Steuerpflicht des Grundstückserwerbs im Flächenerwerbsprogramm nach § 3 AusglLeistG vor Inkrafttreten des VermRErgG
Leitsatz
Der Flächenerwerb im Rahmen des Flächenerwerbsprogramms nach § 3 AusglLeistG durch einen Käufer, dessem Rechtsvorgänger Vermögen durch Enteignung auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage entzogen worden ist, ist auch dann nicht grunderwerbsteuerfrei, wenn der Erwerb vor Inkrafttreten des VermRErgG und der dadurch bewirkten Neufassung des § 6 Abs. 2 AusglLeistG stattgefunden hat.
Gesetze: GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1AusglLeistG § 3AusglLeistG § 6 Abs. 2VermG § 1 Abs. 8 Buchst. aVermG § 34 Abs. 3
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I.
Aufgrund notariell beurkundeten Kaufvertrages vom erwarb der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) als Wiedereinrichter nach dem Flächenerwerbsprogramm der §§ 3 ff. des Ausgleichsleistungsgesetzes (AusglLeistG) vom (BGBl I, 2624, 2628) von der BVVG Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH Grundbesitz im Umfang von 420,6039 ha zum Gesamtkaufpreis von 734 643,65 DM. Der Grundbesitz bestand zu 416,7919 ha aus Waldflächen mit einem Anteil hiebsreifer Bestände von weniger als 10 v.H. Außerhalb des Flächenerwerbsprogramms erwarb er eine weitere Fläche von 1,4200 ha zum Kaufpreis von 13 120,80 DM. Der erworbene Grundbesitz gehörte ursprünglich im Wesentlichen der Familie der Adoptivmutter des Klägers und ist dieser 1945 auf besatzungsrechtlicher bzw. besatzungshoheitlicher Grundlage entzogen worden. Der Kläger ist der Alleinerbe der inzwischen verstorbenen Adoptivmutter.
Mit Bescheid vom setzte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) Grunderwerbsteuer von 26 171 DM gegen den Kläger fest. Nach erfolglosem Einspruch gab das Finanzgericht (FG) der Klage, mit der der Kläger geltend gemacht hatte, der Erwerbsvorgang sei gemäß § 11 des Gesetzes über die Übertragung des Eigentums und die Verpachtung volkseigener landwirtschaftlich genutzter Grundstücke an Genossenschaften, Genossenschaftsmitglieder und andere Bürger (EigentÜbertrG) vom (GBl DDR I, 899) sowie gemäß § 34 Abs. 3 des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen (VermG) i.d.F. der Bekanntmachung des Gesetzes vom (BGBl I, 3610) grunderwerbsteuerfrei, statt. Das FG war der Ansicht, es fehle bereits an einem steuerbaren Vorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG), da der Flächenerwerb Teil des verfassungsrechtlich gebotenen Ausgleichs für das den Enteignungsopfern zugefügte Unrecht sei. Sollte dieser Ansicht nicht zu folgen sein und der Kaufvertrag einen Rechtsvorgang i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG darstellen, wäre er jedenfalls gemäß § 6 Abs. 2 AusglLeistG i.V.m. § 34 Abs. 3 Satz 1 und § 1 Abs. 1 Buchst. a VermG grunderwerbsteuerfrei. Die Steuerfreiheit erfasse auch den Erwerb der außerhalb des Flächenerwerbsprogramms gekauften Fläche von 1,4200 ha.
Mit der Revision rügt das FA eine fehlerhafte Anwendung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, des § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG, der §§ 3 und 6 Abs. 2 AusglLeistG sowie der Flächenerwerbsverordnung (FlErwV) vom (BGBl I, 2072). Die Verordnungsermächtigung in § 4 Abs. 3 AusglLeistG habe es dem Verordnungsgeber überlassen, den Flächenerwerb öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich abzuwickeln. Der Verordnungsgeber habe sich für die privatrechtliche Abwicklung durch Kaufverträge entschieden. Daraus folge im Einzelfall die Erfüllung des Tatbestandes des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG. Der Wortlaut des § 6 Abs. 2 AusglLeistG, der auf das VermG verweise, habe zwar zunächst noch keine ausdrückliche Beschränkung auf die Durchführung der §§ 1, 2 und 5 AusglLeistG enthalten —diese ausdrückliche Beschränkung sei erst durch das Vermögensrechtsänderungsgesetz (VermRErgG) vom (BGBl I, 1382) erfolgt—; gleichwohl sei der Flächenerwerb des § 3 AusglLeistG auch schon vor der Neufassung des § 6 Abs. 2 AusglLeistG durch das VermRErgG nicht von der Verweisung auf das VermG betroffen worden. Das VermRErgG habe insoweit nur eine Rechtslage klargestellt, die schon vorher bestanden habe. Für den Flächenerwerb habe es der Verweisung auf das VermG nämlich nicht bedurft, weil für die Durchführung des Flächenerwerbs in der FlErwV eine besondere Regelung zur Verfügung gestanden habe. Diese Regelung sei zwar nicht abschließend gewesen; soweit sie Lücken enthalten habe, könnten diese aber nicht die Grunderwerbsteuer betroffen haben und daher nicht durch § 34 Abs. 3 VermG geschlossen werden. Die Lücken müssten vielmehr Verfahrensfragen betroffen haben; die Frage einer Grunderwerbsteuerbefreiung sei jedoch materiell-rechtlicher Natur. Dementsprechend schreibe § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG i.d.F. des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes (2.VermRÄndG) vom (BGBl I, 1257) auch vor, dass das VermG vorbehaltlich seiner Bestimmungen über Zuständigkeiten und Verfahren nicht für Enteignungen von Vermögenswerten auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage gelte. Der Ausschluss jener Enteignungen aus dem Regelungsbereich des VermG sei vom Gesetzgeber mit der Nr. 1 Satz 1 der gemeinsamen Erklärung zur Regelung offener Vermögensfragen vom begründet worden (BTDrucks 11/7831, S. 1). Die gemäß Art. 3 des Grundgesetzes (GG) gebotene Berücksichtigung auch dieser Enteignungen sei durch das AusglLeistG erfolgt.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Er macht geltend, § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG sei verfassungskonform dahin auszulegen, dass der Flächenerwerb durch einen Alteigentümer nach § 3 AusglLeistG keinen Erwerbstatbestand darstelle. Dies ergebe sich aus dem Wiedergutmachungsgedanken der Regelung. Dieser Gesichtspunkt rechtfertige auch eine analoge Anwendung des § 16 Abs. 2 GrEStG. Sollte ein derartiger Flächenerwerb doch steuerbar sein, wäre er gemäß § 6 Abs. 2 AusglLeistG i.V.m. § 34 Abs. 3 VermG oder gemäß § 11 EigentÜbertrG steuerfrei. Letztere Vorschrift wäre insbesondere dann einschlägig, wenn § 6 Abs. 2 AusglLeistG auf einen Flächenerwerb durch Alteigentümer nicht anwendbar wäre. § 6 Abs. 2 AusglLeistG sei aber zumindest in solchen Erwerbsfällen, die vor der Herausnahme des § 3 AusglLeistG aus der Verweisung auf das VermG —nämlich vor Inkrafttreten des VermRErgG— verwirklicht worden seien, anwendbar. Dem VermRErgG komme insofern nicht lediglich klarstellende Bedeutung zu; vielmehr habe es insoweit die Rechtslage verändert. Die Beanstandungen des Flächenerwerbsprogramms durch die EU-Kommission hätten nicht den Erwerb durch Alteigentümer betroffen, sondern den Erwerb durch Neueinrichter, und seien daher für den Streitfall bedeutungslos.
II.
Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Der Erwerbsvorgang vom ist steuerbar und nicht von der Grunderwerbsteuer befreit.
1. Mit dem Kaufvertrag vom ist ein Anspruch auf Übereignung der streitbefangenen Grundstücke begründet worden. Damit ist der Erwerbstatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erfüllt. Ein Rechtsträgerwechsel bezüglich dieser Grundstücke auf den Kläger war möglich und nicht etwa deshalb von vornherein ausgeschlossen, weil dem Kläger bzw. seiner Rechtsvorgängerin in der Vergangenheit das Eigentum an den nämlichen Grundstücken durch entschädigungslose Enteignung auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage entzogen worden war. Die Enteignungen auf dieser Grundlage sind durch keinen Rechtsakt rückgängig gemacht, sondern im Gegenteil durch Art. 143 Abs. 3 GG i.d.F. des Art. 4 Nr. 5 des Einigungsvertrages bestätigt worden (, BVerfGE 84, 90, 117, 126). Bei dieser Verfassungsrechtslage ist für eine verfassungskonforme Auslegung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, die diese Bestätigung negieren würde —darauf liefe die Verneinung der Steuerbarkeit im Streitfall hinaus—, kein Raum.
2. Der Erwerbsvorgang ist auch steuerpflichtig. Er erfüllt keinen gesetzlichen Befreiungstatbestand.
a) Die Befreiungsvorschrift des § 11 EigentÜbertrG greift nicht ein, da der Kaufvertrag vom nicht der Durchführung dieses Gesetzes diente. Er diente vielmehr der Durchführung des AusglLeistG, und zwar des § 3 dieses Gesetzes. Das AusglLeistG regelt den Sonderbereich der staatlichen Ausgleichsleistungen für Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können, und stellt mit der Art und Weise des vorgesehenen Ausgleichs eine Spezialkodifikation dar (vgl. Leiner in Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, VermG, Kommentar, Stand März 2006, § 6 AusglLeistG Rz 31). Als solche ginge sie dem EigentÜbertrG, das die Verwertung volkseigener land- und forstwirtschaftlicher Nutzflächen gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 EigentÜbertrG i.V.m. § 1 Abs. 6 des Treuhandgesetzes der DDR vom (GBl DDR I, 300) unter der breiten Zielsetzung regelt, ökonomischen, ökologischen, strukturellen und eigentumsrechtlichen Besonderheiten Rechnung zu tragen, selbst dann vor, wenn das EigentÜbertrG als allgemeine „Basiskodifikation” anzusehen wäre.
Dieser Spezialnormcharakter des AusglLeistG ergibt sich nicht nur aus der geregelten Sondermaterie, sondern auch daraus, wie nach § 3 Abs. 7 AusglLeistG die Gegenleistung für den Flächenerwerb zu berechnen ist, und zwar sowohl für den Erwerb landwirtschaftlich genutzter Flächen als auch für den Erwerb von Waldflächen. In dieser im Vergleich zu den §§ 6 und 7 EigentÜbertrG bewusst niedrig gehaltenen Gegenleistung i.S. des § 3 Abs. 7 AusglLeistG liegt der eigentliche Ausgleich für das erlittene Enteignungsunrecht.
Entscheidend ist auch, dass § 6 Abs. 2 AusglLeistG für die Durchführung des Gesetzes auf die Bestimmungen des VermG verweist. Damit bildet das VermG die „Basiskodifikation” zum AusglLeistG (so Leiner in Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/ Neuhaus, a.a.O., § 6 AusglLeistG Rz 31) und nicht das EigentÜbertrG. Für einen Teilbereich des AusglLeistG, nämlich die Durchführung des Flächenerwerbs nach § 3 AusglLeistG, sind allerdings auf der Grundlage einer eigens dafür in § 4 Abs. 3 des Gesetzes enthaltenen Ermächtigung besondere Regelungen geschaffen worden, und zwar in Gestalt der FlErwV vom . Das VermG, das AusglLeistG und die FlErwV bilden somit ein abgeschlossenes Regelwerk, das keinen Raum für einen Rückgriff auf das EigentÜbertrG lässt. Auf den Zeitpunkt des förmlichen Außerkrafttretens des EigentÜbertrG kommt es daher ebenso wenig an wie auf die Frage, ob dieses Gesetz bei seinem förmlichen Außerkrafttreten noch an anderer Stelle einen Anwendungsbereich hatte oder nicht.
b) Die Befreiungsvorschrift des § 34 Abs. 3 VermG ist ebenfalls nicht einschlägig. § 6 Abs. 2 AusglLeistG ordnete zwar ursprünglich an, dass für die Durchführung des AusglLeistG die Bestimmungen des VermG entsprechend gelten —das VermG sieht in § 34 Abs. 3 eine Grunderwerbsteuerbefreiung für Grundstückserwerbe vor—; der erkennende Senat hat aber bereits in seiner Entscheidung vom II R 49/05 (BFH/NV 2007, 606) Zweifel daran angedeutet, ob die Verweisung des § 6 Abs. 2 AusglLeistG in seiner ursprünglichen Fassung auf das VermG für die Fälle eines Flächenerwerbs i.S. des § 3 AusglLeistG eine Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 34 Abs. 3 VermG bewirkt hat. Er hat diese Zweifel aber letztlich dahingestellt sein lassen, weil die Verweisungsnorm des § 6 Abs. 2 AusglLeistG durch Art. 3 Nr. 4 Buchst. a VermRErgG dergestalt geändert worden ist, dass die Durchführung des Flächenerwerbs nach § 3 AusglLeistG von der Verweisung ausgenommen worden ist, und weil nach dem damaligen Sachverhalt schon die Neufassung des § 6 Abs. 2 AusglLeistG maßgeblich war.
Diese Neufassung findet jedoch auf den Streitfall noch keine Anwendung. An dem Ergebnis, wonach § 34 Abs. 3 VermG nicht einschlägig ist, ändert sich dadurch allerdings nichts. Seit der Neufassung des § 34 Abs. 3 VermG durch Art. 15 § 2 Nr. 8 Buchst. b des Registerverfahrensbeschleunigungsgesetzes (RegVBG) vom (BGBl I, 2182, 2225) gilt die Grunderwerbsteuerbefreiung nämlich nur für solche Personen, deren Vermögenswerte von Maßnahmen nach § 1 VermG betroffen sind, sowie die Erben dieser Personen. Gemäß § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG i.d.F. des 2.VermRÄndG gilt das VermG jedoch vorbehaltlich seiner Bestimmungen über Zuständigkeit und Verfahren nicht für Enteignungen von Vermögenswerten auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage. Dies hat zur Folge, dass die Erwerber von Flächen aus dem Flächenerwerbsprogramm nach § 3 AusglLeistG, die Opfer derartiger Enteignungen waren, und deren Erben auch nicht über den Umweg des § 6 Abs. 2 AusglLeistG in den Genuss des § 34 Abs. 3 VermG kommen können. Die Vorschrift des § 34 Abs. 3 VermG gehört nicht zu den vorbehaltenen Bestimmungen über Zuständigkeiten und Verfahren, sondern stellt eine materiell-rechtliche Bestimmung dar.
c) Eine unmittelbare oder entsprechende Anwendung des § 16 Abs. 2 GrEStG kommt im Streitfall ebenfalls nicht in Betracht. Bezüglich der Nr. 1 der Vorschrift fehlt es an der Wahrung der Zweijahresfrist. Bei diesem zeitlichen Erfordernis handelt es sich um ein wesentliches Tatbestandsmerkmal der Norm, das auch bei einer analogen Anwendung erfüllt sein müsste. Bezüglich der Nr. 2 der Vorschrift stünde von vornherein die Rechtswirksamkeit der —wenn auch unrechtmäßigen— Enteignung einer sei es auch analogen Anwendung des § 16 Abs. 2 GrEStG entgegen. Bezüglich der Nr. 3 fehlte es für eine (analoge) Anwendung an einem anspruchsbegründenden Rechtsgeschäft, dessen Vertragsbestimmungen nicht erfüllt sein könnten.
3. Ob die verschiedenen Regelungen über eine Grunderwerbsteuerbefreiung für den Eigentumserwerb im Zuge der Neuordnung und Privatisierung des Grund und Bodens in den neuen Bundesländern —so die Vorschriften des § 11 EigentÜbertrG, des § 34 Abs. 3 VermG, des § 2 Abs. 3 des Mauergrundstücksgesetzes oder des § 67 des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes— einen gemeinsamen Grundgedanken enthalten, kann auf sich beruhen. Sollte dem so sein, ließe dies jedenfalls nicht den Schluss zu, der Gesetzgeber habe mit der Herausnahme des Flächenerwerbs durch Alteigentümer gemäß § 3 AusglLeistG aus dem Geltungsbereich des VermG (§ 1 Abs. 8 Buchst. a dieses Gesetzes) unbemerkt eine Lücke aufgerissen, die unter Heranziehung eines derartigen Grundgedankens zu schließen sei.
Wie sich inzwischen herausgestellt hat, ist das Flächenerwerbsprogramm des § 3 AusglLeistG unter Beihilfegesichtspunkten von europarechtlicher Relevanz. Die EU-Kommission hat mit Entscheidung vom (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften —ABlEG— vom L 107/21) Teile des Flächenerwerbsprogramms wegen der verbilligten Grundstücksveräußerung aus beihilferechtlichen Gründen beanstandet (dazu Ludden in Zeitschrift für Immobilienrecht 2001, 248). Die Beanstandungen der Kommission betrafen zwar weder die eigentlichen Wiedergutmachungsfälle noch die Erwerber forstwirtschaftlicher Flächen, sondern vornehmlich die sog. Neueinrichter i.S. des § 3 Abs. 2 Satz 1 AusglLeistG und auch diese nur insoweit, als ihnen der verbilligte Erwerb landwirtschaftlicher Flächen ermöglicht wurde. Der verbilligte Erwerb forstwirtschaftlicher Flächen blieb ausdrücklich unbeanstandet. Der Gesetzgeber des AusglLeistG hatte aber das Bestreben, innerhalb des Flächenerwerbsprogramms des § 3 AusglLeistG keine Differenzierung nach den verschiedenen Erwerbergruppen vorzunehmen. Dies steht der Annahme, das AusglLeistG enthalte bezüglich der Grunderwerbsteuer für Alteigentümer eine Lücke, entgegen.
a) Was den Erwerb landwirtschaftlicher Flächen durch Neueinrichter anbelangt, hat die Kommission das Überschreiten der sog. Intensitätshöchstgrenze bemängelt. Gemäß Art. 92 Abs. 3 Buchst. c des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft —EGV— (jetzt Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG) können staatliche Beihilfen zur Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete genehmigt werden, die die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwider läuft. Dabei ist insbesondere an Beihilfen zur Beseitigung struktureller Schwächen gedacht. Bei Inkrafttreten des AusglLeistG war es der Kommission gemäß Art. 35 Abs. 1 i.V.m. Art. 12 Abs. 5 der Verordnung (EWG) Nr. 2328/91 des Rates vom zur Verbesserung der Effizienz der Agrarstruktur (ABlEG vom L 218/1) grundsätzlich möglich, Beihilfen zum Kauf von landwirtschaftlichen Flächen als Investitionsbeihilfen als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar anzusehen und zu genehmigen, wenn die Beihilfeintensität 35 v.H. (bzw. 75 v.H. in benachteiligten Gebieten) nicht überschritt (vgl. Entscheidung der EU-Kommission vom , a.a.O., L 107/43).
Dies veranlasste den Gesetzgeber im Jahr 2000, den § 3 Abs. 7 AusglLeistG, der im Rahmen des Flächenerwerbsprogramms die Ermittlung des Kaufpreises regelt, durch Art. 3 Nr. 1 Buchst. e aa VermRErgG dergestalt zu ändern, dass der Kaufpreis für den Erwerb landwirtschaftlicher Flächen nicht mehr —wie bisher— nach dem Dreifachen des Einheitswerts der jeweiligen Flächen nach den Wertverhältnissen vom zu berechnen ist, sondern nach dem Verkehrswert abzüglich eines Ausgleichs von 35 v.H. Diese neue Kaufpreisberechnung sollte nach der Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zu dem VermRErgG vom (BTDrucks 14/1932, S. 15) gewährleisten, „dass beim Verkauf landwirtschaftlicher Flächen die Grenzen zulässiger Beihilfeintensität in allen Fällen eingehalten werden”.
b) Die europarechtliche Vorgabe, die Intensitätshöchstgrenze für Beihilfen nicht zu überschreiten, stand der zusätzlichen Gewährung einer Grunderwerbsteuerbefreiung nicht erst seit der Entscheidung der EU-Kommission, sondern von Anfang an entgegen. Da eine solche Steuervergünstigung eine zusätzliche Beihilfe dargestellt hätte, wäre die europarechtlich problematische Verbilligung des Flächenerwerbs nach § 3 Abs. 7 AusglLeistG noch verstärkt worden. Der Begriff der Beihilfe i.S. des Art. 92 Abs. 1 EGV (jetzt Art. 87 Abs. 1 EG) umfasst nämlich nicht nur positive Leistungen wie Subventionen, sondern auch Maßnahmen, die in verschiedener Form die Belastung vermindern, die ein Unternehmer normalerweise zu tragen hat, und die einer Subvention nach Art und Weise gleichstehen. Dazu gehören auch Abgabenbefreiungen, die den Begünstigten besserstellen als die übrigen Abgabenpflichtigen (so Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom C-6/97, Slg. I-1999, 2981).
c) Obwohl dieser europarechtliche Gesichtspunkt nicht den Erwerb durch Alteigentümer betraf, wirkt er sich auch auf solche Personen aus, denen land- und forstwirtschaftliches Vermögen durch Enteignung auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage entzogen worden ist und die nicht zu den Neu- oder Wiedereinrichtern gehören. Der Gesetzgeber des AusglLeistG sah sich nämlich von Anfang an genötigt, diese verschiedenen Erwerbsgruppen aus innerdeutschen Gründen gleich zu behandeln.
d) Ungeachtet der grundsätzlich auf Wiedergutmachung gerichteten Zielrichtung des AusglLeistG werden in dessen § 3 (Flächenerwerb) zwei unterschiedliche Regelungsbereiche zusammengefasst, nämlich neben einem Wiedergutmachungsprogramm für Alteigentümer ein eigenständiges Förderprogramm zum Aufbau der Land- und Forstwirtschaft in den neuen Bundesländern (vgl. , BVerfGE 94, 334, 349). Letzteres war ein besonderes Anliegen der neuen Bundesländer, die dabei vornehmlich den Flächenerwerb durch selbstwirtschaftende Pächter im Auge hatten und eine Bevorzugung der Bodenreformopfer ablehnten (vgl. dazu Hauer in Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, a.a.O., § 3 AusglLeistG Rz 24, sowie das Petitum des Landes Brandenburg, über das das , BVerfGE 94, 297 zu entscheiden hatte). Bei dieser Ausgangslage war es geboten, die Preisgestaltung für sämtliche Erwerbsfälle einheitlich zu regeln und damit auch alle gleichermaßen der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen. Dies verstieß nicht gegen das Willkürverbot, zumal dem Gesetzgeber auf dem Gebiet der Wiedergutmachung auch im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 GG ein besonders weites Beurteilungsermessen zukommt (so , 1120, 1408, 2460, 2471/95, BVerfGE 102, 254, 299).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2007 II Seite 611
BB 2007 S. 1489 Nr. 27
BFH/NV 2007 S. 1593 Nr. 8
BStBl II 2007 S. 611 Nr. 13
DB 2007 S. 1450 Nr. 26
DStRE 2007 S. 1402 Nr. 21
DStRE 2007 S. 1402 Nr. 21
HFR 2007 S. 769 Nr. 8
NWB-Eilnachricht Nr. 27/2007 S. 2264
StB 2007 S. 285 Nr. 8
StBW 2007 S. 5 Nr. 14
StuB-Bilanzreport Nr. 15/2007 S. 595
LAAAC-47810