur Entstehung der Steuer gilt § 13 Abs. 1 UStG.
14 Die Haftung nach § 25e Abs. 1 UStG tritt grundsätzlich nicht ein, wenn dem Betreiber des elektronischen Marktplatzes eine gültige Bescheinigung nach § 22f Abs. 1 Satz 2 UStG vorliegt (vgl. Rz. 4).
15 Die Haftung nach § 25e Abs. 1 UStG tritt abweichend von Rz. 14 ein, wenn davon auszugehen ist, dass der Betreiber eines elektronischen Marktplatzes davon Kenntnis hatte oder nach der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns hätte haben müssen, dass der liefernde Unternehmer seinen umsatzsteuerlichen Pflichten nicht oder nicht im vollen Umfang nachkommt (§ 25e Abs. 2 Satz 2 UStG). Unabhängig davon ist die Haftung immer dann möglich, wenn der Betreiber keine Bescheinigung nach § 22f Abs. 1 Satz 2 UStG vorlegt. In diesen Fällen kommt es auf eine Kenntnis des Betreibers, ob der liefernde Unternehmer seinen umsatzsteuerlichen Pflichten nachkommt, nicht an.
16 Von einer Kenntnis oder einem Kennenmüssen ist insbesondere auszugehen, wenn der Betreiber des elektronischen Marktplatzes ihm offensichtliche oder bekanntgewordene Tatsachen außer Acht lässt, die auf eine umsatzsteuerliche Pflichtverletzung des auf seinem Marktplatz tätigen Unternehmers schließen lassen. Ein aktives Ausforschen ist dazu nicht erforderlich. Das Kennenmüssen bezieht sich hierbei lediglich auf Sachverhalte, die dem Betreiber im Rahmen seines eigenen Unternehmens bekannt werden und auf eine umsatzsteuerliche Pflichtverletzung schlussfolgern lassen.
In diesen Fällen haftet der Betreiber des elektronischen Marktplatzes nicht, wenn er den auf seinem Marktplatz tätigen Unternehmer auf die Pflichtverletzung hinweist und ihn auffordert, diese innerhalb einer Frist (längstens zwei Monate) abzustellen und der Unternehmer dieser Aufforderung nachkommt. In den Fällen, in denen der Unternehmer der vorgenannten Aufforderung des Markplatzbetreibers nicht nachkommt, scheidet eine Haftung nach § 25e Abs. 2 Satz 2 UStG nur aus, wenn der Marktplatzbetreiber den Unternehmer nach Ablauf der gesetzten Frist (längstens zwei Monate) vom weiteren Handel auf seinem Marktplatz ausschließt (Sperrung der Accounts). Gleiches gilt für die Frage, ob die Umsätze im Rahmen eines Unternehmens erbracht werden (§ 25e Abs. 3 UStG), die Frage der Überschreitung der Lieferschwelle nach § 3c Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 UStG und die Frage, ob für die ausgeführte Lieferung eine Steuerpflicht im Inland besteht.
In den Fällen, in denen der Unternehmer im Rahmen der vom Marktplatzbetreiber gesetzten Frist nicht der Aufforderung nachkommt, seine umsatzsteuerlichen Pflichten zu erfüllen und der Marktplatzbetreiber den betreffenden Unternehmer vom weiteren Handel auf seinem elektronischen Marktplatz ausschließt (Sperrung aller auf dem Marktplatz bestehenden Accounts), sollte der Marktplatzbetreiber die Finanzverwaltung informieren.
17 Liegen die Voraussetzungen für eine Haftung nach § 25e Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Abs. 1 UStG vor, ist der Betreiber des elektronischen Marktplatzes zunächst anzuhören (§ 91 Abs. 1 Satz 1 AO). Die Darlegungs- und Feststellungslast der Kenntnis oder des Kennenmüssens liegt grundsätzlich bei dem für den Erlass des Haftungsbescheids zuständigen Finanzamt. Zuständig für die Durchführung des Haftungsverfahrens ist das für den liefernden Unternehmer örtlich zuständige Finanzamt (§ 25e Abs. 7 UStG, § 21 AO). Im Rahmen der Anhörung ist dem Marktplatzbetreiber Gelegenheit zu geben, die Kenntnis oder das Kennenmüssen zu widerlegen.
18 Nach § 25e Abs. 3 UStG haftet der Betreiber eines elektronischen Marktplatzes nicht für die entstandene und nicht abgeführte Umsatzsteuer aus Lieferungen, die auf seinem Marktplatz rechtlich begründet wurden, wenn die Registrierung des Lieferers auf dem Markplatz nicht als Unternehmer erfolgt ist (folglich auch keine Bescheinigung nach § 22f Abs. 1 Satz 2 UStG vorgelegt wurde) und der Betreiber des elektronischen Marktplatzes den hierfür geltenden Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten nach § 22f Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 UStG nachgekommen ist.
Dies gilt nach § 25e Abs. 3 Satz 2 UStG nicht in Fällen, in denen der Marktplatzbetreiber nachweislich nach Art, Menge oder Höhe der Umsätze Kenntnis hatte oder nach der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns hätte haben müssen, dass die Registrierung als Nichtunternehmer zu Unrecht erfolgt ist. § 2 Abs. 1 UStG gilt entsprechend.
Für die Abgrenzung, ob es sich um eine unternehmerische Tätigkeit handelt, ist grundsätzlich nur die Tätigkeit auf dem eigenen Marktplatz maßgebend. Das Erreichen einer bestimmten Umsatzhöhe reicht für die Beurteilung der Frage, ob eine Tätigkeit unternehmerisch ausgeführt wird, allein nicht aus. Unabhängig davon ist ein deutliches Anzeichen dafür, dass die Registrierung auf einem elektronischen Marktplatz als Nichtunternehmer zu Unrecht erfolgte, wenn der auf dem Marktplatz erzielte Umsatz eine Höhe von 17.500 Euro innerhalb eines Kalenderjahres erreicht.
Gleiches gilt für Fälle, in denen der Unternehmer dem Betreiber des elektronischen Marktplatzes mitgeteilt hat, dass keine Steuerpflicht im Inland nach § 3c Abs. 3 UStG besteht und die Höhe der Umsätze auf dem Marktplatz die Lieferschwelle nach § 3c Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UStG erreicht bzw. wenn dem Marktplatzbetreiber Erkenntnisse vorliegen, dass entgegen den Angaben des Unternehmers bei der Registrierung auf seinem Marktplatz im Inland steuerpflichtige Umsätze erbracht werden, eine steuerliche Erfassung durch das zuständige Finanzamt nicht erfolgt ist und damit auch keine Umsatzsteuer auf die erzielten Umsätze entrichtet wird.
19 Liegen dem nach § 21 AO örtlich zuständigen Finanzamt Erkenntnisse vor, dass ein Unternehmer, der Umsätze auf einem elektronischen Markplatz ausführt, seinen umsatzsteuerlichen Pflichten nicht nachkommt und andere von ihm zu veranlassende Maßnahmen keinen unmittelbaren Erfolg versprechen, ist es nach § 25e Abs. 4 Satz 1 UStG berechtigt, den betreffenden Betreiber eines elektronischen Marktplatzes hierüber zu informieren (Offenbarungsbefugnis). Mit dem Zugang dieser Mitteilung ist dem Marktplatzbetreiber die Möglichkeit einzuräumen, dass er innerhalb der vom Finanzamt gesetzten Frist auf den betreffenden Unternehmer einwirkt, dass dieser seinen umsatzsteuerlichen Pflichten nachkommt oder sicherstellt, dass der Unternehmer über seinen Marktplatz keine weiteren Umsätze ausführen kann (Sperrung der Accounts). Für die Frage, wann die Mitteilung zugegangen ist, gelten die Regelungen des § 122 AO entsprechend.
Weist der Marktplatzbetreiber innerhalb der gesetzten Frist nach, dass der betreffende Unternehmer über seinen Marktplatz keine Waren mehr anbieten kann (Sperrung der Accounts), wird eine Inanspruchnahme nach § 25e Abs. 4 Satz 2 UStG für die nicht entrichtete Umsatzsteuer hinfällig. Wird dieser Nachweis vom Marktplatzbetreiber in der gesetzten Frist nicht erbracht, haftet er nach § 25e Abs. 4 Satz 2 UStG für die entstandene und nicht entrichtete Umsatzsteuer aus Umsätzen auf seinem Marktplatz, bei denen das Rechtsgeschäft nach Zustellung der Mitteilung vom Finanzamt abgeschlossen wurde. Gleiches gilt in Fällen, in denen die Registrierung auf dem elektronischen Marktplatz als Nichtunternehmer erfolgte und das nach § 21 AO örtlich zuständige Finanzamt dem Betreiber eines elektronischen Marktplatzes mitgeteilt hat, dass die Tätigkeit im Rahmen eines Unternehmens erfolgt.
20 § 25e Abs. 5 UStG enthält die Definition des elektronischen Markplatzes, der unter die neu eingeführten gesetzlichen Regelungen fällt. Nicht unter die Regelungen fallen elektronische Marktplätze, die das vorgesehene Erfordernis, dass es einem Dritten, der nicht Betreiber des elektronischen Marktplatzes ist, ermöglicht wird, über diesen elektronischen Marktplatz Umsätze auszuführen, nicht erfüllen (sog. Vermittlungsmarktplatz, der die Funktion eines „Schwarzen Brettes” übernimmt). In diesen Fällen kann sich der Nutzer über bestehende Angebote Dritter informieren und Kontakt zu einem möglichen Vertragspartner aufnehmen. Das für einen Umsatz i. S. d. UStG erforderliche Rechtsgeschäft wird nicht auf der Vermittlungsplattform rechtlich begründet, sondern über einen anderen Weg und zu einem anderen Zeitpunkt.
IV. Allgemeine Übergangsvorschriften (§ 27 Abs. 25 UStG)
21 Die Aufzeichnungspflichten nach § 22f Abs. 1 bis 3 UStG gelten gemäß § 27 Abs. 25 UStG ab dem . Aus Vereinfachungsgründen wird es nicht beanstandet, wenn der Betreiber eines elektronischen Markplatzes diese für die in § 22f Abs. 1 Satz 4 UStG genannten Unternehmer erst zum und für die übrigen dort nicht genannten Unternehmer diese erst zum erfüllt.
BMF v. - III C 5 - S 7420/19/10002 :002
Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2019 I Seite 106
BB 2019 S. 278 Nr. 6
DB 2019 S. 274 Nr. 6
DStR 2019 S. 223 Nr. 5
StB 2019 S. 76 Nr. 3
UR 2019 S. 157 Nr. 4
UStB 2019 S. 36 Nr. 2
UVR 2019 S. 100 Nr. 4
LAAAH-06384